Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Tendenz Asien
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bagoo - Mittwoch, 13. September 2006 - 01:13
Da kann man ja fast auf die Idee kommen, sein Häuschen mit einem Carry-Trade zu finanzieren. Wer gibt mir mal eben einen Kredit über ein paar Mio. Yen ? ;-) (Hab mal gehört, daß einige Österreicher ihre Hütten mit Krediten in CHF statt EUR finanzieren...)

Gruß

bagoo

chinaman - Montag, 18. September 2006 - 13:23
Japan


Aus dem Gröbsten heraus


Premierminister Junichiro Koizumi hat Japan aus der Krise geführt, das Land steht vor dem stärksten Aufschwung seit Jahren. Sein Nachfolger muss das jetzt bezahlen.


Von Christiane Kühl

Das Leiden ist vorbei. Japan ist wirtschaftlich wieder ein halbwegs normales Land, in dem auch Leitzinsen etwas zählen. "Seit Anfang des Jahres steigt das Kreditvolumen. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass die Krise hinter uns liegt", sagt Jesper Koll, Chefökonom von Merrill Lynch in Tokio. Der Internationale Währungsfonds sagte Japan soeben für 2006 ein Wachstum von 2,7 Prozent voraus.

Damit kehrt einer der hartnäckigsten Pflegefälle der Weltwirtschaft aus dem Abseits zurück. Gut 15 Jahre hatte Japans Krise nach dem Platzen von Immobilien- und Aktienblasen im Jahr 1990 gedauert. Zeiten der Dauerstagnation und des Preisverfalls waren dies. Um die Wirtschaft zu stützen, senkte die Zentralbank schon vor Jahren ihre Leitzinsen auf null. Selbst das half aber so gut wie gar nicht.

Im Juli wagte sie nun das Ende dieser Politik und erhöhte den Zins auf 0,25 Prozent. Vor allem dank der beherzten Reformpolitik von Premier Junichiro Koizumi ist Japan ganz offensichtlich aus dem Gröbsten heraus. Wenn er in der kommenden Woche abtritt, übernimmt sein Nachfolger eine Wirtschaft, der es schon lange nicht mehr so gut ging. Und einen atemberaubenden Berg von Schulden.

Freilich gepaart mit viel Optimismus. Die Umsätze der Unternehmen stiegen im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent, die Investitionen gar um 19 Prozent. "Großkonzerne wie Canon oder Hitachi bauen wieder Fabriken in Japan", sagt Jesper Koll. "Das ist das wichtigste Standbein der Entwicklung. Es ist so, als würden Siemens und ThyssenKrupp plötzlich wieder Werke in Deutschland eröffnen." Japan ist zurück.

Der Mann, dem viele den Aufschwung zuschreiben, wird dagegen den Hut nehmen. Koizumi muss nach den Regeln seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) den Sitz an der Parteispitze und damit das Staatsamt abgeben. Als Koizumi 2001 mit dem Slogan "Wachstum geht nur mit Reformen" gegen einen Konkurrenten an die Parteispitze stürmte und Premierminister wurde, lag die Wirtschaft noch danieder. Der telegene Politiker mit dem buschigen Haarschopf schob sogleich Veränderungen an, oft gegen den Widerstand der eigenen Partei. Kleine Schritte waren es, in Unternehmensrecht, Kapitalmärkten oder Finanzmarktregulierung. Japan ist kein Land großer Revolutionen.

Aber Schritte mit Wirkung. Der Staat zog sich aus dem Finanzsektor zurück und öffnete damit neue Geschäftsfelder. Seit drei Jahren etwa darf die staatliche japanische Postbank keine Hypothekenkredite mehr vergeben. Das lukrative Geschäft ging auf Private über. Jahrelang hatten die Banken, auch auf Regierungsgeheiß, billige Kredite vergeben und damit Japans Aufstieg an die Weltspitze befeuert. Dafür saßen sie in der Krise auf einem Haufen Not leidender Verbindlichkeiten. Koizumis Bankenaufsicht machte auch dem ein Ende. Aus Japans 21 Großbanken wurden in einem schmerzhaften Prozess drei profitable Mega-Institute: Mizuho, MUFG und SMBC.

Koizumis größter Einzelcoup aber ist die Privatisierung der Post, des größten Kreditinstituts der Welt. Politiker hatten die enormen Spareinlagen der Post, mehr als drei Billionen Dollar, traditionell zum Bau von Straßen oder Brücken genutzt, um sich damit Wählerstimmen zu sichern. Koizumi rannte jahrelang vergeblich gegen diesen Monolithen an. Im vergangenen Jahr rief er schließlich Neuwahlen aus, machte das Thema zum Schwerpunkt des Wahlkampfs, gewann - und drückte ein Gesetz zur Post-Privatisierung durch. 2017 soll das Institut in vier Teilgesellschaften völlig privat sein.

Ab 2002 zeigte dieses Brachialprogramm auch volkswirtschaftlich erste Erfolge. Zuerst fuhren Japans Firmen ihre Produktion mit neuen Fabriken in China hoch und exportierten innerhalb Asiens. 2005 aber begannen auch die japanischen Verbraucher wieder, Geld auszugeben. Der Konsum stieg, die Sparrate sank auf die Hälfte. Investitionen im Inland lohnten sich wieder. Weil Koizumi auch den Arbeitsmarkt mit Möglichkeiten zu Teilzeitarbeit und befristeten Verträgen liberalisiert hatte - ein in der für lebenslange Anstellung berühmten japanischen Arbeitswelt beispielloser Vorgang -, führte das zu sinkenden Arbeitslosenquoten. Vor allem junge Menschen wurden eingestellt. Heute arbeiten 42 Prozent der Angestellten börsennotierter Firmen in Teilzeit oder mit Zeitvertrag.

Wie geht es weiter? Koizumis wahrscheinlichster Nachfolger, Kabinettschef Shinzo Abe, hat sich in einem von Außenpolitik dominierten Wettbewerb um den Parteivorsitz kaum zu Wirtschaftsthemen geäußert, gilt aber als Anhänger des Reformplans. Allerdings trübt sich das Umfeld für eine reinrassige Fortsetzung von Koizumis Kurs ein. "Im Zuge des Wachstums gibt es Anzeichen von Reformmüdigkeit", stellt Wirtschaftsminister Kaoru Yosanu fest. Es gebe Politiker, die eine "Atempause" forderten.

Dabei gebe es eher Diskussionsbedarf über die noch immer große Rolle des Staats in der Ökonomie und staatliche Vermögenswerte, meint Richard Jerram von der australischen Macquarie-Bank in Tokio. Unklar sei auch der künftige Kurs der Zentralbank nach dem ersten Zinsschritt. "Die Geldpolitik darf auf keinen Fall zu früh angezogen werden", sagt Jerram. Noch sei die Gefahr eines Rückfalls in die Deflation nicht gebannt. Die meisten Ökonomen rechnen mittelfristig mit moderaten Zinserhöhungen. Der Aufschwung sei vorerst wenig gefährdet, glaubt dennoch Jesper Koll. Die Wirtschaft sei auf dem richtigen Weg, zwei oder drei Prozent Wachstum auf jeden Fall drin.

Was bleibt, ist die Staatsverschuldung. Denn durch den jahrelangen Schwerpunkt auf öffentliche Großprojekte zur Belebung der Nachfrage ist Japans Verschuldung auch unter Koizumi weiter angeschwollen und hat mittlerweile sagenhafte 170 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreicht. Das jährliche Haushaltsdefizit ist zwar bereits gesunken, seit Tokio unter anderem Subventionen zusammengestrichen hat, liegt aber noch immer bei sechs Prozent. Die Maastricht-Kriterien hätte Japan damit weit verfehlt.

Im Juli beschloss Koizumis Kabinett daher, bis 2011 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dafür müssten allerdings 16,5 Billionen Yen (110 Milliarden Euro) her. Wie, das dürfen die Nachfolger unter sich ausmachen. Favorit Abe will eine Steuerreform, bleibt bisher aber vage. Nur sein Konkurrent um den Parteivorsitz, Finanzminister Sadakazu Tanigaki, wagt sich vor: Er werde die Mehrwertsteuer von fünf auf mindestens zehn Prozent erhöhen. Die Chance, dass es dazu kommt, ist indes gering: Tanigaki liegt in Umfragen mehr als 20 Prozentpunkte hinter Abe. Die LDP dürfte sich danach richten.

Artikel erschienen am 17.09.2006

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? WELT.de 1995 - 2006

chinaman - Mittwoch, 20. September 2006 - 05:09
HANDELSBLATT, Dienstag, 19. September 2006, 22:11 Uhr
Putschisten ernennen neuen Regierungschef


Militärputsch in Thailand


Das thailändische Militär hat am Dienstag einen Auslandsaufenthalt des umstrittenen Regierungschefs Thaksin Shinawatra zu einem Putsch genutzt und einen neuen Regierungschef ernannt. Das deutsche Auswärtige Amt riet Touristen, in den Hotels zu bleiben.

HB BANGKOK. Eine Gruppe mit Namen Demokratische Reform unter dem Rat der Monarchie erklärte am frühen Mittwochmorgen (Ortszeit) im Fernsehen, Streitkräfte und Polizei seien unter ihrer Kontrolle. Die Putschisten hoben am Dienstag die Verfassung auf, erklärten das Kriegsrecht und riefen einen "Rat für Verwaltungsreformen" zur provisorischen Regierung aus. Unter der Führung des Oberbefehlshabers des Heeres, General Sondhi Boonyaratkalin, brachten sie nach eigenen Angaben die Hauptstadt Bangkok und umliegende Provinzen unter ihre Kontrolle. Widerstand habe es nicht gegeben.

Der umstrittene Regierungschef Thaksin Shinawatra hatte nach Bekanntwerden der ersten Putschgerüchte von New York aus, wo er an der UN-Vollversammlung teilnahm, den Ausnahmezustand über das Land verhängt. Das Auswärtige Amt in Berlin riet Touristen, Ruhe zu bewahren.

Mit General Surayudh Chulanont ernannten die Putschisten einen Vertrauten von König Bhumibol Adulyadej zum neuen Regierungschef. Sie erklärten in der Nacht zum Mittwoch überdies das Kabinett und den Senat für aufgelöst. Man werde die Macht bald wieder an eine "Regierung unter dem König" abgeben, sagte ein Sprecher der Putschisten. Unklar war zunächst, ob die ganze Armee hinter den Putschisten stand und inwieweit die Militärs die Lage kontrollierten.

Am Abend waren Panzer in der Hauptstadt Bangkok aufgefahren und hatten Regierungsgebäude umstellt. Der Staatsrundfunk unterbrach sein Programm, spielte patriotische Musik und zeigte Bilder der vom Volk verehrten Königsfamilie. Vize-Regierungschef Surakiart Sathirathai sagte dem US-Sender CNN, Thaksin habe den Armeechef abgesetzt. Er hoffe, dass die Lage bald wieder unter Kontrolle sei.

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Lesen Sie weiter auf Seite 2: Auswärtiges Amt empfiehlt Touristen, in ihren Hotels zu bleiben um

Das Auswärtige Amt empfahl allen deutschen Staatsbürgern in Thailand, Ruhe zu bewahren. Eine Sprecherin sagte in Berlin, deutsche Staatsbürger sollten in ihren Hotels bleiben. Das Auswärtige Amt beobachte die Situation aufmerksam.

Augenzeugen berichteten von Truppenbewegungen in Bangkok seit dem Nachmittag. In Fernsehbildern waren Panzer auf den Straßen zu sehen. Das Straßenbild wirkte jedoch ungewöhnlich ruhig. Der abendliche Verkehr rollte scheinbar ganz normal weiter. Es ist der 20. Putsch in Thailand seit 1932. CNN berichtete, der Ministerpräsident wolle eine Rede vor der UN um einen Tag auf Dienstag vorziehen und dann sofort nach Hause reisen.

Nach Massenprotesten gegen Thaksin stürzte Thailand über Monate hinweg in eine politische Krise. Für den 15. Oktober ist eine Neuwahl des Parlaments geplant, nachdem die Abstimmung vom 2. April von der Opposition boykottiert worden war. Das Oberste Gericht erklärte die Parlamentswahl für ungültig, nachdem der König sie als undemokratisch und verfassungswidrig kritisiert hatte. Thailand hat seitdem kein arbeitendes Parlament.

Vor der Parlamentswahl im April hatte es in Bangkok wochenlange, vor allem von der städtischen Mittelschicht getragene Massenproteste gegen den Regierungschef gegeben. Der öffentliche Zorn hatte sich an einem umstrittenen, millionenschweren Aktiengeschäft zugunsten seiner Familie entzündet.

chinaman - Freitag, 22. September 2006 - 06:21
Handelsblatt Nr. 182 vom 20.09.06 Seite 30


SINGAPUR: Die Finanzszene poliert auf neutralem Boden ihre Kontakte auf

Banker in der Sicherheitszone

ROBERT LANDGRAF | SINGAPUR Schiffsbroker Tan Lye Kim lacht breit über das ganze Gesicht. Der 41-jährige ist ein guter Staatsbürger. Er verleiht seinen S-Klasse-Mercedes an einen der vielen Regierungschefs, die während der Herbsttagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Singapur von einer Veranstaltung zur nächsten schwirren. Vielleicht ist es aber auch ein Finanzminister oder ein Notenbankgouverneur, an den er seine Luxuskarosse bis zum heutigen Mittwoch abgetreten hat. Er weiß es nicht, scheint aber das Ende der einwöchigen Tagung herbeizusehnen, wenn sich alle 23 700 Teilnehmer wieder auf den Weg nach Hause machen - auch wenn Tan das nie sagen würde.

Bis dahin herrscht jedoch Ausnahmezustand - und ein Engpass im nationalen Fuhrpark des Stadtstaates Singapur. Die Mietwagen für Politiker und Banker reichten weder vorne noch hinten, klagt Vincent Tan von RMG Rent-A-Car, von den Chauffeuren ganz zu schweigen. Angesichts der vielen Delegierten ist jeder Wagen gefragt, gleichgültig ob Mercedes, BMW oder Toyota. Dafür bezahlt das mit der "nationalen Aufgabe" beauftragte Mietunternehmen General Cars Tan & Co. schon mal bis zu 600 Dollar pro Auto und Tag. Und der BMW-Händler Performance Motors räumt jedem neuen Wagenbesitzer einen Rabatt von 20 000 Dollar auf den Kaufpreis ein, wenn er für zwei Wochen auf sein Auto verzichtet.

Erfolg ist Pflicht, da spielt Geld keine Rolle. Denn ein Mega-Ereignis dieser Art erlebte Singapur bisher noch nicht und wird es wohl so schnell auch nicht mehr erleben. Deshalb muss die internationale Finanzindustrie innerhalb weniger Tage von den Vorteilen Singapurs überzeugt werden.

Ein Großaufgebot von waffenstarrenden Polizisten und Soldaten sichert den Tagungsort im Einkaufszentrum Suntec City. In der Luft kreisen Hubschrauber, auf dem Wasser patroullieren Militärboote. Singapur wird seinem Image gerecht, ein Hort von Recht und Ordnung zu sein.

Das kommt bei den Bankern gut an, die in den Top-Hotels von einem Meeting zum nächsten hetzen. Die Hektik hat Methode: "Nirgendwo auf der Welt kann man so viele Kunden aus Regierungen und Notenbanken sowie Banker treffen wie bei den IWF-Tagungen", sagt der weißhaarige Karl Dannenbaum, Deutschland-Chef von Lehman Brothers. Er bereitet die IWF-Tagung deshalb bereits ein halbes Jahr vor dem Beginn minutiös vor.

Auf die Minute kommt es auch bei der Commerzbank-Gruppe an. Ihre 21-köpfige Delegation unter der Führung von Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller und Eurohypo-Chef Bernd Knobloch hat einen straffen Terminkalender. Schon kurz nach der Landung am Samstag um 6.35 Uhr ist der Rest des Tages für die Truppe vollständig verplant - keine Ruhepause, keine Zeit zur Zeitumstellung. Es heißt arbeiten. Die Banker starten um 7.00 Uhr mit zwei Frühstückmeetings mit der Zentralbank von Sri Lanka und mit der Royal Bank of Scotland. Danach wartet gegen 8.00 Uhr der Banco de la Provincia de Buenos Aires aus Argentinien, gefolgt um 9.00 Uhr von der Riyad Bank. Um 10.00 Uhr ist es Zeit für die National Commercial Bank aus Saudi- Arabien, bevor gegen 11.15 Uhr die israelische Bank Hapoalim folgt. Zwei Treffen mit der russischen Center-Invest Bank und der Citigroup machen den Terminplan bis 12.00 Uhr voll.

Den Rest des Tages folgen 16 weitere Meetings, bis der Abend ab 19 Uhr mit einer Einladung zum Dinner bei der Bank Turan Alem ausklingen kann, sofern die Banker dazu noch fähig sind. Zwischendurch müssen sich die Banker noch im Stadthaus als IWF-Delegierte registrieren lassen.

Gute Kondition ist gefragt. Herbert Walter, Chef der Dresdner Bank, reist trotz eines 13-stündigen Flugs nur für zwei Tag nach Singapur, um wichtige Termine wahrzunehmen. Dazu gehört ein Meeting mit Ken Lewis, dem Chef der Bank of America. Den Vorstandschef des inzwischen größten Kreditinstituts der Welt anderenorts zu treffen, wäre angesichts voller Terminkalender beider Bankenchefs schwer zu machen gewesen. Hier, auf der IWF-Tagung, fällt es deutlich leichter. Das macht einen Teil des Reizes aus, nach Singapur zu kommen. Der Stadtstaat profitiert ohnehin davon, als neutraler Boden zu gelten. Ein guter Grund für viele Banken aus der Nahost-Region, hierher zu fliegen. "In die USA hätten sie sich aus Angst vor möglichen Repressalien nicht getraut", sagt ein Banker.

Aber auch die russischen Institute sind nach dem Eindruck vieler Banker so gut vertreten wie noch nie. Die Center-Invest Bank, aber etwa auch die Vneshtorgbank profitieren von dem Geldregen, der durch die Öl- und Gas-Einnahmen auf Russland niedergeht.

Das alles hat Nicholas Teller, Vorstand der Commerzbank im Blick, als er an der Reeling der chinesischen Barke "Cheng Ho" lehnt, auf die das Institut politische und wirtschaftliche Prominenz eingeladen hat. Er zieht den Vergleich mit der Druckmaschinenmesse Drupa. "Wer wissen will, was sich Neues tut, welche Entwicklungen sich durchsetzen werden und die entscheidenden Themen der nächsten zwölf Monate mitbekommen möchte, der muss die Messe besuchen. Für die Tagung des Währungsfonds gilt das Gleiche." So hat beispielsweise sein Chef bei einem seiner unzähligen Treffen mitbekommen, dass die Amerikaner von den geplanten neuen Eigenkapitalregeln für Banken, Basel II, abrücken und schlägt Alarm.

In Alarmstimmung gerät auch Wolfgang Sprißler, der Vorstandsvorsitzende der Hypo-Vereinsbank (HVB): In seine Brandrede gegen den Namensschutz der Sparkassen steigert sich Sprißler richtig hinein. Beim Dinner im noblen Tower Club schimpft der hagere, lange HVB-Chef: "Die Sparkassengruppe kann Privatbanken wie die BW-Bank in Baden-Württemberg kaufen, wir aber keine Sparkassen. Das geht nicht. Wir brauchen Waffengleichheit - und zwar bald." Einmal in Wallung gebracht, gibt er offenbar soviel Hitze ab, dass der Feueralarm im Hochhaus am Raffles Place losgeht und die Gäste zusammenzucken - ein Fehlalarm, wie sich bald herausstellt.

Ein Glück nicht nur für die Gäste, sondern auch für Singapur. Denn das "Tor zur Wachstumsregion Asien", wie sich Wirtschaftsförderer Manohar Khiatani ausdrückt, möchte die Finanzindustrie aus aller Welt nach Singapur locken. Und bei soviel Aufwand und Planung wirkt schon das Piepsen eines Feuermelders störend.

Landgraf, Robert



20. September 2006

chinaman - Dienstag, 3. Oktober 2006 - 06:35
Handelsblatt Nr. 189 vom 29.09.06 Seite 25


FINANZMÄRKTE: Zentralbankchefs in Fernost fordern den Aufbau robuster Strukturen

Die Krisen haben Asien gestärkt

CHRISTOPH RABE | SINGAPUR Als die Finanzkrise 1997 über Asien hinwegfegte, riefen notorische Skeptiker bereits das Ende des "asiatischen Wirtschaftswunders" aus. Sie hätten nicht brutaler irren können. Neun Jahre nach der großen Krise, die vor allem Indonesien, Thailand und Südkorea beutelte, steht Asien wieder glänzend da. "Asien hat einen bemerkenswerten Wandel vollzogen", sagt Homi Kharas, Chefvolkswirt der Weltbank für die Region. "Asien ist gestärkt aus der Krise hervorgegangen."

Heute fließt mehr privates Kapital nach Asien als jemals zuvor. 88 Mrd. US-Dollar Privatkapital waren es nach Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) allein in diesem Jahr. Auf die Region entfallen insgesamt 1,6 Bill. Dollar an Devisenreserven und 9,6 Bill. Dollar an Kapitalvermögen. Nirgends ist die Sparquote höher als in Asien. Doch ein Großteil des Geldes fließt in US-Staatsanleihen, weil die Finanzmärkte in Asien nicht genügend ausgereift sind.

Die von der Krise betroffenen Länder haben zwar ihre Banken rekapitalisiert, ein solideres Kreditwesen aufgebaut und Corporate-Governance-Regeln gestärkt. Aber die Region hat noch etliche Aufgaben vor sich, um den Finanzsektor breiter aufzustellen. "Effiziente regionale und lokale Finanzmärkte sind das fehlende Glied in der Entwicklung", sagt Thailands Zentralbankchef Pridiyathorn Devakula. "Die Region muss eine solide Infrastruktur zur Abwicklung des regionalen Clearing- und Zahlungsverkehrs entwickeln."

Der geschäftsführende Direktor der singapurischen Notenbank Heng Swee Keat sagt: "Die Frage ist nicht, ob es genügend Sparvolumen oder Investitionschancen in Asien gibt. Das Thema ist, ob die Finanzmärkte genügend tief gestaffelt, effizient und innovativ genug sind, um das Kapital der produktivsten Verwendung zuzuführen." Asiens Finanzmärkte sind nach wie vor stark auf Banken ausgerichtet. In China und Indonesien stellen Bankkredite 70 bzw. 45 Prozent der verfügbaren Finanzquellen. In den USA sind es zum Vergleich nur 22 Prozent. Asiens Banken verwalten zurzeit ein Anlagevermögen von 5,5 Bill. Dollar, an den Börsen werden Aktien über 2,8 Bill. Dollar gehandelt, der Wert der Anleihen beträgt 1,5 Bill. Dollar. Die Weltbank forderte in einem während der IWF-Tagung in Singapur vorgestellten Report daher, die regionalen Börsen und Anleihemärkte Asiens systematisch auszubauen. Die Märkte müssten robuster, diversifizierter und effizienter werden, um gegen künftige externe Schocks besser gewappnet zu sein.

Singapurs Zentralbankdirektor plädiert dafür, dass sich die Banken der Region künftig weniger an politischen Leitlinien zur Kreditvergabe ordinieren sollten, sondern an kommerziellen Grundsätzen. Die Märkte müssten zudem neue Angebote vorlegen. Singapur hat gerade angekündigt, Steuervergünstigungen für Infrastruktur-Anleihen einzuführen, um als Finanzzentrum für Südostasien ein neues Standbein zu entwickeln. Auch Instrumente wie Reits (börsennotierte Immobilientrusts) genießen immer stärkere Aufmerksamkeit. Die Weltbank schlägt zudem vor, mehr Pensionsfonds, Versicherungen und Investmentfonds an den Markt zu bringen.

Bis 2015 will Südostasien einen gemeinsamen Markt einrichten. Eine Region, die wirtschaftlich immer stärker zusammenwächst, benötigt aber auch grenzübergreifende Finanzprodukte. "Die Integration der asiatischen Finanzsysteme ist von größter Bedeutung, um die Devisenreserven besser nutzen zu können", sagt die Gouverneurin der malaysischen Zentralbank, Zeti Akhtar Aziz.

Zur Abwehr von akuten Zahlungskrisen hatten Asiens Zentralbanken und Finanzminister im Jahr 2000 die Chiang-Mai-Initiative ins Leben gerufen. Sie ermöglicht schnelle Krisenhilfen im Notfall durch bilaterale Währungsswaps. Der IWF rät, solche Instrumente systematisch auszubauen. Aber erst in diesem Monat hat die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) die erste länder- und währungsübergreifenden Anleihe über zehn Mrd. Dollar aufgelegt.

Gefordert sind aber auch die Politiker. Sie müssten dafür sorgen, dass Corporate-Governance- und Transparenzregeln strikter befolgt werden, verlangt die Weltbank. Nur so seien Investoren in der Lage, den richtigen Preis für neue Finanzprodukte zu setzen.

Rabe, Christoph



29. September 2006

chinaman - Mittwoch, 4. Oktober 2006 - 04:30
Handelsblatt Nr. 190 vom 02.10.06 Seite 38


Japanische Nebenwerte setzen zur Trendwende an

Währungsgesicherte Fonds von Credit Suisse und Parvest liegen vorn

HAMBURG. Anfang dieses Jahres wurden die Anleger von Aktienfonds mit Fokus auf japanischen Nebenwerten auf eine harte Nervenprobe gestellt. Der Bilanzskandal des Internetunternehmens Livedoor riss die Kurse in diesem Anlagesegment in die Tiefe, wovon sich der Markt für Aktien aus der zweiten Reihe monatelang nicht erholte. So büßte der Nebenwerte-Index Topix Second Section zwischen Januar und August auf Yen-Basis rund 17 Prozent ein, während der Standardwerteindex Topix im gleichen Zeitraum um lediglich zwei Prozent nachgab. Europäischen Anlegern bescherte die Schwäche des Yen, der gegenüber dem Euro in den ersten acht Monaten des Jahres mehr als sieben Prozent verlor, zudem auch noch Währungsverluste.

Angesichts dieses ungünstigen Marktumfelds fällt die Zwölf-Monats-Bilanz des CS Equity Small Cap Japan mit einem Wertzuwachs von 22,50 Prozent (s. Tabelle) überraschend gut aus. Möglich wurde dieses Ergebnis, weil viele japanische Nebenwerte im vergangenen Herbst eine beeindruckende Rally hingelegt hattenen und Fondsmanager Kunio Tomiyama die Verluste zwischen Januar und August auf vergleichsweise moderate zehn Prozent begrenzen konnte. Zudem handelt es sich beim Spitzenreiter um einen währungsgesicherten Fonds.

Nach Einschätzung Tomiyamas sind die jüngsten Kurskorrekturen weitgehend abgeschlossen und erste Tendenzen für eine Markterholung erkennbar. "Zwischen April und Juli hatten viele Unternehmen ihre Gewinnerwartungen nach unten korrigiert. Seitdem hat sich das Blatt gewendet, und die positiven Korrekturen der Gewinnprognosen nehmen zu", sagt der Credit-Suisse-Manager. Trotz teils zweistelliger Gewinnerwartungen seien viele Aktien zudem nach wie vor unterbewertet und böten daher einiges Aufwärtspotenzial.

Ähnlich optimistisch äußert sich Shunshuke Matsushima. Er managt den Parvest Japan Small Cap Hedged von BNP Paribas, der mit einem Wertzuwachs von 18,56 Prozent das zweitbeste Ergebnis seiner Vergleichsgruppe erzielte und wie der Spitzenreiter währungsgesichert ist. Matsushima sieht für die kommenden Monate gute Chancen, dass die Aktienkurse dieser Unternehmen stärker anziehen als die der Standardwerte, die seit Jahresbeginn bislang weit weniger unter Druck geraten sind. Die Aussichten für Japans Wirtschaft beurteilt der Parvest-Manager aber nur verhalten positiv. "Die Abschwächung der US-Konjunktur und damit der Weltwirtschaft wird sich leicht negativ auf Japans Ökonomie auswirken", gibt Matsushima zu bedenken. Aufgrund niedrigerer Arbeitslosenzahlen seien die Einkommen der Haushalte und die Konsumausgaben jedoch im Steigen begriffen, was den negativen Impuls aus Übersee weitgehend ausgleichen werde.

Autorin: Claudia Lindenberg, Der Fonds

Lindenberg, Claudia



02. Oktober 2006

chinaman - Montag, 6. November 2006 - 07:26
Exklusiv


China will Reserven umschichten


von Mark Schieritz (Hamburg)


China richtet seine Devisenanlagen neu aus. Nach Informationen aus Finanzkreisen haben hochrangige chinesische Währungsdiplomaten in internationalen Gremien deutlich gemacht, dass eine Diversifizierung der zu einem großen Teil in US-Staatsanleihen investierten gewaltigen Devisenreserven des Landes nötig sei.


Dabei gehe es vor allem darum, neben Staatsanleihen auch andere Dollar-Wertpapiere wie Unternehmensbonds in das Portfolio zu nehmen, hieß es. Eine breit angelegte Umschichtung aus dem Greenback in andere Währungen sei hingegen problematisch, weil die Gefahr bestünde, dass so ein Absturz des Dollar ausgelöst wird, hieß es weiter. Damit wiederum wäre aber ein dramatischer Wertverlust der eigenen Reserven verbunden.

China ist wegen seiner enormen Währungsvorräte einer der wichtigsten Akteure an den internationalen Finanzmärkten. Ende September beliefen sich die chinesischen Reserven auf 987,9 Mrd. $. Es wird erwartet, dass die Reserven in den nächsten Tagen die Marke von 1000 Mrd. $ überschreiten. Das entspricht in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung der Niederlande.

Der Umgang mit den Devisenbeständen ist ein politisch sensibles Thema. Die regelmäßigen Zuflüsse chinesischen Kapitals in die USA halten dort das Zinsniveau niedrig. Schichtet Peking seine Anlagen um, könnte das zu einem kräftigen Anstieg des US-Zinsniveaus führen - in einer Zeit, in der Amerikas Wirtschaft ohnehin an Dynamik verliert.

Den Kreisen zufolge ist China angesichts der Dimension der Vorräte zunehmend bemüht, deren Verzinsung zu erhöhen. US-Staatsanleihen bieten eine vergleichsweise geringe Rendite, sie gelten aber als sicher.

Zudem wird in Peking als problematisch empfunden, dass die Konzentration auf den Dollar-Raum das Land anfällig für einen Kursrutsch der Währung macht. Wie es jetzt hieß, gebe es aber kaum Alternativen. Gerade der Beginn eines Abzugs der Reserven könnte den befürchteten Kursabsturz verursachen. Damit würden die verbleibenden Dollar-Vorräte an Wert verlieren.

Vielversprechender sei es deshalb, zunehmend höherverzinsliche Dollar-Papiere in das Portfolio zu nehmen. Dazu gehörten Firmenanleihen oder die Bonds quasi-staatlicher Institutionen wie die der amerikanischen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac. Details wurden nicht bekannt. Eine solche Neuausrichtung könnte an den Märkten für US-Staatsanleihen für Unruhe sorgen. In der Politik dürfte sie für Erleichterung sorgen, werden doch so an vielen Stellen gehegte Befürchtungen gedämpft, China könnte Kapital aus den USA abziehen. Chinas Devisenreserven sind eine Folge der Wechselkurspolitik des Landes. Um seine Währung niedrig zu halten, kauft die Regierung in Peking Dollar auf. China gibt keine Details zur Zusammensetzung seiner Vorräte bekannt. Schätzungen zufolge sind etwa 70 Prozent der Reserven in Dollar und rund 20 Prozent in Euro angelegt.

chinaman - Mittwoch, 15. November 2006 - 05:37
Handelsblatt Nr. 215 vom 07.11.06 Seite 38


Immobilienfonds-Manager sehen Chancen in Asien

Grundbesitz Global setzt sich nach lukrativen Verkäufen an die Spitze

HAMBURG. Offene Immobilienfonds glänzten in der jüngsten Vergangenheit nicht durch attraktive Wertzuwächse. Umso mehr überrascht der Blick auf die aktuelle Zwölf-Monats-Statistik von Feri Rating & Research für 27 offene Immobilienfonds: Sie weist für den Spitzenreiter Grundbesitz Global aus dem Hause DB Real Estate eine Wertentwicklung von beachtlichen 8,13 Prozent aus (Tabelle).

"Neben der Aufwertung einiger Fondsimmobilien hat auch der Gewinn bringende Verkauf von vier Immobilien in Großbritannien, Frankreich und Schweden zu dem guten Ergebnis beigetragen", sagt Unternehmenssprecher Tim-Oliver Ambrosius. Aktuell liege das Hauptaugenmerk für Neuankäufe vor allem auf Asien, wo der Fonds derzeit mit rund neun Prozent des Portfolios in Japan und Südkorea investiert sei: "Angesichts des hohen Wirtschaftswachstums und zurückgehender Leerstände sehen wir auf den Märkten der Region das größte Potenzial."

Auch die Manager des erst im Juni 2005 aufgelegten TMW Immobilien Weltfonds halten die Region für besonders aussichtsreich. "Wir sehen vor allem in Japan gute Chancen, insbesondere in Tokio", erläutert Sebastian Lohmer, Geschäftsführer der Münchner Fondsgesellschaft TMW Pramerica Property Investment, eines Tochterunternehmens des US-Konzerns Prudential Financial. Bislang hat der neue Fonds allerdings noch nicht in Asien investiert, sondern lediglich in Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und den USA. Mit dieser regionalen Struktur gelang in den vergangenen zwölf Monaten ein Wertzuwachs von 5,05 Prozent. Lohmer führt das gute Abschneiden des seit Januar dieses Jahres auch Privatanlegern zugänglichen Fonds zudem auf die günstigen Einkaufspreise beim Aufbau des Portfolios zurück.

Nach Einschätzung von Thomas Lorzinski gehören beide Fonds zu den empfehlenswertesten Produkten ihrer Vergleichsgruppe, unter anderem auf Grund ihrer hohen Transparenz. Der Geschäftsführer der Bremer Vermögensverwaltung Nordtreuhand warnt jedoch davor, die jüngsten hohen Wertzuwächse - insbesondere beim Grundbesitz Global - als dauerhaft anzusehen. "Die sehr gute Entwicklung des Fonds ist vor allem das Ergebnis umfangreicher Verkäufe und der Realisierung stiller Reserven", sagt er. Mittelfristig hält er für beide Fonds eine jährliche Wertentwicklung von rund fünf Prozent für realistisch. Grundsätzlich rät Lorzinski eher zu global ausgerichteten Fonds, bei denen das Chance-Risiko-Verhältnis auf Grund des hohen Europa-Anteils sich kaum von reinen Europafonds unterscheide. "Auf Sicht von vier bis sechs Jahren ist jedoch im Zuge einer breiteren globalen Streuung der Portfolios mit höheren Erträgen zu rechnen", ist der Experte überzeugt.

Autorin: C. Lindenberg, Der Fonds

Lindenberg, Claudia



07. November 2006

al_sting - Mittwoch, 21. November 2007 - 14:03
In diesem Kommentar vergleicht der ehemalige Vizechef der Weltbank, Joseph E. Stiglitz, die Asienkrise vor 10 Jahren mit der aktuellen Finanzkrise und die teilweise sehr konträren Vorschläge zur Krisenbehebung. Nicht Aktienrelevant, aber m.E. sehr interessant!

Ciao, Al Sting


http://www.project-syndicate.org/commentary/stiglitz93/German
Finanzheuchelei
Joseph E. Stiglitz

In diesem Jahr jährt sich die Ostasienkrise zum zehnten Mal. Sie begann am 2. Juli 1997 in Thailand, breitete sich im Oktober auf Indonesien und im Dezember auf Korea aus. Schließlich wurde sie zu einer globalen Finanzkrise, die Russland und lateinamerikanische Länder wie Brasilien erfasste und Kräfte freisetzte, die sich in den Folgejahren auswirkten: Argentinien kann mit seiner Krise 2001 zu den Opfern gezählt werden.

Es gab viele andere unschuldige Opfer, unter ihnen auch Länder, die noch nicht einmal an den internationalen Kapitalflüssen beteiligt waren, die der Krise zugrunde lagen. So war Laos eines der Länder, die es am schlimmsten traf. Obwohl jede Krise einmal vorbei ist, wusste niemand in dem Moment, wie groß, schwerwiegend und lang die folgenden Rezessionen und Depressionen ausfallen würden. Es war die schwerste globale Krise seit der Weltwirtschaftskrise.

Als Chefökonom der Weltbank und ihr langjähriger Vizepräsident befand ich mich mitten im Flächenbrand und in den Debatten über seine Ursachen sowie über geeignete politische Maßnahmen dagegen. In diesem Sommer und Herbst habe ich viele der betroffenen Länder erneut besucht, unter anderem Malaysia, Laos, Thailand und Indonesien. Es ist bewegend, zu sehen, wie sie sich erholt haben. Diese Länder verzeichnen derzeit ein Wirtschaftswachstum von 5 % bis 6 % oder sogar mehr – nicht ganz so schnell wie in den Tagen des Ostasienwunders, aber wesentlich schneller, als viele es nach der Krise für möglich hielten.

Viele Länder haben ihre politischen Vorgaben geändert, sind dabei jedoch deutlich von den Reformen abgewichen, auf die der IWF gedrängt hatte. Die Armen gehörten zu denjenigen, die die größte Last der Krise zu tragen hatten, da die Löhne fielen und die Arbeitslosigkeit in die Höhe schoss. Nach dem Ende der Krise legten viele Länder einen neuen Schwerpunkt auf „Harmonie“ – in dem Bestreben, die wachsende Kluft zwischen Armen und Reichen, städtischem und ländlichem Leben auszugleichen. Sie legten mehr Wert auf Investitionen in Menschen und starteten in diesem Zuge innovative Initiativen, um mehr Bürgern Gesundheitsfürsorge und den Zugang zu Finanzmitteln zu bieten. Auch wurden Sozialfonds geschaffen, um die Gemeinden lokal in ihrer Entwicklung zu unterstützen.

Wenn wir nun, ein Jahrzehnt später, auf die Krise zurückblicken, können wir deutlicher erkennen, wie falsch die Diagnosen, Vorschriften und Prognosen des IWF und des Finanzministeriums der Vereinigten Staaten waren. Das grundlegende Problem war die verfrühte Liberalisierung der Kapitalmärkte. Es erscheint daher wie pure Ironie, dass das US-Finanzministerium wieder einmal eine Kapitalmarktliberalisierung in Indien vorantreibt – einem der beiden großen Entwicklungsländer (mit China), die aus der Krise 1997 unversehrt hervorgingen.

Es ist kein Zufall, dass diese Länder, die ihre Kapitalmärkte nicht vollkommen liberalisiert hatten, so gut abgeschnitten haben. Nachträgliche Forschungsergebnisse des IWF haben bestätigt, was alle seriösen Studien zuvor gezeigt hatten: Die Liberalisierung der Kapitalmärkte bringt Instabilität, aber nicht unbedingt Wachstum. (Aus demselben Grund waren Indien und China die am schnellsten wachsenden Wirtschaftsnationen.)

Selbstverständlich profitiert die Wall Street (deren Interessen das US-Finanzministerium vertritt) von der Liberalisierung der Kapitalmärkte: Sie verdient, wenn Kapital zufließt, wenn es abfließt, und bei der Umstrukturierung, die nach dem resultierenden Chaos erfolgt. In Südkorea drängte der IWF auf den Verkauf der Banken des Landes an amerikanische Investoren, obwohl die Koreaner ihre eigene Wirtschaft vier Jahrzehntelang eindrucksvoll geführt hatten, mit höheren Wachstumsraten, größerer Stabilität und ohne die systemischen Skandale, die die US-Finanzmärkte regelmäßig heimsuchen.

In einigen Fällen kauften US-Firmen die Banken, behielten sie, bis Korea sich erholt hatte, und verkauften sie dann wieder, wobei sie Kapitalgewinne in Milliardenhöhe einstrichen. In seiner Hast, die Banken von westlichen Investoren kaufen zu lassen, vergaß der IWF ein kleines Detail: Sicherzustellen, dass Südkorea sich zumindest einen Teil dieser Gewinne durch Besteuerung zurückholen könnte. Ob US-Investoren über größere Sachkenntnis hinsichtlich des Bankwesens aufstrebender Märkte verfügen, mag strittig sein. Unstrittig ist dagegen, dass sie über die größere Sachkenntnis bei der Steuerumgehung verfügten.

Der Gegensatz zwischen dem Rat des IWF bzw. US-Finanzministeriums an Ostasien und dem, was im aktuellen Hypothekendebakel geschehen ist, schreit zum Himmel. Den ostasiatischen Ländern wurde geraten, ihre Zinssätze anzuheben, in einigen Fällen auf 25 %, 40 % oder höher, was zu einer sprunghaften Zunahme der Zahlungsverzüge führte. In der aktuellen Krise senken die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank die Zinssätze.

In ähnlicher Weise wurden die Länder, die vom Sog der Ostasienkrise erfasst wurden, über die Notwendigkeit größerer Transparenz und besserer Regelungen belehrt. Doch spielte mangelnde Transparenz bei der Kreditknappheit im letzten Sommer eine zentrale Rolle; wackelige Hypotheken wurden aufgeteilt und zerstückelt, in der ganzen Welt verteilt, zu Paketen mit besseren Produkten zusammengefasst und als Sicherheiten versteckt, sodass niemand wissen konnte, wer was besaß. Und jetzt ertönen überall Warnungen vor neuen Vorschriften, die angeblich die Finanzmärkte behindern könnten (die Vorschriften könnten sie unter anderem von der Ausnutzung uninformierter Kreditnehmer abhalten, die dem Problem zugrunde lag). Letzten Endes wurde den westlichen Banken, trotz aller Warnungen vor ihrer überhöhten Risikobereitschaft, teilweise aus der Misere geholfen, in die sie ihre schlechten Investitionen gebracht hatten.

In der Folge der Krise von 1997 herrschte Übereinstimmung, dass eine grundlegende Reform der globalen Finanzarchitektur notwendig sei. Doch obwohl das gegenwärtige System zu unnötiger Instabilität führen könnte und den Entwicklungsländern unter Umständen gewaltige Kosten auferlegt, kommt es einigen Interessen entgegen. Es überrascht daher nicht, dass es zehn Jahre später noch keine grundlegende Reform gegeben hat. Aus demselben Grund überrascht es auch nicht, dass die Welt wieder einmal vor einer Zeit der Instabilität auf den globalen Finanzmärkten steht, deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft ungewiss sind.

al_sting - Montag, 23. September 2013 - 10:43
Bei asiatischen Aktien denke ich in letzter Zeit primär an die optisch billigen China-Aktien, aber auch an meine früheren Pleiten mit asiatischen Aktien wie Asia Water oder Darco.
Nicht immer, aber erschreckend oft, besteht der begründete Verdacht auf unsaubere Geschäfte bei asiatischen Unternehmen. Allerdings unterscheidet sich der Ansatz der Mauscheleien von jenem in europäischen und amerikanischen Unternehmen, wie dieser Artikel "Detecting Accounting Fraud in Asia" (auf englisch) am Beispiel von an der Singapurer Börse gelisteten Unternehmen gut aufzeigt.
Dringende Leseempfehlung!
http://www.beyondproxy.com/detecting-accounting-fraud-asia

al_sting - Dienstag, 23. September 2014 - 15:29
Whisky-Absatz in China bricht ein.

http://www.theguardian.com/lifeandstyle/2014/sep/22/scotch-whisky-sales-drop-china
http://www.finanzen100.de/finanznachrichten/wirtschaft/warum-chinas-sinkender-whisky-konsum-alarmierend-ist_H1506086497_72942/

levdul1 - Dienstag, 23. September 2014 - 16:00
Alle meckern über China und wie es dort lanmgsam bergab geht. Klammheimlich haben sich die Aktienmärkte aber wieder deutlich berappelt.

al_sting - Dienstag, 23. September 2014 - 17:35
Zugegeben, ich hätte eigentlich seit 20 Jahren immer wieder erwartet, dass der Weg der chinesischen kommunistischen Partei, die Modernisierung und marktwirtschaftliche Umgestaltung dieses Riesenlandes ins Stolpern kommt. Ich wurde immer wieder eines besseren belehrt und bin extrem beeindruckt, wie sich das Land entwickelt hat.
Trotzdem kann ich meine Skepsis nicht ablegen - die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Balanceakt lange ohne Stottern und Stolpern weiter geht, ist m.E. am Sinken.

Aber du hast schon recht, schlechten Indizien kann man meistens auch gute Indizien entgegensetzen.

levdul1 - Mittwoch, 24. September 2014 - 04:04
Es ist ja nicht nur China. Ein Freund von mir hat die letzten beiden Jahre in Singapur verbracht und er hat seine Erfahrung folgendermaßen zusammengefaßt: Asien rockt !

Wenn man alleine an die Menschenmassen in China, Indien, Indonesien denkt, welche ganz langsam in eine Art Mittelklasse-Leben reinwachsen wollen. Da ist noch so viel Potential !!!

Und Länder wie Südkora und Singapur zeigen wie es geht. Die zeigen uns mitterweile eine lange Nase.

Sicherlich wird es auch Rückschläge geben. Ich denke aber trotzdem, daß in diesem Jahrhundert viel Musik in Asien spielen wird.

Ich bin privat seit vielen Jahren in China-und Indien-Fonds investiert. Da ist mittlerweile Einiges zusammengekommen.
Hier im Depot habe ich mit dem Bangladesh-Zertifikat auch eine Asienkomponente. Sicherlich war der Einstieg sehr glücklich, aber wenn Europa stagniert, die USA zu teuer werden, dann muß das Geld irgendwohin fliessen.

Der Hangseng ist auf einem 6-Jahreshoch !

al_sting - Dienstag, 21. Juli 2015 - 14:52
Wer Zugriff auf Nasdaq OTC hat (gilt für mich leider nicht), sollte sich mal die "Retail Holding", ISIN ANN741081064, näher anschauen. Nachfolger von Singer, heute Verkauf von Haushaltsmaschinen in Indien, Sri Lanka, Bangladesh, Pakistan und bis vor kurzem Thailand. Eine Buchwertspeku mit über 50% Potential, wobei das Unternehmen Schritt für Schritt seine Beteiligungen verkauft.
Erstmal bei OTC Adventures gesehen:
http://otcadventures.com/?p=1480
http://otcadventures.com/?p=805
http://otcadventures.com/?p=373

Jetzt noch einmal bei WertArt gesehen:
http://wertartcapital.com/2015/07/09/q2-2015-performance-portfolio-update/
http://wertartcapital.com/2013/11/03/retail-holdings/

Durch den aktuellen Verkauf von Singer Thailand und die Zusammenlegung der Aktivtäten in Sri Lanka ist die Organisation spärbar verschlankt und geht die Wertschöpfung gut voran, so dass auch meine Sorgen vor einer value Trap gefallen wären.

al_sting - Sonntag, 23. August 2015 - 14:00
Kapitalflucht aus China:
224 Mrd USD in einem Quartal?
800 Mrd USD in fünf Quartalen?
http://davidstockmanscontracorner.com/red-capitalism-hitting-the-wall-800-billion-capital-exodus-in-last-five-quarters/

Falls diese Zahlen stimmen sollten, werden die chinesische Währung noch richtig heftig abwerten müssen und/oder die chinesischen Dollar-Vorräte (4.000 Mrd.$) schnell wegschmelzen.

al_sting - Montag, 24. August 2015 - 10:54
Schönes Zitat: "Inside China, it is taken for granted that the statistics are worthless and has been for many years. I was first alerted to questionable data not by academic research, a troublesome foreigner, or journalist but by my students. They were in disbelief that a professor would actually believe official Chinese data as everyone already knows the data is manipulated."
Aus http://www.baldingsworld.com/2015/07/23/why-dodgy-gdp-matters/

al_sting - Mittwoch, 16. September 2015 - 21:47
Schöner Denksport:
http://brontecapital.blogspot.de/2015/09/job-interview-questions-size-and-scope.html

al_sting - Donnerstag, 1. Dezember 2016 - 23:51
Schwarze Schwäne leben nicht lange, nicht einmal als Kunstwerk. :rofl:
http://www.thenanfang.com/black-swan-sculpture-freaks-beijing-investors/

al_sting - Samstag, 3. Juni 2017 - 11:51
Der Schlüssel liegt in China

An den Märkten herrscht Ruhe und Sorglosigkeit. Doch China versucht ein heikles Manöver: die Abkühlung des überhitzten Finanzsystems. Ein Kommentar von FuW-Chefredaktor Mark Dittli.

http://www.fuw.ch/article/der-schluessel-liegt-in-china/

prof - Sonntag, 4. Juni 2017 - 10:15
Danke für den Link. Das klingt: 270% BIP Verschuldung klingt beängstigend.

Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Tendenz Asien
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