Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Tendenz Asien: Archivierte Beiträge bis 18. Mai 2004
chinaman - Sonntag, 8. Februar 2004 - 07:57
Nach dem zunehmenden Interesse hier im Board ausser Einzelaktien auch das "große Bild" zu diskutieren (Vgl. Anzahl der Postings im US-Tendenz Thread) könnte vielleicht auch ein thread zur Asien Tendenz auf Interesse stossen.

:-)
Gruß
Chinaman


Rasanter Aufschwung in China: Eine neue Blase?
Erste Stimmen warnen vor einem abrupten Ende der China-Euphorie. Doch die Basis des rasanten Aufschwungs ist nach wie vor solide
von Frank Stocker

Alle Menschen sind klug, sagt ein chinesisches Sprichwort - die einen vorher, die anderen nachher. Die einen investieren nun in das neue Wirtschaftswunderland. Die anderen sehen eine neue, große Spekulationsblase und warten darauf, dass sie platzt.


Manche Blüte, die der Boom in China treibt, legt den Gedanken an eine Übertreibung nahe. Am Freitag hatte Shanghai Forte, der größte Immobilienentwickler der Stadt, sein Debüt auf dem Hongkonger Parkett. Die Aktien waren 480fach überzeichnet - und das, obwohl dasselbe Unternehmen vor einem Jahr die Emission noch abblasen musste. Damals hielten die Investoren das Konzept für zu riskant. Nun legte der Kurs am ersten Tag gleich um zehn Prozent zu.


Vor diesem Hintergrund bekundeten bei einer Umfrage unter europäischen Fondsmanagern durch die Fonds-Rating-Agentur Morningstar 88 Prozent, dass sie das Risiko einer Blase an den Börsen in Asien (außer Japan) sehen.


Allerdings: 83 Prozent der Fondsmanager halten diese Gefahr für "begrenzt". Sie sehen zwar, dass der Aufschwung in einigen Bereichen zu Übertreibungen führt, die auch vereinzelt zu Kurseinbrüchen führen können. "Die deutliche Korrektur der Aktien in Hongkong im Januar ist aber weniger auf psychologisch geprägten Verkaufsdruck zurückzuführen", sagt Richard Wong, Manager des HSBC Chinese Equity-Fonds. "Es ist vielmehr eine gesunde Korrektur zuvor stark gestiegener Titel." In der Tat waren vor allem die Gewinner der letzten zwölf Monate, wie Ölwerte und Internet-Titel, betroffen. So brach die Aktie des Portalbetreibers Sina in den vergangenen Tagen zwar um rund zehn Prozent ein. In den zwölf Monaten zuvor hatte sie sich jedoch verachtfacht.


"In einzelnen Teilbereichen gibt es Übertreibungen", sagt auch Klaus Martini, Chef-Anlagestratege für die Privatkunden der Deutschen Bank. "Grundsätzlich glaube ich jedoch nicht an eine Blase." Er rät den Anlegern daher, in Asien und insbesondere in China zu investieren. "Wenn nicht unvorhersehbare Dinge passieren, wird China bald zu den wirtschaftliche Machtzentren der Welt gehören", so Martini. Er ist soeben von einer Reise durch das Land der Mitte zurückgekehrt und zeigt sich begeistert.


Anlass dazu gibt es genug. Die Wachstumsrate betrug im vierten Quartal des vergangenen Jahres 9,9 Prozent. Im Gesamtjahr wuchs die Wirtschaft um 9,1 Prozent - und das trotz Sars-Krise. Seit 1978 stieg das Bruttoinlandsprodukt jährlich um neun Prozent und hat sich seither versechsfacht. Bis 2008 dürfte die chinesische Wirtschaft größer sein als die deutsche.


Gleichzeitig ist das Land in den vergangenen zehn Jahren weitgehend unbemerkt zum Weltmarktführer bei einer ganzen Reihe von Produkten aufgestiegen. 1990 noch war China nur bei Baumwolltextilien und Fernsehgeräten führend. Inzwischen ist es beispielsweise auch weltgrößter Produzent von Kühlschränken, Kameras, PC, DVD-Spielern oder Handys.


Und die nächste Stufe der Entwicklung bereitet sich schon vor. Zwischen 2001 und 2003 hat sich die Zahl der Techniker und Ingenieure, die an den Universitäten des Landes ihren Abschluss machen, verdoppelt. Sie werden nicht für 50 Dollar im Monat am Fließband arbeiten, sondern mit den westlichen Industriestaaten um die Führung im High-Tech-Bereich ringen.



Rasanter Aufschwung in China: Eine neue Blase? (2)

Entscheidend für die nächsten Jahre wird jedoch, dass Chinas Wachstum nicht mehr allein vom Export abhängt. "Die interne Nachfrage muss gestärkt werden und sie muss die Exportnachfrage ablösen", sagt Deutschbanker Martini.


Doch auch dies zeichnet sich bereits ab. Die Chinesen fangen an, die Lust am Konsum zu entdecken. Davon zeugen nicht nur Indoor-Skihallen vor den Toren Shanghais oder Golfplätze auf den Dächern der Wolkenkratzer. Auch die Zahl der verkauften Autos verdoppelte sich in den letzten zwölf Monaten. Und angesichts einer Sparquote von 40 Prozent haben die Chinesen viel Geld auf der hohen Kante, das sie bei steigendem Wohlstand auch auszugeben bereit sind.


Der Boom in China hat also eine gute Basis und gründet nicht - wie einst die Internet-Blase - auf Wunschvorstellungen und Luftschlössern. Die große Frage ist jedoch, wie man als Anleger an diesem Aufschwung teilhaben kann.


Das Problem der chinesischen Börsen von Shanghai und Shenzhen ist nach wie vor, dass die Marktkapitalisierung relativ klein ist. Zudem sind von den dort gelisteten knapp 1300 Firmen nur ganze 70 gewinnorientierte Privatunternehmen. Der Rest sind Staatsbetriebe, die oft auch noch mit Verlust arbeiten.


"Wir profitieren lieber indirekt", sagt daher auch Murdo Murchison, Manager des Templeton Growth Fonds (siehe Interview auf der nächsten Seite). Vor allem in Hongkong findet er Aktien, die westlichen Standards entsprechen. Klaus Martini erinnert auch daran, dass Chinas Nachbarn zu den größten Profiteuren des Booms gehören, und daher auch dort viele interessante Aktien zu finden sind.


Privatanlegern rät er jedoch, lieber auf Fonds oder Zertifikate zu setzen. Zu unübersichtlich ist der Aktienmarkt in Asien für die meisten deutschen Anleger. Zudem sind die Schwankungen sehr hoch, und hie und da drohen durchaus Rückschläge. Doch generell wird der Aufschwung weitergehen. "China setzt auf die Olympischen Spiele 2008 und möchte bei diesem Ereignis bestens gerüstet sein", gibt sich Klaus Martini überzeugt. "Dann will auch Chinas Wirtschaft auf den vorderen Plätzen stehen."


Artikel erschienen am 8. Feb 2004
Die Welt

wojtek_m - Sonntag, 8. Februar 2004 - 23:00
Klasse Idee mit dem Thread! Asien gehört ohne Frage das 21ste Jahrhundert. Die Gefahr einer Korrektur (Rezession?) in China ist aber kurzfristig sicher gegeben und das nicht zuletzt wegen der chinesischen Zentralbank. Überhaupt spielen die Zentralbanken heutzutage eine zwielichtige Rolle... Statt den Yuan aufwerten zu lassen, damit sich die überhitzende seit Jahren mit 9% wachsende Wirtschaft ein bisschen abkühlen kann, stützt die chin. Zentralbank den Dollar und spritzt damit noch Überschussliquidität in den eigenen Markt. Schon jetzt hört man von Inflationsgefahren, einer Investitionsblase und von den vielen faulen Krediten auf denen die chinesischen Banken sitzen... Dieses Verhalten der chin. Zentralbank ist auch mitverantwortlich für das riesige Handelsbilanzdefizit in den USA. Je länger es in dieser Größenordnung besteht, desto stärker wird der Druck auf die Verantwortlichen in den USA, die möglicherweise zu protektionistischen Massnahmen greifen werden. Dies wäre ein Schlag für den gasamten freien Welthandel und insbesondere für China. Insgesamt führt diese
Hokuspokus-Politik der 'wundersamen Geldvermehrung', die heutzutage auf der ganzen Welt von den Zentralbanken propagiert wird langfristig zu noch mehr Problemen. Ich bin für Asien langfristig sehr bullish, wäre in den nächsten Monaten aber eher vorsichtig, weil die Zeit für eine Korrektur in China reif ist. Alleine das Wort 'China' wirkt heute auf Investoren wie 'Internet' vor ein Paar Jahren. Dazu kommt noch die Ungewissheit wie nachhaltig die Erholung in den USA ist, die den Löwenanteil der chin. Exporte aufnehmen. Vielleicht sollte man stattdessen in der nächsten Zukunft auf Südkorea setzen? Die haben einen stärkeren Binnenmarkt (sind deshalb weniger vom Ausland abhängig), deren Aktienmarkt entspricht eher westlichen Standards und ist noch relativ günstig und sie profitieren auch vom Boom in China.

Gruß,

Wojtek

wojtek_m - Montag, 9. Februar 2004 - 09:21
Hier ein Artikel zum chinesischen Bankensystem:

"dw-world.de 09.01.04
Gegen die Geldvernichtung in China

Der Riese China steht auf tönernen Füßen: Das Bankensystem gilt als marode. Jetzt hat die Regierung angekündigt, 100 Milliarden Dollar für die Sanierung der Banken aufzuwenden. Macht China jetzt ernst mit Reformen?

Vor rund einem Jahr hat China seine Führung um Staatspräsident Hu Jintao installiert. Und gleich zeigte sie Entschlossenheit, die Banken zum Topthema zu machen: Erstmals in der Geschichte der Volksrepublik wurde eine Bankenaufsicht nach westlichem Zuschnitt geschaffen: die China Banking Regulatory Commission. Präsident wurde der international hoch angesehene Liu Mingkang, bis dahin Präsident von Chinas größter Bank, der Bank of China.

Die Last der faulen Kredite

Liu Mingkang weiß um die Schwäche des chinesischen Bankensystems: Die faulen Kredite. Bei der Bank of China sollen sie sich offiziellen Zahlen zufolge auf über 22 Prozent der Kredite belaufen - womit sie keineswegs aus dem chinesischen Rahmen fällt. Bei den anderen drei großen chinesischen Banken - der Industrial and Commercial Bank of China, der China Construction Bank und der Agricultural Bank of China - sieht es nicht besser aus: Die Rate fauler Kredite soll insgesamt bei rund 21 Prozent liegen, was etwa 200 Milliarden US-Dollar entspricht.

Das ist die offizielle Zahl. Ausländische Experten zeichnen ein deutlich schwärzeres Bild: Sie sprechen von 40 bis 50 Prozent unbedienter Kredite. Die dramatische Lage hat strukturelle Ursachen. Chinas Banken haben in der Vergangenheit nicht als gewinnorientierte Unternehmen gehandelt, sondern als Geld verwaltende Behörde - gebunden nicht an ökonomischen Sachverstand, sondern an die Anweisungen der Kommunistischen Partei.

Politische motivierter Geldfluss

Die Banken dienten vor allem der Finanzierung der Staatsbetriebe. Dass die meisten davon rote Zahlen schrieben, spielte keine Rolle. Die Banken galten wegen der politisch motivierten Kreditvergabe als nie versiegende Kapitalquelle. Dazu kam schlechtes Management sowie weit verbreitete Selbstbedienungsmentalität: Erst im Dezember 2003 ist Wang Xuebing, sieben Jahre lang Präsident der Bank of China und hochrangiges KP-Mitglied, zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Nicht weniger als 724 Millionen Dollar fehlten in den Büchern.

Jetzt aber scheint China ernst machen zu wollen mit einer Reform des Bankensektors. 45 Milliarden Dollar Devisenreserven sollen an zwei der vier großen staatlichen Banken transferiert werden. Am Mittwoch (7. Januar 2004) erklärte Chinas Bankenaufseher Liu Mingkang, China sei bereit, insgesamt 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen.

Griff in die volle Kasse

China kann sich das leisten, denn mit rund 450 Milliarden Dollar verfügt das Land über die zweitgrößten Devisenreserven der Welt. Mit dem Griff in die Kasse sollen zunächst die China Construction Bank und die Bank of China fit gemacht werden für die Börse. Chinas Banken müssen sich wappnen für die internationale Konkurrenz. Das betont auch Margot Schüller, Expertin für das chinesische Finanzsystem am Institut für Asienkunde in Hamburg: "Es gibt einen Zeitplan, der durch den Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) im Jahre 2001 festgelegt wurde", sagt die Expertin. "Bis Ende 2006 müssen sie international wettbewerbsfähig sein. Das heißt: Die Banken müssen kommerzialisiert werden."

Diese Kommerzialisierung kann nicht beim Zuschießen neuen Geldes aufhören. Immerhin hat China 1998 und 1999 die Banken bereits mit geschätzten 200 Milliarden Dollar entlastet. Aber solange die Kreditvergabe nicht wirtschaftlichen Kriterien folgt, sammeln sich rasch neue faule Kredite an. Doch schon Ende 2004 will die China Construction Bank den Schritt an die Börsen wagen, Anfang 2005 soll die Bank of China folgen. Damit diese Börsengänge ebenso erfolgreich werden wie im Dezember derjenige des größten Versicherers China Life, muss noch einiges geschehen, erläutert Margot Schüler. "Alles wird davon abhängen, ob die Staatsbanken eine Trendwende in ihrer Geschäftspolitik vollziehen - dass sie keine neuen, nicht-einbringlichen Kredite zulassen."

Herkulesaufgabe

Das durchzusetzen wird eine Herkulesaufgabe. Die Einführung von Aufsichtsgremien nach westlichem Vorbild innerhalb der Banken soll dabei helfen. Doch wird es Widerstand von denen geben, die bislang von der intransparenten Kreditvergabe profitiert haben. Kreditzuteilung nach wirtschaftlichen Kriterien bedeutet für viele der künstlich am Leben gehaltenen Staatsbetriebe das Aus - mit der Folge steigender Arbeitslosigkeit und der Gefahr wachsender sozialer Spannungen. Das jetzt dringend benötigtes Kapital für die florierende Privatwirtschaft zur Verfügung steht, dass bisher in den Staatsbetrieben vernichtet wurde, ist aber immerhin ein Hoffnungsschimmer am Horizont.
Matthias von Hein"

chinaman - Dienstag, 10. Februar 2004 - 18:22
"Asien gehört ohne Frage das 21ste Jahrhundert. Die Gefahr einer Korrektur (Rezession?) in China ist aber kurzfristig sicher gegeben"

Da triffst Du meines Erachtens den Nagel voll auf den Kopf. Für noch nicht investierte Anleger bietet sich meines Erachtens ein schrittweises Engagement an. Timing dürfte nämlich nicht ganz leicht werden ...


:-)
Gruß
Chinaman

chinaman - Mittwoch, 11. Februar 2004 - 13:45
Kurspotenzial Südkorea: Samsung auf Allzeithoch

Südkorea kennen die deutschen Anleger im Wesentlichen nur durch die Musteraktie Samsung Electronics, die auch heute wieder auf einem Allzeithoch schloss. Wenn man allerdings fragt, welche südkoreanischen Titel die deutschen Anleger kennen, dann kommen vielleicht noch Hyundai Motor oder Hynix Semiconductor zum Vorschein. Auch Telekomtitel, wie die KT Corp oder SK Telecom dürften den ein oder anderen Anlegern ein Begriff sein, die heute ebenfalls Kurssprünge um knapp 4% verbuchten. Südkorea hat viele Interessante Werte, die wir künftig vermehrt auf der Bildfläche sehen werden. Der Grund sind die anhaltenden Reformbemühungen des Staates. Heute haben wir aus diesem Umfeld positive Überraschungen erlebt, welche die Kursrallye in Südkorea entfachte. Im Detail handelt es sich um die Benennung des ehemaligen Wettbewerbsbeauftragten Lee Hun-jai zum Finanzminister.

Lee fokussiert sich in seinem Amt als Finanzminister hauptsächlich auf den Wirtschaftsaufschwung Südkoreas. Das Wachstum wird in diesem Jahr 2004 zwischen 4% und 5% geschätzt. Hauptsächlich soll das Wachstum durch den vorantreibenden Export südkoreanischer Produkte umgesetzt werden. Auch eine positive Entwicklung des Binnenmarktes ist für Südkorea ein entscheidender Faktor für den Wirtschaftsaufschwung. Des Weiteren wird sich Lee auf die Geschehnisse und Stabilisierung des Finanzsystems konzentrieren. Hier hatten wir in den vergangenen Monaten mit der Beinahe-Pleite der LG Card die aktuellen Schwierigkeiten hautnah erlebt. Als ehemaliger Wettbewerbsbeauftragter können wir auch in Fällen wie das Aufhalten von pleitegehenden, maroden Unternehmen künftig auf mehr Offenheit Südkoreas durch den neuen Finanzminister Lee hoffen. Genau diese Entwicklung der geringeren staatlichen Eingriffe braucht Südkorea um ausländische Investoren und Unternehmen anzulocken. Dies würde zu mehr Wettbewerb und Arbeitsplätzen in Südkorea führen, so dass sich der Binnenmarkt belebt.

chinaman - Mittwoch, 11. Februar 2004 - 13:47
Überhitzung in China? Der Niedergang der USA und die Zukunft Asiens

Asienexperte Marc Faber im Interview

Der in Hong Kong lebende Buchautor, Fondsmanager und „congential contrarian and shrewd Swiss investment advisor“ (Fortune Magazin) Marc Faber gilt als ausgemachter Asien-Experte. BLUeBULL hat mit ihm über Asien und die US-Wirtschaft gesprochen.

Bluebulltoday.com: China hat 2003 SARS und andere Probleme abgeschüttelt, um erneut ein kräftiges Wachstum vorweisen zu können. Im vergangenen Jahr sind über 53,5 Milliarden US-Dollar an Investitionen nach China geflossen. Ende 2003 gab es damit in China über 460.000 ausländische Unternehmen oder Kapitalbeteiligungen im Gesamtumfang von mehr als 500 Milliarden US-Dollar. Welche Wachstumsraten erwarten Sie für die kommenden Jahre?

Marc Faber: Ich nehme an, dass sich das Wirtschaftswachstum dieses Jahr verlangsamen wird. Im Vorjahr stieg die Industrieproduktion immerhin um rund 20%. 2003 ist die Wirtschaft um rund 9% gewachsen. Ich nehme an, dass das langfristige Wachstum von China eher bei 6-7% liegt als bei 9%.

BB: Wird China derzeit an das Niveau der grossen Wirtschaften herangezogen, oder gibt es gar Faktoren die dafür sprechen, dass China seine derzeitigen westlichen „Lehrmeistern“ hinsichtlich des wirtschaftlichen Wohlstandes je Einwohner langfristig überholen kann?

MF: Ich denke dass ein Land der Größe von Indien und China kaum die Pro-Kopf-Einkommen von Europa erreichen wird. Aber in gewissen Städten Chinas hat sich natürlich schon ein gewisser Wohlstand etabliert. Wir haben bereits 200.000 Millionaire in China. Wie in Russland sind einige reich und einige sehr reich geworden. Aber man kann die Situation Chinas mit Europa natürlich nicht 1:1 vergleichen, da nicht nur das Pro-Kopf-Einkommen sondern auch die jeweiligen Lebenserhaltungskosten entscheidend sind.

BB: Kollegen und Bekannte zeigten sich mir gegenüber überzeugt, dass man jetzt in Asien investieren müsse. Sollte man als Aktionär derzeit wirklich noch einsteigen? oder sollte man erst die Asien-Aktien-Empfehlung des Friseurs oder seiner Putzfrau als Alarmzeichen auffassen?

"Überhitzung an den Börsen"

MF: Ich glaube, und das ist eine Minderheitsansicht, dass im Moment eine Überhitzung an den Börsen stattfindet, insbesondere auch in Asien. Ich persönlich habe in letzter Zeit eher verkauft als gekauft in Asien und ich würde einen günstigeren Zeitpunkt wahrscheinlich abwarten.

BBVor etwa einem Jahr haben Sie im Interview mit uns prophezeit, dass Gold steigen und der Usd fallen wird – mit beidem haben Sie recht behalten. Welche weitere Entwicklung der beiden „Währungen“ erwarten Sie?

MF: Ich nehme an, in den nächsten zwei Jahren steigt der Gold-Preis weiter an, aber in den nächsten drei Monaten sehe ich eine Korrektur. Der Usd könnte sich hingegen kurzfristig ein wenig stärken. Langfristig denke ich, dass der Dollar eine schwache Währung bleiben wird.

BB: Die US-Wirtschaft erholt sich derzeit scheinbar. Ein schwacher US-Dollar könnte helfen die Verschuldung abzubauen und den Export anzukurbeln. Denken Sie, dass die USA tatsächlich seine Probleme damit abschütteln können?

MF: Das glaube ich kaum, dass das einen großen Einfluss auf die Exporte und die Handelsbilanz haben wird. Denn das grosse Defizit haben die Usa mit Asien und insbesondere die chinesische Währung ist ja stark an den US-Dollar gebunden. Weiterhin glaube ich, dass die US-Wirtschaft nicht so stark ist wie es die US-Regierung immer ankündigt.

BB: Sie denken also, dass die USA die Krise noch nicht überwunden haben und weitere Probleme auftauchen können?

MF: Ja, das glaube ich.

Niedergang der US-Wirtschaft

BB: In Ihrem neuen Buch „Zukunftsmarkt Asien. Die Entdeckung der asiatischen Märkte“ schildern Sie eindrucksvoll Parallelen zwischen dem Niedergang des römischen Reiches und den USA. Können Sie in kurzen Worten vergleichbare Fehler der Weltmächte aufzeigen. In welchem Stadium befinden sich die USA derzeit?

MF: Plötzlich hat Amerika und insbesondere Präsident Bush das Gefühl, dass sie ein Weltreich sind und Interventionen, politisch und wirtschaftlich, in der ganzen Welt unternehmen müssen. Und das ist natürlich schwierig zu finanzieren nachdem die USA auch ohne diese Expeditionen schon hohe Handels- und Leistungsbilanzdefizite haben. Ich glaube, dass jede Nation die so imperialistische Ambitionen hat, langfristig eine schwäche Währung haben wird, da die Finanzierung des Imperialismus sehr teuer ist.

BB: In welchem Stadium das Niedergangs befindet sich die USA derzeit?

MF: Das ist schwierig zu beurteilen, weil natürlich die Geschichte wesentlich schneller passiert als noch vor 2000 Jahren, nachdem wir sofortige Informationsverteilung und wesentlich schnellere Kommunikation haben. Als das Jahr 2000 anbrach haben die Amerikaner alle geschrieben, dass das Jahrhundert bis 2100 das der USA sein wird. Aber ich habe eine andere Ansicht. Ich denke, dass bereits in den nächsten 10 bis 15 Jahren die USA wieder grosse Rivalen in der Welt haben werden: Indien und insbesondere China.

BB: Wie entwickelt sich Ihrer Meinung nach das Wohlstandszentrum Westeuropa langfristig?

MF: Bescheiden. Europa hat auch Probleme im Konkurrenzkampf mit Asien. Dadurch, dass die Löhne und Kostenstrukturen relativ hoch sind und auch die Eingriffe der Regierungen und die Bürokratie sehr ausgeprägt sind sehe ich hier wenig Chancen – ausser in Osteuropa.

BB:Welche Fehler machen Welt- bzw. Wirtschaftsmächte bei historischer Betrachtung immer wieder. Wie könnten sich solche Entwicklungen vermeiden lassen?

MF: Alle Länder machen gewisse Fehler. Es ist einfach ein zyklisch, dass Länder die reich sind immer träge werden und arme Länder mehr Innitiative zeigen und sich mehr bemühen. Es ist zwar ein „Fehler“ aber wohl ein unvermeidbarer.

BB: Wie beurteilen Sie die politische Stabilität in China. Schließlich hat am 22. Januar das chinesische Jahr des Affen begonnen – definitionsgemäß ein Jahr der Überraschungen.

MF: Sie ist relativ gut. Aber ich glaube, dass ein Problem auftauchen könnte in der Beziehung mit Taiwan.


China: Kampf um Rohstoffe

BB: Und die Beziehungen zwischen den USA dürften sich nicht verschlechtern?

MF: Ich glaube schon. Sobald die Rohstoff- insbesondere Ölpreise steigen, beginnt ein Kampf darum. Die Amerikaner wollten es bisher den Chinesen verhindern, dass sie sich Ölreserven im Ausland kaufen. Ich glaube für China ist das ein grosses Problem, dass sie sich Rohstoffe beschaffen müssen: Eisenerz aus Brasilien, Australien, Sojabohnen aus Malaysien und Argentinien und Öl aus dem Mittleren Osten. Das ist eine Achillesferse der Chinesen. Vergessen Sie nicht. Die Japaner traten dem 2. Weltkrieg hauptsächlich deswegen bei, weil sie sich Rohstoffe beschaffen wollten.

BB: Was sagen Sie zu den Forderungen der USA, dass China ihre Währung gegenüber dem Usd aufwerten solle?

MF: Ich glaube die Chinesen werden kaum stark aufwerten. Grundsätzlich glaube ich, dass die Chinesen möglicherweise künftig ihre Währung an einen Korb von verschiedenen Währungen binden werden.

wojtek_m - Donnerstag, 19. Februar 2004 - 23:10
"Is China a goldmine or minefield?
By Tim Weber
BBC News Online business editor

"China is amazing", says Microsoft boss Bill Gates. "It is capitalism, but at an unprecedented speed."
"Amazing" is an understatement. This is an economy on speed.
Chinese exports have surged more than 50% to $325bn (£171bn) in the five years to 2002.
And they are accelerating, currently growing 20% year-on-year.
The economy, meanwhile, is expanding at a blistering 9%.
No wonder foreign investors want to join the gold rush.
Just during the past few days, Korea's INI Steel Company launched a $500m steel project in the Dalian development zone; France's Saint Gobain invested another $70m in one of its existing glass production lines; Germany's Siemens opened its 40th office in China, to develop high-end software applications in Nanjing, and warned that it could shift thousands of jobs from Europe and America to China; while Finnish paper giant Stora Enso invested $1.6bn in a pulp-paper project in South China.
But is China really a capitalist goldmine - or a minefield, where firms are beholden to corruption or arbitrary acts of a communist bureaucracy?
And what about the biggest short-term worry of all: Will China soon end its currency's decade-old peg to the US dollar, wreaking havoc on carefully laid-out business plans?
How to make money in China
Make no mistake: The world's business leaders are transfixed by China.
A few weeks ago, during debates at the World Economic Forum in Davos, China seemed to be the solution to every problem - and the cause of all potential trouble.
After all, business history is littered with failed Western investments in China. So what went wrong?
Blame poor management or timing, say those that have succeeded in China.
"With companies that don't make a profit in China, if you look at the case studies, there is always a flaw from the outset," says Dinesh Paliwal, group executive vice-president at Swiss-Swedish engineering group ABB.
Microprocessors are a case in point, argues Ulrich Schumacher, chief executive of German microchip giant Infineon.
Chip factories built in China during the past 10 years did not make any money, he says, because they produced the wrong chips at the wrong time.
Infineon, in contrast, moved in only recently and is making plenty of profit. As a result China will get 30% of the German firm's $1.2bn investment total over the next three years.
The sentiment is echoed by Carlos Ghosn, president of car maker Nissan: "If your business isn't making money in China, it probably wouldn't make money anywhere else."
"If you are focused, you can be very profitable", he says, and adds that for Nissan, China is the world's second-most profitable car market after the US.
From toys to technology
The obvious answer is that it is big, with 1.3 billion people and a $1.2 trillion economy.
Its middle class is growing rapidly, domestic consumption is booming and the growth of its manufacturing sector is nothing if not spectacular.
"We set up our factories in China to export, but it is all consumed in the country itself," reports ABB's Dinesh Paliwal.
With inflation low, labour cheap and plentiful, urbanisation driving demand, and a savings rate of 30% providing easy capital, China is a manufacturer's dream.
No wonder the Pearl River Delta in the south-east of the country, once a rural backwater dominated by rice paddies, has turned into the world's factory floor.
And contrary to popular belief China is not just a producer of steel, cheap shoes and easy-to-assemble toys.
Gasp - engineers work on weekends
China has moved up the "value chain" and become a land of two economies.
The sweatshops are still there, giving employment to millions of desperately poor migrant workers.
But more and more companies become cutting edge and leapfrog foreign rivals.
Whether games consoles, DVD recorders or flat-screen monitors, Chinese factories are grabbing high-tech market share.
"Ten years ago, China was about low cost," says Infineon's Ulrich Schumacher. "Now it is at the forefront of technical development."
"Infineon can develop twice as fast in China than anywhere else," he says.
"Engineers are working in three shifts, seven days a week," enthuses Mr Schumacher. " In Germany that would not be possible, there engineers don't work on weekends."
Bill Gates is similarly impressed after his latest visit to Microsoft's research lab in Beijing, one of four in China and Hong Kong.
"The talent of the people there is unbelievable, I can't believe how effective they are," he says.
All this is worrying news for high-tech workers in industrialised countries, who hoped their skills would give them a competitive advantage in the globalised economy.
Trouble ahead?
But China's cost advantages are slowly eroding.
On the eastern seaboard, the cost of people, property and other assets is rising fast. "In Shanghai the price of a good engineer is the same as in Slovakia," says Mr Paliwal.
So if investors hope to compete on cost, they have to move inland, well away from the coast, counsels Victor Chu, who runs Hong Kong-based First Eastern Investment Group.
And there is a host of other problems.
Without "good friends", both on a personal and a political level, there is little chance of investment success in a country that has no effective commercial courts, warns Mr Chu.
Which hits home when investors discover that their local rivals or even business partners are ripping off patents and other intellectual property (IP).
So investing in China is "definitely a challenge" and a "minefield", says Carlos Ghosn, who has seen the "logos, brand names, internal and external designs" of Nissan cars copied by Chinese rivals.
Monkey business
There are other long-term worries, like the stability of China's banking system, and whether the country can generate enough energy to sustain its economic boom
Today, though, the biggest headache for investors is China's currency.
For decades, the yuan has been pegged at a low rate to the US dollar. This has created stability, but also acted as an export subsidy, creating huge trade imbalances.
Washington is urging Beijing to float the yuan. Some Chinese manufacturers, depending on cheap imports of components and raw materials, agree.
Already "we see a massive inflow of foreign currency into China in anticipation of a floating exchange rate policy," says Professor Fu Jun of Beijing University, who is considered to be close to the Chinese leadership.
But the yuan is unlikely to suffer a dramatic devaluation. China will probably switch its peg from the US dollar peg to a basket of currencies, says Professor Fu.
Experts like Victor Chu predict that investors now have a "window of nine months".
"If you want to go into China, you should do so now," he argues.
In the Chinese calendar, 2004 is the year of the monkey.
Investing in China now would be "good monkey business", says Victor Chu. "

chinaman - Freitag, 20. Februar 2004 - 09:05
Nachdem ich drei Jahre in China gelebt habe, sage ich mal mit Sicherheit auch ein "Minenfeld", was aber die Chancen mit kleinreden soll ...

;-)
Gruß
Chinaman

wojtek_m - Freitag, 20. Februar 2004 - 13:46
Interessant, wo hast Du dort gelebt? Ich glaube das 'wo' spielt in China eine große Rolle.

Gruß,

Wojtek

wojtek_m - Samstag, 21. Februar 2004 - 13:34
"China's demands have global effect
Feb. 20, 2004, 12:44AM

Commodity sector fighting to keep up

By NAO NAKANISHI
Reuters News Service

Su Dewen cranes his neck to watch gasoline sloshing through a pipe into a 12-story cylindrical tank that takes a half-hour to walk round.
"We've never been so busy in our lives," sighed Su, company secretary for Zhenhai Refining & Chemical, China's top oil refiner.
China's seemingly bottomless demand for resources is pushing many — and not just within the country — to put in overtime.
Currencies of resource-rich Latin America are soaring. The world's largest diversified miner, BHP Billiton, reported on Thursday that December quarter profits more than doubled on rampant demand from China and sharply higher prices.
Copper is at eight-year highs. And much of that is due to China: the newly minted superpower of world commodity markets.
"In almost every commodity you look at, people had not really invested in new capacities for the last five to 10 years," said Michael Komesaroff, managing director of Urandaline Investments.
"China caught them by surprise," the independent consultant, who used to work for a global mining firm, said from Australia.
Some are crying foul. South Korean media call China a "black hole," with its copper users leaving no stone unturned in their search for the metal.
Economists warn prices for everything from iron to nickel — now hovering at 14-year peaks — may be getting a tad frothy as Beijing clamps down on sectors in which investment has soared.
That over-investment could herald a price fall that would spoil the party, experts say.
"Everyone wants to know whether China's demand for raw materials is going to significantly come down in 2004. Growth may taper this year, but it's not going to crash," said Michael Kurtz, regional economist for Bear Stearns in Hong Kong.
For now, China will keep gorging on oil and steel and soy foraged from as far afield as Brazil and Australia, seeking the building blocks of an economy that grew 9.1 percent in 2003 and the grain to feed a fifth of the world's population.
That insatiable appetite is making waves the world over.
Metal recycling plants in Europe are grinding to a halt as China buys up every inch of scrap it can find, industry sources say.
Also strapped for scrap, Japan is chalking up record imports of refined copper.
Producers are scrambling to open new mine shafts, striving to make up for the investment drought of the past 20 years.
Within China, a steady stream of metals and oil and foodstuffs is producing a log-jam at ports because importers cannot secure enough trucks or space on railways.
Imports of raw materials such as steel and oil surged by $60 billion in 2003, underpinning the cost of everything and shoring up the accounts of resource-rich countries.
To help business cope with supply shortages and rising prices, South Korea, one of the world's top importers of commodities, this week cut import duties on 13 raw materials.
Asia could feel the pinch if demand from the world's sixth-largest economy stutters. UBS estimates China was responsible for nearly half of Asian export growth in 2003, versus a traditional 10 percent.
Beijing is trying to hold its more unruly industries — steel, cement, aluminium — in check, as a craze for cars and new housing from nouveau riche urbanites spurs investment zeal.
To be sure, the consumption binge is far from being in jeopardy.
China is already the world's top consumer of steel. Ditto for copper, for which it has to import half its annual needs. It buys three-fifths of its iron from overseas. The world's number two oil user imports a third of its oil consumption.
That had been driven largely by the construction, auto and consumer goods sectors as Chinese got richer and Beijing pursued such multi-billion-dollar projects as building a west-east gas pipeline and a north-south water canal.
China racked up a $120 billion rise in all imports in 2003 — half in raw materials, or 0.2 percent of the global economy. This year, that could climb a "mere" $30 billion, Morgan Stanley economist Andy Xie said.
In the long term, though, the demand picture is assured. Economists and industry players talk of a paradigm shift, one in which China is a force behind a resurgent quest for resources."

mib - Samstag, 21. Februar 2004 - 15:21
vor diesem Hintergrund koennte es sehr interessant werden, in niedrig bewertete australische und suedafrikanische Titel zu investieren, da anzunehmen ist, dass der australische Dollar und der suedafrikanische Rand an Wert gewinnen werden (bei Suedafrika beachten, dass der Wert des Rand eng am Goldpreis anliegt).

Hat da jemand Ideen?

Mib

chinaman - Freitag, 26. März 2004 - 11:23
CHINA

Geborgter Boom

Von MARKUS GÄRTNER Chinas Wachstum erstaunt die Welt. Doch es ist fragwürdiges, auf Sand gebautes Wachstum, dessen Antriebsmodell nicht nachhaltig sein kann. Kein anderes Land der Welt braucht so viel Kapitaleinsatz, um dieses Wachstum zu erzeugen. Für einen Dollar Bruttoinlandsprodukt müssen 40 Cent investiert werden. In keinem Land Asiens ist die Investitionsquote so hoch wie in China - es ist die ineffizienteste Volkswirtschaft der Welt, die das schnellste Wachstum erzeugt.

Wie geht das ? Ganz simpel ausgedrückt, mit enormer Kapitalverschwendung. Die Geldmenge wächst zweimal so schnell wie das BIP, das Kreditvolumen dreimal so schnell, die Investitionen sechsmal so schnell. Immer mehr Kapital wird benötigt, um das gleiche Wachstum zu erzeugen. Eine Spirale, die irgendwann im finanziellen Kollaps enden muss oder mit Überkapazitäten, die die meisten Firmen regelrecht erdrücken. Ein Szenario wie beim Saurier-Sterben.

Chinas Wachstum wird nicht von der Nachfrage getrieben. Denn die ist bei der Sparwut der Chinesen relativ gering. Nein, Chinas Wachstum wird von der Angebotsseite gepuscht: Massive Kapazitätserweiterungen, finanziert mit oft fragwürdigen Bankkrediten, gespeist aus den hohen Ersparnissen der 1,3 Milliarden Chinesen. Die Rivalität Tausender von Bürgermeistern und Parteisekretären, deren Beförderung von hohen Wachstumsraten abhängt, erzeugt Parallelprojekte und Verschwendung in unvorstellbarem Ausmaß.

Doch bislang ist genügend Kapital dafür vorhanden. Denn die Chinesen ertränken ihre maroden Banken regelrecht in Liquidität: Die Sparbücher schwollen allein im Januar nach offiziellen Zahlen um 19 Prozent weiter an. Ein spürbarer Teil des Kapitals kommt aus Übersee, um sich, als ausländische Investition getarnt, Steuerprivilegien zu erschleichen oder auf eine Aufwertung des Renminbis zu spekulieren.

Erreicht das Kapital das Bankensystem, bläht es in Form von Krediten die bekannten Boombranchen auf. Im Jahr 2003 sah das so aus: Computerproduktion plus 83 Prozent, PKW plus 80 Prozent, Klimaanlagen plus 47 Prozent. Die Turbokonjunktur hat dabei weltweit die Preise für Rohstoffe und Komponenten auf mehrjährige Hochs getrieben. Im Schnitt sind sie um 30 Prozent gestiegen.

Doch während sich die Einkaufspreise vieler Firmen in China um diesen Faktor verteuern, sinken die Verkaufspreise für deren Fertigprodukte. 2003 sah das so aus: Langlebige Konsumgüter minus 4,6 Prozent, Handys minus 20 Prozent, Autos minus 15 Prozent. Konsequenz: Die Renditen purzeln ohne Ende. Und das bei Produkten, die mit geliehenem Geld produziert werden. Resultat: Je kleiner die Rendite und der Cash-Flow, desto mehr werden die Firmen von den Banken abhängig. Das Volumen fauler Kredite nimmt dabei nicht ab, sondern zu. Der Anteil fauler Kredite, der offiziell bei Chinas großen staatlichen Geschäftsbanken nur noch 17 Prozent des Kreditvolumens ausmacht, steigt weiter und dürfte in Wahrheit bei gut 50 Prozent liegen. Insofern darf man sie getrost als versteckten Preis für das stürmische Wachstum betrachten. Doch diese Rechnung muss eines Tages beglichen werden. Und sie wird horrend sein.

Der Westen kann sich freuen, solange das chinesische Wachstumsmodell funktioniert. Denn die Chinesen subventionieren am Ende die ganze Welt: Bei westlichen Firmen kaufen sie Rohstoffe und Vorprodukte immer teurer ein und liefern unseren Konsumenten immer billigere Endprodukte.

Doch wo ist das Ende der Fahnenstange? Bis 1996 benötigte China 47 Jahre, um eine Fertigungskapazität von 100 Millionen Tonnen Stahl aufzubauen. Für die nächsten 100 Millionen Tonnen brauchte das Land nur sechs Jahre, bis 2002. Im vergangenen Jahr erreichte China schon 300 Millionen Tonnen.

Bald gibt es in China von (fast) allem zu viel. Und bis 2006 muss laut WTO die Wirtschaft vollständig für die ausländische Konkurrenz geöffnet werden. Auch der Renminbi soll dann konvertierbar sein. Viele Chinesen werden Geld zu ausländischen Banken tragen. Ältere Chinesen werden viel abheben, weil der staatliche Pensionsfonds bei weitem nicht alle Verpflichtungen deckt. Ausländische Investoren, die derzeit 80 Prozent ihrer eingefahrenen Gewinne in dem Land reinvestieren, werden, wenn ihre Kapazitäten gesättigt sind, mehr nach Hause transferieren. Dann wird den Banken so viel Kapital entzogen, dass das horrende Wachstum nicht aufrechterhalten werden kann.

Chinas Wachstum wird sich stark normalisieren. Die Zuwachsraten werden deutlich unter zehn Prozent liegen, eher sogar unterhalb der Fünf-Prozent-Marke. Ob das noch reicht, um die restlichen sozialen Spannungen aus dem Reformprozess zu verkraften, steht in den Sternen. Die Schönwetterberichte, die viele Manager derzeit nach Hause in die Zentralen mailen, werden sich in vielen Fällen als glatter Selbstbetrug entlarven.

Quelle: Handelsblatt

wojtek_m - Freitag, 26. März 2004 - 12:52
Ja, ja wie gesagt es wird dort schon krachen, nur wann? ;-)

Wojtek

chinaman - Mittwoch, 21. April 2004 - 17:04
"Wer zögert, der hat verloren"

MARKUS GÄRTNER, PEKING HANDELSBLATT, 20.4.2004 Schauen Sie hier, meine Damen und Herren: wohnen wie in Deutschland zu Preisen wie in China", ruft der junge Chinese in sein krächzendes Megafon. Ein Meer schwarz behaarter Köpfe mit wachsenden Hälsen umringt den Mann. Er sucht in dem Gedränge nach Halt. Hinter ihm an der Wand wuchert ein haushohes Plakat. Es zeigt eine riesige Wohnsiedlung mit Seen, Wald und Golfplätzen. "Golf Wonderland for German Life" steht über den braun gedruckten Wohnblöcken. Sie sehen aus wie Siedlungen, die im Deutschland der 60er-Jahre an den Stadträndern aus dem Boden schossen. China erlebt jetzt seinen Immobilienboom. Doch mit Deutschland hat der wenig gemeinsam.

Denn Chinas Wohnungs-Hysterie hat eine solche Wucht, dass alle historischen Vergleiche dagegen verblassen. Kaum etwas verdeutlicht den Goldrausch mehr als jene Immobilienmesse, die derzeit am Ostrand des Pekinger Finanzdistrikts Chaoyang stattfindet.

In einem weißen Festzelt am Fuße des teuersten Hotels der Stadt herrscht Gedränge wie beim Oktoberfest. "Hello Haus" ruft der jugendliche Verkäufer an einem der größeren Stände einem der wenigen Ausländer zu. Neben ihm scheppert ein weiteres Megafon: "Der Bus fährt jetzt zur Wohnung", drängt ein Makler die Interessenten am Nachbarstand - Verkaufsdruck wie beim Teppichhändler.

Währenddessen stolziert mit wippendem Minirock eine langbeinige Schönheit vorbei. Sie trägt ein rotes Plakat vor sich her. Es zeigt die Nummer einer Eintrittskarte, deren Besitzer bei der Messe-Lotterie gerade eine Wohnung gewonnen hat.

Die vielen staunenden Chinesen hier wissen gar nicht, wohin sie als Nächstes schauen sollen. TreibjagdStimmung, gekonnt geschürt. "Ich habe schon zwei Wohnungen im Westen der Stadt", sagt eine etwa 30-jährige, gut gekleidete Chinesin, "die sind vermietet. Jetzt brauche ich noch eine für mich und meine Tochter." Während sie spricht, wird sie zweimal von Besuchern angerempelt. Die Leute sind beladen mit Postern, Taschen und ImmobilienKarten. Sie tragen das Zeug umschlungen, als hätten sie beim Sommer-Schlussverkauf gerade das Schnäppchen ihres Lebens gemacht.

In Peking und Schanghai hat der Immobilienrausch kaum vorstellbare Ausmaße angenommen. Ein Viertel der Boomwirtschaft wird von Wohnungsverkäufen getragen. Der Hunger nach mehr ist schwer zu stillen. In Schanghai wurden im ersten Quartal dieses Jahres 42 Prozent mehr Wohnungen verkauft als ein Jahr zuvor.

Baufirmen in China, sagt der Volkswirt Andy Xie bei Morgan Stanley in Hongkong, errichten so viel neue Häuser, wie in den vergangenen fünf Jahren verkauft wurden. "Schanghai gleicht einer Immobilienfirma", sagt er. Blitzschnell zählt er auf, was den heiß gelaufenen Markt anfeuert: rekordniedrige Zinsen in den USA, die massiv Kapital nach China zurückschwemmen; reiche Privatunternehmer aus den Küstenprovinzen; Taiwaner, die auf die Zukunft Chinas wetten - und auf eine Aufwertung des Renminbis.

Es ist ein explosives Wachstumsgemisch, das die Preise in den Himmel treibt. Wie aberwitzig die Notierungen schon sind, zeigt ein Vergleich, den Xie häufig bemüht: "Für ein Jahresgehalt können Sie in Schanghai nur noch 1,3 Quadratmeter Wohnung kaufen", sagt er, "das war in Hongkong und Bangkok vor der asiatischen Finanzkrise auch so." Viele Chinesen interessiert das "Alarmgerede" der Volkswirte aber nicht. "Seit Jahren wird über eine Blase gesprochen", sagt eine junge Bankangestellte in dem Immobilien-Festzelt, "aber die Preise steigen einfach weiter. Wer jetzt zögert, hat verloren", offenbart die Frau den unbeirrbaren Optimismus der meisten Chinesen. Auch sie besitzt schon zwei Wohnungen. Jetzt sucht sie eine dritte, so für 40 000 Euro, "natürlich mit Bankkredit".

Himmelstürmende Preise, wachsende Verschuldung und ein ins Kraut schießendes Angebot: das sind die Zutaten, die Fachleuten wie Andy Xie angesichts dieses Booms die Schweißperlen auf die Stirn treiben. "Bald kommt eine große Korrektur der Immobilienpreise in China", sagt Xie, "und das ist eines der größten Risiken für die globale Wirtschaft." Eine Übertreibung? Nein, sagen die Zahlen: Chinas Immobilien-Investitionen - zu 70 Prozent mit Krediten der schwachen Banken finanziert - machen 40 Prozent aller Investitionen in dem Land aus. Die wiederum tragen 43 Prozentzum Inlandsprodukt bei. "Was in China vor sich geht, ist ein Pyramidenspiel mit gigantischen Ausmaßen", warnt Xie. Seine Befürchtung: Kollabiert dieser Markt, zieht er die ganze Volkswirtschaft mit sich - mit entsprechenden Folgen für die Weltwirtschaft.

Doch im Reich der Mitte hält man wenig von Unkenrufen. "Die kaufen alles", sagt Josephine Kern vom Immobilien-Berater FPD Savills in Peking, über die Chinesen. Kern kann von ihrem Büro auf die Immobilienmesse an Pekings Drittem Ring schauen. Vor dem Hauptzelt beobachtet sie ein Spalier junger Chinesen, die allen, die von der Messe kommen, Prospekte in die Taschen stecken. Dabei reißen sie sogar die Tüten der Besucher auf.

chinaman - Donnerstag, 22. April 2004 - 16:56
WECHSELKURS-STREIT

Pekings Wahlkampfgeschenk für Bush

Von Andreas Lorenz, Peking

Seit zehn Jahren ist die chinesische Währung an den Dollar gekoppelt. Für den Wahlkämpfer George W. Bush ein Ärgernis: Der Wechselkurs erlaubt es China, billig in die USA zu importieren. Nun reagiert Peking erstmals auf den Druck aus Amerika.

Peking - Entgegen den offiziellen Beteuerungen, man wolle den Yuan nicht aufwerten, denkt Peking nun doch über eine Korrektur des Wechselkurses nach. Derzeit liegt der Umtauschkurs bei 8,28 für einen Dollar - ein Niveau, das schon lange nicht mehr der Stärke der chinesischen Volkswirtschaft entspricht.

"Es scheint, dass die Regierung nun mit den Befürwortern einer Neubewertung übereinstimmt", erklärte Wu Jinglian am Donnerstag auf einem Seminar der "China Europe International Business School" in Peking. Wu ist Forscher an einem wissenschaftlichen Institut des Staatsrats und gilt als einflussreicher Regierungsberater.

Die US-Regierung hatte in den letzten Monaten immer wieder von Peking gefordert, die feste Bindung zum Dollar aufzuheben, weil der Yuan stark unterbewertet sei. Da der gegenwärtige Wechselkurs chinesische Exporte in die USA billig mache, würden Tausende von Arbeitsplätzen gefährdet, klagte Washington. Zuletzt hatte Vizepräsident Dick Cheney auf seinem Besuch in Peking verlangt, den Yuan aufzuwerten.

Technische Hilfe von den Amerikanern

Inzwischen lägen "die Positionen beider Seiten ziemlich eng beieinander", erklärte Wu. Was bislang nicht bekannt war: Ein US-Expertenteam des Finanzministeriums arbeitet derzeit mit chinesischen Fachleuten, um "technische Hilfe" bei der "Anpassung des Yuan" zu leisten, berichtete Wu.

Derzeit muss die Pekinger Zentralbank jeden Tag 300 bis 400 Millionen Dollar aufkaufen, um die feste Wechselkursrate zu halten. Dies hat zu einem enormen Anwachsen der Devisenreserven geführt. Folge: Die Zentralbank hat weniger Möglichkeiten die Geldmenge an die Wirtschaftssituation anzupassen.

Befürworter der Aufwertung argumentieren, bei teueren Exporten in die USA würden die chinesischen Unternehmen gezwungen, die Qualität der Waren zu verbessern, um konkurrenzfähig zu bleiben.

Unter Finanzexperten ist das Ansinnen der Amerikaner allerdings heftig umstritten. Eine Aufwertung des Yuan werde Amerikas Probleme auf dem Arbeitsmarkt nicht lösen, wenden sie ein. Zudem würde ein stärkerer Yuan nur den US-Firmen schaden, die in China billig für den amerikanischen Markt produzieren.

Finanzfachleute in Peking gehen davon aus, dass die chinesische Regierung die Angelegenheit äußerst vorsichtig angehen wird. Möglich ist, die Schwankungsbreite sachte zu vergrößern. Denkbar ist auch, den Yuan nicht mehr allein an den Dollar, sondern gleichzeitig auch an den japanischen Yen und den Euro zu binden.

chinaman - Dienstag, 4. Mai 2004 - 10:28
China wird Risikofaktor Nummer Eins
Finanzmärkte fürchten harte Landung der überhitzten Konjunktur und Ausbruch einer neuen Asien-Krise - Ausverkauf bei Aktien
von Holger Zschäpitz

Berlin - Ob Freising, Ingolstadt, München oder Berlin: Beinahe überall in Deutschland wird der chinesische Premier Wen Jiabao mit Jubel empfangen, hoffen doch sowohl Politiker als auch Wirtschaftslenker auf Großaufträge aus dem Reich der Mitte. Börsianern ist dagegen die Jubelstimmung erst einmal abhanden gekommen. Nicht nur dass es zuletzt bei China-Aktien zu einem heftigen Ausverkauf gekommen ist, bei dem etwa der mit 37 Festlandfirmen bestückte H-Index um über 20 Prozent in die Tiefe rauschte. Inzwischen wird die ökonomische Entwicklung in China von vielen Ökonomen sogar als das größte Konjunkturrisiko der Weltwirtschaft apostrophiert.


Sämtliche Experten drängen die Chinesen dazu, Maßnahmen zur Abkühlung der überhitzten Wirtschaft einzuleiten. Stirnrunzeln bereitet den Profis dabei weniger das Wirtschaftswachstum, das offiziell bei zehn, in der Realität aber eher bei zwölf Prozent liegt. Vielmehr laufen die Investitionen völlig aus dem Ruder. Im ersten Quartal kletterten sie um 43 Prozent; in einigen Sektoren noch weitaus stärker. Beim Stahl liegt das Plus sogar bei 173 Prozent, bei der Zementproduktion bei 133 Prozent. Sollte das Investitionstempo weiter anhalten, drohen massive Überkapazitäten in sämtlichen Wirtschaftszweigen - dem Finanzsektor, der das Wachstum mit Krediten finanziert, Schieflagen. Der Regierung bleibt angesichts dieser Überhitzungstendenzen gar nichts anderes übrig, als gegenzusteuern.


Die Finanzinstitute sollen bereits zu einer härteren Gangart bei der Kreditvergabe angehalten worden sein, viele fürchten darüber hinaus eine restriktivere Geldpolitik der Währungshüter. So könnte die Notenbank das erste Mal seit 1996 die Zinsen anheben. "Die Märkte fürchten längst nicht nur eine Leitzinsanhebung der US-Notenbank. Genauso schwer wiegen Zinsängste aus China", schreibt Eddie Wong, Stratege bei ABN Amro. Auch wenn die Befürchtungen auf kurze Sicht übertrieben scheinen, seien sie langfristig doch begründet. "Das Investitionsklima wird sich deutlich abkühlen, die Unternehmensgewinne angesichts der Überkapazitäten sinken", ist sich Wong sicher. Er rät Investoren daher, chinesische Aktien zu meiden. Der H-Index werde sich wegen überzogener Bewertungen mittelfristig halbieren.


Fraglich ist, ob Regierung und Währungshütern eine sanfte Landung der Ökonomie gelingt. Schließlich sind die Investitionen etwa für die Hälfte des chinesischen Wirtschaftswachstums verantwortlich. "Das Risiko besteht darin, dass weniger Investitionen das Wirtschaftswachstum stärker als gewünscht bremsen", schreibt Andrew Garthwaite, Stratege bei Credit Suisse First Boston (CSFB). Eine unsanfte Landung hätte für die Weltwirtschaft gravierende Auswirkungen. Denn das Reich der Mitte ist mit jährlichen Einfuhren von umgerechnet 500 Mrd. Dollar zum zweitgrößten Importeur der Welt aufgestiegen. Vor allem Japan profitiert von der kräftigen Nachfrage.


Auf Sektorenebene wären Rohstoffwerte von einem Negativszenario besonders betroffen. Chinas Wirtschaft verbraucht inzwischen 22,5 Prozent der Weltplatinproduktion, 18 Prozent der jährlichen Kupfererzeugung und 15 Prozent der Chemieherstellung. Kein Wunder, dass wegen der Risiken zuletzt der Preis für Kupfer bereits um 15 Prozent einbrach. Aber auch für einzelne Unternehmen könnte ein starkes China-Standbein zum Risiko werden. Nach CSFB-Berechnungen sind von den westlichen Konzernen vor allem Telekom-Gesellschaften wie Ericsson, Alcatel oder Motorola, aber auch der Chemieriese Ciba, der Autobauer VW oder der Mischkonzern 3M engagiert.


Entwarnung für US-Werte gibt dagegen Abby Cohen, Daueroptimistin und Strategin bei Goldman Sachs. Gerade einmal vier Prozent der US-Exporte würden von China abgenommen, dagegen 23 Prozent von Europa. China sei lediglich für die Gewinnmargen der US-Konzerne verantwortlich, weil viele Vorprodukte dort billig gefertigt würden. Selbst eine Asienkrise würde der Strategin daher keine Sorgen bereiten.


Artikel erschienen am 4. Mai 2004
Die Welt

chinaman - Mittwoch, 5. Mai 2004 - 12:45
Aus der FTD vom 5.5.2004
Experten warnen vor Einbruch in China
Von Mark Schieritz, Berlin

Vor einem Einbruch der chinesischen Wirtschaft haben Asien-Experten gewarnt. Für die globale Konjunktur könnte das drastische Folgen haben.



"Der Investitionsboom in einigen Sektoren ist so weit fortgeschritten, dass ein Platzen der Blase nicht mehr ausgeschlossen werden kann", sagte Stephen Roach, Chefvolkswirt der Investmentbank Morgan Stanley. Ähnlich äußerte sich der Bundesverband deutscher Banken: "Eine Gefährdung für den globalen Konjunkturverlauf ist ein Abknicken der Dynamik in China", hieß es in seinem aktuellen Konjunkturbericht.

Peking versucht derzeit fieberhaft, die boomende Wirtschaft abzukühlen, um eine Überhitzung zu verhindern. Zuletzt wurden die Mindestreservesätze erhöht, die Geldinstitute müssen jetzt einen höheren Anteil ihrer Einlagen bei der Zentralbank hinterlegen. Auch wurden die Auflagen für die Vergabe von Krediten verschärft. Die Investmentbank JP Morgan erwartet, dass die Notenbank in Kürze erstmals seit 1995 wieder den Leitzins anheben wird.


Ziel der Maßnahmen ist es, die hohe Investitionsdynamik zu dämpfen. Die Investitionen machen in China über 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. In den asiatischen Tigerstaaten war die Quote selbst in der Frühphase der Industrialisierung nie über 35 Prozent gestiegen.


Sorgenvolle Experten


Vor allem die Struktur der Ausgaben bereitet vielen Experten Sorgen. Während die Investitionen in Branchen wie Stahl und Zement boomten, seien etwa die Ausgaben für den Energiesektor zu gering. Unter Ökonomen ist aber strittig, ob es der Regierung gelingt, eine "weiche Landung" der Wirtschaft herbeizuführen.


Laut Roach ist der Anteil Chinas am Weltsozialprodukt in absoluten Zahlen mit knapp vier Prozent derzeit zwar noch gering. Wegen der enormen Wachstumsdynamik des Landes sei sein Anteil am weltweiten Wirtschaftswachstum aber weit höher. Besonders die asiatischen Nachbarstaaten, aber auch Länder wie Deutschland, die auf Investitionsgüter spezialisiert seien, profitieren vom Boom im Reich der Mitte. Steigende Ausfuhren nach China machten 2003 nach Berechnungen von Morgan Stanley 28 Prozent des deutschen Exportwachstums aus. Mit Einbußen müssten bei einem Absturz aber auch die großen Rohstoffexporteure wie Russland und einige Staaten Lateinamerikas rechnen. "Die hohe Nachfrage aus China ist der wichtigste Grund für den starken Preisanstieg bei Rohwaren. Wenn sich das Wachstum verlangsamt, wird sich die Hausse abschwächen", sagte Roach. "Eine harte Landung würde Sorgen um einen Einbruch der Weltwirtschaft und Turbulenzen an den Finanzmärkten auslösen."


Gefahr für die Weltwirtschaft besteht laut Morgan Stanley aber nur, wenn die Konjunktur in China massiv einbricht. In Ländern wie den USA sei die Erholung der Wirtschaft inzwischen weit fortgeschritten, eine Abschwächung in China "würde nur einen leichten Rückschlag bedeuten". Überdies habe ein geringeres Wachstumstempo im Reich der Mitte auch positive Effekte, da die sinkende Nachfrage nach Rohstoffen den hohen Ölpreis verringern könnte.


Carl Weinberg, Chefökonom des Beratungsdiensts High Frequency Economics, sagte, er zweifle, dass es Peking gelingen werde, die Wirtschaft rechtzeitig abzukühlen. Grund sei etwa, dass sich die Provinzregierungen gegen eine Kürzung von Investitionsprojekten stemmen. Eine Zinserhöhung wirke überdies nicht schnell genug. "Alles deutet auf einen Zusammenbruch", sagte er. Die Deutsche Bank zeigt sich optimistischer. Goldman Sachs sieht sogar das umgekehrte Risiko: "Die Maßnahmen drohen die Wirtschaft stärker abzubremsen als gewünscht und könnten so den Einbruch erst verursachen."

chinaman - Sonntag, 9. Mai 2004 - 09:25
Gebrochener Zauber
Chinas Boom stößt an seine Grenzen, und die Aktienmärkte brechen ein. Anleger setzen vermehrt auf die hiesigen Profiteure des Aufschwungs
von Frank Stocker

Wen Jiabao, Chinas Ministerpräsident, gewann bei seinem Deutschlandbesuch durch seine freundliche Art. Wu Xiaoling ist aus anderem Holz geschnitzt. "Wer mit uns ein Spiel treiben will, sollte sich vorsehen", warnte die stellvertretende Chefin der chinesischen Notenbank vor wenigen Wochen beim Boao-Forum, einer Konferenz der Finanz- und Wirtschaftsverantwortlichen Ostasiens. "Spekulanten werden bestraft." Und kaum hatte sie das ausgesprochen, reagierten die Börsen in Hongkong und Shanghai. Der Hang-Seng-Index ist in den Sinkflug übergegangen. 20 Prozent hat er in den letzten beiden Monaten verloren. Die Anleger befürchten, dass in China in Kürze eine große Blase von Überinvestitionen platzt.


Die Zahlen legen das nahe. Die Wachstumsrate von 9,7 Prozent im ersten Quartal ist für deutsche Verhältnisse schon unvorstellbar. Doch sie spiegelt die rasante Entwicklung noch nicht einmal richtig wider, denn darin fließen auch die Landwirtschaft und das darbende Hinterland ein. Allein die industrielle Aktivität ist im März aber um 19,4 Prozent gestiegen. Der Stromverbrauch wuchs um 16,4 Prozent. Die Investitionen in neue Industrieanlagen und Produktionsstätten legten gar um gigantische 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Derartige Raten konnte selbst Japan während seiner Aufholjagd in den 70er-Jahren nicht aufweisen. "Der Investitionsboom hat zu solchen Exzessen geführt, dass eine anschließende Krise nicht ausgeschlossen werden kann", warnt daher Stephen Roach, Chefökonom von Morgan Stanley.


Die Regierung in Peking und die Notenbank wollen es nicht so weit kommen lassen, sondern die Wirtschaft gezielt zu einer "sanften Landung" bringen. Ende April wies die People's Bank of China in einem ersten Schritt elf staatliche Banken an, für drei Tage keinerlei neue Kredite zu vergeben. Gleichzeitig erhöhte sie die Mindestreservesätze. Und um allen klar zu machen, was die Stunde geschlagen hat, ließ die Regierung zehn Manager einer privaten Stahlgesellschaft festnehmen, weil sie angeblich ohne Genehmigung ein Investitionsprojekt im Umfang von 1,3 Milliarden Dollar weiter vorangetrieben hatten.


Ein weiteres Zeichen und eine weitaus effizientere Maßnahme, den Boom zu bremsen, könnte eine Erhöhung der Leitzinsen sein. Die Investmentbank Crédit Suisse First Boston erwartet, dass die Notenbank die Zinsen ab Juni schrittweise erhöhen wird, um immerhin 200 Basispunke innerhalb der kommenden 18 Monate. Auch Goldman Sachs rechnet mit einer Anhebung um einen Prozentpunkt binnen zwölf Monaten.


Die Frage ist, ob damit die sanfte Landung gelingt oder ob es zu einer Überreaktion kommt. "Wir glauben, dass die Wachstumsrate bei Investitionen von derzeit 43 Prozent bis Ende 2005 auf null bis zehn Prozent zurückgehen wird", äußert sich Andrew Garthwaite von Crédit Suisse First Boston besorgt. "Das würde dann auch ganz klar eine deutlichere Abschwächung des Bruttoinlandsprodukts bewirken als bisher von der Mehrheit der Analysten angenommen." Sie rechnen derzeit mit einem Rückgang auf 8,3 Prozent in diesem und 7,7 Prozent im nächsten Jahr.


"Ich teile diesen Pessimismus nicht", sagt dagegen Stephen Roach. "Immer wieder in den vergangenen Jahren hat China die Schwarzseher eines Besseren belehrt." Das war bei der großen Asienkrise Mitte der 90er der Fall und auch während der globalen Rezession von 2001. Das zentrale Thema der chinesischen Reformen sei "Stabilität". "Und genau das ist es, worauf Frau Wu zielt", so Roach.


Auch Zachary Karabell, Vizechef von Fred Alger Management und Manager von dessen China-US Growth Fonds, glaubt nicht an eine Blase in der wirtschaftlichen Entwicklung. "Es gibt allerdings starke Schwankungen an den chinesischen Aktienmärkten", warnt er. "In den vergangenen Monaten ist viel heißes Geld in chinesische Aktien geflossen", so Karabell. "Bei dem kleinsten Zeichen, dass die Wirtschaft vielleicht nicht mehr ganz so stark wächst, fließt daher viel Geld wieder ab."


Richard Wong, Fondsmanager des HSBC Chinese Equity, sieht das ähnlich. "Wir erwarten, dass der Markt sich im zweiten Quartal weiter konsolidieren wird, weil Anleger angesichts der gegenwärtigen Unsicherheiten erst mal Gewinne mitnehmen", sagt er. "Dennoch glauben wir, dass diese kurzfristigen Sorgen keinen Einfluss auf Chinas langfristige Wachstumsperspektiven haben."


Die Schwankungen an den chinesischen Aktienmärkten werden aber auch in Zukunft groß bleiben. "In einem Schwellenland gibt es immer viel Geld, das am Boom teilhaben will, und wenige Aktien", beschreibt Karabell das Dilemma. Er rät daher, lieber indirekt auf Chinas Erfolg zu setzen. "Es gibt sicher eine Reihe viel versprechender chinesischer Unternehmen, dennoch sollten Investoren sich vor allem die Unternehmen zu Hause anschauen, die direkt in China engagiert sind", sagt er. "Das ist eine Möglichkeit, am Wachstum Chinas teilzuhaben, bei geringerem Risiko als bei einer direkten Anlage in den volatilen chinesischen Aktienmarkt."


Allerdings dürften sich in den kommenden Monaten die Gewichte der Branchen verschieben. Während bisher vor allem Erdöl- und Rohstoffwerte oder Zulieferer für die Stahlindustrie profitierten, könnte sich nun der Schwerpunkt auf den Konsum verlagern. "Die robuste Inlandsnachfrage wird ein wesentlicher Antriebsfaktor für das wirtschaftliche Wachstum und die Aktienkurse bleiben", glaubt Richard Wong. Und Frau Wu wirbt - trotz aller Abneigung gegen Spekulanten - um Mithilfe. "Ich fordere alle dazu auf, zu einer sicheren Reise des chinesischen Boots beizutragen."


Artikel erschienen am 9. Mai 2004
Die Welt

chinaman - Mittwoch, 12. Mai 2004 - 13:29
In Fernost warten geduldige Anleger auf günstigere Einstiegskurse

Experten sehen Aufwärtstrend durch China-Turbulenzen auf Dauer nicht gefährdet

I. NARAT, A. REZMER HANDELSBLATT, 10.5.2004 FRANKFURT/M. Getreu der fernöstlichen Tugend sollten sich Anleger mit Blick auf Asiens Märkte in Geduld üben. Zwar sind die Kurse von Standardaktien an der wichtigsten chinesischen Aktienbörse in Hongkong im Zuge der Verunsicherung über die überhitzte chinesische Wirtschaft seit Mitte Februar bereits rund 15 Prozent abgerutscht. Doch noch ist für Experten nicht absehbar, wie stark die Wirtschaft zum Beispiel durch verordnete Investitionsstopps bei Stahlherstellern oder die Drosselung der Kreditvergabe abgebremst wird und wie sehr Nachbarstaaten in Mitleidenschaft gezogen werden.

Fondsmanagerin Lan Wang Simond von der Schweizer Bank Pictet stellt sich am chinesischen Aktienmarkt daher auf "noch mehr" ein. "Ein weiterer Kursrutsch von vielleicht sogar bis 25 Prozent in den kommenden Monaten würde mich nicht überraschen", sagt die Chinesin. Vor dem Spätsommer gebe es keine Neuigkeiten darüber, ob Peking das Wachstum eindämmen könne. Und Kurzfrist-Anleger verkauften weiter.

Auch Kollegin Anna Ho vom skandinavischen Anbieter Carlson erwartet, dass die Kurskorrektur kurzfristig anhält. Allerdings seien von den Regierungsmaßnahmen nur wenige Branchen wie Aluminium, Stahl, Zement und Bau betroffen. Ho rechnet zudem nicht mit gravierenden Zinserhöhungen im Land. Ihr Fazit: "Ein Softlanding der chinesischen Wirtschaft gelingt." Investmentguru Marc Faber sieht ebenfalls nur kurzfristige Risiken in China. "US-Zinssteigerungen könnten in eine Rezession münden, die - eventuell zusammen mit einer möglichen Abschwächung des hohen chinesischen Wirtschaftswachstums - auch die asiatischen Börsen nach unten ziehen würde", sagt der Vermögensverwalter.

Mutige Anleger könnten aber in China bleiben, meint Klaus Martini, Chef des globalen Privatkundengeschäfts der Deutschen Bank. Denn anders als in früheren Korrekturphasen seien die Rahmenbedingungen stabiler und Peking greife früher ein. Im übrigen sei das spekulative Geld bereits aus dem Markt heraus. Martini hatte den Asienanteil (ohne Japan) in den Musterportfolios seines Hauses zum Jahresende einige Prozentpunkte auf vier bis zehn Prozent (je nach Risikoneigung der Anleger) gesenkt, danach aber nichts mehr verändert. Denn, darin sind sich alle Experten einig, langfristig dürfte die aufstrebende Region mit ihrem hohen Anteil junger Menschen an der Bevölkerung stärker zulegen als die westliche Welt. "Langfristig muss man in Asien investiert sein", sagt Martini. Als Basisinvestment rät er Anlegern wie viele andere Experten zu Fonds.

Um ein passendes Produkt zu finden, "muss man zunächst genau wissen, was man will", sagt Joachim Meyer, Geschäftsführer vom Fondsresearchhaus Fonds Consult. Denn die Fondsgruppe Asien/Pazifik ohne Japan ist ein "Sammelbecken verschiedenster Fonds". Allein drei der vier aktuell besten Produkte unterscheiden sich grundlegend (Tabelle). So kauft Carlson-Fondsmanagerin Ho für ihren Asian Small Cap Fonds mittelgroße und kleinere Firmen vor allem aus China, Hongkong, Indien und Korea. Bei den oft noch unentdeckten Werten gebe es die größten Kurschancen, meint Dachfondsmanager Eckhard Sauren. Allerdings brauchen Anleger gute Nerven: Der Fonds schwankt mit über 31% stärker im Wert als der Durchschnitt mit 23 % oder etwa der breiter aufgestellte Far Eastern Value Fund Fonds der schwedischen Nordea mit gut 19%. Michael Sandlers, Fondsanalyst bei Feri Trust, hält den Nordea-Fonds für "sehr interessant". Der Fonds sei über Länder, Branchen und Firmengrößen breit diversifiziert.

Relativ defensiv auf Standardaktien setzt hingegen der First State Fonds auf Rang zwei der Tabelle, der der außer auf Asien auch stark auf den etablierten Markt Australien setzt. Wermutstropfen: Den Fonds kann man nur noch zum vollem Ausgabeaufschlag von 4% kaufen, womit First State das Volumen begrenzen will. Allerdings hat das britische Haus einen neuen Fonds gleicher Strategie aufgelegt. Ebenfalls auf größere Titel, aber weniger auf Australien setzt der Fonds "Asian Equity Portfolio" des US-Fondshauses Mellon.

Generell zeichnet einen guten Fonds eine längere überdurchschnittliche Wertentwicklung aus. Wichtig: Mit Fernost-Fonds gehen Euro-Anleger häufig eine Währungswette ein, da die Kurse der Fernost-Aktien meist am US-Dollar hängen.

chinaman - Dienstag, 18. Mai 2004 - 10:47
Ein Hauch Asienkrise liegt in der Luft
Investoren kehren fernöstlichen Börsen den Rücken - Indien mit größtem Tagesverlust der Geschichte
Frankfurt a. M./Berlin - Erinnerungen an die Asien-Krise werden wach. Die Woche begann so, wie die Vorwoche endete: mit Ausverkaufsstimmung an den fernöstlichen Aktienmärkten. Am schlimmsten traf es dabei die Börse in Indien. Der Montag endete mit dem größten Kurssturz der 125-jährigen Geschichte. Der Leitindex Sensex brach um elf Prozent ein - zwischenzeitlich hatte das Minus sogar schon bei 15 Prozent gelegen, weshalb die Börse im Laufe des Tages gleich zwei Mal die Notbremse zog und den Handel aussetzte.


Experten machen für die Turbulenzen nicht nur das Ergebnis der Parlamentswahlen verantwortlich. Zwar sei für Investoren nicht verlockend, dass die weniger marktfreundliche Kongresspartei überraschend den Sieg davongetragen habe. Schließlich würde dadurch die Privatisierung Gewinn bringender Staatskonzerne nach der Abwahl der hindu-nationalistischen Regierungspartei BJP infrage gestellt. Doch dies hätte kaum zu einem solchen Kursrutsch ausgereicht. Darüber hinaus fällt die politische Meldung ausgerechnet in eine Zeit, in der die Kapitalmärkte der gesamten Region ohnehin wanken. Die Bilanz vom Montag: Taiwan und Korea minus 5,1 Prozent, China minus 5,3 Prozent, Indonesien minus 7,5 Prozent. Der japanische Nikkei büßte vergleichsweise bescheidene 3,2 Prozent ein - womit er seit dem Jahreshoch Ende April aber auch schon knapp 14 Prozent verloren hat.


Als Gründe für die allgemeine Schwäche werden vor allem zwei Themen genannt: Zum einen verliert die Wachstumslokomotive China an Dampf - notgedrungen, damit die Maschine nicht überhitzt und vollkommen zum Erliegen kommt. Die ersten Bremsmanöver sind eingeleitet. Die Regierung hat die Banken angewiesen, restriktiver bei der Kreditvergabe vorzugehen, um das Investitionswachstum zu drosseln. Das bekommt die gesamte Region zu spüren, da viele asiatische Länder ihre Exporte und damit ihr Wachstum vor allem auf China ausgerichtet haben.


Doch viel unmittelbarer wirkt die Zinswende in den USA. Denn mit höheren Zinsen nimmt die Risikoneigung der Investoren ab. Um ansehnliche Renditen zu bekommen, müssen sie nicht mehr in die hochspekulativen Märkte der Schwellenländer investieren. Insbesondere Hedgefonds ziehen derzeit in großem Stil ihr Kapital ab. Denn sie kamen in der Niedrigzinsphase über Kredite billig an Geld und schicken es in das mit hohen Renditen lockende Asien. Steigen nun die Zinsen in den USA, verliert diese Spekulation an Reiz. Denn damit verteuern sich nicht nur die Kredite, auch die Renditechancen in den Zielländern sinken. Diese Kombination beschleunigt die Verkaufsdynamik. "Viele Investoren haben dieses Spiel mit den niedrigen US-Leitzinsen betrieben", sagt Mark Precious, Stratege bei UBS in London. Er hat daher den Anteil an Asien und den gesamten Schwellenländern in seinem Portfolio drastisch zurückgenommen. Insbesondere für China sieht er weiterhin trübe Aussichten.


Noch will keiner offiziell von einer neuen Asienkrise reden. Doch die jetzige Situation weist frappierende Ähnlichkeiten mit 1997 auf. Auch damals war viel spekulatives Geld, hot money, im Umlauf. Was für gewöhnlich genauso schnell geht, wie es kam. Skeptisch in diesem Zusammenhang macht auch, dass die Investmentbanken bereits Durchhaltestudien an ihre Kunden schicken. So forderte Lehman Brothers die Investoren auf, die asiatischen Aktien nicht zu verkaufen. JP Morgan hat nach dem Ausverkauf sogar schon eine Kaufliste mit indischen Werten verschickt. Darunter finden sich die Telekomwerte Bharti und MTNL, die HDFC-Bank und die Tech-Firmen Infosys und Wipro. sei/hz.


Artikel erschienen am 18. Mai 2004
Die Welt

Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Tendenz Asien: Archivierte Beiträge bis 18. Mai 2004