Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Strategie Al Sting: Archivierte Beiträge bis 9. Januar 2013
al_sting - Montag, 31. Dezember 2012 - 14:20
Zum besseren Einzelwertvergleich jeweils zum Jahresende poste ich hier wie schon im Vorjahr den aktuellen Stand:
DepotbestandAnzahl01.01.2013WertEinkaufEntwicklung
Banco Santander1.6525,98 €9.879 €6,17 €-3,1%
Bauer AG40019,32 €7.728 €20,80 €-7,1%
Beteiligung im Baltikum2.2003,88 €8.536 €3,85 €0,8%
Daimler15041,32 €6.198 €29,77 €38,8%
dbx-trackers FTSE MIB INDEX 40016,43 €6.572 €19,03 €-13,7%
DNO International7.0001,28 €8.960 €0,71 €80,3%
Falkland Islands Hldg.1.0003,96 €3.960 €4,72 €-16,1%
First Sensor6008,20 €4.920 €8,29 €-1,1%
Hellenic Telecom OTE1.5005,05 €7.575 €3,70 €36,5%
Iberdrola1.3004,15 €5.395 €3,71 €11,9%
Klöckner & Co5008,97 €4.485 €9,01 €-0,4%
Lufthansa90014,24 €12.816 €10,42 €36,7%
Petroleum Geo-Services40013,06 €5.224 €13,09 €-0,2%
RWE30031,24 €9.372 €27,07 €15,4%
Salzgitter AG24039,43 €9.463 €36,76 €7,3%
Barreserve:  4.545 €
Depotwert:  (01.01.2012: 101.376 €)115.628 €14,1%

al_sting - Montag, 31. Dezember 2012 - 14:59
Erst einmal möchte ich meinen Respekt an Helmut aussprechen: Deine Performance ist unglaublich!
Der zweite Platz geht ebenfalls mit deutlichem Abstand an stw - Hut ab! Würde mich freuen, mal wieder mehr von dir zu lesen.

Angesichts der zuvor ziemlich makellosen Bilanz von Prof denke ich, auch der beste Bauer hat mal faule Kartoffeln. Ich empfand deine vorsichtige Frühjahrsstrategie als überzeugend angesichts deiner Skepsis - auf diese Weise konntest du in der Vergangenheit mehrfach bittere Verluste vermeiden. Ich bin sicher, dass du im nächsten Jahr wieder weiter vorne mitspielst.

@ Levdul: Ich freue mich auf deine Ideen und Inspirationen im neuen Jahr!

Aber auf zu mir: Im Jahresfazit bin ich unschlüssig.
Positiv:
- 14% Rendite eigentlich sehr anständig, zum Jahresbeginn hätte ich mich mit dieser Prognose absolut zufriedengegeben
- Im Vergleich meiner mittlerweile drei Jahre ist es das beste Ergebnis.
- Zudem in einer Zeit mit minimaler Inflation, wo die Bundesbank für ihre Schulden teilweise negative Zinsen zahlen muss.

Negativ: Der DAX als relevante Benchmark hat in diesem Jahr etwa 30% zugelegt, mich also um Längen abgehängt.

Abwägung: Von meinen 15 Depotwerten sind derzeit nur 7 deutsche Werte (BiB zähle ich als osteuropäischen Wert, da ausschließlich in Aktien des Baltikums und Osteuropa investiert wird), der Rest hat seine Hauptnotierung an anderen europäischen Börsen. Daher bietet sich auch der Blick über den Tellerrand an:
Europa: Stoxx Europe 50: + 8,5%

Fazit:
1. Mein Optimismus, stark in Aktien zu investieren, erscheint rückblickend berechtigt.
2. Meine Einschätzung, dass die anderen europäischen Börsen, die schon in den Vorjahren gegenüber den deutschen Börsen stark abgefallen sind, in 2012 zum DAX aufholen würden, traf nicht ein. Das erklärt einen Teil meines Rückstandes gegenüber dem DAX.
3. Meine Erfolge im "Stockpicking", sei es auf Branchen- oder auf Einzelwertlevel, waren nicht berauschend. Wenn ich bei meiner Aktienverteilung ca. 50% Deutschland, 50% Europa als Referenz den Mittelwert von DAX und EuroStoxx nehme: (30% + 8%)/ 2= 19% --> Ich hinke mit 14% deutlich hinterher.
4. Sehr Kurzfristige Spekulationen liegen mir gar nicht. Damit habe ich mir regelmäßig eine blutige Nase geholt.

Schlussfolgerung:
Zu 1. Ich halte nach wie vor Aktien für eine sinnvolle Geldanlagemöglichkeit. Zinsen bleiben am Boden, Gold überzeigt mich auch nicht.
--> keine Strategieänderung.

Zu 2. Meines Erachtens kann die so deutlich bessere Entwicklung deutscher Aktien nicht ewig so weitergehen. Beim Rest Europas sehe ich weiterhin Nachholpotential, durch die DAX-Rally sogar noch mehr als noch vor einem Jahr. --> Keine Strategieänderung.

Zu 3.: Hmm. Ich war zwar kein grandioser Stockpicker, allerdings waren meine Erfolge beim Index-Stockpicking noch schlechter. Zudem ist eine reine Indexbeobachtung langweiliger und durch die Menge von Aktien noch komplizierter als die Beobachtung eines Einzelwertes. --> Vorerst keine Strategieänderung, tendenziell ziehe ich mich eher aus Indexfonds zurück.

Sind klar für Punkt 4: Finger weg von sehr kurzfristig geplanten Aktionen!

Auf ein weiteres spannendes Jahr bei der stw-Börse!
Ciao, Alex

helmut - Montag, 31. Dezember 2012 - 17:06
Hallo al_sting ... danke für die Blumen!
Was deine Schlussfolgerungen angeht kann ich mich vollständig deiner Einschätzung anschließen.

zu 1) Eine Beteiligung an einem qualitativ guten Unternehmen zu einem vernünftigen Preis ist für mich die beste Absicherung - auch im Falle von größeren zwischenzeitlichen Turbulenzen.

zu 2) Der DAX ist sicher ein wenig vorgelaufen. Die Unternehmen habe sich aber auch besser entwickelt. Ich werde aber auch den Blick auf das Ausland verstärken.

zu3) Ich persönlich möchte an einem Unternehmen beteiligt sein, dessen Geschäftsmodell ich verstehe (was mir leider nicht immer gelingt). Eine Indexinvestititon wäre heuer für mich sicher sinnvoll gewesen, als Parkstation bis man sich wieder ein Unternehmen rausgepickt hat.

zu4) Kurzfristig ist das spekulative Element gegenüber dem Investitionscharakter halt stärker ausgeprägt. Wie hat WB so schön gesagt "shortterm the market is a voting maschine" (ich glaube zumindest, das ist von ihm) dh da spielen Stimmungen, Gefühle, Gier und Angst eine große Rolle. Aber "longterm the market is a weighting maschine" da kommt es darauf an, wie gut sich das Unternehmen tatsächlich entwickelt. Unternehmen zu identifizieren, deren Entwicklung man mit großer Wahrscheinlich als positiv einschätzen kann - das ist die anspruchsvolle Zielsetzung an der ich mich versuche.

Auf ein gutes und erfolgreiches Jahr 2013 für uns alle.
Helmut

al_sting - Donnerstag, 3. Januar 2013 - 13:04
Nach dem Verkauf von First Sensor wäre jetzt eigentlich eine Aufstockung der Nebenwerte-Säule fällig. Mal schauen...
Oder aber ich improvisiere weiter bei Zyklikern aus den schwer mitgenommenen Börsen.
Ich liebäugle da etwas mit Peugeot. Die Aktie ist fürchterlich unter die Räder gekommen und könnte noch eine tolle Turn-Around-Story bieten. Frankreich wird wohl kaum den zweitgrößten Autohersteller Europas schließen.
Allerdings habe ich damit noch viel Zeit, auch 2013 und evtl. 2014 sollen für den europäischen Automarkt nicht lustig werden...

levdul1 - Donnerstag, 3. Januar 2013 - 13:15
Peugeot ist wirklich brutal unter die Räder gekommen. Charttechnisch deutet sich eine Stabilisierung an.
An den Märkten herrscht allerdings die Meinung vor, daß einige Autobauer in der jetzigen Absatzkrise schließen werden.

Hast du schon mal in einem Peugeot gesessen ? Würdest du so ein Auto kaufen ?

al_sting - Donnerstag, 3. Januar 2013 - 13:35
Hallo Levdul,
vielen Dank für deine Antwort!

> Peugeot ist wirklich brutal unter die Räder gekommen. Charttechnisch deutet sich eine Stabilisierung an.
Ich will mit dem Einstieg aber noch abwarten, bis sich ein Aufwärtstrend andeutet. Die Krise in Europa ist noch lange nicht vorbei.

> An den Märkten herrscht allerdings die Meinung vor, daß einige Autobauer in der jetzigen Absatzkrise schließen werden.
Das sehe ich ähnlich, aber beim zweitgrößten europäischen Autohersteller bin ich optimistisch, dass nicht schließt. Wenn auch wahrscheinlich stark gerupft und unter Umständen nur nach einer Verstaatlichung.

> Hast du schon mal in einem Peugeot gesessen ?
Ja. Fand ich grundsätzlich nicht verkehrt, würde ich aber weder zum Angeben noch in den Bergen (Salzen --> Rostgefahr) nehmen.

> Würdest du so ein Auto kaufen ?
Alles eine Frage des Preises bzw. des Preis-Leistungs-Verhältnisses. ;-)
Und natürlich des Einsatzzweckes. Als Statussymbol oder zum Einsatz im Bergen (Salzen im Winter --> akute Rostproblematik) wäre es ungeeignet, aber ansonsten - why not? Im Vergleich zu Skoda, Ford, Opel, Fiat, Renault oder Hyundai halten Peugeot und Citroen m.E. grundsätzlich mit.

prof - Donnerstag, 3. Januar 2013 - 20:24
Ich glaube nicht, dass das sozialistische Frankreich seinen Großkonzern unter die Räder kommen lässt.
Hier dürfte das Kartellamt im Notfall sogar zum Einknicken gezwungen werden, so wie die EZB ...
Prof

al_sting - Montag, 7. Januar 2013 - 10:27
Der Jahresbeginn ist immer ein guter Anlass, die eigene Strategie zu hinterfragen und die gesammelten Erfahrungen grundsätzlich einzuschätzen.
Das will ich hiermit versuchen:

- Mit meinem Säulenansatz, durch die Konzentration auf mehrere aussichtsreiche Branchen/Bereiche, in denen ich mich jeweils an mehreren Unternehmen beteilige, bin ich im Ergebnis nicht wirklich zufrieden:
- "Regenerative Energien": Wurde komplett eingestellt, da sich meine Erwartungen in diesen Bereich nicht erfüllten. Solar war mir eh zu heiß, aber auch bei Wind und Biogas ist die Konkurrenz sehr hoch und die Abhängigkeit von staatlichen (stark variablen) Subventionen hat mehr geschadet als genutzt.
- Erdöl etc: Dank DNO nicht ganz schlecht gelaufen. Aber hier musste ich (wieder einmal) mehrfach lernen, dass ich bei relativ kleinen, weit entfernten Firmen stets einen deutlichen Informationsnachteil habe. Das gilt sowohl für Transatlantic Petroleum (Sitz Canada, Hauptbetätigung Türkei) als auch für Lamprell (VAE). Bei TAT habe ich dafür richtig stark Lehrgeld bezahlt, bei Lamprell ist der schlimmste Einbruch erst nach meinem Ausstieg eingetroffen - aber auch bei Lamprell hatte ich es nicht so vorergesehen.
--> Fazit 1: Die Firmen sollten zumindest ihren Hauptsitz in Europa haben, damit ein halbwegs guter Informationsfluss gesichert ist.

- Mit den Falklands bin ich auch eher unzufrieden: Die Erschließung der Falkland-Inseln zieht sich länger hin als erhofft. Zudem verzettelt sich die Firma für mein Gefühl zu sehr (Erst Übernahme von Firmen für Fährenbetrieb und Kunstlogistik in UK zum Anlegen der freien Mittel, gefolgt von Abschreibungen auf die Neuerwerbungen, dann Kapitalerhöhung zur Senkung der Schulden).
- Bei PGN habe ich auch ein riskantes Manöver begangen: Ich habe Sie nicht nur wegen ihres Profils gekauft, sondern auch um die Erdöl-Säule "aufzufüllen". Das ist auf Dauer brandgefährlich.

--> Fazit 2: Die "Säulen-Strategie" wird deutlich gelockert. Sie kann zwar lose weitergeführt werden als bevorzugte "Blickrichtigung" für interessante Aktien, aber wichtiger als eine Gleichverteilung der Säulen ist eine Investition in gute Werte. --> FIH und PGN sind tendenziell zum Verkauf freigegeben.

- Mit meiner Investition in Aktienfonds schlecht gelaufener Regionen bin ich auch eher schlecht gefahren. In den meisten Fällen habe ich schlicht zu früh investiert und noch einen guten Abwärtsschwung mitgenommen. Das kann bei Einzelwerten zweifellos genausogut passieren. Aber bei Einzelwerten, die man versteht (oder hofft zu verstehen) fällt es leichter, die Gründe für Auf- und Abschwünge zu sehen und zu gewichten und damit eigenverantwortlich über Aufstocken oder Aussteigen zu entscheiden.
- Wenn Indexfonds für kleine spannende Länder als Ersatz für unbekannte Einzelaktien genutzt werden sollen, ist die Liquidität von Kauf und Verkauf oftmals nicht gegeben (Siehe Island, Griechenland).
- Wahrscheinlich ist der Handel mit Index-ETFs ja für Charties interessanter als für Fundis - werden Indizes doch von Charties auch gerne als Orientierungshilfe genommen.
--> Fazit 3: Index-Fonds sind schwieriger als sie auf den ersten Blick erscheinen, da sie noch stärker als große Mischkonzerne viele Konzepte zusammenwerfen - und so eine Analyse erschweren. Zudem sollte die Frage der Liquidität des Handels nicht unterschätzt werden.

Anzahl der Positionen: Mit meinem Säulenkonzept von möglichst 3 oder mehr Werten pro Säule kam ich auf mindestens 12, eher 15-18 Werte in meinem Depot. Darunter litt die Beobachtung der Einzelwerte bei der eh begrenzten Zeit.

--> Fazit 4: Zukünftig in eher weniger Werte mit höheren Einsätzen investieren.
Geplante Anzahl: 12 +- 3 Depotwerte (=9-15),
Geplante Durchschnittsgröße: 1+-0,5 Positionen (=0,5 - 1,5 Positionen)

al_sting - Montag, 7. Januar 2013 - 10:42
Entsprechend diesen grundsätzlichen Überlegungen nicht zuletzt zur Straffung meines Depots stehen einige Werte auf dem Prüfstand:
- Daimler: Ist in meinem Privatdepot stark gewichtet als solider Dividendenwert, den ich gerne zu Kursen um und unter 30 € erworben habe. Für das Musterdepot ist es als wirkliches Schwergewicht allerdings auf Dauer eher ungeeignet. Der aktuelle Aufschwung der Aktie wird mitgenommen, aber Ewigkeiten soll Daimler nicht im Depot bleiben.
--> Verkauf bis zu Profs Frühsommersaisonausstieg Mai/Juni

- Petroleum Geo-Services: Eine zweifellos interessante und chancenreiche Firma. Allerdings fühle ich mich hier nicht so wohl, dass ich die bestehende Position verdoppeln möchte.
--> Ein schneller Verkauf ist das naheliegende Fazit.

- Falkland Inseln: Unzufriedenheit aus zwei Gründen: 1. Die Entwicklungen in den Falklands brauchen seine Zeit - womöglich bin ich hier einfach "zu früh" investiert. / 2. Die Firma verzettelt sich m.E. zu sehr. Hier drängt sich kein schneller Verkauf auf.
--> Verkauf bis zu Profs Frühsommersaisonausstieg Mai/Juni

- Iberdrola: Ein durchaus chancenreiches Unternehmen, allerdings sind diverse Risiken z.B. durch die Verstaatlichung in Bolivien schwer einzuschätzen. Ich würde die Position derzeit nicht aufstocken
--> Verkauf. Stellt sich noch die Frage, wie ich die Januar-Dividende angehe, wahrscheinlich warte ich mit dem Verkauf bis Ende Januar/Anfang Februar.

- Hellenic Telecom: Ist seit dem letzten Sommer überragend gelaufen und hat meinen Zielwert von 5€ schon locker übersprungen. Zu diesem Preis würde ich diesen Wert nicht aufstocken, allerdings will ich den Aufwärtstrend noch etwas mitnehmen.
--> wahrscheinlicher Verkauf bis zu Profs Frühsommersaisonausstieg Mai/Juni

- OPAP / Klöckner / Heidelberger Druck: In diese Werte bin ich mit großem Optimismus eingestiegen. Daher wäre es logischer, dort direkt mit 1 Position oder 1,5 Positionen einzusteigen. --> Aufstockung wahrscheinlich.

PS: Über Kommentare sowohl zu den grundsätzlichen Überlegungen als auch zu jenen zu einzelnen Depotwerten freue ich mich!

prof - Montag, 7. Januar 2013 - 12:26
Das hatte ich Dir ja schon von Anfang an prophezeit, dass man ständig an seiner Strategie herumfeilen muss.
Da Du besonders strategisch an Deine Investments herangehst, hast Du hier auch die meiste Arbeit. Ich finde Deinen strategischen Ansatz sehr interessant, er unterscheidet sich grundsätzlich von stw (Fast nichts machen) Helmut (Suche nach Perlen) und mir (Suche nach Charts).

- Die Anzahl der Werte ist ein heikles Thema. Ich bin auch der Meinung, dass man mit 12 - 15 Werten relativ gut bestückt ist. Hier behält man noch den Überblick und ist doch nicht so ganz von einzelnen Werten abhängig. Ein Problem bei kleineren Depots (wer hat schon 150.000 €) sind die steigenden Transaktionskosten bei mehr Positionen.
- Der Frühsommerausstieg könnte dieses Jahr bei mir nach dem letzten Reinfall deutlich schwächer ausfallen, möglicherweise nur durch das Halten oder Kaufen eines putähnlichen Instrumentes.
Prof

al_sting - Montag, 7. Januar 2013 - 13:20
> Das hatte ich Dir ja schon von Anfang an prophezeit, dass man ständig an seiner Strategie herumfeilen muss.
Das ist ja auch nichts schlechtes, ganz im Gegenteil. So kann ich verschiedenes ausprobieren und daraus lernen und Konsequenzen ziehen. Und zugegeben, der Lerneffekt ist bei einem öffentlichen Musterdepot wahrscheinlich größer als beim eigenen depot "im Stillen", weil man privat weniger feedback hat und auch oftmals weniger konzeptionell agiert - ich zumindest.
So beachte ich in letzter Zeit an mir, immer stärker auf den Kursverlauf Rücksicht zu nehmen und bei zerbombten Werten nach Möglichkeit eine Erholung um vielleicht 20-30% sowie Aufwärtstrend abzuwarten.

Apropos lernen: Im Rahmen meiner Recherchen zu OPAP bin ich auf dieses Blog mit Musterdepot gestoßen: http://simple-value-investing.de/
Hat mir spontan sehr gut gefallen, was der Herr Mohr dort macht und analysiert - vielleicht hole ich mir dort noch einige Inspirationen für mein Depot. Das Blog würde ich jedem mit Interesse an Value Investing empfehlen.

> Da Du besonders strategisch an Deine Investments herangehst, hast Du hier auch die meiste Arbeit.
Naja, eigentlich "entstrategisiere" ich ja gerade - weg von meiner Säulenstrategie. ;-)
Und natürlich wäre ich froh, wenn ich ebenso regelmäßig so schöne Perlen finden würde wie Helmuth - vielleicht kommt das ja mit der Zeit. :-)

> Ein Problem bei kleineren Depots (wer hat schon 150.000 €) sind die steigenden Transaktionskosten bei mehr Positionen.
Das Problem kommt definitiv dazu. Wobei ich privat viel stärker nach dem "Kaufen und Liegen lassen"-Konzept agiere. Gerade bei Werten aus der Zeit vor der Steuerreform, wo laufende Gewinne zinsfrei sind, aber reinvestierte Gewinne verzinst werden müssen.

al_sting - Dienstag, 8. Januar 2013 - 17:01
So, meine Depotanpassung ist abgeschlossen.
Dem folgt noch eine Einschätzung meiner Erwartungen zu den Werten. Dafür lassen sich die Werte in vier Gruppen einordnen, die aber völlig verquer zu meinen vier Säulen stehen.

1. Gruppe:
1.1 Daimler: Zyklikerspekulation mit Einstieg um 30€ und Ausstiegsgröße um 50 € --> könnte bald seinen Zielwert erreichen.
1.2 Hellenic Telecom: Regional- + Buchwertspekulation. Zielgröße Buchwerte von ca. 5€ wurde schon überschritten.
1.3 Lufthansa: Zykliker mit Buchwertspekulation, ist nicht mehr weit entfernt von seinem Buchwert von 16,50 €.
--> Hier sind die Zielwerte bald erreicht, dann geht es ganz zentral um ein gutes Ausstiegsszenario unter Berücksichtigung des Charts und evt. des Zeitraums (Frühsommerjahrsausstieg?).

2. Gruppe: Turn-Around-Kandidaten mit hohen Risiken
2.1 Heidelberger Druck: frühzeitige Turn-Around-Spekulation, Wert weit unter Buchwert.
Potential: 50% mittelfristig, langfristig > 100%
2.2 Klöckner & Co.: Zykliker + frühzeitige Turn-Around-Spekulation, Wert weit unter buchwert
Potential: 50% mittelfristig, langfristig > 100%

Bei beiden Werten ist der Turn-Around noch lange nicht gesichert, auch wenn m.E. die Zeichen für den Erfolg gut stehen. Trotzdem gehören beide Werte unter sorgfältige Beobachtung, da bei schlechten Ergebnisse kräftige Rückschläge nicht auszuschließen sind, die ich nicht unbedingt durchstehen will.

3. Gruppe: Neubewertung mit überschaubaren Risiken
3.1 Banco Santander: Speku auf Neubewertung Santander ist als Bank im stabilen Endkundengeschäft tätig, weniger bis kaum Investmentgeschäft, Stärken in Südamerika.
Der Kursabschlag auf spanische Banken ist m.E. übertrieben.
Potential: 100%

3.2 Die Bauer AG hat zwei Standbeine: Tiefbau und Maschinenbau für Tiefbau. Beide Branchen sind hochzyklisch und stecken gerade unten. Ähnliche Einschätzung wie Salzgitter: Relativ geringe Sorgen, aber gute Chancen bei Konjunkuraufschwung.
Potential: 50 - 100%

3.3 OPAP: Speku auf Neubewertung Griechenlands; OPAP als Monopol-Wettanbieter hat ein weitgehend krisenfestes Geschäft und wird derzeit mit großen Unsicherheits- und Griechenlandabschlag gehandelt.
Potential: 100%

3.4 RWE als Versorger muss sein Geschäftsmodell überarbeiten und leidet unter einem (m.E. mittlerweile übertribenen) Unsicherheitsabschlag (Wegfall Kernenergie, Energiewende).
Potential: 50%
3.5 Salzgitter arbeitet als Stahlhersteller in einem hochzyklischen Geschäft. Derzeit liegt die Stahlbranche am Boden. Als m.E. bestaufgestellter deutscher Stahlhersteller hat Salzgitter bei einem Konjunkturaufschwung gute Chancen.
Potential: 100%

Das Potential dieser Werte schlägt sich noch lange nicht in den Kursen wieder. Die Unternehmen / Geschäftsmodelle erscheinen mir gut belastbar auch für deutlich rauere Zeiten. Im Falle größerer Kursverluste ist hier also nicht mit einer Trennung, sondern eher mit einer Aufstockung zu rechnen, sofern es keine fundamentalen Veränderungen gibt.

4. Gruppe: Besondere Werte/Risikopufferung
4.1 Beteiligung im Baltikum: Ist seinerseits ein Beteiligungsunternehmen mit Spezialisierung für Baltikum und Russland. Hat in der Vergangenheit ein gutes Händchen gezeigt, dass Chancen gut erkennt, aber zugleich umsichtig genug investiert, um gut durch Krisen zu kommen. Angesichts der von mir als hoch eingeschätzten Chancen Osteuropas schätze ich die Expertise.
Perspektive: gute Dividende + solide Wertentwicklung; kein quantifizierbares Ausstiegsszenario

4.2 DNO: hochgradig zyklischer Erdölexplorer mit Schwerpunkt auf Nordirak. Die Zukunftschancen sind riesig, die Risiken in der Region aber auch, das Basisgeschäft ist relativ stabil.
Praktisch schwankt der Kurs sehr stark, so dass es hier regelmäßig zu Aufstockungen und Teilwerkäufen kam.
Maximalpotential: kaum quantifizierbar, 1.000% oder mehr (aber auch kaum realistisch)
Realistische Perspektive: Teilverkäufe ab ca. +50% Zuschlag, Nachkäufe ab ca. -33% Rückschlag

Diese Unternehmen fallen etwas aus den oben gezeigten Bewertungsschemata und verhalten sich auch gerne quer zu allen Entwicklungen der Weltwirtschaft. Damit stellen sie neben ihren grundsätzlichen Chancen nicht zuletzt eine interessante Risikopufferung dar.

prof - Dienstag, 8. Januar 2013 - 18:08
Klarer Fall: Dein Depot ist voll auf zyklisch eingestellt und dürfte sich wie ein Call auf den DAX mit Hebel 3 entwickeln.
Prof

al_sting - Mittwoch, 9. Januar 2013 - 08:35
Interessantes Fazit, hatte ich so noch gar nicht gesehen. Ist aber etwas dran. :-)
Das Depot-Paket hat aber einen grundsätzlichen Vorteil gegenüber einem Call-Zertifikat mit Hebel - anders als bei diesen Zertifikaten läuft die Zeit nicht gegen das Depot.
Und anders als bei mit Fremdkapital gehebelten Anlagen muss ich hier einerseits keine Fremdkapitalzinsen zahlen und andererseits nicht bei Unterschreiten eines gewissen Depotwertes zwangsliquidieren, um das Fremdkapital zurückzahlen zu können.

levdul1 - Mittwoch, 9. Januar 2013 - 16:00
Hallo Al Sting,

Mir persönlich wäre Dein Depot auch zu sehr auf Zykliker fokussiert. Natürlich kann die Wette aufgehen, aber warum sollte die Konjunktur gerade jetzt auf Volldampf gehen?

Daimler finde ich auch recht interessant. VW und BMW sind beide recht gut gelaufen, Daimler eher nicht so. trotzdem scheint es bei Daimler ganz rund zu laufen. Nur der Aktienkurs zeigt dies noch nicht.

Salzgitter kann auch interessant sein, wenn der Stahlsektor aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Arcelor und Alcoa sind auch schon angesprungen.

RWE ist sicher günstig, mir gefällt aber E.on besser (niedrigeres KBV, weniger Schulden).

Bauer drückt ein imenser Schuldenberg. Ich weiß nicht, was die für Kapitalkosten haben, aber ich investiere nicht gerne in Firmen, die 2 Tage in der Woche für Bankzinsen arbeiten.

Der Rest Deiner Depotpositionen sagt mir relativ wenig. Vielleicht schaue ich mir bei Gelegenheit die anderen Werte auch mal an.

Was wirst du tun, wenn die Konjunktur nicht anspringt wie erwartet ?

al_sting - Mittwoch, 9. Januar 2013 - 17:29
Hallo Levdul,

ja, das Depot ist recht scharf positioniert. Und in der Tat bin ich auch ganz optimistisch, dass die Krise in Europa ihren Tiefpunkt durchschritten hat. (Bei den USA bin ich da weniger sicher, dort könnte das notwendige Rückfahren der Verschuldung noch zu einem Knall führen, der auch uns beeinträchtigt.)

Zu meinen Planungen bei Irrtum:
Gruppe 1: Würde ich (hoffentlich!) problemlos aussteigen - da mache ich mir eh schon Gedanken über das Ausstiegsszenario.
Gruppe 2: Verkäufe ebenfalls wahrscheinlich, weil hohes Risiko. Gerade Heideldruck ist eine riskante Wette.
Gruppe 3: Sind als "Aussitzerwerte" gedacht.
Gruppe 4: Sind ebenfalls Aussitzerwerte, wobei gerade DNO in der Vergangenheit sehr quer zu allen Konjunkturen gelaufen ist.

Zu RWE versus E.ON: Im letzten Jahr habe ich mich für RWE entschieden, weil mir das Management von RWE wesentlich besser gefällt.
E.ON hat mit seinen Auslandsinvestments in der Vergangenheit regelmäßig Schiffbruch erlitten - und die Geschichten dazu von Mitarbeitern sind teils haaresträubend. Jetzt müssen sie hierzulande ihr Geld zusammenkratzen, verkaufen Anteile, entlassen massiv Mitarbeiter - und begeben sich erneut auf kostspielige Auslandsabenteuer. Ja, hat dort niemand seine Lehren gezogen? Eigentlich hätte ich erwartet, der Konzernumbau in Deutschland in der Energiewende würde die Managementkapazitäten mehr als genug fordern.
RWE ist langweiliger, aber m.E. deutlich solider und überlegter. Und ich meine, dass die anteilige "Atomkraft-Exponierung" bei RWE geringer war als bei Eon, also auch das Rückschlagspotential, wenn die AKW's auslaufen.

Bauer: Danke für den Hinweis auf die Verschuldung, das werde ich mir unbedingt mal genauer anschauen.

Zu den anderen Werten: Bei Interesse mal in die Fäden schauen, meist habe ich die Motivation länger oder kürzer erklärt - und bei weiterem Interesse gerne nachfragen.

prof - Mittwoch, 9. Januar 2013 - 17:48
Sind nicht RWE Vz noch besser als die Stämme?
Prof

al_sting - Mittwoch, 9. Januar 2013 - 18:00
Wie kommst du darauf?
Auf einen ersten Blick hin denke ich, in der Vergangenheit war die Spreizung zwischen Vorzügen und Stämmen größer als aktuell - warum sollte sie nicht wieder ansteigen?

levdul1 - Mittwoch, 9. Januar 2013 - 19:22
Die Insiderinformationen zu E.on von Mitarbeitern habe ich nicht.

Rein Bewertungstechnisch finde ich E.on günstiger, vor allem nach dem Einbruch Mitte November. Die Kurse beider Aktien laufen über Jahre fast deckungsgleich, ab Mitte November hinkt E.on hinterher.

Ich werde die nächsten Tage E.on als Dividendenpapier in mein Depot aufnehmen. Dann haben wir beide Aktien auf dem Bildschirm und können in einem Jahr mal drauf schauen,

prof - Mittwoch, 9. Januar 2013 - 21:39
@al: habe ich mir nicht angesehen, ich bin nur von der besseren Dividendenrendite ausgegangen.
Prof

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