Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Russische Aktien: Archivierte Beiträge bis 22. Mai 2019
al_sting - Freitag, 24. August 2018 - 11:28
Das Bauchgefühl ist bei mir ähnlich negativ. Insofern stehen eh nur die Alternativen Halten oder Verkaufen zur Diskussion.
Aber ich sehe auch hier keinen akuten Handlungs-bedarf, daher will ich mit der Überprüfung bis zum Jahresjubiläum warten. Falls dir (oder anderen Mitlesern) bis dahin weitere gute Argumente, Meinungen oder lesenswerte Links einfallen: Immer her damit!

al_sting - Samstag, 1. September 2018 - 09:36
Erfreuliche Halbjahreszahlen von Gazprom

Umsatz H1 2018: 3,97 Bio Rubel (entspricht 50,6 Mrd€ nach aktuellem Kurs)
Umsatz H1 2017: 3,21 Bio Rubel (entspricht 47,1 Mrd€ nach Kurs 1.9.2017)
Anstieg: +7,4%

Profit for the period attributable to Owners of PJSC Gazprom:
Gewinn H1 2018: 631 Mrd Rubel (entspricht 8,1 Mrd€ nach aktuellem Kurs)
Gewinn H1 2017: 381 Mrd Rubel (entspricht 5,6 Mrd€ nach Kurs 1.9.2017)
Anstieg: +44 %

http://www.investegate.co.uk/article.aspx?id=201808301553513135Z

Wenn das zweite Halbjahr (Winterhalbjahr) wie üblich stärker wird als das erste Halbjahr steuert Gazprom damit auf einen KGV von 3 zu.
Die Dividende von derzeit schon
Weiterhin hat Gazprom in den letzten 13 Jahren jeweils die Reserven erhöht, indem mehr förderbares Gas erschlossen als verbraucht wurde.

Angesichts dieser Zahlen ist die Überlegung zur weiteren Handhabung mit Gazprom abgeschlossen: Die Aktie wird gehalten. Eine Aktie mit KGV von 3-4 und einer Dividendenrendite um 5% verkaufe ich nicht ohne weiteres. Selbst wenn die Kaitalallokation nicht übermäßig gut sein dürfte, ist das eine extrem attraktive Bewertung.

prof - Samstag, 1. September 2018 - 11:04
Das klingt in der Tat alles sehr gut, es fragt sich also wie wahrscheinlich ein Worst Case Szenario ist, z.B. ein komplettes Russland Embargo oder die "Aussetzung" der amerikanischen ADR´s.

Es bleibt auch die Frage, warum die Aktie seit 2011 kontinuierlich fällt. Wenn man die Effektivität der Märkte voraussetzt, muss an dem Braten etwas faul sein!

al_sting - Samstag, 1. September 2018 - 17:26
"Wenn man die Effektivität der Märkte voraussetzt" - ICH setze diese nicht voraus. Ich gehe eher von einem manisch-depressiven Mr. Market aus.
Sonst würde ich mich gar nicht erst bemühen, Ineffektivitäten zu nutzen und Schnäppchen zu finden - zuweilen durchaus erfolgreich. ;-)

Im Ernst: Es gibt schon ein paar Gründe für eine schlechte Stimmung.
- Diverse westliche Anleger und Fonds dürften nicht in russische Aktien investieren dürfen. Und überhaupt, der kalte Krieg ist wieder in vollem Gange.
- Dem Unternehmen dürfte durch Korruption ein Teil der Gewinne verloren gehen.
- Es besteht die latente Gefahr, dass sich der russische Staat als Mehrheitsbesitzer an dem Unternehmen bedient...

Aber all diese Gründe könnten in den Hintergrund rücken, sobald die Stimmung umschlägt. Wann das ist - keine Ahnung.

al_sting - Donnerstag, 6. September 2018 - 10:42
Nachtrag Gazprom-Dividende
Betrag 0,22€, Auszahlungstermin 18.07.
--> 4.500 x 0,22€ = 990€

prof - Montag, 24. September 2018 - 08:56
Am Geld fehlt es Russland nicht! Ich kann mir nicht vorstellen, dass US-Gas mit dem Schiff günstiger ist als russisches Gas. In der nächsten Eskalationsstufe müssten die USA schon die Einfuhr von russischem Gas in die EU sanktionieren.

FRANKFURT (Dow Jones)--Russlands Präsident Waldimir Putin will die umstrittene Ostseepipeline Nord Stream 2 im Falle von US-Sanktionen gegen europäische Partner auch allein finanzieren. Wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet, setzte Putin die Bundesregierung bei seinem Besuch am 18. in Meseberg über entsprechende Pläne in Kenntnis.
Dem Betreiberkonsortium des Pipelineprojekts, das ab Ende 2019 russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren soll, gehören neben dem russischen Hauptinvestor Gazprom auch fünf westeuropäische Firmen an, darunter die von Eon ausgegliederte Uniper und die BASF-Tochter Wintershall. Sie bürgen für eine Brückenfinanzierung, die bis zum Jahresende von Banken übernommen werden soll. Keiner der Konzerne könne sich leiten, wegen dieses Geschäftes von den USA mit Sanktionen belegt zu werden.
Hintergrund der russischen Finanzierungsofferte sind dem Bericht zufolge wiederholte Drohungen des US-Kongresses und der Regierung, auch das russische Energiegeschäft wegen der Wahlmanipulation 2016 mit Sanktionen zu belegen.
Die US-Regierung hatte am Donnerstag ihre Sanktionen gegen Russland erneut verschärft. Insgesamt 33 Einzelpersonen und Einrichtungen aus dem Bereich der russischen Streitkräfte und Geheimdienste wurden auf eine schwarze Liste gesetzt. Das Sanktionsdekret nimmt laut der Zeitung auch Bezug auf den Energiesektor, ohne allerdings konkrete Maßnahmen auszulösen.

al_sting - Montag, 24. September 2018 - 09:26
Der Verkauf von sowjetischem Öl und Gas in die BRD und Westeuropa war auch in den Hochzeiten des kalten Kriegs nie beeinträchtigt. Die SU brauchte die Devisen, die BRD brauchte das Öl, also ignorierte man bei allen Eskalationen und Sanktionen das Thema einfach und pragmatisch, und nie wurde die Versorgung zum Spielball politischer Drohungen, sei es Nachschubstopp oder Boykott.

Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass die wirtschaftliche Eskalation dieser Tage höher schlägt als im heftigsten kalten Krieg. Zudem russisches Gas Auch heute ist russisches Pipeline-Erdgas preiswerter und versorgungssicherer als LNG, das über einen Ozean hergeschippert wurde. Und für Russland ist der europäische Absatzmarkt nach wie vor schlicht unverzichtbar.

Ich gehe zudem davon aus, dass aus diesem Grund ein Fall Skripal in Deutschland unwahrscheinlich ist. Russland würde eine ernsthafte Verstimmung Deutschlands viel mehr schaden als eine ernsthafte Verstimmung Großbritanniens. Denn dann könnte LNG plötzlich eine ernsthafte Option für Deutschland werden.

prof - Montag, 24. September 2018 - 11:02
Und der Anteil von russischem Gas und Öl am Energieverbrauch dürfte in den letzten 30 Jahren stark gestiegen sein.
- Aus der Nordsee kommt weniger
- Keine Steinkohlekraftwerke mehr
- Weniger Braunkohlekraftwerke und AKW
- Mehr Verkehr

Das gleichen die Sonne, Wind und Biogas nicht aus.

Wenn Deutschland gezwungen wird, auf russisches Gas zu verzichten, wird das ein sehr teurer Spaß für die Verbraucher!

al_sting - Mittwoch, 28. November 2018 - 20:56
Gazprom ist heute um 7% nach oben gesprungen.
Aus politischer Sicht für mich hochgradig überraschend. Angesichts der Eskalation im Asowschen Meer hätte ich eher mit Druck auf die Gazprom-Aktie gerechnet.
Heute kam auch keine Neuigkeit heraus, mit der ich diesen Kurssprung erklären könnte.
Einzige rationale Erklärung: Morgen sollen Quartalszahlen kommen, und Insider haben aufgrund des Vorabwissens guter Zahlen heute schon zugegriffen.

prof - Mittwoch, 28. November 2018 - 21:06
Ich habe mich auch schon gefragt und gefreut, zumal ja auch der Ölpreis in den letzten Wochen gecrasht ist. Inzwischen sind die 25% im Plus und das ist heutzutage nicht schlecht. Danke für die Vorstellung.

trick17 - Donnerstag, 29. November 2018 - 10:34
Es gibt Spekulationen im Markt, dass die Dividende im nächsten Jahr angehoben werden soll.
Link:

https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2018-11/45397390-gazprom-das-steckt-hinter-dem-kurssprung-124.htm

Für mich kein Grund, dass die Aktie steigt. der strark fallende Ölpreis ist mittelfristig nicht gut für Gazprom. Aktie ist aber auf dem aktuellen Niveau immer noch sehr moderat bewertet.
In einem Jahr um diese Zeit sind die drei großen Pipeline-Projekte (Turkstream, Nordstream 2, China) in Betrieb oder kurz davor. Dann dürfte der Ausblick für Gazprom deutlich freundlicher sein.

trick17

levdul1 - Donnerstag, 29. November 2018 - 11:46
Ich habe den russischen Markt über einen Aktienfonds abgedeckt, welchen ich von 2013 bis 2016 auf Sparplanbasis gekauft habe. Dieser Fond strebt auf sein 10-Jahreshoch zu.

Somit scheint Gazprom keine Ausnahme zu sein.

al_sting - Donnerstag, 29. November 2018 - 11:49
Dann fasse ich mal zusammen:
Pro Gazprom:
- Eine extrem moderate Bewertung
- Deutliche Gewinnsprünge (In Rubel Gewinnverdopplung bei den Halbjahreszahlen)
- Pipeline-Großprojekte sollten in der nächsten Zeit abgeschlossen werden.

Contra Gazprom:
- Die Eskalation im Asowschen Meer verschärft die Konfrontation Russlands nicht nur mit der Ukraine, sondern auch mit dem Westen.
- Insbesondere sofern die Befürchtung des Kommentators der Nowaja Gazeta vor einem Winterkrieg ur Eroberung der ukrainischen Küste de Asowschen Meeres eintrifft - sowohl auf der Krim als auch im Donezk-Becken hat Putin ausreichend Rücksichtslosigkeit gezeigt, um eine Wiederholungstat nicht mit Sicherheit auszuschließen.
http://www.dekoder.org/de/article/felgengauer-asowsches-meer-berdjansk
- Spätestens in diesem Fall wird der Druck auf Deutschland massiv zunehmen, NordStream zu stoppen - nicht zuletzt um der Ukraine mit der benötigten Gaspipeline durch ihr Land ein besseres Verhandlungspfund gegenüber Russland zu geben.
- Die Amis könnten auch Russlands finanzielle Verbindungen aggressiver angehen, beispielsweise durch ein Einfrieren von in den USA gelagerten Gazprom-ADRs. (Der Cum-Fake-Skandal mit ADRs könnte deren Standing eh schon geschwächt haben)

Ach ja: Einen europäischen Boykott russischen Öls oder Gases halte ich für ausgeschlossen. Das gab es auch nicht in den heißesten Zeiten des kalten Kriegs.

Will sagen: Rein ökonomisch spricht alles für Gazprom. Aber die Risiken politischer Kollateralschäden halte ich auch für relevant.

prof - Dienstag, 4. Dezember 2018 - 18:50
Vielen Dank für die gründliche Analyse.

- Ein Scheitern von Nordstream 2 wäre mittelfristig noch verschmerzbar.
- Ein Einfrieren der ADRs wäre eine Katastrophe.

Die USA verkaufen natürlich lieber ihr eigenes Gas und in Deutschland kommt es bei den völlig aus dem Ruder gelaufenen Energiekosten jetzt auch nicht mehr auf noch teureres Erdgas an?

Ich habe 40% meiner Bestände mit einem Gewinn von 20% inkl. Dividende gegeben.
Danke an Al!

prof - Dienstag, 14. Mai 2019 - 15:33
Hier gibt es einen gewaltigen Satz und die Aktie ist bereits auf 30-Monatshoch.

al_sting - Dienstag, 14. Mai 2019 - 16:03
Das sind doch mal gute Nachrichten.
Die Dividendenankündigung ist auch nicht ohne: Deutliche Dividendenerhöhung für 2018, vor Steuern geschätzt 0,50 US$ = 0,44€ je ADR (= 2 russische Gazprom-Aktien), 9% Dividendenrendite.

"May 14, 2019, 15:45
Management CommitteeIR releases

The Gazprom Management Committee held a meeting.

The Management Committee reviewed and endorsed the new proposals to the Board of Directors regarding the distribution of Gazprom's profit and the dividend payout based on the Company's operating results for 2018.

The Management Committee proposed that the dividends make up RUB 393.2 billion, or RUB 16.61 per share (more than double the amount for 2017).

The decisions on the profit distribution and dividend payout, dividend size, payout method and dates, as well as the date on which the list of persons entitled to receive dividends is drawn up, will be made by the annual General Shareholders Meeting of Gazprom as recommended by the Board of Directors."
http://www.gazprom.com/press/news/2019/may/article479852/

al_sting - Dienstag, 21. Mai 2019 - 23:06
MMI hat in seinem Blog einen Link zu einer Analyse aufgetan, dessen Autor Gazprom verkauft hat, weil der Laden derzeit einen negativen CF hat:

Quote:

Which brings me to the reason I am content to sell my Gazprom ADRs now, despite the fact they may trade up further in the short-term. Because of all its capex, Gazprom is free cash flow negative. By my calculation, management is proposing paying out something like RUB 380 billion of dividends for 2018. Fine and dandy on a net income of RUB 1,456 billion but not so much on free cash flow of RUB -22 billion.


https://demonetizedblog.com/2019/05/15/value-catalyst
Auf den ersten Blick folge ich dem Autor allerdings nicht - meines Wissens steckt Gazprom derzeit viel Geld in seine Pipelinebauten:
Ostsee: North Stream 2, geplante Eröffnung Ende 2019
gen Türkei: Turkish Stream, geplante Eröffnung Ende 2019
gen China: Power of Sibiria, geplante Eröffnung 2019
Entsprechend dürfte 2018 (und abflauend 2019) der Höhepunkt des Investitionsbedarfs erreicht worden sein. In solchen Phasen darf eine Firma auch mal CF-negativ werden und die Verschuldung steigen, ohne dass ich panisch werde. Wenn der Bau dieser Pipelines fertig ist, sollte sich der Zustand ändern.

Nach meinem Verständnis wurde die Dividende aktuell so stark (+60%) erhöht, weil eben der Höhepunkt des Investitionsbedarfs überschritten ist und zukünftig ein höherer Teil der Gewinne als Dividende ausgeschüttet werden soll. In diesem Fall wäre die höhere Dividende kein Einmaleffekt, sondern die Vorbereitung der Aktionäre auf eine kommende Normalität, so dass mir der aktuelle Kursanstieg gerechtfertigt erscheint und ich nicht an einen Verkauf denke.

prof - Mittwoch, 22. Mai 2019 - 09:43
Bei diesem Chart kann man sich entspannt zurücklehnen. Die laufen wie Schmidt´s Katze. Ich habe für das Wikifolio 20% zu 5,50 € verkauft, bisher blieb die erwartete technische Korrektur aus.
Eventuell verkaufe ich ein bisschen was vor der HV in der Hoffnung auf einen überproportionalen Dividendenabschlag.

levdul1 - Mittwoch, 22. Mai 2019 - 11:27
Ich freue mich auch über die relative Stärke meines Russland-Fonds in diesen schwierigen Zeiten. Ich bin auch schon am Grübeln, ob ich nicht Teilgewinne realisieren sollte. Von der Bewertung ist allerdings noch sehr viel Luft nach oben. Und politisch ist es auch deutlich ruhiger geworden.

al_sting - Mittwoch, 22. Mai 2019 - 20:27
Vorstellung Surgutneftegaz
Stammaktien (mit mickriger Dividende), ISIN der ADR-Stämme: US8688612048
Vorzugsaktien (mit hoher Dividende), ISIN der ADR-Vorzüge: US8688611057

Die Dividende der Vorzüge ist hoch, weil in der Satzung eine Mindestausschüttung bezogen auf den Gewinn festgelegt ist - anscheinend 7,1% des Gewinns. Bei den Stämmen ist das nicht so.
Der Kurs der Stammaktie fällt seit 2011 stetig, während der Kurs der Vorzüge recht stabil blieb und derzeit mit einer Dividendenrendite von 19% lockt.(Alles auf Eurokurse der ADR bezogen. In der für die Kursentwicklung relevanten Rubelnotierung sieht es anders aus, Ursache ist die stete Rubelabwertung.)

Negative Faktoren

1. Eigentümerstruktur
Die Eigentümerstruktur ist extrem unklar, wahrscheinlich unübertroffen im Sinne einer Black Box. Die Welt schrieb 2017 dazu:

Quote:

Wem gehört der drittgrößte Ölkonzern [Russlands] eigentlich? Das Geheimnis wird schon seit Jahrzehnten gehütet. Und daran wird sich auf absehbare Zeit wohl auch nichts ändern. Immer wieder wurde selbst von höchsten Stellen beteuert, dass das Gros der Anteile bei Mitarbeitern und Konzernchef Bogdanow selbst liege. Doch laut Geschäftsbericht kommen weder Bogdanow noch die Riege älterer Herren aus Vorstand oder Aufsichtsrat auf mehr als etwa 0,7 Prozent Aktienanteil.
Die wahre Eigentümerstruktur wurde hinter einem verschachtelten Netz von 23 Firmen verhüllt, deren Finanzinvestitionen sich proportional zur Marktkapitalisierung von Surgutneftegaz veränderten, wie russische Medien vor Jahren herausgefunden hatten.
Bogdanow hat das nie bestätigt. Und so hält sich denn auch hartnäckig das Gerücht, dass Putins Umgebung und möglicherweise er selbst vom Konzern fürstlich bedient werden. Ein Systemkritiker berichtete vor sechs Jahren, dass Putin rund ein Drittel des Unternehmens besitze.


https://www.welt.de/wirtschaft/article166527905/Putins-raetselhafte-Rolle-bei-Russlands-reichstem-Oelkonzern.html

Damit sind die Aktionäre komplett vom Anstand des Managements abhängig, Gewinne als Dividenden weiterzureichen. Übernahmeschlachten sind extrem unwahrscheinlich, so dass eine dividendenstarke Vorzugsaktie der dividendenarmen Stammaktie bei weitem vorzuziehen ist.
Die Marktkapitalisierung wird auf 20 Mrd $ geschätzt, die Cashreserven auf mittlerweile (2019) über 40 Mrd $, (3 Billionen Rubel). Das ist aber m.E. nur sekundär interessant, weil einerseits angesichts der verschachtelten Eigentümernatur eine feindliche Übernahme und Zerschlagung des Unternehmens ausgeschlossen werden kann und andererseits in solchen Fällen in Russland Kleinaktionäre so gut wie immer nicht viel erhalten.

2. Sanktionsrisiko
Durch die Systemnähe (die ich in deutlich stärkerem Maß als Vorteil für das Unternehmen ansehe) könnte das Unternehmen von amerikanischen Sanktionen getroffen werden. Der Konzernchef Vladimir Bogdanov steht beispielsweise auf der amerikanischen Sanktionsliste. https://www.nytimes.com/2018/04/06/us/politics/trump-sanctions-russia-putin-oligarchs.html

Von Surgutneftegaz können hierzulande nur ADR-Papiere gehandelt werden, für die bei der US-Bank Bank of NY Mellon die Originalaktien hinterlegt sind. Ein Einfrieren dieser Originalaktien würde den Wert der ADRs stark beeinträchtigen oder gar diese komplett entwerten.
Allerdings denke ich, dass diese Form der Sanktionen bereits gezogen worden wäre, wenn man sie denn hätte ziehen wollen. Denn der Kollateralschaden für die Amis wäre kaum zu unterschätzen, so eine Aktion könnte recht schnell zu einer Auslagerung des durchaus lukrativen Hinterlegungsgeschäfts in andere Länder wie z.B. die Schweiz führen.

3. Bill Browder
Der US-Amerikaner Bill Browder, der früher einen sehr profitablen, amerikanischen Fonds für russische Aktien leitete, dann aus dem Land flog und mittlerweile in den USA eine einflussreiche PR-Kampagne gegen Putins Russland führt https://de.wikipedia.org/wiki/Bill_Browder, wirft insbesondere Surgutneftegaz vor, hinter seiner Ausbootung und Ausweisung aus Russland zu stecken.
Ich hatte hier mal einen Youtube-Video eines Vortrags von Browder verlinkt und halte ihn nach wie vor für sehr hörens- und sehenswert.


Positive Faktoren

1. Führungskontinuität
Bei Surgutneftegaz gibt es eine ungewöhnlich lange Führungskontinuität. Vladimir Bogdanov führt das Unternehmen seit 35 Jahren, seit 1984, tiefsten SU-Zeiten! Mir ist kein anderer Rohstoffförderer mit einem derart langgedienten Chef bekannt.

2. Ökonomisch konservative Unternehmensführung

Quote:

Surgutneftegas gilt als ein konservativ geführter Konzern, der große Geldreserven besitzt, aber kaum ausländische Investoren anlockt. Die Strategie lag nicht so sehr auf einer schnellen Expansion und Internationalisierung, sondern in der Modernisierung der vorhandenen Strukturen, unter Vermeidung von Schulden. Die Finanzkrise vom August 1998 überstand Surgutneftegas so ohne Probleme und profitierte sogar vom gestiegenen Rubelwert seiner Exporte. Schwachpunkte des Konzerns sind die Vermarktung und Weitererarbeitung des Öls.


http://www.netstudien.de/Russland/bogdanow.htm


Quote:

Kein Interesse an Zukäufen
[…] Kopfschütteln unter Beobachtern ruft nur hervor, warum der Konzern seine Milliardenreserven nicht etwa für Zukäufe nutzt.
Viel war nämlich im Vorjahr darüber spekuliert worden, ob Surgutneftegaz mit seinem enormen Finanzpolster an der Teilprivatisierung des Branchenprimus Rosneft oder an der Übernahme des kleineren Konkurrenten Bashneft teilnehmen werde.
Aufgrund des Ölpreisverfalls brauchte der Staat dringend Geld und Bogdanow gilt dem Kreml gegenüber als absolut loyal. Der Manager winkte – wohl mit Putins Segen – ab und blieb damit seiner Strategie treu, kaum zu akquirieren und sich stattdessen mit der Entwicklung der eigenen Felder zu begnügen.

Seit Jahren stabile Förderung
In seinem Kerngeschäft kann Bogdanow darauf verweisen, dass er den landesweit höchsten oil recovery factor (beschreibt den Anteil eines Rohstoffes, der aus einer Lagerstätte gewonnen werden kann, in Relation zum gesamten Rohstoffinhalt der Lagerstätte) hat.
Bei einzelnen Lagerstätten soll der Faktor 0,58 bis 0,68 erreichen, während er im Landesschnitt nicht über 0,27 steige, wie Kirill Molodzov, Stellvertretender Energieminister, vor eineinhalb Jahren einmal erklärte.
Gewiss, auch Surgutneftegaz ist nicht sorgenfrei. Konkret steht das Unternehmen ebenso wie seine Konkurrenten vor dem Problem, dass die Lagerstätten in Westsibirien zur Neige gehen.
Und dass die neu entdeckten Reserven zu 30 Prozent unrentabel seien, wie der Chefgeologe des Konzerns, Vjatscheslav Tschirkow, sagte: Generell seien alle neu entdeckten Vorkommen schwer zugänglich und könnten ohne neue Technologien nicht ausgebeutet werden.
Seit Jahren hält sich die Förderung von Surgutneftegaz daher auf einem stabilen Niveau von gut 61 Millionen Tonnen pro Jahr. Daran solle sich laut Bogdanow mittelfristig auch nichts ändern. In den kommenden fünf Jahren plane man 19 neue Lagerstätten in West- und Ostsibirien in Betrieb zu nehmen, sagte Bogdanow vor einem Jahr.
Aber das heiße nicht, dass man die Förderung erhöhe. Man ziele auf eine weitere Erhöhung des oil recovery factor und beute die Vorkommen eben rationeller aus.
Es geht Russlands reichstem Konzern also sichtlich nicht um Expansion. Man sei auch mit dem Ölpreis von 50 Dollar je Barrel durchaus zufrieden, heißt es. Lieber Stabilität als große Abenteuer also, sagt sich Bogdanow. Putin, sonst recht ruppig mit den Wirtschaftskapitänen im Land, hat ihn dafür nie auch nur ansatzweise kritisiert.


https://www.welt.de/wirtschaft/article166527905/Putins-raetselhafte-Rolle-bei-Russlands-reichstem-Oelkonzern.html

3. Schuldenfrei mit hohen Cashreserven
Das Unternehmen soll Schuldenfrei sein und Cashreserven von mittlerweile (Stand 2019) über 40 Mrd $ haben. Weiterhin hat es einen sehr engen Draht zur politischen Führung um Putin, was ich in Staaten wie Russland für sehr vorteilhaft halte.

Quote:

Es fällt auf, dass gerade Surgutneftegaz nie Schwierigkeiten mit staatlichen Behörden bekam, während das bei anderen Konzernen praktisch zum Geschäftsalltag gehört.
Vor diesem Hintergrund ist es natürlich äußerst interessant, dass der Konzern, der für elf Prozent der russischen Ölförderung und sieben Prozent der landesweiten Ölverarbeitung sorgt, Geld ohne Ende hat.
Bogdanow, der die Leitung des Konzerns bereits zu Zeiten der Perestroika 1984 übernahm und nach dessen Privatisierung 1993 beibehielt (sein Vertrag wurde kürzlich bis 2021 verlängert), hortet die umgerechnet fast 30 Milliarden Euro [Stand 2017] einfach auf Devisenkonten.


https://www.welt.de/wirtschaft/article166527905/Putins-raetselhafte-Rolle-bei-Russlands-reichstem-Oelkonzern.html

Die hohen Devisenreserven werden voll durch die in Rubel notierten Gewinn- ud Verlustrechnung gezogen. In Jahren der Rubelaufwertung übertreffen die Buchverluste zuweilen die operativen Gewinne, so dass Verluste ausgewiesen werden. In Jahren deutlicher Rubelabwertung sind die Buchgewinne (in Rubel) der Dollarreserven zuweilen höher als die operativen Gewinne, so beispielsweise in 2018 geschehen:

Quote:

Russia's privately owned oil major SurgutNefteGaz (Surgut) made more profit from its enormous cash pile than it did from producing oil in 2018, the company reported last week.
The famously opaque company that is nevertheless close to the Kremlin, posted 4.4-fold net profit jump in 2018 to RUB850bn ($13bn) under IFRS. Surgut made one of the largest corporate profits in the country, second to only RUB1.5 trillion of Gazprom and beating other oil majors Rosneft and Lukoil. 
Notably, 51% of pre-tax profit was due to RUB529.4bn currency revaluation gain on Surgut's massive and notorious cash pile. Surgut's currency gain was more than that of all other oil major put together (RUB222bn of Gazprom, RUB bn of Rosneft, RUB33.8bn for Lukoil, RUB7.9bn for Tatneft). 
In 2018 the cash pile of the company grew by 32% to over RUB3 trillion, making the highest value since 2013. As reported by bne IntelliNews, the company's cash reserves are almost on par with the funds kept in the sovereign National Welfare Fund.
Under the current dividend strategy of 10% of net profit, Surgut is supposed to pay over RUB80bn in dividends for 2018, out of which RUB58.7bn on preferred shares. About three quarters of the dividend payments is due to the profits the company makes on investing its cash pile, with the rest from oil production and in this sense it is more like investing into a bank than an oil company.


https://www.intellinews.com/russia-s-privately-owned-oil-major-surgutneftegaz-makes-more-profit-from-its-cash-pile-than-producing-oil-160637/

4. 19% Dividendenrendite
Das führt in diesem Jahr zu einem Dividendenvorschlag von 7,62 Rubel pro Vorzugsaktie. Bei einem Kurs von etwa 40 Rubel entspricht das einer Dividendenrendite von sagenhaften 19,6% (Vor Abzügen natürlich, die ADR-Lagerstelle fordert beispielweise 0,04$ je ADR ein.)

Quote:

Regarding the second issue of the agenda:
“2.1. To submit the distribution of profit and loss of “Surgutneftegas” PJSC for 2018 for approval by the annual general shareholders’ meeting.
2.2. To recommend the annual general shareholders’ meeting of “Surgutneftegas” PJSC to adopt the following resolution:
“To declare dividend payment: RUB 7.62 per preference share of “Surgutneftegas” PJSC, RUB 0.65 per ordinary share of “Surgutneftegas” PJSC; dividends shall be paid in accordance with the procedure recommended by the Board of Directors. To set 18 July 2019 as the date as of which the persons entitled to dividends are determined.”


https://www.surgutneftegas.ru/download.php?id=24598

Zur Einordnung:
Der Kurs der ADR-Aktie (für 10 Originalaktien) liegt derzeit bei 5,60€. Die Dividenden der letzten Jahre lagen bei
2012: 0,51€
2013: ca. 0,35€ (nachträgliche Korrektur auf Hinweis von Jerobeam, die Datenbank nutzt da falsche Daten)
2014: 0,50€
2015: 1,39€
2016; 0,95€
2017: 0,09€
2018: 0,19€
https://www.boerse.de/dividenden/Surgutneftegaz-Vz-ADR/US8688611057

Für 2019 erwarte ich etwa 1,02 € Dividende (10x7,62 Rubel ~ 1,06€, abzüglich 0,04€ ADR-Gebühren).
Damit hätte man in den acht Jahren von 2012 bis 2019 etwa 5,00€ Dividenden erzielt, bei Kursen von durchschnittlich 5-6€. 90% Dividendenausschüttung in 8 Jahren bei stabilem Kursniveau, das entspricht etwa 8,4% Jahresrendite.

Mein Fazit: Ein krasses Unternehmen!
Trotz der extrem undurchsichtigen Beteiligungsstrukturen macht es nicht den Eindruck, als würden Kleinaktionäre hier so schlecht behandelt wie bei manch anderen russischen Unternehmen.
Wie bei einem Patriarchen, der nach ganz eigenen Regeln agiert, dabei an jeden Stakeholder (Mitarbeiter, Aktionäre etc.) einen Teil vom Kuchen verteilt, aber keine Infragestellung seiner Macht oder Regeln akzeptieren würde.
Muss nix schlechtes sein, viele deutsche Familienunternehmen agieren im Kern ähnlich.

(EDIT: Beitrag wurde nach Hinweisen auf Zahlenfehler in einem anderen Forum nachträglich leicht überarbeitet)

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