Eine
Einführung in die Portfolio Selection Theory |
Kapitel
10: Anwendungsmöglichkeiten |
Eine
der wichtigsten Anwendungsmöglichkeiten der Portfolio-Theorie haben wir
bereits kennen gelernt: Die Bestimmung des individuell optimalen
Portfolios aus einer Kombination von zwei verschiedenen Aktien. Aber
es gibt noch weitere Fragestellungen, bei denen uns die Portfolio
Selection Thery weiter helfen kann:
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a.)
Ausschluss eines Wertpapiers
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Ein
Investor hat einige Aktien näher "unter die Lupe" genommen
und möchte sich nun darüber klar werden, ob er all diese Aktien für
sein Depot kaufen soll, oder ob eine Aktie dabei ist, deren Kauf wenig
aussichtsreich erscheint.
Betrachten
wir hierzu nochmals unser Beispiel mit den drei Aktien A, B und C, den
damit möglichen Kombinationen und deren Darstellung im
Rendite-Volatilitäts-Diagramm.
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Man
erkennt deutlich, dass es bei der gleichzeitigen Betrachtung von 3
Aktien nun keine Linie mehr gibt. Vielmehr liegt die Menge aller
möglichen Kombinationen der Aktien A, B und C innerhalb der hellblauen
Fläche. Die Kombination aus je einem Drittel A-, B- und C-Aktien ist
mit dem grünen Punkt innerhalb dieser Fläche einmal exemplarisch
eingezeichnet. Unter
der Bedingung, dass - rationales Verhalten vorausgesetzt - die
Indifferenzkurve immer monoton steigend ist, wird schnell klar, dass
niemals Kombinationen innerhalb der hellblauen Fläche, sondern nur am
äußeren linken Randbereich optimal sein können. Diese Rahmenlinie
wird aber genau durch alle beliebige Kombinationen der Aktie A und C
gebildet. Was
heißt das? Unabhängig davon, wie risikoscheu oder wie risikoliebend
ein Anleger ist: Eine Beimischung von B-Aktien führt niemals zu einem
optimalen Portfolio. Es macht also keinen Sinn B-Aktien für das Depot
zu kaufen.
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b.)
Prüfung vor Kauf einer Aktie
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Nach
dem prinzipiell gleichen Vorgehen, kann man überprüfen, ob eine Aktie,
für die man sich interessiert, in ein bestehendes Depot hineinpasst.
Nehmen
wir in Analogie zu obigem Beispiel an, dass ein Investor bereits
A-Aktien und C-Aktien in seinem Depot hat. Er möchte nun prüfen, ob
ein Kauf der B-Aktie für ihn sinnvoll wäre. Nach Anwendung der obigen
Überlegungen würde er zu dem Entschluss kommen, auf den Kauf der
B-Aktie zu verzichten.
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c.)
Depot-Check
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Nehmen
wir an, in einem Depot befinden sich unter anderem 5 verschiedene
Aktien, die in den letzten Wochen erhebliche Kursveränderungen
aufgewiesen haben. Um sich einen Überblick zu verschaffen, wie seine
Aktien nun dastehen, hat der Depotbesitzer die zugehörigen
Renditeerwartungen und Volatilitäten ausgerechnet:
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Aktie
A |
Aktie
B |
Aktie
C |
Aktie
D |
Aktie
E |
µ |
5% |
8% |
11% |
7% |
13% |
s |
5% |
4% |
7% |
10% |
11% |
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Diese Werte können wir nun in einem
Rendite-Volatilitäts-Diagramm abtragen:
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Ausgehend
von der "sicheren Rendite" hat der Depotinhaber eine
Indifferenzkurve in dieses Diagramm eingetragen. Auf einen Blick ist
ersichtlich, dass 4 der 5 Aktien noch "innerhalb" seiner
Erwartungen liegen. Aber die D-Aktie ist aufgrund der Kursentwicklung
unter diese Indifferenzkurve gefallen. Obwohl es Aktien mit einer
geringen Rendite (A-Aktie) bzw. einer höheren Volatilität (E-Aktie)
gibt, kann mit der D-Aktie kein sinnvoller Beitrag zur Steigerung der
Portfolio-Rendite bzw. zur Senkung der Portfolio-Volatilität erzielt
werden. Ein Verkauf der D-Aktie wäre anzuraten.
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d.)
Depot-Umschichtung (naive Diversifikation)
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Kern
des Markowitz-Modells ist die Bestimmung des individuellen optimalen
Mischungsverhältnisses zweier Aktien bevor diese für das Depot gekauft
werden. Eine
andere Anwendungsmöglichkeit ist die Überprüfung einer möglichen
Depotumschichtung, also die Kontrolle des Mischungsverhältnisses zweier
Aktien, die sich bereits in einem Depot befinden. Man spricht in diesem
Zusammenhang auch von naiver Diversifikation, d.h. das bestehende
Mischungsverhältnis ist nicht aufgrund einer Kalkulation sondern mehr
oder weniger zufällig (naiv) zustande gekommen. Auch
hier kann das Instrumentarium helfen, z.B. nach größeren
Kursbewegungen das optimale Mischungsverhältnis zweier Aktien wieder
herzustellen.
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e.)
Berechnung von Erfolgskennziffern
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Eine
letzte Anwendungsmöglichkeit, die hier kurz angesprochen werden soll,
ist die Berechnung von Erfolgskennziffern. Wenn wir hierzu die 5 Aktien
aus Punkt c. (Depot-Check) mit Ihren Erwartungswerten und Varianzen
betrachten, so ist die Frage "Welche dieser 5 Aktien ist die
beste?" oder "Welche dieser 5 Aktien ist die
schlechteste?" nicht ohne weiteres zu beantworten.
Mit
Hilfe der bereits vorgestellten Zielfunktionen ist ist aber möglich aus
den Werten µ und s eine Kennziffer, die sogenannte Erfolgskennziffer zu
berechnen, die dann die 5 Aktien in eine eindeutige Rangreihenfolge
bringt.
Betrachten
wir zunächst die lineare Zielfunktion nach Freund:
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Nehmen
wir einmal an, wir sind ein relativ risikoscheuer Anleger und setzten
für t
den Wert 0,8 ein.
Dann
erhalten wir für unsere 5 Aktien die folgenden Erfolgskennziffern Z:
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Aktie
A |
Aktie
B |
Aktie
C |
Aktie
D |
Aktie
E |
µ |
5% |
8% |
11% |
7% |
13% |
s |
5% |
4% |
7% |
10% |
11% |
Z |
1,0 |
4,8 |
5,4 |
-1,0 |
4,2 |
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In
unserer individuellen Beurteilung stehen also die 5 Aktien in folgender
Reihenfolge da: C, B, E, A, D.
Wenn
wir nun als risikofreudiger Anleger t
= 0,1 setzten, so erhalten wir für die gleichen Aktien folgende
Erfolgskennziffern:
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Aktie
A |
Aktie
B |
Aktie
C |
Aktie
D |
Aktie
E |
µ |
5% |
8% |
11% |
7% |
13% |
s |
5% |
4% |
7% |
10% |
11% |
Z |
4,5 |
7,6 |
10,3 |
6,0 |
11,9 |
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Und
somit die subjektive Reihenfolge: E, C, B, D, A.
Das gleiche
Prinzip funktioniert natürlich auch bei der Zielfunktion nach Tobin und
Roy:
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Bei
einer sicheren Rendite von 3% erhalten wir die folgenden
Erfolgskennziffern:
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Aktie
A |
Aktie
B |
Aktie
C |
Aktie
D |
Aktie
E |
µ |
5% |
8% |
11% |
7% |
13% |
s |
5% |
4% |
7% |
10% |
11% |
Z |
0,40 |
1,25 |
1,14 |
0,40 |
0,91 |
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Hier
ergibt sich wiederum eine neue subjektive Reihenfolge, nämlich: B, C,
E, A, D.
Welche
Zielfunktion der Investor anwendet ist letztlich im wahrsten Sinne des
Wortes "Geschmackssache". Wichtig ist nur, dass sie die
jeweilige Risikofreudigkeit entsprechend berücksichtigt und das die
Erfolgskennziffern aller zu vergleichenden Aktien bzw. Depots mit
derselben Zielfunktion errechnet werden.
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