Eine Einführung in die Portfolio Selection Theory

Kapitel 5: Beta-Faktor

Als Maß für die absolute Flatterhaftigkeit (Schwankungsbreite) einer Aktie haben wir bereits die Volatilität kennen gelernt. Als Maß für den Vergleich der Flatterhaftigkeit einer Aktie gegenüber einem Vergleichswert (z.B. einer anderen Aktie oder einem Index) verwendet man hingegen den Beta-Faktor. Dieser misst also die relative Schwankungsbreite einer Aktie.

Mathematisch wird der Beta-Faktor aus dem Verhältnis der Kovarianz der betrachteten Aktie mit dem Vergleichswert und der quadrierten Volatilität des Vergleichwerts berechnet. 

mit:

bX,V

= Beta-Faktor der Aktie X in Bezug auf den Vergleichswert V

sX,V

= Kovarianz der Renditen der Aktie X und des Vergleichswerts V

sV

= Volatilität der Renditen des Vergleichswerts V

Ist der Beta-Faktor genau gleich 1, so entspricht die Schwankungsbreite des betrachteten Wertes exakt der des Vergleichswert. Dies ist natürlich insbesondere dann der Fall, wenn die betrachtete Aktie X und der Vergleichswert V identisch sind. 

Anhand der angegebenen Formel können wir nun die Beta-Faktoren unserer Aktien untereinander berechnen (Werte gerundet):

 

V = A-Aktie

V = B-Aktie

V = C-Aktie

X = A-Aktie

+1,0

+0,1

-0,2

X = B-Aktie

+0,1

+1,0

+0,7

X = C-Aktie

-0,4

+0,7

+1,0

Mathematisch liegt dem Beta-Faktor das Konzept der linearen Regression zugrunde. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der Zusammenhang zwischen den Mittelwerten der Renditen der betrachteten Aktie (µX) und den Renditen des Vergleichswert (µV) durch folgende Regressionsgerade beschreiben lässt:

Der Steigungskoeffizient b - eben genau der Beta-Faktor - gibt an, mit welchem Maß die Renditen des Vergleichswertes V multipliziert werden müssen, um auf die Rendite der Aktie X zu kommen.

Die Werte a und b werden mathematisch mit Hilfe der sogenannten Kleinste-Quadrate-Methode (least-square-method) aus dem gegebenen Datenmaterial bestimmt.

Eine Spezialform dieser linearen Regression ist das Single-Index-Model, bei dem als Vergleichswert nicht eine andere Aktie, sondern ein repräsentativer Index (z.B. DAX oder Nikkei) genommen wird. Der Faktor b wird in diesem Modell als Reagibilität bezeichnet. Das Produkt b·µV nennt man indexabhängige Rendite (oder systematische Rendite). Die Konstante a bezeichnet man als die indexunabhängige Rendite (oder unsystematische Rendite bzw. marktbezogene Rendite) der Aktie X. 

Machen wir auch hierzu ein Beispiel:

Wir möchten unsere A-Aktie mit einem fiktiven Aktienindex I vergleichen. Uns liegen folgende Informationen über die Jahresschlusskurse der Aktie und des Index vor:

  Aktie A Index I
1996 62,- EUR 780,- Pkt.
1997 66,- EUR 860,- Pkt.
1998 74,- EUR 950,- Pkt.
1999 78,- EUR 980,- Pkt.
2000 70,- EUR 900,- Pkt.
Wir berechnen zunächst die Jahresrenditen, die Mittelwerte und Standardabweichungen:
  Aktie A Index I
1997 6,5% 10,3%
1998 12,1% 10,5%
1999 5,4% 3,2%
2000 -10,3% -8,2%
µ 3,4% 3,9%
s 8,3% 7,6%

Nun stellen wir diese Renditen in einem Diagramm dar, bei dem die Renditen des Index I in der Horizontalen und die Renditen der Aktie A in der Vertikalen abgebildet werden:

Nach den Annahmen der Linearen Regression gibt es nun eine sogenannte Regressionsgerade, die diese "Punktewolke" annähernd miteinander verbindet. Somit entsteht eine Geradengleichung, die den Zusammenhang zwischen den zu erwartenden Renditen der Aktie A und dem Index I beschreibt.

Natürlich gibt es sehr viele Möglichkeiten eine Gerade durch diese "Punktewolke" zu legen. Die Methode der kleinsten Quadrate bedeutet aber in diesem Zusammenhang, dass genau die Gerade gewählt werden soll. bei der die Summe der quadrierten Abweichungen der Punkte von der Geraden minimal ist. Diese Gerade (mit den zugehörigen Abständen von den Punkten) ist in untenstehender Darstellung abgebildet:

Die Formel dieser blauen Geraden ist die oben angegebene Regressionsgeradengleichung: mx = a+b·mv

Da die Kovarianz der A-Aktien und des Index 0,6% beträgt, können wir nun anhand der oben angegebenen Formel den entsprechenden Beta-Faktors, bzw. die Steigung der blauen Gerade berechnen:

bA,I = 0,6% : 7,6%2 = 1,04

Ein Beta-Faktor von 1,04 heißt: wenn der Index I um 10,0% steigt, wird die Aktie A im Schnitt um 10,4% steigen, umgekehrt sinkt die Aktie A aber auch überproportional um 10,4% falls der Index um 10,0% fällt. Die Aktie A ist also reagibler als der Vergleichsindex I.

Bleibt noch die Bestimmung der indexunabhängigen Rendite a. Diese erhält man durch Umformen der Geradengleichung nach der folgender Formel:

Also ist in unserem Beispiel a = 3,4% - 1,04·3,9% = -0,7% d.h. selbst wenn der Index sich einmal ein ganzes Jahr lang überhaupt nicht verändern würde, wäre dennoch bei der A-Aktie mit einer Rendite von -0,7% zu rechnen.

Die Beta-Faktoren der wichtigsten deutschen Aktien im Bezug auf den DAX werden übrigens von vielen deutschen Tageszeitungen und Fachzeitschriften regelmäßig veröffentlicht und müssen nicht mühsam "von Hand" berechnet werden.

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