Diskussionsforum der stw-boerse: Deutsche Nebenwerte: Elmos Semiconductor
chinaman - Donnerstag, 5. Juni 2003 - 18:46
Interview 14.05.2003, 11:55

„Gründe für einen derart starken Discount bei Elmos kann ich nicht erkennen“ - Knut S. Hinrichs, CEO Elmos Semiconductor
Smart Investor sprach mit dem Vorstandsvorsitzenden des Halbleiterherstellers Elmos über die aktuelle und zukünftige Situation des Unternehmens. Worin sieht Hr. Hinrichs den Investment Case für Anleger?

Smart Investor : Herr Hinrichs, vielleicht können Sie zunächst kurz die Marktsituation in den von Elmos gecoverten Segmenten darstellen.
Knut S. Hinrichs: Die gerade von Infineon vorgelegten Geschäftszahlen sind in dieser Hinsicht ein sehr aufschlussreicher Indikator. Die Münchner hatten ein 20%-iges Umsatzwachstum im Industrie-/Automotivgeschäft bei einer knappen Ergebnisverdopplung gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Von der vermeintlich drohenden Abschwächung des Automobilmarktes in Nordamerika hat Elmos jedenfalls noch nichts gemerkt. Diese Einschätzung belegt auch unser Ordereingang, der noch im vierten Quartal 2002 die Book-to-Bill-Ratio über den kritischen Wert von 1 zurückbrachte. Im laufenden Jahr rechne ich deshalb – im Einklang mit den bisherigen Aussagen – mit einem bis zu 15 %igen Umsatzwachstum, was durch den Verlauf des ersten Quartals untermauert wird.

Smart Investor : Was veranlaßt Sie zu der Einschätzung, dass 2003 – nun endlich – die erhoffte Erholung im Halbleitermarkt bringen wird?
Knut S. Hinrichs: Glücklicherweise war der Irak-Krieg relativ kurz. Daraus ließe sich ableiten, dass die positiven Effekte, was neue Impulse und den Abbau des Investitionsstaus anbelangt, überwiegen dürften. Die befürchtete Explosion des Ölpreises blieb aus. Ein niedriger Ölpreis ist allerdings auch noch lange kein Konjunkturprogramm! Sie haben jedoch völlig recht: Bislang ist ein eindeutiger Konjunkturtrend, der wirklich präzise mittel- bis langfristige Aussagen zuließe, noch nicht auszumachen. 2003 könnte zumindest das Jahr der „Nicht-Enttäuschungen“ in der Wirtschaft werden. Wir setzen jedenfalls nicht darauf, dass der Markt uns helfen wird; sondern dass die Summe unserer neuen Produkte den weiteren Weg ebnen wird. Als Halbleiterunternehmen investieren wir in die permanente Verbilligung, das heißt in Prozesse mit kleineren Strukturen bei vollem Erhalt der Nischenperformance, die unsere Produkte bieten.

Smart Investor : Besteht in der hohen Abhängigkeit von der Automobilindustrie nicht ein extrem hohes Risiko, vor allem wenn man sich die Situation auf dem US-Markt ansieht?
Knut S. Hinrichs: Dieses Nordamerika-Problem ist für die Premiumfahrzeuge von BMW, Daimler Chrysler und Audi jedenfalls nicht akut. Im März hatte BMW beispielsweise wieder ein sehr gutes Ergebnis in den USA. Dazu kommt der neue 5er, der im Mai präsentiert und im dritten Quartal eingeführt wird. Dies ergibt eine Art Sonderkonjunktur, denn ein neues Auto ist in den ersten zwei Jahren immer voll ausverkauft. Auch andere Produkte wie der Mini oder der X5 – demnächst vielleicht sogar ein X3 – laufen überdurchschnittlich gut. Rund 30 % der Elmos-Produkte gehen in BMW-Fahrzeuge.

Smart Investor : Die Umsätze stiegen auch 2002 noch leicht, doch der Jahresüberschuß leidet. Wie lassen sich künftig wieder bessere Margen erreichen?
Knut S. Hinrichs: Elmos wird 2005 bei einer Umsatzprognose von 180 – 200 Mio. Euro eine doppelt so große Fertigungskapazität wie 2002 benötigen. Auf dieser Basis liegen wir jetzt also erst bei 60%, die Investitionen sind jedoch schon getätigt. Jede deutliche Umsatzsteigerung bei Elmos geht mit einer klaren Ertragsstärkung einher. Die jährlichen Preiszugeständnisse werden von den hohen Produktivitätszuwächsen überkompensiert.

Smart Investor : Die liquiden Mittel nahmen im letzten Jahr weiter ab, die Verbindlichkeiten zu. Besteht Grund zur Beunruhigung?
Knut S. Hinrichs: Dazu besteht kein Anlaß, denn Elmos ist ab dem vierten Quartal 2002 Cash-Flow-positiv, und zwar dauerhaft. Da wir die großen Investitionsvorhaben wie geplant getätigt haben, können wir jetzt freie Mittel unter anderem zur gezielten Rückführung der von Ihnen angesprochenen Bankverbindlichkeiten herannehmen. Dies ist unsere Vorgabe für dieses und nächstes Jahr, es sei denn, es käme etwas dazwischen, wie ein gezielter Zukauf. Den sehe ich im Moment aber nicht.

Smart Investor : Drohen Elmos zusätzliche Abschreibungen auf Beteiligungen oder Firmenwerte?
Knut S. Hinrichs: Wir haben in der letzten Zeit zwei kleinere Unternehmen übernommen, etwaige Abschreibungen sind bereits vorgenommen und bedrohen uns praktisch nicht mehr. Im Übrigen haben wir bei diesen Unternehmen notwendige Umstrukturierungen durchgeführt, die sich ab dem nächsten Jahr voll auswirken werden. Im laufenden Jahr sollten und können unsere Zukäufe aus eigener Kraft den Break Even erreichen.

Smart Investor : Blicken wir einmal in die Zukunft: Was kann Elmos, was Ihre Konkurrenten nicht können?
Knut S. Hinrichs: Elmos setzt vor allem auf kundenspezifische Produkte: eine Anwendung – ein Kunde. Damit läßt sich das Umsatzvolumen größtmöglich aufsplitten auf die unterschiedlichen Produkte und sie können verhindern, dass potentielle Wettbewerber sie mit Standardlösungen attackieren. In der Breite können wir also nicht angegriffen werden. Beispielsweise hatte STMicroelectronics im frühen Stadium einen ähnlichen Ansatz. Standardisierung bedeutet immer Konkurrenzdruck und Preiszugeständnisse – z. B. Infineon, ST-Micro und Motorola. Von den großen Unternehmen kann der Weg in spezialisierte, integrierte Produkte nicht gegangen werden. In dieser Konsequenz gibt es nur ganz wenige Unternehmen in unserem Sektor, weswegen Elmos auch als Übernahmeobjekt immer attraktiv war und bleiben wird. Aufgrund unserer Anteilseignerstruktur sind 57% der Aktien aber bis 2007 gebunden und daher etwaige Gedankenspiele ohnehin auszuschließen.

Smart Investor : Wie will Elmos nun das weitere Wachstum arrangieren: organisch oder durch Zukäufe?
Knut S. Hinrichs: Mehr oder minder wird uns die Frage des Weges von außen beantwortet: Heutzutage hat ein Unternehmen möglichst hohen freien Cash Flow vorzuweisen. Zukäufe unter Zugriff auf Finanzmittel fallen also unter den Tisch. Umgekehrt ist Elmos teilweise nur mit einem Sechstel so hoch bewertet wie vergleichbare US-amerikanische Unternehmen. Pro Quartal läßt sich also mindestens ein Unternehmen finden, dass gerne Elmos übernehmen würde, nicht umgekehrt. Die Stärkung der eigenen Wachstumskraft ist hier aber immer noch das beste Argument gegen eine langfristige Unterbewertung.

Smart Investor : Können Sie mit eigenen Worten kurz beschreiben, warum ich als Anleger in Aktien von Elmos investieren sollte? Was ist der Investment Case?
Knut S. Hinrichs: Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, weshalb ein so stark aufgestelltes Nischen-Unternehmen wie Elmos mit einem derart starken Discount bedacht wird. Ganz im Gegenteil, unser technologisches Portfolio ist dermaßen beachtlich, dass sich mehrere größere Interessenten sehr gerne Elmos – wenn dies möglich wäre – einverleiben würden. Elmos ist es gewohnt, als gestandenes Unternehmen mit Hilfe einer Thesaurierungs- und Ertragspolitik zu wachsen. Die Refinanzierungskrise des Neuen Marktes haben wir daher weit besser als andere überstanden. Heute steht Elmos besser da denn je, in vielen Beziehungen – außer natürlich in der Bewertung. Bis 2005 wollen wir den Umsatz im Vergleich zu 2002 verdoppeln, bis 2008 oder 2009 nochmals. Also so um 2007 müßten wir eine kritische Größe erreicht haben, die eine langfristige Eigenständigkeit zu einer attraktiven Bewertung garantieren sollte. Die Kapitalanteile der drei Gründer sind auch deshalb bis zu diesem Zeitpunkt wie angesprochen gebunden – und bis dahin wird somit die Frage nach unserem Wachstum beantwortet sein, sei es, dass dann eine starke strategische Partnerschaft sinnvoll oder aber die Eigenständigkeit aufgrund einer kritischen Größe möglich wäre. Ich gehe fest von letzterem aus.

Smart Investor : Herr Hinrichs, vielen Dank für das Interview.

stw - Donnerstag, 5. Juni 2003 - 21:49
Klingt interessant, besonders "Umgekehrt ist Elmos teilweise nur mit einem Sechstel so hoch bewertet wie vergleichbare US-amerikanische Unternehmen".

@chinaman: hast Du Dir schon eine eigene Meinung gebildet ? ICh bin nach meinem Reinfall bei SZ Testsysteme sehr vorsichtig in der Branche, wäre aber prinzipiell nicht abgeneigt, es in der Branche ein zweites Mal zuu versuchen...

:-) stw

chinaman - Freitag, 6. Juni 2003 - 08:29
@ stw: Ich bin selber noch in der Meinungsbildungsphase ...

:-)
Gruß
Chinaman

mib - Freitag, 6. Juni 2003 - 09:05
nur kurz:
chips fuer Autos machen in USA besonders:
International Rectifier (IRF)
und
Fairchild Semiconductor (Kuerzel ?)

Gruss - Mib

chinaman - Sonntag, 8. Juni 2003 - 18:52
@ stw: Habe mal etwas in den Berichten von Elmos geschmökert ... Nach Insolvenzgefahr sieht das überhaupt nicht aus. Die Gesellschaft war auch in 2002 profitabel und weist für das 1. Quartal 2003 ein EPS von 0,15 EUR aus. Dies bedeutet fast eine Verdopplung des EPS zum 1. Quartal des Jahres 2002.

Die Eigenkapitalquote liegt bei etwas über 50 %.
Allerdings liegt das Umlaufvermögen nur knapp über den kurzfristigen Verbindlichkeiten. Die Reöation liegt bei ca. 1,2.

Die liquiden Mittel haben kontinuierlich abgenommen. Ein Fragezeichen setze ich noch hinter folgende Aussage aus dem Interview; "denn Elmos ist ab dem vierten Quartal 2002 Cash-Flow-positiv, und zwar dauerhaft. Da wir die großen Investitionsvorhaben wie geplant getätigt haben, können wir jetzt freie Mittel unter anderem zur gezielten Rückführung der von Ihnen angesprochenen Bankverbindlichkeiten herannehmen"

Im 1. Quartal 2003 war der CF nämlich wieder negativ.

Eine weitere Beschäftigung mit der Aktie erscheint trotzdem lohnenswert. Allerdings hat sich der Kurs von den Tiefs für meinen Geschmack für einen Neueinstieg in den letzten Monaten zu stark erholt.


:-)
Gruß
Chinaman

chinaman - Dienstag, 10. Juni 2003 - 09:41
@ stw: Habe mich noch nicht an die neue Indexwelt gewöhnt. Wie mir aber jetzt auffällt, müßte der Thread in den TecDax Bereich verschoben werden. Danke !

:-)
Gruß
Chinaman

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