Diskussionsforum der stw-boerse: Deutsche Nebenwerte: EM.TV: Archivierte Beiträge bis 5. Januar 2001
prof_b - Dienstag, 5. Dezember 2000 - 09:45
Rein gefühlsmäßig ist die EM-TV Wandelanleihe ein Junk-Bond!
CU Prof

mercator - Dienstag, 5. Dezember 2000 - 10:37
Eine Rendite von über 30% p.a. (bei aktuellem Anleihekurs von 55%) sind auch für einen Junkbond sehr, sehr viel.

Das Risiko ist hingegen bei EM.TV im Vergleich zu anderen Junkbonds eher geringer.

Gruß
Mercator

prof_b - Dienstag, 5. Dezember 2000 - 10:48
Stimmt, ich sage auch überhaupt nichts, gegen deine gute Recherche. :-) Prof

prof_b - Dienstag, 5. Dezember 2000 - 12:00
Noch eine Frage:
Müssten EM-TV Konkurs anmelden, nur weil sie die Zinsen der Wandelanleihe im Februar nicht zahlen können?

Oder wird eine Wandelanleihe nicht als so "schlimme" Verbindlichkeit gewertet, wie beispielsweise eine Lieferanten- oder Bankverbindlichkeit.

laurin - Dienstag, 5. Dezember 2000 - 15:08
ja, - ich hab auch so meine Probleme mit der EM.TV WA. einerseits sehr verlockend, aber ich sehe auch die Gefahr, entweder in ein konkursgerangel zu geraten oder von den Kirchs dieser Welt ueber den Tisch gezogen zu werden. ...und 5 Jahre sind noch lange hin!

Was ist, wenn sich Kirch die Zuckerstuecke aus dem EM.TV Kuchen rausschneidet (rauskauft), um EM.TV angeblich vor dem Konkurs zu retten, dann aber 2 Jahre spaeter EM.TV doch Pleite geht? Gerade die Wandelanleihe ist ja einer der Gruende, warum eine totale Uebernahme von EM.TV keinen Sinn fuer Kirch macht. Das Entscheidende ist doch nicht, welche Werte EM.TV jetzt hat, sondern welche sie im Fruehjahr 2005 (noch) haben. Und die Rendite stimmt natuerlich nur, wenn es in 2005 tatsaechlich zur Rueckzahlung der Wandelanleihe kommt.

Ich bin da sehr hin und her gerissen.

Aber nochmals DANK and Mercator fuer diesen wirklich interessanten Hinweis!

Gruss - Laurin

prof_b - Dienstag, 5. Dezember 2000 - 22:15
Die Gier sagt: "Das ist eine recht gute Chance!"
Der Verstand sagt, dass wir lieber die Finger davon lassen sollten.
CU Prof

mercator - Mittwoch, 6. Dezember 2000 - 00:31
@ prof
Meinst Du jetzt die Börse oder was bestimmtes?

chinaman - Mittwoch, 6. Dezember 2000 - 05:38
Auf der EM.TV Pressekonferenz wurden auch Einzelheiten über die Verschuldung von EM.TV bekannt: 2,2 Milliarden DM !!!. Für mich kein Kaufargument für die Wandelanleihe. Näheres dazu aus Neuer Markt Inside.

:-)
Gruß
Chinaman


Wer hätte das gedacht? EM.TV bei unter
10 Euro - ein Skandal! Gerüchte um eine
mögliche Beteiligung von Kirch bewahrhei-teten
sich heute nun endlich. Doch damit nicht genug - das
Ausmaß der schon am Freitag angekündigten Gewinnwar-nung
stellte sich als noch fataler heraus als erwartet. Das
EBIT beträgt voraussichtlich circa 50 Millionen DM im Ver-gleich
zu den geplanten 525 Millionen DM! Im Jahr 1999
betrug es 153 Millionen DM. Hierbei sind Abschreibungen
auf den Goodwill aus den Akquisitionen TMG, Jim Henson
Company und 50 Prozent der SLEC (Formel 1) noch nicht
berücksichtigt. Hauptursache für die Abweichungen seien
das Verfehlen der geplanten Umsatzziele (254 Millionen
DM wurden umgesetzt) bei der EM.TV AG, geringere
Margen und daraus resultierende Gewinneinbußen, die
trotz der Mehrumsätze bei den Beteiligungsfirmen nicht
kompensiert werden können.
Doch damit nicht genug: Als äußerst mysteriös
war bei der heutigen Pressekonferenz schon zu
werten, dass eine geplante Live-Übertragung
vom TV-Sender n-tv nicht genehmigt wurde (im
nach hinein auch verständlich weshalb). Dann
platzte der Knoten - nachdem Florian Haffa am
Sonntag seinen Rückzug aus dem Konzern
bekannt gegeben hatte, präzisierte der neue
Finanzvorstand Rolf Rickmeyer nun endlich die
Aussagen über die Verbindlichkeiten. Danach
beträgt die Gesamtverschuldung derzeit stolze
2,2 Milliarden DM!!! Neben langfristigen Verbind-lichkeiten
von rund 1,4 Milliarden DM, sowie
einer Wandelanleihe von 782 Millionen DM seien
noch kurzfristige Verbindlichkeiten i Höhe von 66
Millionen zu decken.
Und dann war da ja noch die Sache mit der Kirch
Gruppe...Zwar wird EM.TV künftig 100 Prozent der Rechte
an der Junior - Bibliothek halten. Die Kirch Gruppe, als bis-heriger
Partner im Joint-Venture erhält im Gegenzug
jedoch nach einer Kapitalerhöhung 16,74 Prozent an der
EM.TV! Größter Aktionär bleibt weiterhin EM.TV Gründer
Thomas Haffa. Er überträgt der Kirch-Gruppe jedoch noch
knapp 8 Prozent seiner Stimmrechte, so dass diese die
Sperrminorität von 25 Prozent + eine Aktie hält.
Darüber hinaus erwirbt die Kirch-Gruppe 49 Prozent der
EM.TV-Anteile an der Formel 1. Die EM.TV hatte im Früh-jahr
100 Prozent der Speed Limited gekauft und sich damit
zu 50 Prozent an der SLEC beteiligt, der Holding- Gesell-schaft,
die sämtliche Rechte an der Formel 1 hält. Die
Kirch-Gruppe zahlt an EM.TV 550 Millionen US-Dollar für
die in der Speed Limited gehaltenen Anteile. Klaus Hallig
wird man zur Kontrolle in den Aufsichtsrat entsenden.
Haffa räumte ein, aufgrund der Ende Mai fälligen Put-Option
von Bernie Ecclestone unter gewissem Druck
gestanden zu haben. Eine komplizierte Regelung sieht
nämlich vor, dass Haffa bis zum Jahresende für weitere 1,8
Milliarden Mark noch mal 25 Prozent der SLEC kaufen
kann. Verzichtet er, kann wiederum Ecclestone ab April
2001 von EM.TV verlangen, dass sie ihm gut 2 Milliarden
Mark für 25 Prozent an der SLEC zahlt. Das könnte EM.TV
auf konventionelle Art wohl nicht mehr finanzieren.
Vor allem die Details des Vertrags mit Ecclestone entset-zen
die Kirch-Leute. Selbst bei einem Kapitalanteil von 75
Prozent würde EM.TV nämlich nicht die Kontrolle über die
Formel 1 erlangen. In zwei entscheidenden Management-Firmen,
die das operative Geschäft verantworten, sitzen je-weils
zwei Ecclestone-Vertreter einem EM.TV-Mann gegen-über.
"Haffa hat sich über den Tisch ziehen lassen", so ein
Kirch-Vertreter.
In dem "WirrWarr" des Tages etwas untergegangen ist der
Verkauf der Rechte aller Sesamcharaktere an die Stiftung
"Sesame Workshop". Der Verkaufspreis bleibt bisher unbe-kannt.
Fazit: Es ist einfach unglaublich, was sich vor den Augen
der treuen Anleger abspielt. Nicht schon genug, dass das 9-
Monatsergebnis einfach drastisch verfehlt wurde und das
völlige Ausmaß der Misswirtschaft erst in der vollständigen
Bilanz im Februar bekannt sein wird. Thomas Haffa erweckt
mehr und mehr den Eindruck zu versuchen, die fetten
Brocken des geschlachteten goldenen Kalbes zurückzuhal-ten.
Fakt ist, dass die Formel Eins absolut überteuert ein-gekauft
wurde und nun für "einen Appel und ein Ei" an den
vermeintlichen Retter Kirch weiterverkauft wurde. Auch die
"Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre", sowie die
"Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz" sehen dies so:
Man prüft aktuell eine mögliche Klage gegen den einstigen
Highflyer. Den Schaden hat in erster Linie der Kleinaktionär
- bei einem aktuellen Kurs von 10 Euro lohnt sich auch ein
Zwangsverkauf nicht mehr.

prof_b - Mittwoch, 6. Dezember 2000 - 11:07
@mercator - oder jemand bestimmtes?
;-) - Prof

mercator - Mittwoch, 6. Dezember 2000 - 11:41
Das von der Presse die Verbindlichkeiten des Unternehmens von 2,2 Mrd. DM als Neuigkeit verbreitet werden, zeigt mir, daß das Niveau der Berichterstattung und der Unternehmensanalyse nach wie vor niedrig ist.

Das gilt für gute wie für schlechte Zeiten. In den guten Zeiten wird alles Negative übersehen. In schlechten Zeiten wird alles zur Katastrophe hochstilisiert.

Die Verbindlichkeiten von 2,2 Mrd. DM kann man ja bereits im Halbjahresbericht nachlesen und sind lange bekannt.

Diese Verbindlichkeiten sind bei einer Bilanzsumme von 8 Mrd. DM auch keineswegs ein Konkursrisiko.

Für die Gläubiger des Unternehmens (Anleiheinhaber) ist schlimm, daß Ecclestone eine Putotpion für seine Formel 1-Anteile zu horrenden 2,2 Mrd. DM besitzt.

Für die Aktionäre ist schlimm, daß EM.TV aufgrund der Abschreibungen auf die teuren Firmeneinkäufe auf längere Sicht keinen Gewinn machen wird und das aufgeblasene Eigenkapital von 4 Mrd. DM in den nächsten Jahren auf vielleicht 1 Mrd. DM zusammenschrumpfen wird. Das heißt EM.TV wird Milliardenverluste machen.

Die Wandelanleihe hal vor dem Hintergrund der bekanntgegebenen Fakten ein kalkulierbares Risiko.

Gruß
Mercator

chinaman - Mittwoch, 6. Dezember 2000 - 14:07
@ Mercator: Es mag durchaus stimmen, daß man die Verbindlichkeiten bereits aus dem Halbjahresbericht ersehen kann. Fakt ist: Das magere EBIT ist noch vor Zinsausgaben. Die Zinsen müßen also erst mal zusätzlich verdient werden. Vor allem ist aber auch Finanzkraft zum Aufbringen der Tilgung im Jahr 2005 gefragt. Ob EM.TV im Jahr 2005 einfach umschulden kann, wird wiederum stark vom wirtschaftlichen Erfolg und damit der Kreditwürdigkeit bis dahin abhängen.

:-)
Gruß
Chinaman

:-)
Gruß
Chinaman

pumi - Donnerstag, 7. Dezember 2000 - 03:30
Unglaublich, EM.TV für 6,40 zu haben, hätte man mir das vor einem Jahr gesagt ..... :)

Ich finds schon bezeichnend, was hier grad an der Börse abgeht. Totale Panik, zum größten Teil leider auch noch berechtigt.
Ich bin drauf und dran, relativ konservative Werte wie VW zu verkaufen und in die Hightechs zu gehen. Damit meine ich keine Internetgeschichten, sondern mehr Telekommunikation/Chips/Netzwerktechnik. Solche Einkaufspreise hab ich mir im Leben nicht vorgestellt, irgendwie hab ich den Eindruck, es wird gar nicht mehr nach Qualität bewertet, sondern einfach nur noch verkauft.

EM.TV ist für mich gestorben, mag sein, daß ähnlich wie bei Gigabell eine starke Gegenreaktion kommt, aber das ist doch reines Glückspiel. Gut, man kann evtl. mehrere 100% in wenigen Tagen machen und wenn man bißchen Spielgeld übrig hat, kann man das auch einsetzen.
Eine ernsthafte und vor allem langfristige Investition in EM.TV steht für mich aber nicht zur Debatte.


Greetings, Pumi

charles9 - Donnerstag, 7. Dezember 2000 - 10:31
Die Wandelanleihe sieht wirklich lecker aus ;-)

@Mercator: Weißt Du, wo man die Konditionen im Netz abrufen kann? Auf der Homepage leider Fehlanzeige. Andere Frage: Wie handelt man diese Anleihe. Es sieht aus, als gingen da nur 100er Blöcke um. Das würde ja 44.000 Euro Mindesteinsatz bedeuten. Ist dem tatsächlich so?

Danke Charles

prof_b - Donnerstag, 7. Dezember 2000 - 10:50
@pumi: Ich bin froh, dass ich meine VW3 habe. Im DAX gibt´s kaum besseres und falls wir bis zur HV 30 % sehen sollten ist das besser, als jedes Sparbuch.
Wir steigen schon noch günstig in den NM ein und natürlich nur in die feinsten Werte. Aber erst will ich die langfristige Trendwende sehen. 30 % zu teuer im Aufwärtstrend eingekauft ist besser, als noch mal 30 % im Abwärtstrend verloren.


Wandelanleihe:
Du kannst mit 440 Euro dabei sein, da die Stückelung 1000 Euro beträgt. Mir ist das zumindest zur Zeit jedoch nichts!

trick17 - Donnerstag, 7. Dezember 2000 - 11:13
Hi Prof,
hab mich lange nicht gemeldet,
aber es ist immer schön Deine Beiträe zu lesen.
Sie haben was eigenes...
Ich werde die Charttechnik aber wohl nie
richtig verstehen, vielleicht bin ich aber auch
nicht lernfähig (oder ich habe einen
zu dicken Kopf). VW3 habe ich auch im Depot.
Wirklich sehr solide. Ich hab mir
allerdings mal die Passivseite der Bilanz
angeschaut. VW hat Schulden,
da träumt der Papst von, war so etwas bei 120
Mrd DM. Will aber wahrscheinlich keiner
wissen. VW3 jetzt zu verkaufen? Um in
den neuen Markt noch dicker einzusteigen?
Wäre mir zu sehr Zockerei.
Ich habe bei November Gewinne mitgenommen,
ich hab die Dinger zugeteilt bekommen,
hab jetzt verkauft, weil ich mir
eigentlich nicht vorstellen kann, warum
gerade die sich in dem Crash so gut halten.
Ist hier der Absturz eine Frage der Zeit?
Ich wollte eigentlich die
Speku-Frist aussitzen, habe aber jetzt nach 8
Monaten verkauft. In diesem Markt kann man
nicht langfristig agieren und das
ärgert mich gewaltig. Werde jetzt aber noch genügend Verluste realisieren, die
ich gegen rechnen kann (Baader, Bechtle,
hatte ich hier mal zum Kauf empfohlen,
das zu der Qualität meiner Empfehlungen...) .

Deine Hannover Rück finde ich klasse.
Ich hoffe, dass die noch mal auf 80 Euro
zurückkommen. Seit Jahren wachsende
Gewinne. Fundamental erste Sahne.
Nur will ich natürlich wieder "billig"
rein...

trick17

chinaman - Freitag, 29. Dezember 2000 - 20:43
Diese Meldung paßt voll ins Bild !

:-)
Gruß
Chinaman


WestLB: EM.TV Haffa verkaufte Aktien ohne Zustimmung 12:39:27, 29. Dez 2000
Dem Gründer des angeschlagenen Münchner Medienunternehmens EM.TV, Thomas Haffa, droht neues Ungemach. Wie das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» am Freitag vorab meldete, hat Haffa möglicherweise gegen die Bestimmungen im Börsenprospekt seiner Firma verstoßen. So habe sich Haffa im November 1999 anlässlich einer Kapitalerhöhung verpflichtet, sechs Monate lang keine Aktien zu verkaufen, im Januar und Februar 2000 aber für rund 40 Millionen Mark EM.TV-Papiere veräußert. Die dafür notwendige Zustimmung der Konsortialbank WestLB sei nicht erfolgt, sagte ein Sprecher des Kreditinstituts dem «Spiegel». Die Bank habe keine Kenntnisse von den Verkäufen gehabt. Ein EM.TV-Sprecher erklärte dagegen, die WestLB sei informiert gewesen. Anfang dieses Monats hatte Haffa in einem Gespräch mit dem »Spiegel« eingeräumt, dass er in den ersten zwei Monaten dieses Jahres »ein kleines Paket von 200.000 Stück an einen strategischen, institutionellen Investor» verkauft habe - zu einem Gesamtwert von rund 40 Millionen Mark. Anfang Dezember war die Gewinnprognose für 2000 von EM.TV drastisch zurückgestuft worden. Spekulationen über eine bevorstehende Gewinnwarnung und finanzielle Probleme hatten aber schon zuvor dafür gesorgt, dass der frühere «Börsenliebling» auf Jahrestiefststände abrutschte. Gleichzeitig hatte die Kirch-Gruppe ihren Einstieg bei EM.TV bekannt gegeben. Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Thomas Haffa und dessen Bruder und Ex-EM.TV-Finanzchef Florian wegen des Verdachts auf Verstoßes gegen das Aktien- und Börsengesetz.
Quelle: ADX

stw - Samstag, 30. Dezember 2000 - 18:07
Hoffentlich wird da mal ein Exempel statuiert und H.Haffa landet hinter Gittern. Eigentlich unvorstellbar, oder ? Kennt sich irgendjemand aus, was es da für Strafen gibt für solche Vergehen ?

:-) stw

chinaman - Dienstag, 2. Januar 2001 - 05:34
Beim Spiegel ist ein recht kritischer Artikel zu Medienwerten erschienen, ich stelle den kompletten Artikel mal hier rein, obwohl er nicht nur EM.TV betrifft.

:-)
Gruß
Chinaman


M E D I E N A K T I E N

"Raus, raus, raus"

Die Highflyer von gestern sind mittlerweile die Bösewichte der Börse: Dubiose Machenschaften bei EM.TV, Bilanztricks bei Senator Entertainment, und auch die übrigen Medienfirmen haben häufig nur eines zu bieten - Millionenverluste.


Das Jahr begann mit den allerschönsten Hoffnungen. "Medienaktien sind die neuen Lieblinge an der Börse", jubelte die "Frankfurter Allgemeine" Mitte Januar.
Die Fusion des Online-Abo-Dienstes AOL mit dem Medienhaus Time Warner in Amerika hatte die Phantasie gereizt. "Die Zukunft liegt in diesen Medien", verkündete auch eine Analystin der WestLB. Das "Handelsblatt" erspähte sogar eine "neue Dimension des Films", die dort tätigen deutschen Medienunternehmen hätten "gute Kurschancen".


© DER SPIEGEL

Und die "Neue Zürcher Zeitung" wiederum, ebenfalls ein seriöses Blatt, schwärmte vom "Charme einer 'Biene Maja'" für die Anleger.

Von der Euphorie ist, wenige Monate danach, kaum etwas geblieben. Längst sind die einst gefeierten Aktien der Medienunternehmen in Verruf geraten, aus den Lieblingen wurden die Bösewichte der Börse. Handfeste Skandale, geplatzte Deals, korrigierte Gewinnprognosen, missglückte Beteiligungen - das Sündenregister der zuständigen Manager ist lang. Die schönen Träume haben sich für viele Anleger in Alpträume verwandelt.

"Wir fassen diese Werte derzeit nicht mehr an", sagt der Chefanalyst eines großen US-Investmenthauses, "bei uns hieß es vor kurzem nur: raus, raus, raus." Auch Bernard Tubeileh, Analyst beim Wertpapierhaus Merrill Lynch, erklärt Medienaktien "derzeit für generell out".

Viele der Medienfirmen waren bereits, eine Folge des allgemeinen Hypes, völlig überbewertet an die Börse gegangen. Mit dem vielen Geld der Anleger gingen sie dann auf Einkaufstour, zahlten stolze Preise - und sitzen nun auf der Ware. Es fehlt an Geld für Investitionen, und auch manche Bank ist nervös geworden.


© DER SPIEGEL

Kurz vor Jahresende, im Dezember, häuften sich die schlechten Nachrichten aus dem früheren Boomsegment, die Kurse krachten weiter ein. Während die Aktien am Neuen Markt insgesamt seit dem Höhepunkt im März um rund 70 Prozent absackten, verfielen die dort notierten Medienwerte um 80 Prozent - Vermögensvernichtung im Rekordtempo.

Allein knapp 20 der an der Börse gelisteten Gesellschaften sind im Filmbusiness aktiv, weitere 25 stammen aus benachbarten Märkten wie Verlagswesen, Studiotechnik oder Musik. Nahezu jede Spielart des Mediengeschäfts ist vertreten, oft mit phantasievollen Namen: Werbevermarkter wie Arbomedia, Technikbetriebe wie Das Werk, Kinderprogrammanbieter wie BKN International, Video-auf-Abruf-Dienstleister wie Media NetCom oder Werbefirmen wie Neue Sentimental.

Die große Illusion, mit dem Glanz- und Glitzergeschäft der Medien gutes Geld zu verdienen, hatte mit dem Unternehmer Thomas Haffa begonnen. Der Schulabbrecher und frühere Schreibmaschinenverkäufer debütierte im Oktober 1997 am Neuen Markt mit seiner kleinen Rechtefirma EM.TV - ein kaufmännisch schwieriger Fall, denn schon 1996 waren Verlustzahlen aufgetreten.

Doch die gut 33 Millionen Mark Emissionserlös halfen Haffa. Und im Zusammenspiel mit seinem früheren Arbeitgeber Leo Kirch, bei dem er von 1979 bis 1989 gewirkt hatte, wurde EM.TV zeitweise zum Glückssymbol der Börse und zum Vorzeigeunternehmen der New Economy.


© DER SPIEGEL

Die Kooperation funktionierte wie ein innerstädtischer Kreisverkehr: Haffa kaufte von Kirch, Kirch kaufte von Haffa - und die Umsätze und damit der Aktienkurs von EM.TV kurvten nach oben. Auf dem Höhepunkt brachte es die Firma auf rund 27 Milliarden Mark Börsenwert - und kaufte sich selbstbewusst sogar mit 50 Prozent in das schwierige Formel-1-Geschäft ein.

Dann kam der Absturz, weil Haffa im Geflecht seiner Milliardendeals den Überblick verlor und zu viel bezahlt hatte. So wurde der Mann erneut zur Symbolfigur - diesmal für den Niedergang.

Drei Tage vor Weihnachten war sogar ein Staatsanwalt zusammen mit zwei Polizisten im Haus. Der Justizbeamte sichtete Akten, vernahm Zeugen. Anschließend schleppte der Trupp kartonweise Geschäftspapiere aus der Firmenzentrale.

Die Justiz ermittelt wegen möglicher Verstöße gegen das Aktiengesetz. So soll Thomas Haffa eine drastische Gewinnwarnung - der prognostizierte Überschuss vor Steuern und Zinsen sank per Mitteilung vom 1. Dezember plötzlich von vorher 600 Millionen auf nur noch 50 Millionen Mark - zunächst zurückgehalten und somit die Investoren getäuscht haben. Er habe nach "bestem Wissen und Gewissen gehandelt", kommentiert Haffa.


© DER SPIEGEL

In einem zweiten Punkt geht es um den Verdacht auf illegale Insidergeschäfte. Und hier richten sich die Untersuchungen, nach diskreten Hinweisen, gegen den inzwischen geschassten Finanzvorstand Florian Haffa. "In diese Richtung ermitteln wir", bestätigt Oberstaatsanwalt Manfred Wick, der Hilfe vom Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel bekommt. Die Börsenwächter hatten in einer ersten Analyse "auffällige Kursbewegungen" im EM.TV-Aktienhandel registriert.

Immer drängender werden Fragen nach den Großverkäufen der Haffa-Brüder. So soll Florian Haffa im Frühjahr ein größeres Aktienpaket - Volumen 60 Millionen bis 100 Millionen Mark - verkauft haben, erzählen Eingeweihte. Ein Firmensprecher kommentiert, dazu sei ihm nichts bekannt, für eine genaue Information konnte Florian Haffa nicht erreicht werden.

Sein Bruder Thomas hat bereits gegenüber dem SPIEGEL eingeräumt, im Januar und Februar 2000 für rund 40 Millionen Mark EM.TV-Wertpapiere an einen "strategischen Investor" verkauft zu haben (SPIEGEL 50/2000). Dieses Bekenntnis könnte ihm arge Probleme bereiten, schließlich hat sich der EM.TV-Vorstand im Prospekt zu einer Kapitalerhöhung vom November 1999 verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten keine Aktien zu veräußern - es sei denn, die Konsortialbanken WestLB und Merrill Lynch stimmen schriftlich zu.

Es sieht so aus, als sei just diese Marktschutzklausel verletzt - und damit womöglich auch der Börsenprospekt. "Die Bank hat keine Kenntnisse von den Verkäufen gehabt", erklärt WestLB-Sprecher Michael Wilde gegenüber dem SPIEGEL. Das gelte seiner Kenntnis nach auch für die zweite Bank, Merrill Lynch. Ein EM.TV-Sprecher dagegen erklärt, die WestLB sei sehr wohl informiert gewesen.


© DER SPIEGEL

Thomas Haffa, der gefallene Börsenengel, ist in seiner Branche kein Ausnahmefall. Auch bei anderen börsennotierten Medienfirmen drängen sich unbequeme Fragen auf. Die Schonzeit für die Börsenneulinge ist abgelaufen.

Beispiel Senator Entertainment. Die Filmfirma ("Aimée und Jaguar", "Marlene") hat im Jahr 1999 fast 30 Prozent des gesamten Umsatzes von damals knapp 123 Millionen Mark mit einem einzigen Geschäft gemacht - einem pikanten Deal.

Die Berliner verkauften im dritten Quartal für einen Umsatzbeitrag von immerhin 36,5 Millionen Mark und einem Gewinnbeitrag von 26,9 Millionen mehrere Rechte an die kleine Central Film Vertriebs GmbH, die Filme in die Kinos bringt. Wenige Wochen später jedoch kaufte Senator-Chef Hanno Huth die gesamte Central Film kurzerhand auf, allerdings nur "für einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag", wie eine Firmensprecherin erklärt.

Es habe sich um ein "Scheingeschäft" gehandelt, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter, die Umsätze von Senator seien so "künstlich in die Höhe getrieben" worden. Denn offenbar ist Central, trotz der für 36,5 Millionen Mark erworbenen Filmrechte, deutlich weniger wert. Womöglich diente der teure Filmeinkauf nur dazu, die Senator-Umsatzzahlen nach oben zu pushen, so der Verdacht. Senator bestreitet einen solchen Zusammenhang, die beiden Deals seien unabhängig voneinander gelaufen.

Auch der Umgang mit einem plötzlichen Verlust des kränkelnden Kinoriesen Cinemaxx, an dem Senator 25 Prozent hält, erscheint merkwürdig. Die Berliner Filmfirma zögerte tagelang mit einer Mitteilung über die Auswirkungen der defizitären Beteiligung - obwohl klar war, dass allein der Wert des übernommenen Cinemaxx-Aktienpakets seit dem Einstieg im Mai um 76 Prozent (83 Millionen Mark) eingebrochen war.

Kurz vor Weihnachten kam heraus: Der für dieses Jahr in Aussicht gestellte Gewinn von Senator löst sich in Luft auf, die Firma hofft nun auf eine schwarze Null. In der Bilanz ist eine Sonderabschreibung von 20 Millionen Mark fällig - und das ist noch optimistisch gerechnet. Der aktuelle Börsenkurs ist mit gut 4 Euro weit vom Höchstpreis (34,40 Euro) entfernt.

Beispiel Intertainment. Der Münchner Filmhändler musste Mitte November einen jähen Einbruch eingestehen, der erwartete Umsatz für das Jahr 2000 sinkt demnach von 290 auf 170 Millionen Mark, der Gewinn vor Steuern und Zinsen rutscht von 84 auf 60 Millionen Mark. Im vierten Quartal fallen Verluste an.

Gründer Rüdiger ("Barry") Baeres hatte sich verkalkuliert. Ein von ihm mitfinanzierter Film mit John Travolta ("Battlefield Earth") floppte an den US-Kinokassen, die Filme "Get Carter" mit Sylvester Stallone, "The Pledge" mit Jack Nicholson und "The Whole Shebang" mit Bridget Fonda wurden nicht pünktlich geliefert.

Nun muss die Münchner Firma, die sich schon für das Jahr 2003 als Milliarden-Umsatz-Unternehmen sah, um ihr Image kämpfen. Der einstige Überflieger der Börse (Spitzenkurs: 135 Euro) liegt (aktueller Kurs: rund 5 Euro) am Boden.

Für Rätselraten sorgt auch ein Prozess, den Baeres gegen den einst von ihm hofierten Hollywood-Partner Franchise Pictures anstrengt - wegen eines angeblich "organisierten Betrugs". Franchise habe die Budgets für die gemeinsam verabredeten Filme künstlich verteuert, Intertainment habe zu viel bezahlt - angeblich 75 Millionen Dollar.

Beispiel Tomorrow Internet AG. Der Online-Ableger der Verlagsgruppe Milchstraße ("Max", "Fit for Fun") muss nach dicken Minuszahlen saniert werden. Zwischen Januar und September hatte der Betriebsverlust mit 18,5 Millionen Mark fast die Höhe des Umsatzes (19,5 Millionen Mark) erreicht. Zum letzten Quartal des Jahres, sagt die Firma, sei es günstiger gelaufen, verläßliche Zahlen gibt es noch nicht.

Derzeit greift Verleger Dirk Manthey persönlich ein, um die Internet-Firma flott zu kriegen. Erste Konsequenz: Rund 35 von 190 Stellen in der AG fallen weg, zwei spezielle Webseiten für Tourenwagenfans und für Finanzcharts werden abgeschaltet. Angeblich erreicht die Tomorrow Internet AG im Herbst 2001 die Gewinnzone.

Der Manthey-Firma war es im November 1999 gelungen, beim Börsengang rund 110 Millionen Mark zu erlösen - ein Spitzenwert angesichts der Tatsache, dass die Tomorrow-Gesellschaft im Wesentlichen über die Online-Vermarktungsrechte für die Zeitschriften des Verlags verfügte. Derzeit liegt der Börsenkurs mit knapp 7 Euro denn auch eine gute Milchstraße entfernt vom Höchstwert von 65,75 Euro in diesem März.

Auch Focus Digital aus dem Hause Burda bewegt sich auf einer ähnlich abschüssigen Bahn. Der ehrgeizige Emissionskurs von 14,50 Euro ist heute schon Historie. Selbst die Ankündigung, Focus Digital kümmere sich um den Online-Auftritt des deutschsprachigen "Playboy" und seiner Bunnies, wirkte auf die Aktie (derzeitiger Kurs: gut 4 Euro) nur wie ein schwaches Belebungsmittel. Gewinne will Focus Digital ohnehin erst später machen.

Die Flaute hat auch das Klima in der Redaktion des Mutterblatts "Focus" in Mitleidenschaft gezogen. Vorab konnten Redakteure Aktien kaufen - allerdings zum Ausgabepreis und nicht, wie auch möglich, zu Vorzugskonditionen.

Viele Mitarbeiter haben deshalb mit der Wertanlage im eigenen Haus viel Geld verloren, dabei habe die Chefredaktion von einer "großen Chance" geredet und dass "nun alle Loyalität beweisen können", erzählt ein "Focus"-Journalist. Für Verdruss sorgt, dass sich Chefredakteur Helmut Markwort, Stellvertreter Uli Baur sowie Focus-Digital-Chef Jörg Bueroße vorbörslich zum Freundschaftspreis von jeweils 1 Euro mit Aktien eindecken konnten. Markwort übernahm laut Börsenprospekt 1 616 550, Bueroße 900 250 und Baur 179 050 Stück.

Das Privileg verteidigt Markwort offensiv. Er und Vize Baur seien die ersten Redakteure des Magazins gewesen und hätten "die Marke Focus maßgeblich mitaufgebaut", deshalb habe ihnen Verleger Hubert Burda "frühzeitig die Möglichkeit angeboten, mit ihm zusammen zu investieren". Darüber, so Markwort, habe er "die Kollegen in der Redaktionskonferenz lange vor dem Börsengang informiert".

Die frustrierten Anleger der Medienwerte müssen auf den erhofften Börsenreichtum wohl noch etwas warten. Nach der Ernüchterung steht nun eine riesige Konsolidierung an. Wahrscheinlich sind die meisten der kleinen Firmen nur unter dem Dach eines Konzerns überlebensfähig.

Eine der Adressen dafür ist offenbar Bertelsmann. "Wir bekommen drei- bis viermal in der Woche Anrufe, ob wir nicht bei ihnen einsteigen wollen", sagt ein Manager der mit Bertelsmann verbundenen RTL Group. Offenbar stehen beispielsweise 25 Prozent der Anteile von Senator Entertainment zur Disposition, sagt ein Investmentbanker.

Die RTL-Manager halten sich freilich zurück: "Die Preise sind immer noch sehr hoch", erklärt ein Verantwortlicher.

Konkurrent Kirch ist da schon weiter. Der Münchner Filmhändler kündigte jüngst den Einstieg bei EM.TV ein. Womöglich wird die Firma auch mit der Constantin Film verschmolzen, an der Kirch beteiligt ist.

Kirchs Stellvertreter Dieter Hahn prophezeit intern eine radikale Flurbereinigung bei den kleinen Medienfirmen am Neuen Markt: "Davon wird kaum etwas übrig bleiben."


HANS-JÜRGEN JAKOBS, GUNTHER LATSCH

chinaman - Mittwoch, 3. Januar 2001 - 16:30
Die Dinge nehmen Ihren Lauf ...

:-)
Gruß
Chinaman


EM.TV: DSW will die Klage Ende Januar einreichen



Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) will Ende Januar eine Klage gegen den Medienkonzern EM.TV & Merchandising AG sowie dessen Vorstandsvorsitzenden Thomas Haffa und den ehemaligen Finanzvorstand Florian Haffa einreichen. Wie DWS-Sprecherin Daniela Bergdolt auf vwd Anfrage sagte, werden derzeit die "bestpassendsten Fälle" von insgesamt rund 800 betroffenen Aktionären zu einer Klage verarbeitet.
Die Sprecherin erachtet es als "relativ unsicher", dass es zu einer außergerichtlichen Einigung mit EM.TV bzw. den Haffa-Brüdern kommt, wie sie die Kanzleien Tilp & Kälberer bei Tübingen und die Rotter Rechtsanwälte in München anstreben. Sie vertreten derzeit rund 250 betroffene Aktionäre und gehen von einer Schadensumme von mindestens 15 Mio. DM aus, hieß es in der Meldung weiter.

chinaman - Freitag, 5. Januar 2001 - 12:56
Bei EM.TV kommt die nächste negative Nachricht.

:-)
Gruß
Chinaman


EM.TV: Einstieg von Kirch ungewiss



Der Einstieg der Kirch-Gruppe bei der EM.TV & Merchandising AG sei fraglich geworden. Wie das Handelsblatt in seiner heutigen Ausgabe berichtet, habe es in den Gesprächen noch keine Fortschritte gegeben. Grund seien vor allem Auseinandersetzungen zwischen dem Aufsichtsrat der EM.TV Nikolaus Becker und dem Kirch-Mitarbeiter Dieter Hahn. Falls bis Mitte Januar noch keine Entscheidung gefallen sei, werde der Einstieg wahrscheinlich nicht zu Stande kommen.

Diskussionsforum der stw-boerse: Deutsche Nebenwerte: EM.TV: Archivierte Beiträge bis 5. Januar 2001