Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Inflation: Archivierte Beiträge bis 5. Januar 2020
chinaman - Mittwoch, 21. Januar 2009 - 16:20
"Nur weil die Bundesdruckerei 2002 zahlungsfähig wurde, war das von ihr gedruckte Geld nicht plötzlich wertlos. "

Schwächer geht es nicht mehr! Die Bunbdesdruckerei war ein Dienstleister und keine Zentralbank ... Die Scheine verbrieften damals keine Forderungen gegen die Bundesdruckerei, sondern gegen die deutsche Zentralbank. Deshalb war es auch scheissegal, ob Sie bankrott ging!


Gruß
Chinaman

al_sting - Mittwoch, 21. Januar 2009 - 16:24
> Wir diskutieren hier die Besonderheit, ob in einer Währungseinheit ein Staat bankrott gehen kann und ein anderer nicht!!!

Ich stimme dir ja zu, dass das nicht erfreulich wäre.
Aber genau Kalifornien ist ja ein Beispiel dafür, dass es geht. Kaliforniern ist gewissermaßen auch Bestandteil der "Währungseinheit US-Dollar" und es kann pleite gehen, ohne seine eigene Notenpresse anwerfen zu können. So ähnlich sehe ich es halt auch bei einzelnen Euro-Staaten. Man hat die entsprechenden Befugnisse an die EZB abgetreten, auf die man nur indirekten Einfluss ausübe kann. (Besetzung der Posten etc., aber da gibt es auch noch andere Staaten., die mitbestimmen.)

chinaman - Mittwoch, 21. Januar 2009 - 16:32
"Kaliforniern ist gewissermaßen auch Bestandteil der "Währungseinheit US-Dollar" und es kann pleite gehen, ohne seine eigene Notenpresse anwerfen zu können"

Das haben Kalifornien und wir als Privatleute gemeinsam. Wir können alle bankrott gehen und haben (leider) keine eigene Notenpresse.

Deine Antwort auf die Frage wer für die von Spanien gedruckten Geldscheine "geardesteht" lautete die EZB.

Das heisst doch letztendlich auch nichts anderes wie "u.a. auch der deutsche Michel". Oder etwa nicht???


Gruß
Chinaman

al_sting - Mittwoch, 21. Januar 2009 - 16:38
> Deine Antwort auf die Frage wer für die von Spanien gedruckten Geldscheine "geradesteht" lautete die EZB.
Ja, natürlich auch damit auch Deutschland. Aber da gilt m.E. der Vergleich mit der Bundesdruckerei, die bloßer Auftragsnehmer war.

Die spanische Zentralbank hat gewissermaßen im Auftrag der EZB den Druck der spanischen Noten übernommen bzw. weitergegeben, kann aber eben nicht (mehr?) eigenmächtig die Notenpresse anwerfen, nur weil die spanische Regierung gerade Geld braucht.

chinaman - Mittwoch, 21. Januar 2009 - 17:03
Aber es gibt doch nun mal die Forderungen, die Rechte aus den existierenden spanischen Euroscheinen verbriefen ...

Möglicherweise befinden sich diese Euroscheine teilweise auch in Deinem Geldbeutel!

Wo ist der Gegenwert dieser netten Scheinchen, wenn Spanien bankrott ist???


Gruß
Chinaman

prof - Mittwoch, 21. Januar 2009 - 19:45
50 Postings an einem Tag, ist das schon der Rekord?

@china: "Dir fehlen die elementarsten Grundlagen ..."! Das ist doch nicht unser Stil.

Zum Thema:
1.) Natürlich würden/werden die spanischen Euro-Scheinchen weiter gültig bleiben. Ich schätze mal, das sind 30 Milliarden Euro, pro EWU-Bürger 50 €, das wäre verkraftbar. Da haben wir ganz andere Inflationstreiber.

2.) Spanien wird NICHT pleite gehen, NIEMAND wird pleite gehen. Die EZB wird butterweich werden, genau wie die Stabilitätskriterien auf einmal egal sind.
Politiker gehen immer den Weg des geringsten Widerstandes: Inflation und europaweite Sozialisierung der spanischen Misswirtschaft lässt sich leichter verkaufen als meuternde Massen in Spanien und anderswo. Millionen (temperamentvolle) Spanier ständen dann tatsächlich ohne Altersvorsorge da. Das sind nicht nur drei brennende Autos in Madrid und Barcelona. Wie wäre es z.B. mit einer Blockade der Straße von Gibraltar! Da doch lieber eine gezwungen lächelnde Kanzlerin und ein verkniffen guckender Steinbrück. Den habe ich eh noch nie lächeln sehen!

Herzlichen Glückwunsch an stw zu TT und Schlott, die Maschinchen könnten bald gebraucht werden ...
Prof

stw - Mittwoch, 21. Januar 2009 - 22:16
Gerade Schlott ist tatsächlich sehr interessant und zeigt relative Stärke. Aber das diskutieren wir lieber im anderen Thread... ich denke auch wenn Eure Weltuntergangsszenarien eintreffen, können wir mit den richtigen Aktien im Depot zu den Gewinnern der Krise gehören. ICh gehe jedenfalls ab sofort wieder auf Schnäppchensuche.

:-) stw

chinaman - Mittwoch, 21. Januar 2009 - 22:46
"NIEMAND wird pleite gehen"

Niemand wird JETZT pleite gehen aber in ca. 10 Jahren werden ALLE pleite gehen ...


Gruß
Chinaman

blindeshuhn - Donnerstag, 22. Januar 2009 - 00:03
irgendwie komme ich da bei all den untergangsszenarien nicht mit. wenn überhaupt eine inflation kommt! im moment hat keiner geld. und im falle einer inflation ist ja ein börsenforum der richtige ort, schließlich steigen dann die kurse ;-)
schulden sind so eine sache - manchmal werden sie auf der staatsebende dann eben einfach nicht mehr bezahlt; das kam schon öfter vor und wird schuldenerlass genannt.
auch mal nicht vergessen -> leitzinserhöhungen sind überhaupt kein problem, im moment ist das problem eher, dass nirgends geld ankommt und der zins schon bei fast null liegt.
so von wegen inflation, staat pleite, chaos und ähnlichem -> italien ist gar kein so übles land, und die leben eigentlich permanent am abgrund...
allerdings scheint sich ja die weltuntergangsstimmung zumindest bei prof in einer äusserst gelungenen anlagestrategie niederzuschlagen.. also vielleicht stell ich mich mal mental auch auf einen sack zahngold+schrotflinte ein; eventuell fahr ich dann auch wieder gewinne an der börse ein...

chinaman - Donnerstag, 22. Januar 2009 - 06:11
Im Moment haben wir eindeutig noch Deflation und keine Inflation.

Da Du richtig schreibst, dass es schon öfter vorkam, dass Staaten ihre Schulden dank einer Währungsreform nicht mehr bezahlt haben, ist es ja auch kein Untergangsszenario.

Schliesslich ist die Welt ja dabei noch nie untergegangen.

Untergegangen sind dagegen schon viele Menschen. Menschen, bei denen die Ersparnisse eines Lebens bspw. nur noch für ein Straßenbahnticket reichten. Da hat man dann halt mal aus Frust den Kopf in den Gasofen gesteckt.


Gruß
Chinaman

prof - Donnerstag, 22. Januar 2009 - 08:27
Ich führe die Diskussion in einem speziellen Thread zum Euro weiter!
Prof

chinaman - Dienstag, 3. März 2009 - 21:06
Noch mehr Gründe für eine Deflation

Leider finden sich zurzeit noch mehr Gründe als bereits in der letzten Woche dargestellt, die für eine Deflation sprechen, denn die neuesten Nachrichten stimmen wenig hoffnungsfroh:
Aufs Jahr hochgerechnet stiegen die Ersparnisse der US-Bürger im Januar auf 545,5 Mrd. Dollar an. Das ist mal eben das höchste Niveau seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 1959!

Wenn natürlich nun die US-Bürger aus Sorge vor Arbeitslosigkeit, zur Schuldentilgung, oder sonstigen Gründen anfangen, Geld zu horten, wird dieses Geld sozusagen aus dem Kreislauf entzogen. Das gilt natürlich auch für den Fall, dass das Geld nicht in Omas Sparstrumpf oder unter dem Kopfkissen landet, sondern auf Bankkonten verbleibt. Die Banken könnten dieses Geld zwar wiederum zur Kreditvergabe nutzen, doch gerade die Kreditvergabe ist in den USA zurzeit mehr als eingeschränkt. Aus diesem Grund kommt nun ein weiterer Faktor hinzu: Nicht nur, dass die Löcher im Finanzsumpf der US-Finanzzombies (Banken, Versicherungen, etc.) Geld „verschlucken“, nicht nur, dass die angeschlagene Kreditvergabe die Ausweitung der Geldmenge erschwert, jetzt entziehen auch noch die Konsumenten Geld aus dem Geldkreislauf. Und auf die US-Konsumenten konnte man sich ansonsten immer verlassen.

Wenn wir schon dabei sind....

Einen gewichtigen Punkt, über den dabei fast niemand spricht, sollte man in diesem Zusammenhang auch noch erwähnen: Die niedrigen Zinsen in den USA gehören, wenn sie über die Kreditvergabe nicht zu einer massiven Ausweitung der Geldmenge führen, sogar auch zu den deflationsfördernden Faktoren. Denn diese niedrigen Zinsen führen dazu, dass Geld keine/kaum Rendite mehr erwirtschaftet. Und hier geht es nicht um Kleckerbeträge. Das bedeutet: Weder auf den Aktien- noch auf den Immobilienmärkte und jetzt auch nicht mehr bei den „festverzinslichen“ Anlagen wirft Vermögen Rendite ab. Nicht nur, dass diese Rendite dem US-Konsum fehlt und somit auch die Preisbildung belastet, mangels Vermögenszuwachs durch Verzinsung müssen die Bürger nun eben noch mehr auf die hohe Kante legen. Diese Negativspirale aus niedrigen Zinsen, ansteigender Sparquote, fehlendem Konsum und damit anhaltender Deflation belastet Japan noch bis heute.

Wenn man diese Faktoren zu den in der letzten Woche genannten Umstände hinzufügt, wird immer deutlicher, wie stark die deflationären Tendenzen zurzeit bereits sind. Dem setzt die US-Regierung, wie in der letzten Woche geschildert, massive inflationsfördernde Maßnahmen entgegen. Ob das ausreicht, ist noch nicht entschieden.

Die Börse scheint sich für Deflation zu entscheiden

Wenn man sich mit diesem Wissen im Hinterkopf die aktuelle Entwicklung an den US-Märkten anschaut, dann muss man das Unterschreiten der Tiefs aus den Jahren 2003/2004 als Hinweis werten, dass die Börse immer mehr die Hoffnung auf eine baldige Inflation aufgibt. Der Markt scheint so langsam immer mehr damit zu rechnen, dass die Fed den Kampf gegen die Deflation erst einmal verlieren wird. Und das ist das eigentlich Interessante an der aktuellen Kursentwicklung im S&P500. Trotzdem ist die Entscheidung über Inflation oder Deflation noch nicht gefallen

Quelle: Jochen Steffens

prof - Dienstag, 30. Oktober 2018 - 19:06
Es könnte sich etwas zusammenbrauen:
- die (offizielle) Inflation in Deutschland ist mit 2,5% auf Zehnjahreshoch
- die Arbeitslosenquote auf Rekordtief

Sicher spielen bei der Inflationsrate auch die stark gestiegenen Energiekosten von 8,9% eine Rolle. Auch einige landwirtschaftliche Produkte sind infolge der Dürre teurer. Die Verarbeiter und Verkäufer der Produkte langen auch ordentlich zu: Wenn Getreide um 15% steigt, muss ja nicht zwangsläufig das Brot und das Bier um 15% zulegen, da auch viele andere Komponenten in das Endprodukt einfließen. Aber eine Preiserhöhung lässt sich so gut "verkaufen" und so läuft das derzeit.

Fakt scheint zu sein, das der Fachkräftemarkt leergefegt ist, und zwar von den einfachsten Berufen bis zu den Spitzenkräften. Solch ein Problem kann meiner Meinung nach kurzfristig nur über eine Lohn/Preisspirale gelöst werden. Gerade im Dienstleistungsbereich(Gastronomie), wo der Mensch zählt, will der Kunde auch einen Menschen sehen. Ein Elektriker lässt sich auch nicht ohne Weiteres ersetzen.
Natürlich setzt McDonalds auf Automatenbestellung und in 20 Jahren fährt vielleicht auch das Taxi autonom. Aber was passiert bis dahin?

Die Schulen bringen auch immer weniger belastbare Schüler, die als Lehrling oder Student ihren Mann stehen, hervor. Die Babyboomer werden immer älter, die Zahl der EU-Rentner sollte in den kommenden Jahren zunehmen und in wenigen Jahren gehen sie eh in Rente. Das sind Millionen qualifizierte Arbeitskräfte.

Ich sehe also eine Inflation aufgrund des Kampfes um die besten Köpfe und Hände aufziehen. Die Frage ist, wie die EZB darauf reagiert bzw. reagieren kann.
Wenn die Negativverzinsung für den Menschen zu sichtbar wird, müsste er ja hemmungslos kaufen? Aber die EZB hat auch keinen Spielraum für Zinserhöhungen, das wird spannend aber leider nicht nur das!

levdul1 - Mittwoch, 31. Oktober 2018 - 09:04
Ich bin da voll bei dir.

Auch in den USA zieht die Inflation auf mittlerweile fast 3 % an und es herrscht quasi Vollbeschäftigung. Die FED tut das was sie tun muss: sie erhöht moderat die Zinsen. Auch das ist gefährlich genug für die Aktienmärkte.

Europa hat es da nicht so einfach und man sieht nun ganz deutlich, dass wir keine homogener Wirtschaftsraum sind. Wenn die Zinsen hier deutlich steigen, wird Italien Probleme bekommen.

Die Gemengelage sieht nicht gut aus. Dirk Müller sagt dazu: Alle Zutaten für einen perfekten Sturm sind angerührt.

al_sting - Samstag, 4. Januar 2020 - 14:29
Interessanter Artikel zu Zinsen

"Geldpolitik : Warum die Zinsen wirklich so niedrig sind"
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/geldpolitik-warum-die-zinsen-wirklich-so-niedrig-sind-16531846.html

levdul1 - Samstag, 4. Januar 2020 - 15:32
Ich habe irgendwann das Lesen des Artikels abgebrochen. Ich habe ganz stark das Gefühl, dass mir da jemand die Niedrigzinsen als etwas Vernünftiges verkaufen möchte.

Meines Erachtens sind die Niedrigzinsen dazu da, die weltweite Schuldenexpansion so lange wie möglich ohne Konsequenzen aufrecht zu erhalten. Ohne Schuldenschnitte wird es wohl auch keine höheren Zinsen mehr geben.
Mit den niedrigen Zinsen kann sich auch der schlechteste Schuldner bequem refinanzieren. Ohne diesen Zustand würde es wohl um Italien, Griechenland und Japan schlecht aussehen.

Das mag kurzfristig für etwas weniger Schmerz gut sein, langfristig werden sich die Ineffiziensen aber bemerkbar machen.

al_sting - Samstag, 4. Januar 2020 - 17:41
Ich bin mir auch unschlüssig, ob und wie groß die reale Wirkung der hier angeführten zinssenkenden Aspekte wirklich ist. Aber ich denke, es ist nicht verkehrt, diese mal gelesen und bedacht zu haben.

Ich habe hier jedenfalls erstmals eine ruhige Argumentation gelesen, die die weltweiten Niedrigzinsen mit logische Mechanismen und Marktkräften zu erklären versucht.

levdul1 - Sonntag, 5. Januar 2020 - 17:15
Negativzinsen widersprechen der Theorie vom Urzins, welche die Opportunitätskosten des Geldes beschreibt. Diese entstehen aus der Natur des menschlichen Denkens (lieber einen Spatz in der Hand ...). Bei Negativzinsen kehrt sich diese Gedankenwelt um. Es wäre eigentlich besser, wenn man statt heute erst in 10 Jahren sein Geld für was auch immer bekommen würde.

Es gibt mittlerweile weitergehende Ansätze wie Helikoptergeld etc, welche uns die derzeitige Lage schmackhaft machen soll.
Der Zins unterscheidet faul und fleissig. Wenn das diesmal anders sein sollte ... na, dann bin ich sehr gespannt.

Für uns als Aktioenanleger sind Negativzinsen super, weil das Geld vermehrt in Aktien fliesst. Für den Großteil der Bevölkerung ist es die oft zitierte schleichende Enteignung. Da sind wir wieder bei der Schere zwischen arm und reich und somit bei der Politik. Ich höre hier lieber auf.

prof - Sonntag, 5. Januar 2020 - 18:44
Es muss halt im Finanzsystem mal wieder richtig krachen, so wie das immer mal wieder der Fall war. Dann werden die Scherben zusammengekehrt und es geht wieder ein paar Jahre gut, bis die Leute die Lehren vergessen haben.

Wobei:
- Der Euro dürfte schwerstens leiden, da hier nationale Interessen das zu kleine Tischtuch in alle Ecken ziehen wollen, bis es zerreißt.
- Der Dollar hat es immerhin auf mehr als 200 Jahre gebracht und selbst ohne Golddeckung schon auf 56 Jahre.

Die Frage ist also, ob es alle Währungen in den Strudel zieht, oder ob beispielsweise US$ und CHF vom gröbsten verschont bleiben und sich somit als Fluchtburgen etablieren und somit sogar profitieren können.

levdul1 - Sonntag, 5. Januar 2020 - 19:07
Die Frage ist, was bei bestehenden Null- bzw. Minuszinsen der Auslöser sein wird ? Das System kann noch eine ganze Weile gut funktionieren.

Wenn irgendwann niemand mehr bereit ist noch höhere Preise für Aktien, Gold und Immobilien zu bezahlen, dann kann es kritisch werden. Steigt dann endlich die Konsumentenpreisinflation ?

Ich glaube, da sind wir noch nicht.

Siehst du andere Ausfallszenarien für den Euro ?

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