Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Zukunftstechnologien / Zukunftsprodukte / Zukunftsrohstoffe: Archivierte Beiträge bis 3. April 2019
hoyke - Mittwoch, 13. August 2014 - 08:15
Es ist sicher interessant, Technolgien und Trends frühzeitig zu erkennen, die dabei sind die gesellschaftliche und wirtschaftliche Zukunft zu dominieren.....

Auto / Flugzeug / Elektrizität / Telefonie /
Computer / Mobilfunk .... wären Beispielbereiche, die es uns in der Vergangenheit gezeigt haben.


Hier rechtzeitig auf das richtige Pferd zu setzen ist so schwierig und riskant wie ggf. äußerst erfolgreich...

Es wäre schön, wenn hier eine Sammlung von uns sichtbaren erfolgsverspechenden Technolgien entstünde. Dabei muss es nicht einmal so ein Megatrend sein, sondern auch mögliche marktdomierende Nischentechnologien wären interessant.... und sei es, rechtzeitig eine Firma zu benennen, die das ultimative Mittel gegen Glatzenbildung hat.

Daran könnte sich die Diskussion um Firmen ergeben, die an der Entwicklung solcher Trends Geld verdienen würden.

hoyke - Mittwoch, 13. August 2014 - 08:27
Beispiele:
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Nanotechnolgie --

schon etwas überholt, aber für mich nicht so präsent....
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Rohstoff "Seltene Erden" --

Stichwort LiIonen Akku- schon oft vernommen, aber für viele noch nicht so präsent....

Beispiel AG : Western Lithium - hat sich in einem Jahr seit 2013 im Kurswert verfünffacht... habe ich aus Höhenangst bei Verdreifachung aus dem Depot genommen....

http://www.ariva.de/western_lithium_usa-aktie/chart?boerse_id=5&t=all
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Kraftstoff aus Algen--

finde ich hochinteressant, da extrem nachhaltig und effektiv - steckt noch in der Kinderschuhen- suche noch nach Firmen, die hier dran sind....

http://www.handelsblatt.com/technologie/energie-umwelt/energie-technik/kerosin-der-zukunft-pack-die-alge-in-den-tank/10239222.html

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hoyke - Mittwoch, 13. August 2014 - 08:54
Ich zitiere hier einen Satz von Prof, der bei Solartechnologie geschrieben wurde und hier sicher passend wäre:

"Die Frage ist doch aber, ob man dann nicht lieber gleich ins Casino gehen kann. Da sieht man wenigstens noch ein paar gut gekleidete Damen in Begleitung älterer Herren."

huitzilopochtli - Mittwoch, 13. August 2014 - 09:05
Das Problem ist nur, dass du nicht nur die bahnbrechende Technologie identifizieren müsstest, sondern auch die Unternehmen welche sich durchsetzten werden. Und das ist sehr, sehr schwierig.

Buffett hat das mal in einem Vortrag sehr eindrucksvoll illustriert:
http://www.investorwords.com/tips/1428/warren-buffetts-tip-on-airline-and-car-industries.html

If you'd look at the 1930s, nobody could have predicted how much the automobile and airplane would transform the world. There were 2000 car companies, but now only 3 are left in the U.S. and they are barely hanging on. It was tremendous for society, but horrible for investors. Investors would have had to not only identify the right companies, but also identify the right time. The net wealth creation in airlines since Orville Wright has been next to zero.

al_sting - Mittwoch, 13. August 2014 - 10:51
Ich stimme huitzipochtli zu und sage es mal ganz böse und direkt: Die skizzierten Ideen und Themen gehören m.E. besser in das Kapitel "Giftpillen für value-Anleger".-
Ich sehe hier immer wieder Trends, die value investing zuwiderlaufen:
- Bei solchen Branchen, die ich gerne "Modebranchen" nenne, ist sehr viel Phantasie in die Kurse eingepreist. Weit mehr Phantasie, als jemals realisierbar ist. Keine Spur von einer "safety margin". Der Absturz aus den Phantasieträumen kann brutal sein, wie das Ende des Neuen Marktes zeigte.
- An Aktien solcher Unternehmen kommt man meist via IPO. Für Börsengänge wird eine Atmosphäre gewählt, in denen Börsianer bereit sind, allen Phantasien der gewerblichen und hoch professionellen Aktienverkäufer zu folgen.
- Modebranchen ziehen die Konkurrenz an wie ... die Fliegen. Hier ist viel Geld zu verdienen, aber noch viel mehr Interessenten bewerben sich darum. Daher gehen viele Unternehmen schnell wieder unter.

- Neue und unvorhersehbare Technologien sind Tummelplätze für Betrüger. Oftmals (Biotech) lässt sich selbst rückblickend für den Outsider kaum nachweisen, ob ein Scheitern schlicht Pech war oder ob die ganze Geschichte von Anfang nur an als raffinierte Abzocke aufgezogen war. Hier bietet sich also eine besonders gut geschärfte Sensorik für Ungereimtheiten an.

- Technologieumbrüche implizieren sich schnell ändernde Wettbewerbsbedingungen. Wer heute technologisch vorn ist, kann schon morgen überholt und bankrott sein.

Nichtsdestotrotz habe auch ich Unternehmen, die auf Zukunftsmärkte setzen und bei denen ich das Wachstumspotential honoriere, siehe fast alle meiner deutschen Aktien. Nach Möglichkeit sind das aber Unternehmen, die solide Geld verdienen und die zuvor bereits Krisen überlebt und erste Anlegerhoffnungen enttäuscht haben, so dass ihr Preis geerdet wurde, und die sich in ihrem Marktfeld eine solide Position erarbeitet haben, die zumindest ansatzweise einem "moat" entsprechen.

Von "early birds" würde ich strikt die Finger lassen, sofern ich die jeweilige Branche und ihre Chancen und Risiken nicht wirklich genau kenne.

stw - Mittwoch, 13. August 2014 - 22:21
Das meiste Geld wird bei solchen zukunftsträchtigen Unternehmen ohnehin vorbörslich gemacht. Wenn ein solches Unternehmen wirklich außergewöhnlich großes Potential hat, dann wird es mit VC- Geld aus USA finanziert und auch dort an die Boerse gebracht zu fuer uns unvorstellbaren Bewertungen. Ich bin ja nach dem Verkauf meines eigenen Unternehmens an ein Pre-IPO Unternehmen aus dem Silicon Valley da jetzt selbst involviert, fuer uns konservativ denkende Mitteleuropaeer ist das Vorgehen dort schlicht unglaublich. da werden einzelne Unternehmen mit so viel Geld finanziert wie der gesamte deutsche VC Markt insgesamt ausmacht.
Direkt nach dem IPO würde auch ich mich grundsätzlich fernhalten und erstmal 1-2 Jahre abwarten.

:-) stw

levdul1 - Freitag, 15. August 2014 - 17:28
Ich finde die Anregung von Hoyke trotzdem wichtig. Ich würde nur den Focus etwas verschieben: Unternehmen, welche geringe Margen haben und bei welchen in der Zukunft höhere Margen erwartet werden können. Ich glaube bei diesem Thema ist viel Musik drin.

hoyke - Samstag, 16. August 2014 - 11:18
Beispiel aus der nahen Vergangenheit:

Tesla-Motors - Verneunfachung in 2 Jahren....
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Dank auch besonders an die kritischen Beiträge.

Ich bin selbst ein äußerst gebranntes Kind in diesem Bereich, unterstelle aber der stw-Börse so etwas wie eine Minischwarmintelligenz, die einerseits Potentiale erkennt und andererseits bei Firmen Risiken zu nennen weiß. Mir selbst ist das Studium von Unternehmenszahlen und Geschäftsberichten oftmals zu verworren... da bin trotz Bemühen zu sehr Laie...

hoyke - Samstag, 16. August 2014 - 11:41
Beispiel aus der Gegenwart:

Das Natal-Projekt-- eine Methode, mit Computern durch einfache Bewegungen und der Stimme zu kommunizieren, als wäre man selbst im PC.

Dazu ein YouTube-Beispiel:
https://www.youtube.com/watch?v=g_txF7iETX0

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Vorherrschende Firma- und das macht es interessant - ist MicroSoft.... alles andere als ein StartUp..

Die Frage ist natürlich, welchen relativen Anteil Gewinnmargen bei Msft durch dieses Projekt generiert werden können...

prof - Samstag, 16. August 2014 - 17:30
Wenn ich eine Aktie shorten möchte, obwohl der Chart gut aussieht, dann wäre es Tesla. Mit solch einem Produkt und permanenten Verlusten so einen Kursanstieg hinzulegen ist abgefahren.

Irgendwann sollte hier einmal die Ernüchterung kommen. Einziger Grund, nicht zu tun ist die Befürchtung, dass ein Konzern wie Daimler oder Toyota ein Übernahmeangebot abgibt. Daimler hat ja schon prima Erfahrungen mit Chrysler gemacht. ;-)
Ich werde den Chart sehr genau beobachten.
Prof

levdul1 - Samstag, 16. August 2014 - 19:14
Wenn die Börsen irgendwann wieder den Weg nach unten einschlagen, dann würde ich auch gerne mal dabei sein.

Ich habe dazu Tesla, Facebook und Twitter auf der Watchlist.

al_sting - Donnerstag, 5. Oktober 2017 - 12:16
Kritischer Artikel zu Tesla, ausgewählte Zitate:
"Nun ist klar – tatsächlich hat Tesla von seinem Hoffnungsträger, für den über eine halbe Million Vorbestellungen inklusive einer halben Milliarde Dollar Anzahlung vorliegen, von Juli bis Ende September gerade mal klägliche 260 Exemplare hergestellt, weniger als 20 Prozent der Zielvorgabe. Und damit den Begriff Firmenwagen neu definiert, denn alle ausgelieferten Fahrzeuge gingen an Mitarbeiter oder Musk nahestehende Personen.
[...]
Am Tag nach der Offenbarung ging die Tesla-Aktie nur kurz auf Talfahrt, um dann kräftig ins Plus zu drehen. „Jede Tesla-Schwäche ist eine ausgezeichnete Gelegenheit, um die Aktie zu kaufen“, tönt Trip Chowdhry, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Global Equities Research aus San Francisco. Er glaubt den Beteuerungen von Tesla, dass es „keine fundamentalen Problememit der Model-3-Produktion oder -Lieferkette gibt.“ Mehr noch: „Tesla baut eine neue Industrie“.
[...]
Tesla könnte das größte börsennotierte Unternehmen der Geschichte sein, dass weder positiven Cash Flow noch einen jährlichen Profit hervorgebracht hat“, warnt Toni Sacconaghi von der Investmentbank Sanford C. Bernstein, einer der angesehensten Technologie-Analysten der USA. Seit Gründung hat Tesla laut seinem Berechnungen fast zehn Milliarden Dollar verbrannt.[...]"
http://www.wiwo.de/unternehmen/auto/tesla-elon-musks-aura-ueberstrahlt-selbst-hiobsbotschaften/20411812.html

10 Mrd $ verbrennen, ohne Aussicht auf Besserung - eine der vielen fragwürdigen Folgen des billigen Geldes?

prof - Donnerstag, 5. Oktober 2017 - 12:35
Die Frage ist: Können die überhaupt Autos in Serie bauen oder sind es nur Vermarktungsexperten?

stw - Donnerstag, 5. Oktober 2017 - 15:57
Wir haben tatsächlich keinen Tesla-Thread... ist ja auch eigentlich Zeitverschwendung. Ich denke wir sind uns hier alle einig, dass dies höchstens ein Short-Kandidat wäre (wenn ich nicht grundsätzlich keine Aktien leerverkaufen würde ;-)

Ich liebe die Tesla-Produkte (habe mir selbst einen Tesla 3 vorbestellt), aber die Aktien sind ein NoGo zu dieser Bewertung. Das sage ich als begeisterungsfähiger High-Tech-Investor, obwohl ich mittlerweile durch meine Silicon-Valley-Erfahrung sicherlich gelernt habe, einiges an Zukunftsphantasie einzupreisen. Siehe dazu auch mein Artikel zur Porsche Holding https://www.high-tech-investing.de/single-post/2017/07/07/Porsche-SE-High-Tech-Investing-auch-f%C3%BCr-den-Value-Investor

:-) stw

covacoro - Samstag, 25. August 2018 - 19:01
Passt vielleicht am besten hier her:
TV-Tip: Lithium - Das weiße Gold aus Bolivien

Sonntag, 26.08., 3sat, 19:10 Uhr

al_sting - Mittwoch, 3. April 2019 - 12:06
Ein spannendes Interview über Zukunftsentwicklungen mit einem sehr intelligenten Menschen. Enthält für mich viele Denkanregungen.

"Paypal-Gründer und Philosoph Peter Thiel: «Die Köpfe im Silicon Valley haben sich gleichgeschaltet»
Er zählt zu den Pionieren des Digitalzeitalters. Er will den Tod abschaffen. Und er ist überzeugt: Die globale Wirtschaft stagniert seit Jahrzehnten. Im grossen Gespräch erklärt Peter Thiel, warum Donald Trump «viel zu wenig disruptiv» handelt."

http://www.nzz.ch/feuilleton/peter-thiel-donald-trump-handelt-fuer-mich-zu-wenig-disruptiv-ld.1471818

al_sting - Mittwoch, 3. April 2019 - 13:37
Ich habe mir aus dem Interview ein paar persönliche Highligts herausgepickt - ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Quote:

Silicon Valley ist mittlerweile mehr Mode als Gelegenheit. Wenn der eine tut, was der andere tut, und der eine kaufen will, was der andere gerade gekauft hat, wenn also diese Art der Goldgräberstimmung herrscht, dann wissen Sie, dass die beste Zeit eines Orts vorbei ist. Alle diese Phänomene wurden im Silicon Valley in den letzten fünf Jahren sichtbar. Nicht mehr in erster Linie die guten, sondern die gierigen Leute kommen. Und die Leute, die da leben, haben längst begriffen, dass etwas nicht stimmt.
Wie das?
Es gibt dafür einen einfachen Indikator: Wenn eine Einzimmerwohnung 4000 Dollar Miete kostet, dann ist etwas faul im Staate. Dann wird kreative Arbeit zu teuer, dann kannst du Dinge, die Zeit brauchen, nicht mehr durchziehen. Im Vordergrund steht dann der schnelle Profit. Und es dominieren die grossen Firmen mit Preissetzungsmacht, die sich solche Verhältnisse leisten können.


Überzeugendes Argument.

Quote:

Ein kleines Team braucht Intensität, um erfolgreich zu sein. Und so ticke ich, stimmt. Anderseits hat Intensität auch eine problematische Seite – dann nämlich, wenn es um die Intensität des grossen Wettbewerbs geht. Erstere ist gesund und spornt dich an, Letztere ist ungesund und macht dich auf die Dauer kaputt. Silicon Valley erinnert mich heute an Manhattan, Stanford immer mehr an Harvard. Du hast allenfalls Dichtestress, aber keinen produktiven Stress mehr.


Intelligente Unterscheidung.

Quote:

Berlin muss sich ernsthaft fragen – will es ein Ort sein, wohin junge, ambitionierte Leute gehen, um etwas zu bewegen, oder will es ein Ort sein, wohin junge Leute ziehen, um bereits in frühen Jahren in Rente zu gehen? Beides geht nicht.


Interessanter, passender Gedanke.

Quote:

Wie sehen Sie die Startup-Szene der Schweiz? Da bewegt sich in der Tat einiges, mitunter in Zürich, dank ETH-Abgängern.
Die Schweiz scheint mir interessanter für das, was ich Hardtech nenne – also Business ausserhalb der reinen Internet-Dienstleistungen, vor allem im Biotech-Bereich. Es braucht oftmals mehr Kapital und Einsatz, um diese Ideen zum Fliegen zu bringen. Sie brauchen Leute, die in Wissenschaft und Umsetzung, in Kreation und Business herausragend sind. Mir scheint, die Schweiz sei Pflaster, das einen zweiten Blick verdient – gerade für diese Kombination.


Ich denke, die Deutschen ticken recht ähnlich wie die Schweizer. Die Stärken von vielen der deutschsprachigen "Hidden Champions" könnten in die "Hardtech"-Schublade spassen.

Quote:

Die existierenden Internet-Firmen werden weiter wachsen, keine Frage, aber ich fürchte, die wirklich guten, wirklich disruptiven Ideen sind weitgehend ausgeschöpft. Und was Hardtech angeht, nun, da stehen wir meiner Ansicht nach erst ganz am Anfang.


Interessante Prognose.

Quote:

Das Internet brachte nicht die grosse Harmonie auf Erden, sondern funktionierte eher wie eine Fortsetzung des Gutenberg-Projekts. All jene, deren Haltungen und Ansichten in den etablierten Medien unterdrückt wurden oder jedenfalls nicht vorkamen, verschafften sich nun plötzlich Gehör; es war nicht für, sondern gegen das Establishment. Nach der Erfindung des Buchdrucks wimmelte es plötzlich von protestantischen Schriften, die gegen die katholische Orthodoxie anschrieben, und im Netz gab es eben irgendwann ein Übergewicht konservativer Ansichten, die sich gegen den linksliberalen Mainstream richteten. Nur so sind der Brexit und der Aufstieg Donald Trumps erklärbar.


Habe ich noch nie so betrachtet, klingt aber absolut schlüssig.

Quote:

Was ich sagen kann, ist dies: Auch die technologische Geschichte verläuft nicht linear, sondern eher in Pendelbewegung. Deshalb gehe ich davon aus, dass der totalitäre, technologisch aufgerüstete Überwachungsstaat nicht der Endzustand ist. Wir wollen keinen Social-Credit-Score wie in China. Wir wollen uns nicht nackt ausziehen. Es gibt ein Leben nach Google. Das Pendel schlägt zurück. Die Privatheit ist nicht vorbei, sie wird als hoher Wert wiederentdeckt werden, weil die Leute dieses Bedürfnis haben und die Politik es aufnimmt – und es wird technische Lösungen geben, um sie im digitalen Zeitalter zu schützen, siehe Blockchain-Technologie.


Eine schöne Einordnung.

Quote:

Ich vertraue dem Common Sense in dieser Frage mehr als der Meinung der Experten. Wenn Sie 100 Leute fragen, ob es ihre Kinder dereinst besser haben als sie, werden 80 antworten: nein, nie im Leben. Und dann wissen Sie, dass etwas nicht stimmen kann an den Zahlen. Das sind ja keine blossen Einbildungen, das ist die Erkenntnis aus täglicher, harter Erfahrung. Zahlen hingegen lassen sich frisieren.


Kann ich so unterschreiben.

Quote:

Marx war ein kluger Ökonom. Sein historischer Materialismus war Blödsinn, aber er machte interessante Beobachtungen. Für ihn gab es die bösen Kapitalisten, die die Produktivkräfte besitzen, und die Proletarier, die bloss ihre Arbeitskraft besitzen. Nun gut. Der bemerkenswerte Punkt ist, dass er irgendwo sinngemäss sagte: Wenn die Zinsen gegen null tendieren, dann ist es Zeit für die kommunistische Revolution. Denn dann haben die Kapitalisten keine Ideen mehr, wie sie ihr Geld produktiv anlegen können. Und hier rühren wir an eine ganz fundamentale Frage, die uns alle betrifft: Kann eine Demokratie nach westlichem Vorbild in einer Welt ohne ökonomisches Wachstum auf Dauer überhaupt funktionieren?


Starker Kommentar zur aktuellen Nullzinspolitik der westlichen Welt.

Quote:

Solange der Kuchen wächst, gibt es mehr für alle, wenn auch für die einen noch mehr als für die anderen. Wenn der Kuchen nicht mehr wächst, ändern sich die Spielregeln: Was die einen mehr bekommen, erhalten die anderen weniger. Diese Entwicklung birgt unheimliches Konfliktpotenzial.
[...]
Die Alten und die Jungen stehen sich immer unversöhnlicher gegenüber, und die Alten sind in der Mehrzahl. Der ganze Westen steht ohne Zweifel vor grossen politischen Umwälzungen, wenn die Stagnation länger anhält. Und der amerikanische Präsident hat genau dies begriffen. Er arbeitet daran, die Produktivkräfte in den USA neu zu entfesseln, wie es einst Ronald Reagan tat. Er dereguliert die Wirtschaft, er senkt die Steuern und erhöht zugleich die Staatsverschuldung, um zusätzliches Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Da ist er den meisten europäischen Leadern voraus, die von einer Post-Wachstum-Ökonomie fabulieren und im Ernst glauben, sie könnten die demokratischen Institutionen ohne wirtschaftliches Wachstum erhalten. Vergiss es, das sind Hirngespinste.


Interessanter Standpunkt.

Quote:

Die egalitäre Gesellschaft ist aus Sicht der mimetischen Theorie absolut toxisch. Denn wenn sich jeder mit jedem vergleicht, nimmt die Rivalität zu, folglich auch der Neid und also das gesamtgesellschaftliche Konfliktpotenzial. Zugleich haben wir uns jedoch moralisch weiterentwickelt. Wir leben die Rivalität nicht offen aus, sondern haben Spielregeln definiert, um die Energien zu kanalisieren. Neid und Moral halten sich irgendwie die Waage – denn täten sie es nicht, würden wir uns längst die Köpfe einschlagen.
Girard hält eine schöne Pointe für jene bereit, die sich den totalen Egalitarismus auf die Fahnen geschrieben haben: Die egalitäre Gesellschaft beseitigt die Konflikte nicht, sondern intensiviert sie sogar.
Daran kann vernünftigerweise kein Zweifel bestehen. Zugleich ist es äusserst schwierig, gegen mehr Gleichheit zu argumentieren – sollte dies ein Politiker je offen tun, wäre das politischer Selbstmord.


Habe ich so noch nie gesehen, hat aber einiges für sich.

Quote:

Die Stagnation hat in den 1970er Jahren begonnen. Die Linke vollführte damals einen radikalen Wechsel, ohne sich dessen wirklich bewusst zu sein: Ökonomie wurde durch Kultur verdrängt, es ging nicht mehr um soziale, sondern um kulturelle Unterschiede. Die Linken haben seither jeden ökonomischen Sachverstand eingebüsst, sie sind auf die Stufe von Kindern regrediert. Der langsame Niedergang der Sozialdemokraten begann damals, die Zeit der Grünen brach an, also die Zeit der linken Paternalisten, die anderen sagen, wie sie gute Menschen sein können und gut zu leben haben. Wenn wir verstehen wollen, was heute geschieht, müssen wir zurück in die 1970er Jahre, davon bin ich zutiefst überzeugt.


Das Timing ist für mich neu für mich, die Problematik sehe ich aber auch. Heißt für mich, dass linke Parteien (in Deutschland SPD und Linke) sich unbedingt wieder stärker auf linke Sozial- und Wirtschaftspolitik konzentrieren müssen.

prof - Mittwoch, 3. April 2019 - 13:50
Sehr viel Zustimmung meinerseits, aber mich wundert, dass Du bei der folgenden Aussage so ruhig bleibst: Bist Du nicht wie ich von der Gefahr des Überwachungsstaates überzeugt? Meiner Meinung nach ist es dann zu spät, denn wer (also auch welcher Staat) gibt freiwillig Macht wieder her?

Was ich sagen kann, ist dies: Auch die technologische Geschichte verläuft nicht linear, sondern eher in Pendelbewegung. Deshalb gehe ich davon aus, dass der totalitäre, technologisch aufgerüstete Überwachungsstaat nicht der Endzustand ist. Wir wollen keinen Social-Credit-Score wie in China. Wir wollen uns nicht nackt ausziehen. Es gibt ein Leben nach Google. Das Pendel schlägt zurück. Die Privatheit ist nicht vorbei, sie wird als hoher Wert wiederentdeckt werden, weil die Leute dieses Bedürfnis haben und die Politik es aufnimmt – und es wird technische Lösungen geben, um sie im digitalen Zeitalter zu schützen, siehe Blockchain-Technologie.

levdul1 - Mittwoch, 3. April 2019 - 16:31
Sehr interessant.

Ich habe irgendwann aufgehört den Spiegel zu lesen, weil ich es nicht ertragen konnte. Als Alternative bin ich dann auch auf die NZZ gekommen.

al_sting - Mittwoch, 3. April 2019 - 18:48
JA, vom Spiegel bin ich auch weitgehend weg.
Ich lese gerne in FAZ und TAZ rein, und sporadisch schaue ich in die NZZ.

@Prof: Ich sehe das Risiko einer digitalen Überwachung. Aber ich sehe auch die Grenzen eines digitalen Systems, mit genug Wille findet die menschliche Kreativität oft andere Wege. Siehe auch die Beispiele krimineller Kreativität bei Amazon, die covacoro heute verlinkt hat.
Und ich stimme Thiel explizit bei der Wellenbewegung menschlicher Moden zu, das erlebe ich so oft.
Insofern: Die Gefahr besteht, die Gefahr wurde erkannt, also sehe ich gute Chancen auf Überwindung.

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