Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Tendenz Deutschland: Archivierte Beiträge bis 19. Mai 2010
prof - Dienstag, 4. Mai 2010 - 16:09
... womit wir wieder beim Euro-Experiment wären. Der Griechenland Bailout ist nun mal ein einschneidendes Ereignis historischer Tragweite. Damit ist eine (Hyper)Inflation vorprogrammiert.

Auch wenn eine Hyperinflation aufgrund der Verschuldungsproblematik in fast allen Staaten schon seit Jahren absehbar ist, werden viele überrascht sein, wenn sie dann plötzlich kommt.

Natürlich sind dann Sachwerte (Aktien, Immobilien, Edelmetalle) allemal besser als wertlose Staatsanleihen.
Prof

al_sting - Dienstag, 4. Mai 2010 - 16:26
Hallo Chinaman,

Schön und gut, aber hier muss ich dir energisch widersprechen: Weder hat Gold einen inneren Wert noch lässt sich daraus ein neuer Wert schöpfen. Ich kann es weder essen noch heizen noch damit in Größenordnungen Gebäude errichten oder darauf Getreide oder Obst und Gemüse anpflanzen etc. pp. Der Bedarf an Gold für industrielle Anwendungen hält sich eher in Grenzen. Damit unterscheidet es sich massiv von Grund und Boden, Landwirtschaft, Industrie und nahezu allen anderen Rohstoffen.

Es ist ganz genauso wie Papiergeld nur ein kulturell akzeptiertes Tauschobjekt, dem die Tauschpartner derzeit einen gewissen Wert zugebilligen und welches sich zugegeben zu besonders schönem Schmuck verarbeiten lässt.

Ich will mit diesen Worten einfach davor warnen, blind in eine Goldblase hineinzulaufen. Sofern eine Vielzahl von Marktteilnehmer ihre Einstellung zu Gold ändern, könnte der Handelswert auch ins Bodenlose fallen - es hat keinen inneren Wert. Natürlich kann der Tauchwert zuvor auch noch viel weiter ansteigen.

Zugegeben, durch die lange kulturelle Tradition als besonders wertvolles und schönes Mineral und die natürliche Begrenztheit (wenn auch auf recht hohem Niveau) ist hier die Gefahr einer kompletten Entwertung geringer als bei dem recht jungen, im Notfall unlimitierten und damit im Zweifelsfall evt. weniger Vertrauen einflößenden Papiergeld. Aber de facto ist es nichts anderes als eine Tauschwährung, ganz wie Geld.

PS: Ich habe in der Aufzählung von heute morgen Anleihen vergessen. Aber diese dürften auch eher weniger populär geworden sein.

chinaman - Dienstag, 4. Mai 2010 - 16:57
"Es ist ganz genauso wie Papiergeld nur ein kulturell akzeptiertes Tauschobjekt"

Stimmt. Aber mit einem ganz ganz wesentlichen Unterschied. Gold blieb als akzeptiertes Tauschobjekt in der Geschichte unverändert, während sich eine Papierwährung an die andere reihte. Bis diese Papierwährung eben wieder Ihren inneren Wert Null erreicht.

In diesen immer wieder kehrenden Währungsreformen haben die Edelmetalle sich immer wieder als hervorragendes Wertaufbewahrungsmittel bewährt.

Edelmetalle sind und bleiben daher die Krisenvorsorge schlechthin. Der Wert schwankt, abert nie werden Edelmetalle wertlos.

chinaman - Dienstag, 4. Mai 2010 - 17:00
"Ich habe in der Aufzählung von heute morgen Anleihen vergessen. Aber diese dürften auch eher weniger populär geworden sein. "

Besorge Dir einfach mal Zahlen über die weltweite Marktkapitalisierung aller Anleihen und vergleiche diese mit den Aktienmarkten (und den Edelmetallvorräten).

Ich verspreche Dir ein Aha-Erlebnis erster Güte.

chinaman - Dienstag, 4. Mai 2010 - 18:52
Deutsche kauft… - griechische Anleihen!


Nun ist es also offiziell vollbracht. Griechenland ist gerettet (mal wieder). Ein Hoch auf die internationale Solidarität! In einer Kampagne des Handelsblatts tat sogar der eigentlich als "blanker Hans" bekannte ehemalige Bundesfinanzminister Eichel kund, dass er nun aus Solidarität zum ersten Mal in seinem Leben [sic!] Anleihen gekauft habe - und zwar griechische!

Deutsche kauft... griechische Anleihen!
Der Tenor des Artikels erinnert denn auch entfernt an vergangene Zeiten, als man den Deutschen unter Hinweis auf die völkische Solidarität ihr Einkaufsverhalten vorschreiben wollte, diesmal ist es halt das Investitionsverhalten und die europäische Solidarität. Schon erstaunlich, welche Blüten das Ganze inzwischen treibt. Dass die Aktion des Handelsblatts an Platt- und Plumpheit kaum zu überbieten ist - geschenkt! Interessant ist vielmehr etwas anderes: zwischen den Zeilen des Artikels liest man das Griechenland nur ein Ausrutscher war und mit der Hilfe der EU, des IWF, der EZB und der Einzelstaaten (allen voran Deutschlands) schnell wieder auf die Beine kommen wird und dann ist wirklich alles wieder im Lot... Unsinn!

Griechenland ist nur ein weiteres Glied der Ereigniskette, die mit dem Bankrott des Investmenthauses Lehmann Brothers ihren Anfang nahm und mit dem Zusammenbruch unseres Finanzsystems enden wird. Damals erkannte man, dass die Fallhöhe zu hoch geworden ist - seitdem steht unumstößlich fest, dass kein Unternehmen (ab einer gewissen Größe) und schon gar kein Staat fallen gelassen werden wird. Daran haben wir an dieser Stelle und auch in unserem Heft nie einen Zweifel gelassen, während im Mainstream immer diskutiert wurde, ob und wenn ja in welcher Höhe die Hilfen den kommen würden.

Die finale Katastrophe
Warum wir dies so klar postulieren konnten, verehrte Leserinnen und Leser, hat einen einfachen Grund: wir haben das richtige Handwerkszeug. Die Österreichische Schule der Nationalökonomie gibt uns ganz klar den Fahrplan der Krise an die Hand - wie gewisse technische Probleme dabei gelöst werden (ob die EZB die Schulden nun direkt monetarisiert, ob mit Bürgschaften gearbeitet wird oder wer welche zusätzliche Schuldenlast schultern muss) ist dabei zweitrangig.

Ludwig von Mises hat es einfach und klar formuliert:
"Es gibt keine Möglichkeit, den finalen Zusammenbruch eines Booms zu verhindern, der durch Kreditexpansion erzeugt wurde. Die einzige Alternative lautet: Entweder die Krise entsteht früher durch die freiwillige Beendigung einer Kreditexpansion - oder sie entsteht später als finale und totale Katastrophe für das betreffende Währungssystem"
(Nationalökonomie - Theorie des Handelns und Wirtschaftens. Wirtschaft und Finanzen.)

Quelle: Smart Investor

chinaman - Donnerstag, 6. Mai 2010 - 21:41
Das kleine Griechenland muss nun auch als Begründung für einen kleinen Crash herhalten

Griechen-Krise lässt US-Börsenkurse einbrechen

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,693483,00.html

Dieser Markt ist krank und verrückt. Falls jemand die heutigen 15 Minuten Moves über 200 Dax Punkte rauf und runter miterlebt hat, weiss er was ich meine ...

Fühle mich mit meiner Cashquote jedenfalls pudelwohl.

Was sagen die Charts, prof ?

prof - Donnerstag, 6. Mai 2010 - 21:49
Das ist die Strafe für den Bailout. Eine geordnete Insolvenz mit einer 40% Quote für die Gläubiger wäre viel Gescheiter gewesen und hätte die sogenannten Spekulanten wirklich getroffen!
Vor allem hätte Griechenland dann eine echte Chance auf einen Neuanfang.


Die 200-Tage Linie bei 5740 dürfte wohl durchbrochen sein. Ein bisschen Unterstützung gibt es im Bereich 5400 - 5600 Punkte.
Wir haben eine sehr unklare Gefechtslage.

Der Markt ist immer krank und verrückt!
Prof

chinaman - Freitag, 7. Mai 2010 - 04:37
"Der Markt ist immer krank und verrückt!"

Nee, nee. Das Griechen-Drama war doch schon längst bekannt. Damit kann man ohne echte News keinen Crash mehr auslösen.

Solche Bewegungen wie gestern können nur über die automatisierten Handelssysteme der Bankster zu Stande kommen. Kein Mensch kann das mauell traden. Zumal die Emittenten bei solchen Moves auch systematisch "Ausfälle" auf Ihren Systemen zu "beklagen" haben.

Diese Tendenzen sind für mich viel stärker wie früher. Für mich entwickelt sich Börse immer mehr zu einem Spiel mit gezinkten Karten.

Loslassen kann ich vom System Börse trotzdem nicht. Bin halt Börsenjunkie *Grins*

Jedenfalls muss ich noch ein paar Zusatzideen für mein Handelssystem entwickeln und habe dazu auch schon ein paar vage Ideen.

Jedenfalls konnte man auch auf unserer Plattform schön beobachten, wie man über steigende Kurse toll die Anlegerstimmung verändern kann.

chinaman - Freitag, 7. Mai 2010 - 04:45
"Das ist die Strafe für den Bailout. Eine geordnete Insolvenz mit einer 40% Quote für die Gläubiger wäre viel Gescheiter gewesen und hätte die sogenannten Spekulanten wirklich getroffen! "

Die "Spekulanten" waren auch hier zu einem großen Teil die Bankster. Deshalb sind die Staaten auch in das Risiko, weil die Hilfe für die Bankster sonst wieder versickert wäre.

Das größte Auslandsengagement von den Auslandsbanken in Griechenland kam von den Franzoseninstituten. Natürlich waren die "begeistert" , lieber den deutschen Michel für die Rettung Griechenlands mitblechen zu lassen, als vor allem die französischen Steuerzahler noch ein weiteres Mal für Ihre Bankster zur Kasse zu bitten.

Aber auch die deutschen Bankster waren "engagiert". Führend wohl mal wieder die HRE. Anscheinend mit Positionen die im Schwerpunkt im Jahr 2009 (nach der "Rettung") eingegangen wurden.

tk_boerseninfo - Freitag, 7. Mai 2010 - 07:38
Moin, moin,

es waren die Handelsysteme, die für diese extremen Bewegungen gesorgt haben. Doch habt Ihr Euch mal gefragt, was das für Auswirkungen haben wird?

Meines Erachtens gibt es 2 Szenarien:

1. Ab nächster Woche kehrt nach der Panikwelle wieder etwas mehr Ruhe in die Märkte und nach einer möglichen Seitwärtsbewegung tendieren die Finanzmärkte wieder freundlicher...

2. Oder die Märkte verfallen noch mehr in Angst und Schrecken. Erinnern wir uns an 2008, Jerome Kerviell. Diesen Tag werde ich auch nicht vergessen, an dem die Börsen fielen wie ein Stein. Was passiert nun? Wer hat gestern Verluste eingefahren? Wie hoch waren diese? Wie stark sind Banken, Hedgefonds betroffen?
Nach einer ersten starken Erholung könnten die Börsen erneut in Chaos verfallen...

Ich persönlich bin eher für das erste Szenario. Zumal der DAX-Future gestern mein Worst-Case-Szenario fast erreicht hat. Aber vielleicht ist es auch nur ein Wunschgedanke...

stw - Montag, 10. Mai 2010 - 14:19
Ich nutze die heutige technische Erholung (die für mich als Fundi nicht nachvollziehbar ist) um im Privatdepot LIquidität zu schaffen und vor allem die auf dem Höhepunkt der Finanzkrise gekauften Finanzwerte (CoBa, Dt.Bank, ING) mit schönem Gewinn zu verkaufen. ICh möchte nicht unken, aber ich kann mir vorstellen, dass ich die im Herbst wesentlich günstiger zurückkuafen kann... bin aktuell sehr pessimistisch.

:-) stw

chinaman - Montag, 10. Mai 2010 - 14:39
Schon erstaunlich, dass die Märkte den Übergang von der Währungsunion zur Transferunion so feieren. Abgesehen einmal von den Bankster - Aktien. Das die Ihren 2. Bailout feiern, ist logisch.

al_sting - Montag, 10. Mai 2010 - 23:35
So ganz wohl ist mir bei der Sache auch nicht.
Aber die Alternative gefiele mir ebenso nicht.

Ich sehe zwei Trends in sehr verschiedene Richtungen drängen.
Die Unternehmensdaten wie auch der Anlagenotstand sagen aufwärts, die Sorge um Euro und Staatsverschuldung sagen abwärts.

Es wird zumindest nicht langweilig. :-)

prof - Dienstag, 11. Mai 2010 - 00:34
Die Alternative wäre ein ehrliches Eingeständnis gewesen, dass Europa in den letzten 20 Jahren über seine Verhältnisse gelebt hat.
Mit entsprechenden Konsequenzen!

Da ist uns allen wohl doch lieber, wenn die Konsequenzen erst in einigen Jahren über uns kommen werden. (Vielleicht stirbt man ja vorher und die Anderen müssen es ausbaden)!
Aber die Einschnitte werden kommen, denn jede sogenannte Rettungsaktion schafft nicht einen "echten" Euro Mehrwert.

Fundamental ist der Fall für mich klar:
- Die Unternehmensdaten und der Anlagenotstand sagen aufwärts
- Die Sorge um Euro und Staatsverschuldung erzeugen Inflation und somit zumindest nominell ebenfalls steigende Aktienkurse.

Prof

chinaman - Dienstag, 11. Mai 2010 - 06:10
Die Alternative wären Verluste bei den Bankstern gewesen. Aber natürlich finanziert der deutsche Michel gerne durch Arbeit bis 67 die Pensionen der mit 50 frühverrenteten griechischen Beamten.

Guter Spiegel Artikel zum Thema:

Gefährliche Euro-Rettung

Willkommen in der Inflationsunion


http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,694110,00.html

chinaman - Dienstag, 11. Mai 2010 - 06:16
Im Übrigen:

Der Euro hat den Rückwärtsgang schon wieder eingelegt. Die ach so unabhängige EZB wird nun Staatsanleihen direkt kaufen. Aktionen a la "Heli-Ben"

helmut - Dienstag, 11. Mai 2010 - 18:52
Man kann die Sache natürlich auch so sehen, dass durch die ganze "Rettungs"Aktion kein Euro mehr an Schulden entstanden ist. Wenn man Euro-Raum als Block betrachtet, dann bleibt die Summe der Budgetlöcher konstant, egal wie groß der "Rettungsschirm" ist. Der entscheidende Unterschied ist nur, dass wir jetzt tatsächlich alle im selben Boot sitzen. Und wie gut das Boot schwimmt hängt davon ab, ob wir in Summe die Staatsverschuldung in den Griff bekommen. Und da stimme ich Prof. zu - das geht nur wenn wir uns eingestehen (auch in D oder A, nicht nur in den PIGGS Staaten) dass wir über die Verhältnisse gelebt haben. Wenn es in Summe gelingt, für Verhältnisse zu sorgen, dass nur soviel ausgegeben wird, wie man auch einnehmen kann (vom Abbau im Euroland-Block in Summe, rede ich noch gar nicht), dann wird das Schiff auch schwimmen. Ärgerlich wäre es nur, wenn jetzt nicht klar gemacht wird, dass auch die am meisten zum Sparen beitragen müssen, die bisher am wenigsten getan haben. Das ist aber eher ein interner Konflikt, wer wieviel von den Lasten zu tragen hat.

Weit gefährlicher sehe ich die Situation in Übersee. Euroland (als Block gesehen) steht ja eigentlich trotz dieser Probleme noch relativ gut da (Leistungsbilanz, Gesamtbudget zum GDP, ...). Wenn man die Leistungsbilanz mit USA oder den Verschuldungsgrad mit Japan vergleicht!?! Wenn in Japan die Zinsen nur auf 5% steigen sollten, sind die pleite.

chinaman - Dienstag, 11. Mai 2010 - 19:04
Mit Sicherheit stehen die USA und Japan auch nicht besser da. Objektiv betrachtet, wird sich wohl keine Industrienation mehr dem Inferno entziehen können. Die Rettungsaktionen kaufen nur weitere Zeit, dafür wird der Absturz dann umso heftiger.

Im Euroraum sind die bestehenden Schulden nur etwas "umverteilt" worden. Der deutsche Michel hat nun noch etwas mehr davon zu tragen.

chinaman - Mittwoch, 12. Mai 2010 - 12:09
Schuldenkrise


Wie Banker die Politik an der Nase herumführen


http://www.focus.de/finanzen/news/siemens/schuldenkrise-wie-banker-die-politik-an-der-nase-herumfuehren_aid_507435.html

al_sting - Mittwoch, 19. Mai 2010 - 22:11
Wurde nicht von Vielen für dieses Jahr eine Seitwärtsbewegung bei stärkeren Ausschlägen prognostiziert? Die Seitwärtsbewegung haben wir in der Tat, wobei die Ausschläge wesentlich stärker sind als ich erwartet hätte. :-)

Ich habe die Börse lange nicht so nervös erlebt wie derzeit, Achterbahn ist harmlos dagegen.

Ich bin selber verblüfft, wie gut sich mein Musterdepot bislang hält, aber das kann in wenigen Tagen wieder ganz anders aussehen.

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