Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Das Experiment Euro
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prof - Montag, 2. Januar 2017 - 13:31
Eine neue Segnung der EU Bürokratie: Ab 01.01.2017 wird im "Rahmen der EU-Harmonisierung" die Dividende erst am 3. Werktag nach der HV gutgeschrieben. Mit welchem Recht wird hier wieder zum Nachteil des deutschen Anlegers harmonisiert?

levdul1 - Sonntag, 15. Januar 2017 - 13:28
Die europäische Zentralbank kauft ja nun seit geraumer Zeit Staatsanleihen auf. Ist in irgendeiner Weise bekannt um welche Staatsanleihen es sich handelt ? Darf die europäische Zentralbank hier einige Staaten übergewichten ?

helmut - Montag, 16. Januar 2017 - 11:53
"Laut EZB-Präsident Draghi wird nach dem Kapitalschlüssel bei der EZB gekauft."

Im Artikel unten stehen alle wesentlichen Punkte drin (Quelle: DerStandard). Das Problem sind tatsächlich nicht die Aufkäufe selber, sondern die daraus resuliterenden Target-Salden. (vgl. z.B. hier http://www.wiwo.de/politik/europa/euro-krise-wie-funktioniert-das-target-system/6277238-3.html
Damit wird aus dem Ringfencing der Schulden bzw. der formalen Nicht-Haftung für Schulden der Südländer faktisch trotzdem ein Gesamtschuldenthema.


Frage: Hat Draghi nicht irgendetwas davon gesagt, dass nicht alle Risiken geteilt werden? Antwort: Im Eurosystem haben die Notenbanken der Mitgliedsländer nicht aufgehört zu existieren. Sie haben ihre geldpolitischen Aufgaben (wie Zinsentscheide) nur an die EZB delegiert. Die nationalen Notenbanken stellen der EZB dafür Kapital anteilsmäßig zur Verfügung. Entsprechend diesem Schlüssel werden in der Regel auch Gewinne und Verluste aufgeteilt. Österreichs Anteil liegt bei etwa zwei Prozent. Die EZB wird nun Anleihen von Euroländern und europäischen Institutionen kaufen. Wenn nach Käufen von Papieren der EU-Institutionen Verluste bei der EZB entstehen, werden diese nach dem üblichen Schlüssel der Notenbank aufgeteilt. Die von den nationalen Notenbanken gekauften Papiere hingegen unterliegen nicht dieser Verlustteilung. Insgesamt sagt EZB-Präsident Draghi, dass 80 Prozent des Risikos bei den Wertpapierkäufen von den nationalen Notenbanken getragen werden, der Rest wird vergemeinschaftet.

Frage: Okay, ein Teil des Kaufprogrammes wird von den nationalen Notenbanken abgewickelt. Hier erfolgt also keine Risikoteilung.
Antwort: Solange die Währungsunion bestehen bleibt, ist das richtig. Die Zentralbank in Rom wird im Auftrag der EZB italienischen Anleihen auf die eigene Bilanz und eigene Rechnung kaufen. Auch mögliche Verluste aus diesen Geschäften – und das ist der entscheidende Punkt – werden nicht zwischen den einzelnen Zentralbanken geteilt. Geht zum Beispiel Italien pleite und zahlt keine Zinsen mehr, hat die Notenbank in Rom das Problem. Allerdings: Wenn ein Land aus der Währungsunion austritt, wird es für die verbliebenen Staaten und Steuerzahler teurer. Frage: Wie das? Antwort: Das liegt an den Target-II-Salden. Target ist das System, mit dem die Notenbanken im Euroraum grenzüberschreitende Zahlungen abwickeln. Das System ist komplex, lässt sich aber so vereinfachen: Wenn ein grenzüberschreitender Geldtransfer stattfindet, entsteht zwischen den beteiligten Notenbanken ein Guthaben beziehungsweise eine Verbindlichkeit. Überweist ein Grieche 1.000 Euro an seine Bank in Deutschland, entsteht bei der griechischen Zentralbank im Target-System eine Verbindlichkeit von 1.000 Euro gegenüber der deutschen Notenbank. Die Krise und die Kapitalflucht aus dem Süden haben dazu geführt, dass die Bundesbank zum großen Kreditgeber für den Süden geworden ist. Aktuell liegen die Forderungen der Bundesbank im Target-System bei 460 Milliarden Euro. Die Geldschwemme der EZB könnte zu einem weiteren Anstieg der Target-Schulden der südlichen Euroländer führen. Vor allem wenn neuerlich Turbulenzen an den Finanzmärkten ausbrechen. Solange die Währungsunion besteht, muss die Target-Schuld nicht beglichen werden. Tritt aber ein Land aus dem Euro aus (und begleicht seine Target-Verbindlichkeiten nicht, was wahrscheinlich wäre), müssten die verbliebenen Euroländer diesen Verlust realisieren, also schlucken. Die Steuerzahler der Rest-Euro-Länder würden auf diesen Verlusten sitzenbleiben, formulierte es einmal die Deutsche Bundesbank.

Frage: Wie viel kaufen die einzelnen Notenbanken, etwa die Oesterreichische Nationalbank?
Antwort: Laut EZB-Präsident Draghi wird nach dem Kapitalschlüssel bei der EZB gekauft. Auf Österreich entfallen demnach bei zwei Prozent etwa 1,2 Milliarden Euro. Welche Anleihen gekauft werden müssen, sagte Draghi nicht. Nur so viel: Es dürfen keine Ramschpapiere sein. Ausnahme: wenn ein Staat bereits unter den Eurorettungsschirm geschlüpft ist. Daher dürfte Griechenland trotz seines Ramschstatus in den Vorzug dieser Käufe kommen. Frage: Die Deutsche Bundesbank hat die Anleihenkäufe massiv abgelehnt. Warum? Antwort: Eine Antwort darauf findet sich in einem Positionspapier der Bundesbank aus dem Dezember 2012: Wenn die EZB Geld druckt, um Italien, Spanien und Co zu finanzieren, sinken die Zinsen für diese Länder. Der Spardruck fällt weg. Spanien und Italien könnten nun aber nach immer neuen Krediten der EZB verlangen. Die Euro-Zentralbank wäre damit ein Garant dafür, dass die Südländer immer solvent sind – also nicht pleitegehen. Die EZB wäre unter Druck, immer Geld bereitzustellen, selbst wenn die Inflation im Euroraum ansteigt. Aber genau das wäre fatal, sagt die Bundesbank. Denn zentrale Aufgabe der EZB ist die Sicherung der Preisstabilität. Wenn Bürger und Unternehmen sehen, dass die EZB ihr wichtigstes Ziel hintanstellt, wäre deren wichtigstes Vermögen futsch: ihre Vertrauenswürdigkeit.

Frage: Ist der Kauf von Staatsanleihen in der Eurozone nicht verboten?
Antwort: Die Entscheidung der Zentralbanker, Staatsschulden mit der Notenpresse zu finanzieren, war in der Tat juristisch lange umstritten. In Artikel 123 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) heißt es klar, dass die EZB Schuldtitel nicht "unmittelbar" erwerben darf. Allerdings interpretieren die EZB und inzwischen auch der juristische Gutachter des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) diese Bestimmung dahingehend, dass der EZB nur der Kauf von Staatsanleihen am Primärmarkt verboten ist. Was ist gemeint? Staaten begeben Anleihen an Investoren. Diese Schuldscheine sind am Markt (am Sekundärmarkt) handelbar. Hier darf die EZB also kaufen, weil sie nicht unmittelbar von Staaten erwirbt. Der Gutachter des EuGH macht nur eine Einschränkung in einer vergangene Woche veröffentlichten Stellungnahme: Die Käufe der Notenbank dürfen nicht unbegrenzt stattfinden. Diese Sicht mag juristisch korrekt sein. In Wirklichkeit beeinflussen die Preise am Sekundärmarkt jene am Primärmarkt. Durch die EZB-Intervention kommen also Italien und Spanien billiger an Kredite.

levdul1 - Montag, 16. Januar 2017 - 12:30
Und deshalb wird es in der Euro-Zone wohl so sein wie bei der Mafia: einmal dabei - immer dabei. Den Austritt eines Landes kann sich niemand leisten.

prof - Donnerstag, 6. Dezember 2018 - 14:30
Die Proteste in Frankreich und die Rücknahme der Preiserhöhungen zeigen, wie fragil der französische Haushalt sein dürfte. Ein weiterer Sargnagel für den Euro?

prof - Montag, 16. November 2020 - 20:49
Es wurden diesseits und jenseits des Atlantik viele Billionen an Geldern gedruckt. Man kann sich langsam über die Rechnung machen, denn der erhöhten Geldmenge stehen keine Waren gegenüber.

Ich sehe nur drei Auswege:
1.) Galoppierende Inflation - das wäre der natürliche Weg ohne zusätzliche staatliche Intervention. Ein weiterer Treiber der Inflation sollte auch der Fachkräftemangel sein.

2.) Währungsschnitt - das dürfte relativ wenig Proteste geben, wenn man beispielsweise ein Schonvermögen von 50.000 € pro Person lässt und nur den Rest im Verhältnis 1:2 abwertet. Die Mehrheit der Bürger würde nicht protestieren.

3.) Vermögensabgabe - ist auch mit relativ wenig Protesten durchführbar aber ein bürokratisches Monstrum, denn man müsste Millionen Immobilien bewerten.

1 und 2 sind ungerecht, da sie das Geldvermögen belasten, nicht aber die Sachwerte. Hier ist speziell der Deutsche mit seinem geringen Aktien- und Immobilienbesitz stark im Nachteil gegenüber den anderen Euroländern.
3 ist sehr bürokratisch.

Der Euro könnte uns auch relativ leicht um die Ohren fliegen, da es eine multistaatliche Währung ist, bei der letztendlich viele Staaten ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen.

Was meint Ihr zur allgemeinen Gemengelage?

al_sting - Montag, 16. November 2020 - 22:44
Ein Angebot ist immer so stark oder schwach wie die konkurrierenden Alternativen besser erscheinen.

Kryptowährungen: Traue ich kein Stück. Mein eh schon niedriges Vertrauen ist weiter stetig gefallen.

Dollar: im Vergleich ziehe ich den Euro vor. An Gelddruckmaschine war der Trump-Dollar nicht zu überbieten.

Pfund: Little England mitsamt Crazy BoJo weckt bei auch kein Stück Vertrauen., No, but thanks no.

Renbini: Mag stärker werden, reizt mich aber nicht.

Gold: Nett, aber im Angebot arg begrenzt.

Wen habe ich vergessen? Schweizer Franken, Canadischer Dollar, Australischer Dollar, Japanischer Yen? Nö, keine Alternative.

Will sagen: Ich halte den Euro für den Einäugigen unter Blinden. So etwas kann lange tragen.
Ich weiß nicht, wie oft er in den letzten Jahrzehnten schon totgesagt wurde, aber dafür steht er derzeit nicht ganz schlecht da.

covacoro - Mittwoch, 18. November 2020 - 20:04
Außerdem kam mit Corona der "Durchbruch" bei der Euro-Konstruktion:
a) die EU kann jetzt Anleihen ausgeben und die letzten beiden Emissionen davon waren mehrfach überzeichnet, sprich fanden reißenden Absatz.
b) die EU kann eigene Steuern erheben, bisher zwar nur zweckgebunden (Anti-Corona), aber das ist ja erst der Anfang.
D.h. wir haben durch die Hintertür die Wirtschaftsunion "USE" = United States of Europe als Quasi-Staat erhalten, auch wenn das niemand so deutlich sagt. Der Einäugige unter den Blinden hat gerade einen Stock, Augenklappe und Blindenhund bekommen. ;-)

Insofern ist der Euro besser aufgestellt als zuvor und es müßte bei 1), 2) oder 3) eine gesamteuropäisches Vorgehen geben. Das kann in D nicht autark passieren. Genau das kann ich mir aber nicht vorstellen. Das Spiel wird durch Ausgabe von EU-Anleihen sogar noch sehr lange so weiterlaufen können, ja es geht ganz sicher in die Verlängerung.

Daher ist mein Basisszenario, dass in den kommenden 2 Jahren gar nix passiert (das Ketchup bleibt in der Flasche) und dann kommt doch der "Blubb" und es gehen zunächst die Sachwert-Preise (Immobilien, Aktien) stark durch die Decke, weil das Geld noch stärker dort hinein drängt. Da China/Globalisierung/billige Arbeitskräfte nicht mehr dämpfen, wird es aber Inflation jenseits der 2% bei den normalen Güter-Preisen geben. Damit rechne ich auch. Das ist vermutlich der Zeitpunkt, wo man am Aktien- und Immboilienmarkt anfängt, nervös zu werden, weil dann ist die Blase vollständig aufgeblasen. Wenn vielleicht die Notenbank dann am Abzug ist, die Zinsen zumindest wieder ins Positive zu heben, wäre das das i-Tüpfelchen.

Insofern bist Du mit den 3 Szenarien als politischer Lösung der wirtschaftlichen Probleme gefühlt der Zeit sehr weit voraus. Ich vermute, dass es erst diesen Ablauf geben muss, die Inflation wirklich 3-5% in der Breite sein muss, bevor es realistisch wird, ein solches Szenario gesamteuropäisch durchzusetzen.

levdul1 - Montag, 23. November 2020 - 11:51
@Al Ich weiss nicht, wie die Mär von Trump als Gelddrucker entstanden ist. Ich sehe keinen Unterschied zur Obama-Administration, nur eine Forstsetzung des damals gestarteten Trends. Mag vielleicht allgemein an den seit damals niedrigen Zinsen liegen.

Die Theorie besagt, dass jede Schuldenaufnahme wachstumsfördernd ist, solange die damit getätigte Investition eine höhere Rendite hat, als die Zinskosten. Bei Negativzinsen wird es schwierig hiermit zu argumentieren.
Da aber die Kosten des Schuldendienstes gegen Null laufen, stimme ich mit Covacoro überein, dass in absehbarer Zeit nichts passieren muss.

Mein persönliches Gefühl ist, dass die Inflation längst da ist. Abgesehen von Sachwerten, sehe ich besonders im Dienstleistungssektor seit Jahren steigende Preise. Restaurants, Schwimmbäder, Saunen, Bäcker, Fleischer, etc. haben alle Ihre Preise tüchtig angezogen.
Der zuletzt wieder gefallene Ölpreis, die milden Winter und politisch verordnete Mietpreisbremsen mögen dies insgesamt etwas abfedern. Auf Dauer wird sich dies aber in den Zahlen zeigen müssen. Und jeder, welcher gerade Wohneigentum kaufen möchte, weiss, was das Geld noch wert ist.

Somit haben wir geringe Schuldenkosten und gleichzeitig moderate Inflation.
Ich persönlich sehe recht wenig Gefahr, dass das System bald kollabiert.

al_sting - Montag, 23. November 2020 - 18:27
@Levdul: Stimmt, mein Fehler, der Trend unter Obama wurde recht stabil fortgesetzt, Schulden machen in guten Zeiten.
Der Corona-Verschuldungssprung wäre bei jedem Präsidenten gekommen, so wie er auch in jedem anderen Land kam.

Ich schätze, die Preisanstiege im Dienstleistungssektor ist zum Gutteil ein Resultat von Einführung und Erhöhung des Mindestlohns, da gerade im Dienstleistungsprekariat viele Beschäftigte mit oder in der Nähe des Mindestlohns bezahlt werden. Gerade hier begrüße ich die Preissteigerungen geradezu, der Lohn sollte schlicht für alle auskömmlich sein.

Im Fazit stimme ich dir zu.

prof - Montag, 23. November 2020 - 18:39
Ich denke, der Lohnanstieg im Dienstleistungsgewerbe ist eher zum Großteil dem Fachkräftemangel zuzuschreiben. Es steigt auf breiter Front und nicht nur an der 10 Euro Grenze.

levdul1 - Dienstag, 24. November 2020 - 10:04
Da kann ich euch nur zustimmen. Auch für Jemanden im Dienstleistungssektor muss es sich lohnen früh aufzustehen um zu arbeiten. Deshalb trage ich diesen Teil der Inflation gern.

Die nächste Schippe bei den Gehältern muss wohl im Gesundheitssystem draufgelegt werden. Es kann ja wirklich nicht sein, dass niemand mehr traditionell ehrbare Berufe wie Heilung und Pflege ausführen möchte, weil die Bezahlung und die Bedingungen nicht stimmen.

Die Staatsdiener, angeführt von Verdi, haben sich auch Erhöhungen von weit über der (offiziellen) Inflationsrate genehmigt.

Somit wird schrittweise unser Geld, aber gleichzeitig auch unsere Schulden entwertet. Eigentlich fair.

Mann muss nur schauen, dass es bei den Rentnern und Transfergeldempfänger auch nach oben geht, damit das Einkommen in allen Schichten mitwächst.

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