Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Welt-Tendenz: Archivierte Beiträge bis 13. September 2006
mib - Dienstag, 20. Januar 2004 - 11:23
sehr interessanter Report zum download:
Goldman Sachs Global Economics Paper No: 99
http://www.gs.com/insight/research/reports/99.pdf

Mib

phlipster - Mittwoch, 10. März 2004 - 16:34
Der Bär Prof. Malik äußert sich wiederum besorgt:

09.03.2004
Trendänderung immanent

- Orientierungsmarken für Trendänderung erreicht
- Investorenpsychologie ist anhaltend auf Extremniveaus bullish

Der Toppingprozess an Aktien-, Bond- und Edelmetallmärkten wird nicht mehr lange dauern. Es sind fast alle preis- und zeitbezogenen Orientierungsmarken für eine Trendänderung erreicht. Nur wenige sind noch ausstehend, was nicht bedeutet, dass sie tatsächlich auch noch erreicht werden.

Die Investorenpsychologie ist anhaltend auf Extremniveaus bullish. Fast alle Denk- und Verhaltensmuster der Boomphase sind wieder zurückgekehrt und gelten erneut als modern und klug. Price-Earnings-Ratios wie anfangs 2000 gelten wieder als „ganz normal“. Mega-Mergers sind wieder im Gespräch und im Markt. Die Verschuldung in allen Segmenten hat neue Rekordstände erreicht und gilt als Zeichen ökonomischer Stärke und Rationalität. In den bejubelten Gewinnziffern stecken 30 – 40% Fiktion. Die Immobilienblase in den USA ist am Ende oder kurz davor. Die Mutual Funds haben die niedrigsten Barreserven seit März 2000. Die Insider aber verkaufen.

Die amerikanische Wirtschaft hat die grössten Strukturschwächen ihrer Nachkriegs-Geschichte akkumuliert. Sie werden nicht verstanden oder konsequent ignoriert und mit Hilfe von Theorie-Prothesen, wie etwa der „jobless recovery“ für bedeutungslos erklärt. Die „Recovery“ ist die schwächste der Nachkriegszeit, wird aber unter Ausklammerung jeden Vergleiches euphorisch positiv kommentiert. Der Reichtum Amerikas ist Illusion, der Produktivitätszuwachs statistische Manipulation, das Wachstum schöngerechnet. Das US-Haushaltsdefizit bewegt sich an der Billionendollargrenze. Das Aussenhandelsdefizit wird ganz unabhängig vom Dollarkurs wenig Besserung zeigen, weil aus den einzelen Positionen hervorgeht, dass die USA keine konkurrenzfähigen Waren zu bieten haben.

Greenspan und ein weiterer FED-Governor sprechen klarer als je zuvor, wenn auch unvermeidbar in verklausulierter Form, von hohen Risiken bei den Zinsen, den Staats- und Aussenhandelsdefiziten.

Was immer noch an Zeit bleibt, sollte genutzt werden, um Long-Positionen glattzustellen oder zu drehen. Der Bearmarket wird zurückkommen, und die bevorstehende Wirtschaftslage ist nicht Aufschwung sondern deflationäre Rezession.

Quelle: http://www.malik-mzsg.ch/cgi-bin/stpr/stpr.dll

chinaman - Sonntag, 27. August 2006 - 10:47
HANDELSBLATT, Freitag, 25. August 2006, 16:26 Uhr
Zinsentscheidungen und Konjunkturdaten weisen die Richtung


Dax-Ausblick: Warten auf Trichet


Zahlreiche US-Konjunkturdaten und die Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank werden in der kommenden Woche die Kurse am deutschen Aktienmarkt prägen. Auch der Atomkonflikt mit dem Iran und damit die Entwicklung des Ölpreises dürften stärker ins Blickfeld der Anleger rücken.

HB FRANKFURT Der Berg kreisste und gebar eine Maus: Die von den Märkten mit Spannung erwartete Rede des US-Notenbank-Chefs Ben Bernanke beim Notenbank-Symposium in Jackson Hole gab keine Hinweise auf die amerikanische Geldpolitik. Analysten hatten damit gerechnet, dass er weitere Wachsamkeit bezüglich der Inflation anmahnen werde. Wichtige Hinweise über die künftige Zinspolitik der US-Notenbank erhoffen sich die Strategen nun von der für Dienstag erwarteten Veröffentlichung des Protokolls der Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses vom 8. August.

Neben der Abkühlung der US-Wirtschaft und der Frage, ob die US-Notenbank Fed am Ende ihres Zinserhöhungszyklusses angekommen sei, könnte ein verschärfter Konflikt mit dem Iran die Investoren in der kommenden Woche verunsichern, sagte Tammo Greetfeld von der HVB. Am Donnerstag läuft das Ultimatum des UN-Sicherheitsrats für den Iran zur Aussetzung der Uran-Anreicherung ab. "Einen großen Spielraum nach oben sehe ich beim Dax in der kommenden Woche nicht", sagte Greetfeld. "Es gibt mehr Risiken als Chancen."

Zusätzlichen Gegenwind für die Börsen könnte in den kommenden Wochen von der derzeitigen Hurrikan-Saison in der Karibik kommen, heißt es im Handel mit Blick auf den Tropensturm "Debby". Momentan sehe es zwar danach aus, dass "Debby" das Festland nicht erreiche, allerdings würden Erinnerungen an die Hurrikan-Saison 2005 wieder wach. Zum gleichen Zeitpunkt des Jahres 2005 habe es jedoch schon fünf berichtenswerte Wirbelstürme gegeben, relativiert ein Händler Befürchtungen. "Katrina" wütete am 29. August 2005 über New Orleans.

Für Steffen Neumann von der Landesbank Rheinland-Pfalz spielt vor allem die Politik der Notenbanken diesseits und jenseits des Atlantiks die entscheidende Rolle. "Die große Frage ist, was macht die Geldpolitik", sagte Neumann. Seiner Einschätzung nach dürften die Währungshüter in den USA und der Euro-Zone besonnen auf die konjunkturelle und inflationäre Entwicklung in den entsprechenden Regionen reagieren. "Sowohl die US-Notenbank wie auch die EZB sollten die Märkte nicht negativ überraschen", sagte Neumann. "Die kommende Woche könnte daher positiv für die Aktienmärkte ausgehen."

An den Finanzmärkten wird weithin erwartet, dass die EZB auf ihrer Ratssitzung am Donnerstag den Leitzins bei 3,00 Prozent belassen wird. Umso genauer dürften die Anleger daher den Äußerungen von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet lauschen. "Trichet könnte eine Zinserhöhung Anfang Oktober vorbereiten", sagte Manfred Jakob von der SEB-Bank. In einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters rechneten alle 61 Teilnehmer mit einer Leitzinserhöhung Anfang Oktober um 25 Basispunkte auf dann 3,25 Prozent.

Wichtige Hinweise über die künftige Zinspolitik der US-Notenbank erhoffen sich die Strategen von der für Dienstag erwarteten Veröffentlichung des Protokolls der Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses vom 8. August. Neue Erkenntnisse könnten auch das US-Verbrauchervertrauen (Dienstag), der Einkaufsmanagerindex Chicago (Donnerstag) sowie der US-Arbeitsbericht für August (Freitag) bringen. "Wenn der US-Verbraucherindex steigen sollte, dann könnten noch einmal Zinsängste im Markt aufkommen", sagte Jakob. Ein hochrangiger US-Notenbanker hatte jüngst erklärt, weitere Zinserhöhungen könnten zur Inflationsbekämpfung nötig werden.

Zwar deutet die Mehrzahl der Daten auf die erwartete moderate Abschwächung der US-Wirtschaft hin, doch der Immobilienmarkt kühlt sich stärker ab, als es manchem lieb sein kann. Nicht umsonst hat der Aktienmarkt in dieser Woche verschnupft auf die Zahl der verkauften Eigenheime reagiert. Diese lag im Juli bei minus 4,1% und damit deutlich unter dem erwarteten Rückgang von 1,1%. Zugleich wurden die geringsten Verkaufszahlen seit Januar 2004 verzeichnet. Damit mehrten sich die Zeichen eines an Dynamik gewinnenden Abschwungs des Immobilienmarktes, zumal die Angaben zu den US-Neubauverkäufen ebenfalls deutlich unter den Prognosen lagen.

Die Auswirkungen dieser Entwicklung könnten in den kommenden Wochen und Monaten noch ihre Spuren beim US-Konsum hinterlassen. Damit wächst zugleich die Gefahr, dass die Landung der US-Wirtschaft weniger sanft als erwartet ausfällt. "Die Volkswirte scheuen sich zwar noch, das Wort in den Mund zu nehmen, aber vielleicht sprechen wir bald schon von Rezessionsgefahren", gibt ein Marktteilnehmer zu bedenken

.
Ob damit gleich der Absturz am Aktienmarkt droht, bleibt freilich dahin gestellt. Vergleichsweise günstige Bewertungen und die mehr und mehr schwindende Gefahr einer weiteren Zinserhöhung in den USA dürften sich stützend auswirken, zumal eine Konjunkturabkühlung auch eine Korrektur des überhitzten Rohststoffsektors mit sich bringen sollte.

phlipster - Montag, 28. August 2006 - 15:19
„Das kurzfristig geparkte Kapital wartet auf attraktive Anlagechancen“

25. August 2006
Der Kurseinbruch im Mai hat eine reduzierte Risikobereitschaft vieler Investoren nach sich gezogen. Die seither sehr volatilen und launischen Finanzmärkte ließen Anleger mangels deutlicher Trends in den vergangenen Monaten zurückhaltend agieren. In unsicheren Börsenphasen regiert der Slogan „Cash is king“. Über die Sommermonate wurden in den Portfolios hohe Cash-Quoten gehortet, die nun auf neue attraktive Anlagechancen warten.


Wie die Anlageexperten der österreichischen Fondsgesellschaft Erste-Sparinvest in ihrem Strategieausblick auf das zweite Halbjahr 2006 schreiben, gilt dies sowohl für private und institutionelle Investoren aber auch für Unternehmen.


Rentenfonds: Attraktives Einstiegsniveau



Gemäß einer Studie des Research-Unternehmens Thomson Financial sitzen die hundert weltweit größten Unternehmen auf einem Cashpolster in Rekordhöhe von 858 Milliarden Euro. Umfragen zufolge soll ein Drittel der Vermögensverwalter überdurchschnittlich hohe Cash-Quoten halten. „Dies trifft auch für Österreich zu“, meint Franz Gschiegl, Vorstand der Erste-Sparinvest. „Dieses Kapital ist nur kurzfristig geparkt und wartet auf attraktive Anlagechancen. Diese „Cashmunition“ sollte im kommenden Börseherbst interessante Anlageziele vorfinden, sowohl im Segment der Anleihen als auch bei ausgewählten Aktienfonds.


Bei den Rentenfonds klart sich nach Ansicht der Erste-Sparinvest der Himmel nach dem schwierigen ersten Halbjahr wieder auf. Im Frühjahr waren sowohl Euro- als auch amerikanische Staatsanleihenfonds unter Druck geraten, nachdem die amerikanische Notenbank die Leitzinsen bis zu 5,25 Prozent angehoben und damit weltweit die Angst vor Zinserhöhungen geschürt hatte.



Die Zinserhöhungsängste sind nun an den Rentenmärkten eingepreist und sollten nach und nach in den Hintergrund treten. Wichtige volkswirtschaftliche Indikatoren signalisieren eine Abschwächung der amerikanischen Wirtschaft. Der Markt beginnt, sich mit den amerikanischen Zinssenkungen anzufreunden: Dies alles deutet auf einen optimalen Einstiegszeitpunkt an den Bondmärkten hin.


Interessante Perspektive bei Schwellenländerfonds


„Im dritten und vierten Quartal wird die Sonne an den Rentenmärkten scheinen“, betont der Leiter des Erste-Sparinvest Anleihenfondsmanagements, Karl Brandstötter. In Europa rechnet er maximal mit zwei kleinen Zinserhöhungen durch die EZB auf 3,5 Prozent. Ausgehend von Amerika erhalten auch die europäischen Rentenmärkte positive Impulse. Die Erste-Sparinvest sieht beim Bund-Future, dem wichtigsten Preisindex für Euro-Staatsanleihen, kurzfristig ein Potential von 118,60 Prozent und mittelfristig in Richtung 120. Brandstötter rechnet daher, daß die Euro-Staatsanleihenfonds ins Plus drehen werden.



Eine interessante Perspektive eröffnen Emerging-Markets-Rentenfonds, die neben dem Zinsabstand zu den Staatsanleihenfonds auch über ein beträchtliches Aufwertungspotential ausgewählter Währungen verfügen (besonders türkische Lira und ungarischer Forint). Europäische High-Yield-Anleihen sind seit Jahresbeginn der Outperformer an den Rentenmärkten und bleiben als Beimischung ein wichtiger Ertragsbringer.


„Dynamischen“ Renten-Investoren empfiehlt er eine Übergewichtung von Anleihenfonds mit hohen Bonitäten im Ausmaß von rund 50 Prozent. Um die Ertragschancen zu erhöhen, sollten im Portfolio zu rund 20 Prozent Unternehmensanleihenfonds und 15 Prozent Emerging-Markets-Anleihenfonds ergänzt werden. Die restlichen 15 Prozent teilen sich auf währungsgesicherte amerikanische Hypothekenanleihen- und Wandelanleihenfonds auf. Die Ertragserwartung eines solchen Portfolios für die nächsten zwölf Monate beziffert Brandstötter mit fünf bis sieben Prozent. Bei den Währungen erwartet die Erste-Sparinvest eine Aufwertung europäischer Währungen gegen dem Dollar und dem Yen.


Aktienfonds: Europa und Japan in „Pole Position“



Ein stabiles weltwirtschaftliches Fundament, die Beruhigung an der amerikanischen Zinsfront, anhaltend steigende Unternehmensgewinne und generell dynamische Schwellenländermärkte eröffnen den Investoren in den nächsten sechs bis zwölf Monaten interessante Anlagechancen an den Aktienmärkten. Jedoch mahnt der OECD Leading-Indikator zur Vorsicht.


Als positive Unterstützung für die Entwicklung der Aktienmärkte wertet der Leiter des Aktienfondsmanagements in der Erste-Sparinvest, Harald Egger, die derzeitige Gewinnsituation bei den Unternehmen, die sich noch sehr erfreulich entwickelt. Die Veröffentlichung der Quartalsergebnisse zeigt, daß die Profitabilität auf einem hohen Niveau verharrt. Seit 2002 haben sich die Gewinne der im MSCI Weltaktienindex vertretenen Unternehmen verdoppelt. Von negativen Gewinnrevisionen ist weit und breit noch nichts zu spüren.


Als Kurstreiber erweist sich einmal mehr die dynamische Prosperität der Schwellenländer. Große Volkswirtschaften wie China und Indien trumpfen trotz Warnungen vor einer Überhitzung mit einem zweistelligen Wirtschaftswachstum auf. Die Weltwirtschaft dürfte heuer um 4,9 Prozent wachsen. Auf Basis der Gewinnschätzungen für das Jahr 2007 sind die Aktienmärkte weltweit sehr attraktiv bewertet. Das Kurs/Gewinn-Verhältnis der wichtigsten Aktienmärkte per 27. Juli lautet wie folgt: Dow Jones (Amerika): 13,1, DJ Euro Stoxx 50 (Europa): 11,1, Nikkei 225 (Japan): 16,3, Bovespa (Brasilien): 7,9, RTS (Russland): 11,1, ATX (Österreich): 11,7.


„Aktienmärkte keineswegs zu teuer“


„Selbst wenn die Gewinne nun deutlich zurückgehen würden, wären die Aktienmärkte keineswegs zu teuer“. Als einen nicht zu unterschätzenden Risikofaktor sieht Egger, daß der OECD Leading Indikator, der die Tendenz der volkswirtschaftlichen Entwicklung in den G7-Staaten mit einer Vorlaufzeit von sechs bis neun Monaten voraussagt, seit Mai fällt. Dies könnte bedeuten, daß sich die Weltwirtschaft ab November abkühlt, was nicht gleichzusetzen sein muß mit einer Rezession. Für die Börsianer stellt sich nun die Frage, wie lange ein solcher Abschwung dauern wird und wie stark er ausfällt.


An den Aktienmärkten wird es daher zu einem „Favoritenwechsel“ kommen: Die bisher in der Performance führenden kleineren Werte (Small Caps) sollten von den großkapitalisierten Blue Chips überholt werden. In der „Pole Position“ der Erste-Sparinvest-Aktienfonds befinden sich Aktien aus Europa und Japan. Bei den Branchen erscheinen die zinssensitiven Finanztitel und Rohstoffwerte besonders aussichtsreich.

Quelle: www.faz.net

phlipster - Montag, 28. August 2006 - 15:26
Konkrete Tips: DCX, Carrefour, Danone, L'Oreal.

Interview „Wir haben keinen Bullenmarkt mehr“

Alfons Cortés, unabhängiger Marktanalyst

09. August 2006
Nach einem zweijährigen Aufwärtstrend sind die Finanzmärkte in den vergangenen Monaten unberechenbarer geworden als zuvor. Es gibt zwar viele unterschiedliche Prognosen, wie es weitergehen könnte. Keine jedoch scheint derzeit so richtig ziehen zu wollen.


Wie sollte sich der Anleger in dieser Situation verhalten? FAZ.NET unterhielt sich darüber mit Alfons Cortés. Er basiert seine Markteinschätzung als unabhängiger Analyst auf einem holistischen Ansatz, der verschiedene technische Indikatoren - relative Stärke, Marktstimmung, Momentum und das Handelsvolumen - berücksichtigt und sich auf die Österreichischen Schule der Nationalökonomie stützt.


Wie würden Sie die aktuelle Situation an den Finanzmärkten gegenwärtig beschreiben?


Ich unterscheide grundsätzlich zwischen Trend- und so genannten Transitionsphasen. Und schon Mitte Mai bin ich mit der Aussage an die Öffentlichkeit gegangen, die Märkte seien nach einem mehrjährigen Aufwärtstrend in eine Transitionsphase übergegangen.


Was heißt das?


Das bedeutet, daß sich in nächster Zeit kurz- bis mittelfristige Trends gegenseitig ablösen werden. Wir werden keine so klaren Trendrichtungen sehen, wie wir sie vom März des Jahres 2003 bis in den Mai des Jahres 2006 hinein hatten.


Was ist die Basis für diese Aussage, welche Indikatoren oder Argumente betrachten Sie?


Ich schaue mir an, ob sich die Akteure an den Finanzmärkten weltweit über die verschiedenen regionalen Märkte und Sektoren hinweg betrachtet homogen oder heterogen verhalten. Eine homogene Marktstruktur haben wir dann, wenn sich alle Indizes in dieselbe Richtung bewegen, wenn auch nicht mit gleicher Geschwindigkeit. Eine gewisse Homogenität gibt es auch dann, wenn sich verschieden Branchen, die ökonomisch zusammenhängen, in die gleiche Richtung bewegen - und wenn zwei Drittel der Aktien das auch tun.


Wenn wir jedoch erleben, daß sich viele Aktien in eine andere Richtung bewegen als die Indizes, dann schließe ich auf eine heterogene Marktstruktur und damit auf eine Transitionsphase.


Welche Werte laufen nun in eine andere Richtung als die Indizes?


Im positiven Sinne sind das die defensiven Papiere. Das sind Werte im Bereich der Basis-Konsumgüter und des Gesundheitswesens, insbesondere die Pharmatitel. Weniger positiv verhalten sich dagegen die zyklischen Industriewerte. Noch nicht betroffen sind bisher im zyklischen Bereich die Minenaktien.


… „noch nicht“ sagen Sie. Rechnen Sie damit, daß das noch kommen könnte?


Ich beobachte diese Werte im Moment sehr genau, denn in diesem Bereich ist im Moment viel Spekulation im Gange. Es gibt viele Rohstofffonds, die spekulativ Bestände aufgebaut haben, die aus wirtschaftlicher Sicht in dieser Dimension nicht nachgefragt werden. Das Phänomen hat sogar auf die Metallaktien durchgeschlagen.


Sie beurteilen die Nachfragesituation folglich nicht so optimistisch wie viele Marktteilnehmer?


Nein. Das heißt nicht unbedingt, daß ich mit einer Rezession oder ähnlichem rechne. Sondern ich denke, viele Marktteilnehmer haben bei ihren Käufen auf Vorrat die Nachfrageentwicklung überschätzt.


Folglich betrachten Sie Rohstoffwerte kritisch und denken über Absicherungsstrategien nach?


Zum Teil ja. Zum anderen definiere ich die Ausstiegskriterien, bei welchen ich die Papiere verkaufen möchte und es dann auch tue. Das bedeutet nicht, alles auf einmal zu verkaufen. Wenn man beispielsweise an die Aktien von Phelps Dodge denkt, so könnte man darüber nachdenken, die Position auf das Niveau zu reduzieren, zu dem man eingestiegen war.


Was ist für Sie das entscheidende Kriterium für den Ausstieg?


Das ist die Veränderungsrate der relativen Preise oder die nachlassende Kursdynamik im Vergleich mit einer Benchmark.


Wie würden Sie sich im Moment als Anleger positionieren?


Unterstellen wir einen Anleger mit einer Aktienquote, die ihn von seiner Risikoneigung und -tragfähigkeit her einen Kurseinbruch von 20 Prozent ertragen läßt, so würde ich meine Positionierung am Aktienmarkt derzeit nicht verändern, nachdem ich mich schon im Mai defensiv orientiert hatte. Unter Branchengesichtspunkten würde ich zu defensiveren Verschiebungen in Richtung Pharmatiteln oder zu Herstellern von Gütern für das tägliche Leben tendieren. Ansonsten würde ich die Aktienquote nicht reduzieren. Da die Märkte eine gewisse Saisonalität zeigen - Spätherbst und Frühling sind an den Börsen statistisch betrachtet sehr positiv - würde ich erst danach über eine Reduktion des Aktienengagements nachdenken.


Wo sollte man regional investiert sein?


Wir hatten bis zum Mai eine mehrmonatige Phase, in der sich die amerikanischen Märkte relativ betrachtet unterdurchschnittlich entwickelten im Vergleich mit Europa und Asien. Die Rückschläge in den vergangenen Wochen dagegen fielen gerade dort besonders deutlich aus. Das heißt, immer wenn die amerikanischen Börsen schwächeln, fallen die Reaktionen in Europa und Asien noch ausgeprägter aus. So habe ich inzwischen auch keine Präferenz mehr für diese Märkte. Ich wäre sehr vorsichtig mit den asiatischen Börsen mit Ausnahme von Japan und Hongkong, aus Sicht der relativen Stärke. Die indische und auch die koreanische Börse halte ich für sehr gefährdet.


Wo sehen Sie die Alternativen?


Da an den Schwellenländerbörsen auf eine längere Phase der „Outperformance“ meistens eine längere Phase „Underperformance“ folgt, sehe ich interessantere Möglichkeiten beispielsweise im S&P 500, im SMI oder auch im Eurostoxx und sogar im Nikkei.


Märkte wie Rußland, Brasilien oder auch China haben für Sie keine Reize?


Rechtssicherheit und Liquidität stehen für mich bei der Geldanlage an erster Stelle. Rußland kommt für mich aus diesem Grund nicht in Frage und China halte ich für sehr intransparent. Aus diesem Grund versuche ich, indirekt vom chinesischen Wachstum zu profitieren. Das ist einfacher als man denkt. Denn die internationalen Stahlunternehmen beispielsweise haben aufgrund der Entwicklung in China Spielraum bei der Preisgestaltung gewonnen, ob sie nun nach China geliefert haben oder nicht.


In den vergangenen Monaten konnten viele Unternehmen ihre Umsätze eher über die Preise als über die Menge steigern. Sollten Anleger auf die Fortsetzung dieser Entwicklung bauen?


Nein, ich glaube nicht. Denn immer öfter wollen auch die Arbeitnehmer einen Teil des Kuchens. Aus diesem Grund glaube ich nicht, daß sich die Margen weiter expandieren lassen werden. Sobald wir einen „Wealthtransfer“ von den Aktionären zu den Arbeitnehmern bei stagnierenden Umsätzen beobachten können, werden wir tiefere Aktienkurse haben. Und wo steigen die Umsätze: Bei Unternehmen wie Daimler-Chrylser, da denke ich, sie haben ihre Hausaufgaben machen und das Ertragspotential des Unternehmens erschließen werden. Titel die bisher schwach waren, haben in meinen Augen künftig bessere Kurschancen als andere.


Würden Sie weitere Beispiele für solche Unternehmen nennen?


Ja, dazu zähle ich Carrefour, L'Oreal oder auch Danone.


Es gibt Stimmen, die behaupten, die Europäische Zentralbank würde mit ihren Zinserhöhungen die Konjunktur abwürgen. Würden sie dem zustimmen?


Ich denke, es nützt wenig, über wirtschaftliche Prognosen zu fabulieren. Wir befinden uns in einem komplexen System und es geht darum, die Gegenwart auf den Punkt zu bringen. Und die Gegenwart verändert sich nicht von einem Augenblick auf den anderen, denn dafür ist das System viel zu träge.


Die Gegenwart war von März des Jahres 2003 bis in den Mai des laufenden Jahres ein „Bull-Market“. Die jetzige Gegenwart ist, daß wir keinen „Bull Market“ mehr haben. Wir befinden uns in einer Transitionsphase. Alles andere ist Kaffeesatzleserei. Nun geht es darum, diese Gegenwart in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und sich gegebenenfalls an aufkommende Veränderungen anzupassen.


Prognosen sind also nutzlos?


Wenn man die Inflationsentwicklung, Wachstumsraten oder andere konjunkturelle Größen korrekt und robust prognostizieren könnte, so würde das implizieren, daß man mit einer Kommandowirtschaft besser fahren würde als mit einer Marktwirtschaft. Denn man könnte die Gegenwart so verändern, daß am Ende „das richtige Ergebnis“ herauskäme. Das ist das, wie der Keynesianismus heute dargestellt wird, obwohl Keynes selbst mit dieser Interpretation, lebte er noch, sehr wahrscheinlich nicht viel anfangen könnte. Denn dafür war er als Situationslogiker viel zu pragmatisch. Ich sage als Schüler von Hayek: Wir haben ein komplexes System und können keine Linearität zwischen Ursache und Wirkung herstellen. Meistens kennen wir nicht einmal die Ursache.


Quintessenz: Wir befinden uns in einer trendlosen Phase. Als Anleger sollte man sich defensiv positionieren und abwarten, bis neue Trends entstehen?


Ja, so ist es.

Das Gespräch führte Christof Leisinger

phlipster - Mittwoch, 30. August 2006 - 09:21
Gute Zusammenfassung zum Thema Aktienrückkäufe, hab keinen besseren Ort zum Posten gefunden.


Rückkaufrausch: Fluch oder Segen?

Von Marc Hogan

Exxon ist der König der Aktienrückkäufe
29. August 2006
Mit einem Schlag sind Rückkäufe an der Wall Street wieder en vogue. Nach Angaben von Standard & Poor's kauften Unternehmen des S&P-500-Index im zweiten Quartal eigene Aktien in einem Rekordvolumen von 115 Milliarden Dollar zurück. Das waren 43 Prozent mehr als 2005 und 175 Prozent mehr als 2004. Diese Welle von Aktienrückkäufen könnte den Gewinn je Aktie zu einem Zeitpunkt erhöhen, zu dem die Unternehmensgewinne stark unter Druck sind, und damit die zweistelligen Zuwächse der letzten Zeit erhalten.

Ölgigant Exxon Mobil führt die Volunem-Rangliste der Rückkaufaktivitäten im zweiten Quartal an. Stolze 6,6 Milliarden Dollar investierte das Unternehmen in den Erwerb eigener Aktien. Nicht weit dahinter lagen Procter & Gamble und Time Warner. Microsoft sorgte vor kurzem für Schlagzeilen, als es eigene Aktien im Wert von 3,8 Milliarden Dollar zurücknahm und ein Zeichnungsangebot über 20 Milliarden Dollar ausschrieb, um noch mehr zu ergattern. Am 25. August rüstete sich Home Depot für Aktienrückkäufe von weiteren 3,5 Milliarden Dollar und erhöhte damit die Gesamtsumme seiner autorisierten Rückkäufe auf 17,5 Milliarden Dollar.

Genauere Betrachtung der Ergebnisse notwendig

Nach Auffassung von Analysten sollten Anleger angesichts eines solchen Rückkaufbooms künftig bei der Bewertung der Quartalsergebnisse über den Gewinn je Aktie hinaus schauen. Der Boom könnte auch Anlaß sein, den Aussichten für Fusionen und Übernahmen mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Die Beobachter von Rückkaufaktivitäten rechnen jedoch nicht damit, daß die Unternehmen dieselben Fehler wie bei den hastigen Rückkäufen Ende der neunziger Jahre wiederholen, die nach dem Einbruch des Hausse-Marktes einige Aktien belasteten.

Die Aktienrückkäufe nehmen zu, weil die Anleger die Unternehmen zur Verwendung ihrer wachsenden Liquidität drängen. Rückkäufe verringern die Anzahl der umlaufenden Aktien und verbessern damit den Gewinn je Aktie. Zudem schöpfen sie überzählige Aktien ab, die durch Ausübung von Aktienbezugsrechten durch Mitarbeiter entstanden sind.

Flexibler als Dividenden

Das Phänomen wird nach Einschätzung von Analysten wahrscheinlich nicht irgendwann demnächst wieder verschwinden. „Rückkäufe werden zunehmen, solange der Markt für Industrieanleihen es zuläßt,“ meint Brian Reynolds, Chef-Marktstratege bei MS Howells. Gelegentlich wenden sich die Unternehmen an den Anleihenmarkt, um sich mit zusätzlicher Liquidität für Rückkäufe einzudecken.

Hinzu kommt, daß ein Rückkauf für ein Unternehmen meist sicherer ist als die Zahlung einer Dividende, falls die Gewinne einmal ins Trudeln geraten. „Ein Unternehmen kann ein Aktienrückkaufprogramm problemlos aufstocken und wieder abbauen,“ erklärt Jim Clark, Analyst bei Sound Shore Management, der unter anderem als Berater für New Covenant Funds tätig ist. „Mit einer Dividende ist das viel schwieriger.“

Das Problem liegt darin, daß die durch Rückkäufe entstehende Steigerung des Gewinns je Aktie irreführend sein kann. „Die Anleger müssen sich die Zahlen ansehen und ein wenig mehr rechnen, als sie es manchmal gewohnt sind,“ erklärt Howard Silverblatt, leitender Indexanalyst bei S&P. So könnte eine Aktie mit dem Achtzehnfachen der Gewinne angemessen bewertet sein. Die gleiche Aktie könnte allerdings überbewertet sein, wenn sich das Achtzehnfache auf einen Gewinn pro Aktie bezieht, der durch eine geringere Aktienanzahl aufgebläht wurde.

Zweifelhafte Prioritäten

Manche Analysten sind der Meinung, die Verringerung der Anzahl der umlaufenden Aktien durch Rückkäufe könne auch den Aktienkurs nach oben katapultieren, wenn auch nur kurzfristig. Das hat einen schlicht betriebswirtschaftlichen Grund: Wenn das Angebot an Aktien sich verringert, müßte die Nachfrage gleich bleiben.

Rückkäufe können sogar dazu beitragen, den Markt aufrecht zu erhalten, wenn die Verbraucherausgaben zurückgehen. So sieht es David Rosenberg, Volkswirtschaftler bei Merrill Lynch für die Region Nordamerika. „Das ist der Augenblick der Stabübergabe - vom Verbraucher zum Aktionär,“ erläutert Rosenberg in einem Bericht vom 25. August.

Zurückgekaufte Aktien enden als Vorratsaktien wieder im Tresor eines Unternehmens. Viele Gesellschaften werden dieses Vermögen schließlich im Rahmen von Fusionen und Übernahmen einsetzen, meint Silverblatt. Daher sollten die Anleger sich die Erfolgsbilanz des Managements bei der Vorbereitung und Durchführung solcher Transaktionen genau ansehen. Silverblatt erläutert: „Entscheidend ist nicht, wie gut Sie einen Deal zustande bringen können, sondern wie gut es Ihnen gelingt, Unternehmen zusammenzuführen.“

Inzwischen war nach Angaben von S&P der absolute Betrag von Aktienrückkäufen im zweiten Quartal etwa ebenso hoch wie die Investitionsausgaben. Dieser Trend wirft Fragen nach den Prioritäten der Unternehmenschefs auf, wie manche Analysten meinen. „Wenn ihnen nichts anderes einfällt, was sie mit ihrem Geld machen können, dann frage ich mich schon, was diese Leute da eigentlich tun,“ meint Barry Ritholtz, Chef-Marktstratege bei Ritholtz Research & Analytics. „Man sollte doch annehmen, daß sie eine so hohe Liquidität in die Forschung und Entwicklung fließen lassen und versuchen, den nächsten Ipod zu erfinden.“

Keine langfristigen Auswirkungen

Davon abgesehen, sammeln die Unternehmen ihre eigenen Aktien noch aus anderen Gründen wieder ein als in früheren Zeiten. Die Rückkäufe stiegen auch Ende der neunziger Jahre plötzlich an und erreichten 2000 nach Berechnungen von Merrill Lynch mit 471,8 Milliarden Dollar einen Höchststand. Damals kauften viele Unternehmen, so die Analysten, hauptsächlich deshalb ihre Aktien zurück, um die Verwässerung durch Aktienbezugsrechte auszugleichen. Andere gaben Rückkäufe in der Hoffnung bekannt, dadurch ihre Aktienkurse steigern zu können.

Die meisten Unternehmen kaufen heute Aktien zurück, um ihren Aktionären einen höheren Aktienwert zu bieten. Das ist die Einschätzung von Charles Plohn Jr., Managing Director und Leiter der Gruppe für besondere Aktientransaktionen bei Merrill Lynch, dessen Spezialgebiet Rückkäufe sind. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es offenbar einfach vernünftiger,“ meint Plohn. „Die Tatsache, daß wir heute diese Bekanntmachungen von weniger Unternehmen hören als Ende der neunziger Jahre, zeigt, daß diejenigen Unternehmen aussortiert wurden, die Rückkäufe aus den falschen Gründen vorgenommen hatten.“

Auch wenn Rückkäufe Aktien kurzfristig attraktiver erscheinen lassen mögen, so werden sie die Richtung einer Aktie langfristig kaum verändern können. „Der Kurs bewegt sich mit oder ohne ein Rückkaufprogramm am freien Markt aufwärts oder abwärts,“ meint Plohn, der dieses Gebiet seit rund drei Jahrzehnten beobachtet.

Der Rückkaufboom wird zwar die Anlagelandschaft nicht vollständig auf den Kopf stellen, doch er signalisiert, daß für viele erstklassige Aktien die interessanteste Möglichkeit zur Anlage ihrer Gewinne die sofortige Reinvestition in ihre eigenen Aktien ist. Die Anleger sollten daher in zunehmendem Maße zuerst an die Rückkäufe denken, wenn sie überlegen, bei welchen Aktien sich ein Kauf - und Verkauf - lohnt.
Text: Business Week online

al_sting - Mittwoch, 30. August 2006 - 13:09
Persönlich schätze ich Dividenden mehr als Aktienrückkäufe:
- Dividenden stellen eher den Anspruch an nachhaltige Ausschüttung
- Der Aktionär bekommt das Geld direkt zurück und darf selber entscheiden, ob er Aktien dieses Unternehmens nachkaufen will oder nicht
- Aktienrückkäufe können von Managern besser genutzt werden, um Kurse temporär zu steigern, wenn ihre Optionen fällig werden. Es wird damit gerne zu einer Spielwiese für Manager, die nicht immer optimal genutzt wird.

Vorteil von Aktienrückkäufen gegenüber Dividenden:
Steuerliche Aspekte, da Dividenden besteuert werden im Gegensatz zu Aktiengewinnen. (Oberhalb gewisser Grenzen, die ich noch nie erreichte.)

Was denkt ihr dazu?

chinaman - Mittwoch, 30. August 2006 - 13:55
"Steuerliche Aspekte, da Dividenden besteuert werden im Gegensatz zu Aktiengewinnen"

Diese eigentlich korrekte Aussage hat aber wohl eine Verfallzeit bis Ende 2007 ...


Gruß
Chinaman

chinaman - Sonntag, 3. September 2006 - 08:43
Gastanalyse

Warum die Zinsen steigen müssen

Stabiles Geld geht vor

Von Thorsten Polleit


Die Zeichen mehren sich, dass der globale Konjunkturaufschwung in einen Abschwung übergeht. In den USA signalisieren mittlerweile nicht nur die Zinsmärkte, sondern auch harte Daten das Ende des seit Anfang der neunziger Jahre währenden Aufschwungs. Gleichmaßen gibt es erste Anzeichen, dass der Euro-Raum seinen Konjunkturhochpunkt überschreitet.

Ökonomen wissen nur wenig über die Ursachen für das Auf und Ab der Wirtschaftsaktivität. Es gibt keinen Mangel an Erklärungen. Für die einen ist es der gestiegene Ölpreis, für die anderen die wachsenden globalen Risiken. Doch eine unumstrittene, annähernd verlässliche Konjunkturtheorie existiert nicht.

Beim Versuch, etwas Licht in das Dunkel des Konjunkturverlaufs zu bringen, fällt doch eines auf: Nach dem Kollaps des "New Economy"-Hypes gegen Mitte des Jahres 2000 haben die Notenbanken weltweit die Zinsen in bisher nicht gekannter Weise gesenkt. Kredite wurden billig wie nie. Käufe wurden verstärkt auf Pump finanziert. Die Verschuldung der Volkswirtschaften in Relation zum Einkommen ist drastisch gestiegen.

Das künstliche Drücken der Zinsen scheint vor allem Investitionen angeregt zu haben, die ohne das Öffnen der Geldschleusen wohl nicht getätigt worden wären. Die Notenbanken haben nun aber erkannt, dass ihre überzogene Niedrigzinspolitik über kurz oder lang ein Inflationsproblem heraufbeschwört: Sie weitet Kredit- und Geldmengen zu stark aus.

Dadurch, dass die Zinsen steigen, werden nun genau diejenigen Investitionen unrentabel, die durch die vorangegangenen Niedrigzinsen angeregt wurden. Produktions- und Beschäftigungsverluste und eine konjunkturelle Eintrübung dürften daher unvermeidlich sein, und genau dies scheinen die Wirtschaftsdaten jetzt zu zeigen. Wäre es da nicht sinnvoll, die Zinsen nicht weiter anzuheben?

Das klingt zunächst vernünftig. Doch folgt man der Logik einer solchen Empfehlung, hieße das, dass die Zentralbanken immer mehr Kredit und Geld in die Wirtschaft pumpen müssten, zu immer niedrigeren Zinsen. Am Ende eines "Weiter-so" stünde absehbar eine Verschuldungs- und Wirtschaftskrise größten Ausmaßes, zu deren Bereinigung das Geld letztlich durch Inflation entwertet würde.

Im Prinzip geht es geldpolitisch um die Frage, ob die Folgekosten der exzessiven Niedrigzinspolitik jetzt in Kauf zu nehmen sind, oder ob die Zentralbanken zu einer Geldpolitik der Krisenverschleppung greifen sollen, die die Kosten der anstehenden (Konjunktur-) Krise nicht nur weiter in die Zukunft verlagert, sondern vermutlich auch noch erhöht.

Stabiles Geld ist für eine freiheitlich organisierte Gesellschaft ein zu hohes Gut ist, als dass es durch kurzfristige Konjunkturorientierung geopfert werden darf. Es ist letztlich im Interesse der Mehrheit, dass die Notenbanken ermuntert werden, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen, sondern dass sie die Zinsen weiter anheben und so für dauerhaft stabiles Geld sorgen.

Der Autor ist Chief German Economist, Barclays Capital, und Honorarprofessor an der HfB - Business School for Finance & Management in Frankfurt/Main.

Artikel erschienen am Do, 31. August 2006
Die Welt

prof - Sonntag, 3. September 2006 - 13:11
Stabiles Geld ist für eine freiheitlich organisierte Gesellschaft ein zu hohes Gut ist, als dass es durch kurzfristige Konjunkturorientierung geopfert werden darf.

Hoffentlich sehen das die Notenbanken und vor allem die Politik genauso, die wollen doch alle nur kurzfristig ihren Kopf retten.
Prof

chinaman - Montag, 4. September 2006 - 11:20
"Hoffentlich sehen das die Notenbanken und vor allem die Politik genauso, die wollen doch alle nur kurzfristig ihren Kopf retten. "

Hallo Prof,

da habe ich auch sehr große Zweifel. Vor allem was die Politik betrifft ...

Gruß
Chinaman

chinaman - Samstag, 9. September 2006 - 09:44
Handelsblatt Nr. 173 vom 07.09.06 Seite 22


FSF sieht Gefahr für Finanzmärkte

Stabilitätsforum nennt Verschuldung, LBO's und Immobilienmärkte als Risiken

PARIS. Die Mitglieder des Forums für Finanz-Stabilität (Financial Stability Forum, FSF) haben bei ihrem jüngsten Treffen in Paris drei Quellen für mögliche Spannungen ausgemacht: Die hohe Verschuldung der Haushalte in Ländern wie USA und Großbritannien, die Immobilienmärkte dieser Länder sowie das massive Ansteigen von kreditfinanzierten Übernahmen börsennotierter Konzerne (Leveraged Buy-Out, LBO). Das sagte Italiens Notenbank-Chef Mario Draghi, der zurzeit dem FSF vorsteht. Er warnte jedoch vor übertriebener Sorge. "Es gibt keinen Anlass für Dramatisierungen."

Im FSF sind Vertreter der wichtigen Notenbanken, Banken-Aufsichtsbehörden sowie der Finanzministerien zusammengeschlossen. Das Forum wurde im Februar 1999 von den Finanzministern der sieben führenden Wirtschaftsnationen (G7) ins Leben gerufen. Die Mitglieder des FSF beraten gemeinsame Initiativen zur Stärkung des weltweiten Finanzsystems.

FSF-Präsident Draghi lobte, dass die jüngste Initiative zur besseren Kontrolle des Wachstumsmarktes Kredit-Derivate Erfolge gezeigt habe. Banken hätten in der Zwischenzeit Kontrollsysteme installiert, die ihnen eine zeitnahe Überwachung ihrer Risikopositionen erlaube. Dies sei wichtig, um Schieflagen zu vermeiden. "Wir sind nun dabei, Daten über den Markt der Derivate zu sammeln, möglicherweise ist es sinnvoll, unsere Initiative auf diesen Bereich auszudehnen", erklärte Draghi.

Im Bezug auf das Thema Hedge-Fonds rief das FSF die Banken dazu auf, ausreichende Margen zu erzielen, wenn sie diesen Fonds Geld leihen. Die Bundesregierung will dagegen Hedge-Fonds regulieren. Dieser Vorstoß wurde auf dem gestrigen Treffen des FSF indes nicht diskutiert, sagte Draghi. ali

ali



07. September 2006

chinaman - Mittwoch, 13. September 2006 - 05:37
Handelsblatt Nr. 176 vom 12.09.06 Seite 25


IWF warnt vor Turbulenzen

Experten sehen Risiken bei Schwellenländern und in den USA

KLAUS C. ENGELEN | BERLIN Die Kapitalmarktexperten des Internationalen Währungsfonds (IWF) sagen deutliche Verwerfungen auf den weltweiten Finanzmärkten voraus. Der IWF entwirft ein "Basis-Szenario", bei dem es zu schädlichen Überreaktionen der Finanzmärkte auf höhere Risiken kommen könnte. Die Experten legen heute zum Auftakt der Weltwährungstagung in Singapur den neuen Global Financial Stability Report vor.

Der IWF weist auf die wachsenden Sorgen hin, dass bei steigendem Inflations- und Zinsauftrieb "Liquiditätsengpässe auftreten und zu unerwarteten Stress-Situationen führen". Mögliche Marktstörungen sieht er insbesondere bei neuen und komplexen Finanzinstrumenten wie strukturierten Produkten. Als weitere Gefahrenquelle nennen die Experten des Fonds die große Abhängigkeit von Schwellenländern mit hohen Leistungsbilanzdefiziten von zinsgünstigen und kontinuierlichen ausländischen Kapitalzuflüssen.

Auch dürften die Unsicherheiten, die sich aus den Finanzierungszwängen der gewaltigen Leistungsbilanzungleichgewichte unter den Industrieländern ergeben, nicht unterschätzt werden. So könne die sich verbessernde Attraktivität konkurrierender Finanzmärkte zu den USA - etwa durch weitere Liberalisierung und die Erweiterung der angebotenen Produktpalette - die Finanzierung der immer noch riesigen US-Leistungsbilanzdefizite aus den weltweiten Ersparnissen erschweren. In einer Übergangszeit werde das nachlassende Vertrauen in Dollaranlagen - auch seitens der Notenbanken in Asien und anderen Teilen der Welt - möglicherweise "ungeordnete" Dollarabwertungen auslösen, befürchten die Ökonomen.

Ausführlich nimmt der neue Bericht auch die immer höhere Verschuldung von Haushalten in den aufstrebenden Volkswirtschaften aufs Korn. Diese Kreditausweitung an die Haushalte fordere die Finanzaufsichtsbehörden heraus und könne zu einer Gefährdung der jeweiligen Bankensysteme führen.

Im Rückblick auf die Turbulenzen und Rückschläge vom Frühjahr trösten sich die Kapitalmarktfachleute des IWF jedoch mit der Feststellung: Trotz einer weiteren Ausweitung neuer komplexer Finanzprodukte hätten sich das Finanzsystem und seine Aufsichtsstrukturen als äußerst widerstandfähig erwiesen.

Präsentiert wird der "Kapitalmarktbericht" des Fonds zum ersten Mal vom früheren spanischen Notenbankgouverneur Jaime Caruana, einem neuen Hoffnungsträger in der Führungsmannschaft des Fonds. Nach der Zusammenlegung der früheren Abteilungen "Überwachung" und "Kapitalmarkt" soll Spaniens Ex-Notenbankchef für eine bessere Koordinierung sämtlicher Finanzmarktaktivitäten des IWF sorgen.

Damit sitzt neben IWF-Chef Rodrigo de Rato ein weiterer Spanier im Top-Management. In den letzten Jahren hat Caruana als Vorsitzender des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht die neuen Eigenkapitalregeln Basel II auf die Schiene gebracht. Im Bereich Kapitalmarkt tritt er die Nachfolge des Deutschen Gerd Häusler an. Dieser hat als Chef der vor fünf Jahren neu geschaffenen "Kapitalmarktabteilung" dem einmal im Jahr erscheinenden GFSR zu weltweiter Anerkennung verholfen.

Engelen, Klaus C.



12. September 2006

stw - Mittwoch, 13. September 2006 - 08:00
"In einer Übergangszeit werde das nachlassende Vertrauen in Dollaranlagen - auch seitens der Notenbanken in Asien und anderen Teilen der Welt - möglicherweise "ungeordnete" Dollarabwertungen auslösen, befürchten die Ökonomen."

Nun geht also scheinbar auch der IWF von einem Krisenszenario aus. Mich wundert, dass diese Warungen an den Börsen scheinbar ungehört verhallen.

:-) stw

chinaman - Mittwoch, 13. September 2006 - 10:48
Es ist einfach komisch was momentan passiert. Selbst das IWF spricht offen von einer möglichen Krise und die Edelmetalle fallen während die "normalen" Aktien steigen ...


Gruß
Chinaman

stw - Mittwoch, 13. September 2006 - 12:59
@chinaman: Es tröstet mich etwas, dass auch Du als erfahrener Anleger die Welt nicht mehr verstehst...

:-) stw

prof - Mittwoch, 13. September 2006 - 13:07
Aber Leute, wo leben wir denn: Börse ist nun mal irrational, das haben wir doch schon 100 * gesehen!
Prof

chinaman - Mittwoch, 13. September 2006 - 13:22
"Börse ist nun mal irrational"

@ Prof: Die These würde ich voll unterschreiben. Allerdings passt auch dieses Statement nicht in mein Weltbild von Charttechnikern. Ich dachte immer, Ihr setzt gewissermassen voraus, dass die Kurse immer rational sind und die "Wahrheit" zeigen ...


Gruß
Chinaman

al_sting - Mittwoch, 13. September 2006 - 13:47
Und ich dachte, gerade die Charties würden die Irrationalität der Welt berücksichtigen und sich deshalb keinen Deut um die Fundamentals zu scheren, sondern ausschliesslich dem Zeitgeist, hier Chart genannt, folgen. :-)

prof - Mittwoch, 13. September 2006 - 14:24
In den Charts steckt ja auch die Irrationalität drin, nicht in den Fundamentals (s. Silber).
Zum (seinem) Glück hat chinaman "komisch" und nicht "schlimm" geschrieben, sonst wäre er von mir des Jammerns bezichtigt worden!
;-) Prof

Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Welt-Tendenz: Archivierte Beiträge bis 13. September 2006