Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: Notenbank warnt vor Finanzcrash
buylowsellhigh - Freitag, 2. Juni 2006 - 12:42
Die Europäische Zentralbank (EZB) sieht die Stabilität des Weltfinanzsystems durch Hedge-Fonds gefährdet. Es drohe durch "den Kollaps eines großen Hedge Fonds oder mehrerer kleiner Fonds" zu "ungeordneten Marktkorrekturen" zu kommen, schreibt die EZB in ihrem neuen Bericht zur Finanzstabilität. Besonders bedenklich sei, dass viele Fondsmanager inzwischen vergleichbare Investmentstrategien benutzten, so die EZB. Angesichts der jüngsten Marktturbulenzen erhöhe sich dadurch das Risiko, dass Anlagepositionen gleich in großem Stil und schlagartig aufgelöst werden.

Anlagevolumen von 1200 Milliarden Dollar

Nach zuletzt hohen Renditen hat die Branche ihr Anlagevolumen auf rund 1200 Milliarden US-Dollar schrauben können. Das entspricht knapp der Hälfte der jährlichen Wirtschaftsleistung Deutschlands. Noch 1990 hatten Hedge Fonds nicht einmal 50 Milliarden Dollar zur Verfügung. Die wendigen Profianleger erhöhen ihren Einsatz durch Kredite und versuchen häufig, durch milliardenschwere Investitionen die Preise in Einzelmärkten zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Bereits 1998 kurz vor dem Abgrund

Der Gleichlauf der Investitionen in der Branche habe inzwischen "das Ausmaß überschritten, das kurz vor dem Beinahe-Crash von Long Term Capital Management 1998 zu beobachten war", schreibt die EZB. Die Schieflage des US-Hedge-Fonds hatte die Welt an den Rand einer Finanzkrise gebracht, die nur durch eine massive gemeinsame Intervention der US-Notenbank und großer Wall-Street-Banken verhindert werden konnte. Dass die normalerweise für ihren diplomatischen Ton bekannte europäische Notenbank so explizit vor einer Hedge-Fonds-Krise warnt, zeigt das Ausmaß der Sorge über die Lage an den Finanzmärkten. Die EZB-Experten tauschen sich mit den Notenbanken aller großen Volkswirtschaften aus.

Kollaps eines großen Hedge Fonds befürchtet

Wegen der lange Zeit weltweit niedrigen Zinsen sind Investoren hohe Risiken vor allem in Schwellenländern eingegangen - um sich dort hohe Renditen zu sichern. Jetzt, da die Notenbanken in den Industriestaaten ihre Zinsen anziehen, bestehe die Gefahr, dass Mittel schnell umgeschichtet werden, schreibt die EZB. Dies könnte zu drastischen Kursverlusten in den betroffenen Anlagekategorien führen. Die Korrektur drohe besonders solche Investoren hart zu treffen, die wie Hedge Fonds mit geliehenem Geld spekulieren und daher ihre Gläubiger ständig bedienen müssen. Die Flucht aus Risikopapieren hatte bereits in den vergangenen Wochen den Absturz der Rohstoffpreise sowie der Aktien- und Anleihenkurse vieler Schwellenländer ausgelöst. An den Finanzmärkten kursierten Gerüchte, ein größerer Hedge Fonds stehe vor der Pleite.

Krise vermeidbar

EZB-Vizepräsident Lucas Papademos betonte bei der Vorstellung des Berichts zwar, das Finanzsystem sei robust, und die Bilanzen der Banken seien gesund. Das Hauptszenario der Notenbank sei deshalb, dass eine Krise vermieden werden könne. Allerdings hänge "der Ausblick an einer delikaten Balance". Die Warnung der EZB ist besonders brisant, da ein vertraulicher Bericht des EU-Wirtschafts- und Finanzausschusses kürzlich zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Euro-Zone für einen Finanzcrash schlecht gerüstet ist. In dem Ausschuss sind die Notenbank, die Brüsseler Kommission und die Finanzministerien vertreten.

Neuer Zündstoff für Hedge-Fonds-Debatte

Papademos wies solche Bedenken aber am Donnerstag zurück. Die bestehenden Strukturen ermöglichten es, "eine Antwort auf mögliche Folgen einer Finanzkrise zu geben", sagte er bei der Vorstellung des Berichts. Die Analyse der EZB stößt mitten in eine Debatte über eine bessere Kontrolle der bislang weitgehend unbeaufsichtigten Hedge Fonds. Die Bundesbank hatte jüngst eine freiwillige Kontrolle durch Rating-Agenturen vorgeschlagen. Auch die US-Börsenaufsicht SEC hat zuletzt die Zügel angezogen. Papademos sagte, er unterstütze Bemühungen um mehr Transparenz.

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So ein Crash würde wunderbare Einstiegskurse bringen!
Überlege mir gerade ob ich meine Bestände durch Stopploss absichern oder gleich die Hälfte verkaufen sollte, damit ich dann nach dem Crash wieder billig einsteigen kann.
Kommt der Crash dummerweise (oder Gott sei Dank!) nicht laufen mir vielleicht die Kurse davon.
Eure Meinung würde mich sehr interessieren.

buylowsellhigh - Freitag, 2. Juni 2006 - 12:48
Einmal Crash würde mir schon reichen...
Bitte das doppelte Posting ignorieren.

phlipster - Samstag, 3. Juni 2006 - 00:26
Eine sehr spannende Diskussion regst Du da an...

Vielleicht ist ja schon ein Hedge-Fond gecrasht und hat für die deutliche Korrektur gesorgt?

1998 kam ja erst nachträglich (ca. 3 Monate nach der Abwertung) heraus, dass LTCM ein Hauptverursacher der Asien-Krise war. Es war nicht so, dass der LTCM-Crash gross bekannt wurde und dann die Börsen re-agierten, sondern andersherum.

Viele Indices haben locker 10-20% korrigiert, das ist ganz ordentlich. Und dazu müssen sie wieder stärker - 11-25% - steigen, diese mathematische Banalität darf man ja nicht vergessen. Andererseits: viell. war das erst der Anfang?

Ich jedenfalls stelle mich auf sehr volatile Monate ein. Geringe Umsätze, hohe Ausschläge. Viele deutsche Anleger werden ihre spekufrist-freien GEwinne realisieren, sagt meine Bank. Das könntest Du auch tun, ggf. Zwischenerholung abwarten, und selektiv neu investieren, mit engen Stopps.

prof - Samstag, 3. Juni 2006 - 12:00
Wenn man die Wirtschaftspresse verfolgt, wird man sicher täglich auf Crashwarnungen/propheten treffen.

Ob der Crash durch Hedgefonds, schwere politische Krisen oder mangelndes Vertrauen in das Papiergeld und Schuldenmachen ausgelöst wird, ist ziemlich egal. Fakt ist, er wird kommen. Es geht nicht ums "Warum?" sondern ums: "Wann?". Bei deren Beantwortung stehen wir alle recht hilflos da.

Man kann Parallelen zum Zusammenbruch der DDR ziehen: Jeder wusste spätestens seit Anfang der 80´er, dass das System marode ist und nicht mehr lange durchhalten wird. Als das Kartenhaus dann aber in drei Monaten (August-November 89) zusammenfiel, waren alle überrascht!

Der Zeitpunkt ist entscheidend, denn bis dahin könnte man ja noch ein bisschen Kleingeld an der Börse verdienen und die Vorbereitungen abschließen. Und den Zeitpunkt kennen wir nicht. Also: Vorbereiten und die restlichen Monate/Jahre noch ein bisschen an der Börse mitspielen, macht ja auch Spaß ...
Prof

phlipster - Sonntag, 4. Juni 2006 - 11:49
Ich glaube, dass man differenzieren muss zwischen dem Zusammenbruch einzelner Märkte/ggf Regionen und dem Zusammenbruch des Weltfinanzsystems.

Das DDR-Beispiel ist gut + gilt sicherlich nach wie vor für Märkte wie zB Argentinien. Vielleicht sogar für die USA, deren Handelsbilanzdefizit und VErschuldung mich besorgt.

Auf Ebene des Weltfinanzsystems bin ich anderer Meinung und beziehe jetzt mal einseitig Stellung, um die Diskussion anzuheizen. Mittlerweile stimmen sich die Zentralbanken untereinander ab+sind ökonomisch weiser geworden, die Devisenmärkte (als Puffer) funktionieren, so dass die Möglihckeit einer Weltwirtschaftskrise à la 1929 mir sehr unwahrscheinlich erscheint.

prof - Montag, 5. Juni 2006 - 17:32
Die Märkte sind heute wesentlich mehr vernetzt, als 1929: Wenn ein wichtiger Markt (USA, Japan, Europa) richtig kippt startet der Dominoeffekt. Da bin ich mir sicher!
An die ökonomische Weisheit der Zentralabanken glaube ich nicht - Prof

chinaman - Mittwoch, 7. Juni 2006 - 06:28
"Die ökonomische Weisheit" der Zentralbanken ... Der Witz ist ja köstlich ...

Bisher bestand die Weisheit doch eher darin, ziemlich vel GELD ZU DRUCKEN. Den Job könnte ich auch machen ...

Worin bestehen denn die Mehrheit der weltweiten Devisenreserven ? Aus USD !!! Wenn nun in Amerika eine Finanzkrise auftritt, dann soll das ohne Auswirkungen bleiben ???

Was nicht sein darf, das kann nicht sein !


Gruß
Chinaman

buylowsellhigh - Mittwoch, 27. September 2006 - 02:12
In sieben Tagen 4,5 Milliarden Dollar Verlust

Der US-Hedgefonds Amaranth Advisors hat blitzschnell einen gewaltigen Verlust eingefahren. Mit spekulativen Gasgeschäften war Amaranth zuvor erfolgreich gewesen, diesmal schätzte das Management den Energiemarkt aber falsch ein. Bei fallenden Gaspreisen schmolz der Wert des Portfolios binnen einer Woche um 4,5 Milliarden Dollar.
New York - Brian Hunter, Leiter der Energieabteilung von Amaranth Advisors, galt in Fachkreisen schon immer als Zocker. Aber als ein sehr erfolgreicher: Mit seinen Optionsgeschäften im Gasbereich profitierte er massiv von den hohen Gaspreisen nach den Wirbelstürmen Katrina und Rita im vergangenen Jahr. Mit den Folgen der Katastrophen verdiente er damals zwei Milliarden Dollar.

Doch nun erlebt der 32-jährige Fondsmanager selbst eine Katastrophe, die zwar wesentlicher harmloser daherkommt als ein Wirbelsturm, doch für die Hedge-Fonds ebenso zerstörerisch wirkt: Die Energiepreise brachen in der vergangenen Woche um zwölf Prozent ein - und bescherten Amaranth einen Milliardenverlust.

Der Wert der unter der Verwaltung des Fonds stehenden Vermögenswerte fiel nach Berichten des "Wall Street Journal" in einer Woche von neun Milliarden auf 4,5 Milliarden Dollar. Hunter hatte mit seinen Optionsscheinen, die wegen ihrer spekulativen Natur auch "Gaswetten" genannt werden, auf hohe Preise gesetzt.

Sein Arbeitgeber ließ kurz darauf verkünden, im Interesse der Investoren künftig weniger auf das risikoreiche Gasgeschäft zu setzen. Aufs Gesamtjahr betrachtet erwarte man dennoch Verluste von 35 Prozent. Das Wort Amaranth stammt aus dem Griechischen und bedeutet "unvergänglich" (amarantos), erklärt der Gründer des Unternehmens, Nick Maounis, auf der Website "amaranthllc.com" - nun muss er eingestehen, dass Gewinne an der Börse sehr wohl vergänglich sind.

Mehr Kontrolle für Hedgefonds gefordert

Amaranth ist bereits der zweite Hedgefonds, der innerhalb kurzer Zeit schwere Finanzprobleme durch Spekulationen auf dem Energiemarkt meldet. Anfang August hatte bereits der 430 Millionen Dollar starke MotherRock Fonds aufgeben müssen.

Auch die Deutsche Bank gehört wie andere europäische Großbanken zu den Investoren von Amaranth. Einige Dach-Hedge-Fonds, die von Geldhäusern wie Deutscher Bank, Credit Suisse oder Morgan Stanley angeboten werden, haben einen Teil ihres Kapitals bei Amaranth investiert. Zum Ausmaß des Schadens machte das Frankfurter Geldhaus am Dienstag keine Angaben.

Die Gaspreise schwanken stärker als die anderen Energiepreise, weil der Transport von Gas, beispielsweise um örtliche Verknappungen oder Überschüsse auszugleichen, weitaus schwieriger ist als der von Öl oder anderen Treibstoffen.

Mit den neuen Verlusten flammt in den USA die Diskussion über eine stärkere Kontrolle der Hedgefonds neu auf. Nach Angaben der "New York Times" nehmen die Fonds inzwischen erheblichen Einfluss auf die Märkte. Derzeit gebe es 9000 Hedgefonds mit 1,2 Billionen Dollar an Vermögenswerten. Noch 1990 hatten die Hedge-Fonds nur 38,9 Milliarden Dollar gemanagt.

stw - Mittwoch, 27. September 2006 - 08:36
Einem 32jährigen Jungen werden solche Summen anvertraut und der geht damit um als wäre es Spielgeld: da habe ich wirklich nur noch kopfschütteln für übrig...

:-) stw

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