Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: US-Tendenz: Archivierte Beiträge bis 9. November 2004
wojtek_m - Dienstag, 14. September 2004 - 19:17
Diesmal vieles richtig aber wenig neues vom Herrn Faber...

chinaman - Donnerstag, 23. September 2004 - 09:10
US-GELDPOLITIK

Magier gegen Märkte Von TORSTEN RIECKE

Alan Greenspan liebt es, den Finanzmärkten ein paar Schritte voraus zu sein. Mit seiner präventiven Geldpolitik versucht der Chef der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) Inflations- und Wachstumshindernisse aus dem Weg zu räumen, bevor sie die Wirtschaft aus der Bahn werfen können. Sein Zinsschritt auf 1,75 Prozent passt exakt in diesen Plan.

Normalerweise vertrauen die Finanzmärkte Greenspan blind und folgen ihm auf dem Fuß. Diesmal scheint der 78-jährige Magier unter den Notenbankern allerdings zu weit vorausgeeilt zu sein. Die Anleihemärkte ziehen nicht mit. Während die Leitzinsen seit Juni stetig gestiegen sind, sackte die Verzinsung für zehnjährige US-Treasuries auf unter 4,10 Prozent ab. Das ist der niedrigste Stand seit sechs Monaten. Selbst die gestrige Zinserhöhung und die Aussicht auf weitere Zinsschritte in den kommenden Monaten brachten die Rendite nicht über diese Marke. Die Verzinsung ging sogar weiter zurück.

Die zehnjährigen Bonds sind die Trendsetter für die langfristigen Zinsen und spiegeln in der Regel den geldpolitischen Kurs der Fed recht gut wider. Ihre Rendite beeinflusst nicht nur das Zinsniveau für viele Konsumentenkredite, sondern auch die Hypothekenzinsen der Hausbesitzer. Dass die Anleihemärkte bislang der Notenbank nicht folgen, ist zunächst ein herber Rückschlag für Greenspan & Co. Hat die Fed doch gerade ihre Kommunikation mit den Märkten in den vergangenen Jahren als überaus erfolgreich gelobt. Mehr Sorge sollte den Notenbankern jedoch machen, dass sich niemand die ungewöhnliche Reaktion der Bond-Händler erklären kann.

"Es gibt eigentlich nur zwei mögliche Erklärungen", sagt Ex-Fed-Gouverneur Lawrence Meyer, "entweder die Märkte haben weniger Vertrauen in den Aufschwung als Greenspan. Oder der von der Fed angestrebte neutrale Zins ist auf Grund struktureller Ungleichgewichte in der US-Wirtschaft geringer als von der Notenbank angenommen." Beide Möglichkeiten verheißen nichts Gutes für die amerikanische Wirtschaft. Deuten sie doch auf Schwachstellen hin, die Greenspan heruntergespielt hat.

Der Fed-Chairman hat erst vor kurzem bei einer Anhörung vor dem Kongress bekräftigt, dass die Wirtschaft wieder Tritt gefasst habe. Greenspans Ziel ist es deshalb, die Leitzinsen in den USA schrittweise wieder auf ein konjunkturneutrales Niveau anzuheben. Gemeint ist damit ein Zinsniveau, das weder stimulierend noch bremsend auf die Wirtschaft wirkt. Janet Yellen, Präsidentin der Fed in San Francisco, hat diesen konjunkturneutralen Zins "zwischen 3,5 und 4,5 Prozent" angesiedelt.

Folgt man jedoch Meyers erstem Erklärungsversuch, sind die Anleihemärkte ganz offensichtlich noch nicht davon überzeugt, dass die US-Wirtschaft ihren leichten Schwächeanfall bereits überwunden hat. Die geringen Inflationserwartungen allein können die sinkende Rendite nicht erklären. Die niedrige Verzinsung der Bonds impliziert vielmehr, dass die Wirtschaft ihr Wachstumspotenzial nicht ausschöpfen kann und daher auch keine Inflationsgefahr droht. Die langfristigen Zinsen können deshalb niedrig bleiben. "Die Bondmärkte sind pessimistischer als Greenspan", sagt der ehemalige Fed-Vize Alan Blinder.

Gestützt wird der Konjunkturpessimismus durch die Schwäche im privaten Verbrauch, der bislang den Aufschwung in Amerika fast allein getragen hat. Zwar hat sich in den vergangenen Monaten die Investitionstätigkeit der Unternehmen merklich belebt. Ob das jedoch ausreicht, um den Stab der Konjunktur weiterzutragen, hängt entscheidend vom Arbeitsmarkt ab. Bleibt das Beschäftigungswachstum verhalten, geht dem Aufschwung die Puste aus.

Noch schwerer wiegt die zweite Variante, die Meyer als Erklärung für die gegenläufige Reaktion der Bondmärkte ins Spiel gebracht hat. Sollten tatsächlich die Ungleichgewichte in der US-Wirtschaft die langfristigen Wachstumsmöglichkeiten begrenzen, müsste die Fed ihren Fahrplan für künftige Zinserhöhungen überdenken. Gemeint sind damit vor allem die enormen Defizite im Außenhandel und im Haushalt sowie die hohe Verschuldung der Verbraucher und ihre zu geringe Sparneigung.

Jan Hatzius, Ökonom bei der Investmentbank Goldman Sachs, warnt zum Beispiel, dass das riesige Ungleichgewicht in der US-Leistungsbilanz über einen steigenden Schuldendienst "beträchtliche Kosten" für die Wirtschaft verursacht, auch wenn es noch nicht zu einer Vertrauenskrise auf den Finanzmärkten gekommen ist. Ähnlich besorgt äußerte sich jetzt auch Rodrigo de Rato, der neue Chef des Internationalen Währungsfonds. Er nannte das doppelte Defizit eine Bedrohung für die USA und die Weltwirtschaft.

Quelle: Handelsblatt

chinaman - Dienstag, 2. November 2004 - 10:24
Schicksalstag auch für die Börsen
Investoren müssen sich bei der US-Wahl auf sechs Szenarien einstellen
von Daniel Eckert und Holger Zschäpitz

Berlin - An Superlativen ist die heutige US-Wahl wahrlich nicht arm: Feuilletonisten, Außenpolitiker und Ökonomen stimmen in seltener Eintracht überein, daß dies der wichtigste Urnengang seit dem Zweiten Weltkrieg, wenn nicht gar seit der Wahl Abraham Lincolns zum Präsidenten im Jahr 1860 ist. Auf alle Fälle machen sie die 1,2 Mrd. Dollar Werbegelder zur für die Kandidaten teuersten Abstimmung der US-Geschichte. Da wundert es schon, daß die leicht zur Aufgeregtheit neigenden Börsianer relativ gelassen bleiben. Der Deutsche Aktienindex sprang einen Tag vor dem Showdown mühelos über die 4000-Punkte-Marke.


Ob sich Börsianer zu früh aus der Deckung gewagt haben, wird frühestens Dienstag nacht feststehen, wenn die ersten Hochrechnungen über die Bildschirme flimmern. Längst haben die Seismographen vom Parkett sämtliche Wahlausgangsszenarien aufgestellt und deren Eintrittswahrscheinlichkeiten kalkuliert. Danach ist es kurzfristig für Anleger am vorteilhaftesten, wenn Präsident George W. Bush im Amt bestätigt wird und gleichzeitig der Kongreß (Repräsentantenhaus und die Länderkammer, der Senat) fest in Republikanerhand bleibt. Für dieses Szenario - Eintrittswahrscheinlichkeit 28,2 Prozent - stellen die führenden Aktienstrategen den Anlegern Kursgewinne von fünf bis zehn Prozent in Aussicht.


"Der S&P 500 würde dann eine Rallye direkt im Anschluß an die Wahl starten, die bis ins Jahr 2005 andauert", sagt Henry Chip Dickson, Stratege bei Lehman Brothers in New York.


Doch für Börsianer ist nicht allein die Wahl des Präsidenten von Bedeutung. Auch ein Drittel des Senats, bestehend aus 100 Senatoren aus 50 Bundesstaaten und daher mit dem Deutschen Bundesrat vergleichbar, wird neu besetzt. Damit erhöht sich die Zahl der für Börsianer relevanten Wahlausgänge auf vier. Doch damit nicht genug. Weil das Ergebnis noch knapper ausfallen könnte als beim letzten Urnengang im Jahr 2000, halten viele Beobachter auch dieses Mal eine Hängepartie für möglich. Wie vor vier Jahren hieße das, daß über Wochen nicht feststeht, wer ab dem 20. Januar im Weißen Haus residieren wird.


Ein solches lähmendes Wahlpatt wäre der Alptraum für Börsianer. Denn nichts hassen sie so sehr wie tantalische Unsicherheit. Marktbeobachter rechnen für diesen Fall damit, daß die Börsen um sieben bis zehn Prozent einbrechen könnten. Lediglich defensive Werte mit hoher Dividendenrendite hätten dann noch Chancen, sich gegen den schwachen Markttrend zu stemmen. Ob der Senat in republikanischer Hand bliebe oder aber die Demokraten die Oberhand gewännen, wäre bei einer Hängepartie unerheblich.


Börsianer geben klar einer Bestätigung von Präsident Bush den Vorzug. "Dann wüßten wir in der Wirtschaftspolitik, was wir haben", sagt Dickson. Die Analysten wollen eine zweite Amtszeit von Bush, weil dieser die Steuererleichterungen für Dividendenausschüttungen und Spekulationsgewinne, die 2008 auslaufen, dauerhaft machen will. Nach Berechnungen von Lehmann-Mann Dickson stiege der faire Wert für US-Aktien bei einer Verewigung der Erleichterungen um sechs Prozent (vier Prozent aus reduzierter Dividendenbesteuerung und zwei Prozent aus der Tatsache, daß bei anfallenden Kursgewinnen der Fiskus weiterhin nur schwach zulangt). Und Börsianer würden im Sinne der Kontinuität auch begrüßen, wenn auch noch der Senat in Republikanerhand bliebe. Ob Wunschdenken oder nicht - diesem Szenario wird auch die höchste Wahrscheinlichkeit eingeräumt.


Ein Kerry-Sieg wäre nach Ansicht der Experten kurzfristig auf alle Fälle Gift für die Börsen. Blieben jedoch die Machtverhältnisse auf Capitol Hill so, wie sie sind, wäre der Demokrat an die Leine gelegt und sein Wahlerfolg dann für die Marktbeobachter nur "halb so schlimm". Denn Kerry kann nur entschieden darangehen, das hohe Haushaltsdefizit von 420 Mrd. Dollar abzubauen, wenn der US-Senat mitspielt. Fraglich erschiene dann, ob Kerry seine bei Börsianern ungeliebten Steuerpläne durchbringen kann. So hat der Herausforderer für den Fall seines Sieges angekündigt, die von Bush eingeführten Begünstigungen bei Kapitalgewinnen und Dividendenzahlungen rückgängig zu machen, was nach Berechnungen der CSFB den fairen Wert der US-Titel um zwei Prozent schmälern würde. Ansonsten will Kerry den Besserverdienern stärker ans Portemonnaie und die Ölkonzerne härter rannehmen. Auch die Pharmaunternehmen hätten unter Kerry wenig zu lachen. "Dies könnte kurzfristig einen Schock für die Ökonomie auslösen", meint Ryoji Musha, Stratege bei der Deutschen Bank.


Doch ganz anders gestaltet sich die langfristige Betrachtung - wie auch die Statistik zeigt. Hier sehen die Strategen mit aller Vorliebe für Bush durchaus auch Vorteile bei Kerry. Neben einer solideren Haushaltspolitik setzen die Börsianer auf eine moderatere Außenpolitik. Kerry wird zugetraut, den unilateralistischen Weg von Bush zu verlassen und bei der Lösung der globalen Krisenherde stärker die Verbündeten einzubinden. Damit könnte sich die geopolitische Lage entspannen, die Ölpreise könnten fallen und die Risikoprämien für Aktien schwinden.


Und noch ein Aspekt, den insbesondere der französische Stratege der Société Générale, Alain Bokobza, hervorhebt, spricht für Kerry. Im Falle einer Wiederwahl von Bush würden viele Verbraucher insbesondere in Europa Produkte von US-Markenmultis wie McDonald's, Coca-Cola oder Marlboro boykottieren und damit deren Gewinne unterminieren. Dumm nur, daß Kerry auf der anderen Seite den Freihandel einschränken will, was tendenziell den Multis wenig ins Konzept paßt.


Artikel erschienen am Di, 2. November 2004
Die Welt

chinaman - Dienstag, 2. November 2004 - 14:40
US-Wirtschaft wächst langsamer als erwartet.

US-Wirtschaft wächst weniger stark als erwartet
Samstag 30 Oktober, 2004 09:51 CET


Washington (Reuters) - Trotz eines stärkeren Konsums in den USA ist die größte Volkswirtschaft der Welt im dritten Quartal schwächer als erwartet gewachsen. Analysten machten dafür vor allem das Defizit in der US-Handelsbilanz verantwortlich.

Mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 3,7 Prozent wuchs die US-Wirtschaft aber stärker als im zweiten Vierteljahr (3,3 Prozent). Dies gab das Handelsministerium in Washington am Freitag auf Basis einer ersten Schätzung bekannt. Allerdings hatten Volkswirte mit einer deutlicheren Beschleunigung auf 4,2 Prozent gerechnet. Die Entwicklung könnte nach Einschätzung von Analysten auch Folgen für die US-Präsidentenwahl am Dienstag haben. Für die US-Notenbank Fed könnte ein weniger rasantes Wachstumstempo indes bedeuten, dass sie sich mit weiteren Zinserhöhungen mehr Zeit lassen kann.

Die Rentenmärkte reagierten zeitweise mit Kursgewinnen auf die schlechter als erwartete Entwicklung. Die Aktienmärkte dagegen gaben nur kurzzeitig nach. Die US-Börsen eröffneten im Plus und weiteten ihre Gewinne ebenso wie der Deutsche Aktienindex Dax aus, nachdem der Konjunkturindex der Chicagoer Einkaufsmanager im Oktober unerwartet stark gestiegen war. Das Barometer gilt als wichtiger Vorlaufindikator für den landesweiten Einkaufsmanagerindex, der am Montag veröffentlicht werden soll.

SCHLECHTE ZAHLEN VOR US-WAHL - FED KANN SICH ZEIT LASSEN

"Die BIP-Zahl ist eine große Enttäuschung", sagte Chef-Finanzanalyst John Person von Infinity Brokerage Services. Es zeige sich, dass das Wachstum nicht so groß sei wie angenommen. "Das dürfte nichts gutes verheißen, während wir auf die Wahl zusteuern, und könnte sich auf den Wahlausgang auswirken." Amtsinhaber George W. Bush und sein Herausforderer John Kerry liefern sich jüngsten Umfragen zufolge immer noch ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen um den Einzug ins Weiße Haus. Zu den wichtigsten Themen im Wahlkampf gehören neben dem Irak-Krieg die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Kerry wirft Bush vor, in dessen Amtszeit seit Januar 2001 seien zu wenig neue Stellen geschaffen worden. Zugleich kritisiert er ihn wegen der Haushaltsdefizite in Rekordhöhen.

Die Fed kann sich dagegen Volkswirten zufolge mit weiteren Zinserhöhungen mehr Zeit lassen. Die Schätzungen zeigten, "dass die Wirtschaft wie von der Fed angedeutet zwar etwas an Fahrt gewonnen hat, dass das Wachstum aber nicht robust ist", sagte Gary Thayer von A.G. Edwards and Sons. Die Fed hatte in ihrem jüngsten Konjunkturbericht Beige Book vorhergesagt, es sei davon auszugehen, dass die höheren Energiekosten die Ausgaben der Verbraucher und der Unternehmen einschränkten. Volkswirte rechneten bislang damit, dass die Fed bei ihrer nächsten Sitzung am 10. November ihren als Schlüsselzins geltenden Zielsatz für Tagesgeld ein viertes Mal seit Juni um 25 Basispunkte auf dann zwei Prozent anheben wird.

HANDELSDEFIZIT ALS WACHSTUMSBREMSE

Analysten führten das langsamere Wachstum überwiegend auf das Defizit im US-Außenhandel zurück, das ebenfalls durch die hohen Ölpreise ausgelöst wurde. "Der Netto-Rückgang bei den Exporten hemmt weiterhin das BIP-Wachstum und hat sich etwas stärker ausgewirkt als wir angenommen haben", sagte Volkswirt Kevin Logan von Dresdner Kleinwort Wasserstein. Chefstratege Robert Gay von Commerzbank Securities stellte fest, dass die Binnennachfrage in den USA weiterhin stark geblieben sei. "Aber ein großer Teil dieser Nachfrage wird aus den Lagerbeständen bedient und nicht aus der Produktion. Oder sie wird durch Importe bedient. Und das bedeutet auch keine heimische Produktion." Chefvolkswirt Robert Brusca von Fact and Opinion Economics sagte: "Wenn man ein wachsendes Handelsdefizit und nicht besonders stark wachsende Lagerbestände hat, dann belastet man das BIP ziemlich schwer."

Die Verbraucherausgaben, die rund zwei Drittel der US-Wirtschaftskraft ausmachen, stiegen mit plus 4,6 Prozent im dritten Quartal im höchsten Tempo seit einem Jahr. Gleichzeitig lag die Inflationsrate ohne schwankungsanfällige Preise für Lebensmittel und Energie bei 0,7 Prozent und damit auf dem niedrigsten Niveau seit fast 42 Jahren. Derweil bauten Unternehmen ihre Lagerbestände an nicht verkauften Gütern im dritten Vierteljahr nur noch um 48,1 Milliarden Dollar zum Vorjahr auf, während im zweiten Quartal noch 61,1 Milliarden Dollar erreicht worden waren. Mitte Oktober veröffentlichten Daten zufolge weiteten die USA ihr Handelsdefizit im August überraschend stark mit 54,4 Milliarden Dollar auf den zweithöchsten je erreichten Stand.


Quelle: http://www.reuters.de/newsPackageArticle...90&section=news

chinaman - Dienstag, 2. November 2004 - 14:41
Die US-Bauausgaben sind gefallen.

http://www.finanznachrichten.de/nachrich...kel-4022930.asp

chinaman - Dienstag, 2. November 2004 - 14:42
Der ISM Index ist zum dritten Mal in Folge gefallen.

http://www.finanznachrichten.de/nachrich...kel-4022836.asp

chinaman - Donnerstag, 4. November 2004 - 11:22
HANDELSBLATT, Donnerstag, 04. November 2004, 10:06 Uhr


Bereits am Freitag wird der Arbeitsmarktbericht verkündet


Bush steht vor Berg von Problemen


Die neue Regierung mit dem Präsident George Bush steht vor vielfältigen Schwierigkeiten. Die schwierigsten Themen in den Bereichen Innen- und Außenpolitik sowie Handel und Wirtschaft im Überblick.

HB WASHINGTON. An das dringendste wirtschaftliche Problem wird US-Präsident George W. Bush schon am morgigen Freitag erinnert. Dann liegt der Arbeitsmarktbericht für Oktober vor. Ökonomen rechnen zwar mit einem Jobzuwachs von 175 000. Das reicht aber nicht, um die Verluste der vergangenen vier Jahre wettzumachen. Hohe Produktivitätsgewinne von jährlich mehr als vier Prozent, steigende Gesundheitskosten und der hohe Ölpreis bremsen die Neueinstellungen der Unternehmen. Die Möglichkeiten für Bush, den Jobmarkt staatlich zu stimulieren, sind begrenzt. In seiner ersten Amtszeit hat er die Steuern drastisch gesenkt und so ein Haushaltsdefizit von derzeit 3,6 Prozent des BIP verursacht. Zwar hat Bush versprochen, er werde das Defizit innerhalb der nächste vier Jahre halbieren. Zugleich will er jedoch seine Steuersenkungen bis in alle Ewigkeit festschreiben. Allein durch das Wirtschaftswachstum wird er den Fehlbetrag nicht decken können.

Um konkrete Vorschläge für Ausgabenkürzungen hat sich Bush bislang gedrückt. Hinzu kommt, dass die Leistungszusagen für die Alters- und Gesundheitsvorsorge stark gestiegen sind. Kurz vor der Wahl peitschte Bush ein neues Gesetz für die Zuzahlung bei Arzneimitteln durch den Kongress. Kosten: 534 Mrd. Dollar über zehn Jahre. Angesichts dieser Verpflichtungen könne das Defizit in der nächsten Dekade auf über 4 000 Mrd. Dollar steigen, schätzt das parteiunabhängige Kongressbüro – dabei sind jene Kosten noch unberücksichtigt, die durch die geplante Einführung privater Investmentkonten zur Altersvorsorge entstehen.

Eigentlich hängt George W. Bush dem Freihandel an. Zwischen dem Bekenntnis und der Tat klafft bisweilen aber eine Lücke. Scheint es ihm dienlich, greift Bush auch zu protektionistischen Mitteln, wie 2002, als er auf Druck der heimischen Lobby Zölle auf Stahlimporte erhob oder Landwirten Beihilfen zubilligte. Diese Inkonsistenz in der Handelspolitik dürfte auch seine zweite Amtszeit prägen. Die Europäer werden erste Hinweise auf den künftigen Kurs Bushs schon heute erhalten: Der Streit um Subventionen für die Flugzeughersteller Boeing und Airbus bei der Welthandelsorganisation (WTO) geht in die nächste Runde. Es wird sich zeigen, ob die Klage vor der WTO nur ein Wahlkampfmanöver oder Ausdruck einer interessengesteuerten Politik war. Grundsätzlichere Erkenntnisse über die weitere Handelspolitik ergeben sich 2005, wenn es in die entscheidenden Verhandlungsrunden zum Abschluss der aktuellen Welthandelsrunde geht. Bush misstraut multilateralen Institutionen. Sie sind ihm zu schwerfällig, entscheiden zu selten im Sinne der USA. Daher dürfte die Regierung auch in der zweiten Amtszeit vorrangig auf bilaterale Freihandelsverträge setzen, um den Weltmarkt für US-Produkte zu öffnen. Noch mehr Reibungsfläche bietet China. Wenn 2005 das Multifaserabkommen ausläuft und Textilien aus dem Reich der Mitte ungehindert exportiert werden, wenn China seinen Exportüberschuss mit den USA steigert und gleichzeitig die Währung unverändert lässt, dann erst wird sich zeigen, wie ernst Bush den Freihandel nimmt.


Vor drei zentralen Problemen steht der US-Präsident in den nächsten vier Jahren in der Innenpolitik: Gesundheit, Rentenreform, innere Sicherheit. Das marode Krankenversicherungssystem ist das größte sozialpolitische Problem. Immer weniger Mittelschichtamerikaner können sich eine Krankenversicherung leisten. 16 Prozent der Bevölkerung – 45 Mill. Menschen – waren 2003 nicht krankenversichert; das sind 5,2 Mill. mehr als beim Amtsantritt von Bush 2001. Das Defizit der staatlichen Krankenversicherung für Arme, Senioren und Kinder steuert auf die 500-Mrd.-Dollar-Marke zu. Ein Grund dafür sind hohe Medikamentenpreise. Bush hat versprochen, sieben Millionen Amerikanern eine Krankenversicherung zu ermöglichen. Mit der beginnenden Verrentung der Baby-Boomer-Generation wird auch in den USA eine Rentenreform immer dringender. Bush setzt auf mehr private Vorsorge: Er will Arbeitnehmern erlauben, ihre Rentenbeiträge zum Teil auf private Investmentkonten einzuzahlen. 2002 zog Bush ein ähnliches Projekt wegen der Börsen-Baisse zurück. In jedem Fall dürfte eine Rentenreform zunächst weitere Haushaltslöcher reißen. Experten rechnen mit Kosten von bis zu acht Billionen Dollar für die nächsten 40 Jahre, weil weniger Geld in die Rentenkasse eingezahlt würde, die Ruheständler aber Anspruch auf ihre vollen Bezüge behielten. In Sachen innere Sicherheit muss Bush beweisen, dass die Einschränkungen der Bürgerfreiheiten die Sicherheit der Amerikaner vor Terror tatsächlich erhöhen. Dazu gehört vor allem eine bessere Koordination der Geheimdienste.

Die außenpolitische Agenda von George W. Bush ist klar: Irak, Terrorbekämpfung, Iran. Daneben werden zwar neue Nahost-Initiativen und das Dauerproblem Nordkorea eine Rolle spielen. Doch vor allem an den Resultaten im Irak wird sich einmal Bushs Platz in den Geschichtsbüchern bemessen. Dazu benötigt der Präsident zweierlei: eine wie auch immer geartete Demokratisierung des Landes, deren nächster Schritt mit den Wahlen im Januar ansteht. Gleichzeitig muss er eine Exitstrategie für die US-Truppen entwickeln, um Kritik im Inneren an seinem Vorgehen im Irak abwehren zu können. Der Erfolg beim Terror-Thema wird daran abzulesen sein, ob es Bush gelingt, Anschläge innerhalb der USA zu verhindern. Im Iran ist die Kunst gefragt, mit den Mitteln der Diplomatie und nicht des Krieges das Land davon abzuhalten, selbst Atomwaffen herzustellen.

Daneben gibt es zwar auch noch das transatlantische Verhältnis, doch die zentrale Rolle früherer Jahre wird es auch künftig für Bush nicht spielen. Im Gegenteil: „Die transatlantischen Beziehungen werden weiter hoch konfliktträchtig sein“, sagt Eberhard Sandschneider, Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Zu tun hat dies vor allem mit dem Ende der alten Wertegemeinschaft, wie sie noch zu Zeiten des Kalten Krieges existierte. „Der gemeinsame Feind, der uns 50 Jahre zusammengehalten hat, ist verschwunden“, sagt Sandschneider. Hätte man die Erkenntnis in der Clinton-Ära noch verdrängen können, sei sie unter Bush offen zu Tage getreten.

chinaman - Donnerstag, 4. November 2004 - 12:52
Artikel stammt zwar aus den Tagen vor der Wahl, beschreibt aber die nötigen Handlungsfelder und die Gefahren überdeutlich !

Gruß
Chinaman


Wall-Street-Legende warnt vor schwerer Finanzkrise

Die Köpfe hinter den Deals: Felix Rohatyn fädelt auch mit 76 Jahren noch Übernahmen ein

TOBIAS MOERSCHEN HANDELSBLATT, 1.11.2004 NEW YORK. Der Starbanker und einstige US-Botschafter Felix Rohatyn warnt vor einer Finanzkrise und übt scharfe Kritik an der konservativen US-Regierung. "Wer auch immer die Wahl gewinnt, muss sehr schnell danach ein glaubwürdiges Programm zur Beendigung der Verschuldungspolitik vorlegen", fordert Wall- Street-Legende Rohatyn. Der Investmentbanker und Demokrat gilt laut dem US-Magazin Fortune als Außenseiter- Kandidat für das Amt des Finanzminister, falls sein Parteifreund John Kerry am Dienstag den konservativen Präsidenten George W. Bush ablöst. Das US-Haushaltsdefizit beläuft sich mittlerweile auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

"Die Finanzmärkte akzeptieren diese Situation bislang, aber ihre Geduld währt nicht ewig", warnt Rohatyn, der unter anderem als US-Botschafter in Paris diente und das Kerry-Team in Finanzfragen berät. Falls der nächste US-Präsident die Schulden nicht in den Griff bekommt, fürchtet Rohatyn einen Absturz des Dollars und einen Anstieg der bislang niedrigen US-Zinsen. Beides könnte die US-Wirtschaft in eine Rezession treiben.

Wer die Wall-Street-Firma Rohatyn Associates LLC als Ein-Mann- Betrieb bezeichnet, der übertreibt, allerdings nur ein wenig. Außer Felix Rohatyn selbst gehören noch zwei Banker und zwei Sekretärinnen zum auf die Fusionsberatung spezialisierten Büro an der edlen New Yorker Park Avenue. "Bei meinem Verwaltungsapparat muss ich nicht wie große Investmentbanken ständig Deals an Land ziehen", sagt der 76-jährige Starbanker.

In den siebziger Jahren rettete Rohatyn die Stadt New York vor dem drohenden Bankrott. "Damals brachten wir Banken und Gewerkschaften sowie Politiker unterschiedlicher Parteien an einen Tisch. Das Gleiche ist heute auf nationaler Ebene nötig", meint Rohatyn. Als Investmentbanker ist Rohatyn nach fast sechzig Berufsjahren noch immer gefragt. Kürzlich beriet er den US-Kabelfernsehkonzern Comcast beim letztlich gescheiterten Übernahmeangebot für den Medienriesen Disney. Mehr Erfolg hatte Rohatyn im Frühjahr in der Übernahmeschlacht um den Mobilfunk-Anbieter AT&T Wireless. Als Berater des regionalen US-Telekomanbieters SBC Communications trug Rohatyn entscheidend dazu bei, dass eine SBC-Mehrheitsbeteiligung schließlich den Zuschlag für 40 Mrd. Dollar erhielt. Die beiden Mandate brachten Rohatyn Associates kurz in die Rangliste der zehn größten Fusionsberater des Jahres 2004. Selbst nach dem Scheitern der Disney-Übernahme liegt Rohatyn weit vor vielen weitaus größeren Banken.

Trotz der Erfolge sieht er jedoch private Investmentbanken unter zunehmendem Druck. Die Zukunft gehöre wohl Finanzriesen wie Citigroup und börsennotierten Investmentbanken wie Goldman Sachs oder Morgan Stanley, sagt der kleine, weißhaarige Aristokrat mit leichtem Bedauern. "Es wird schwieriger für private Firmen, die keinen direkten Zugang zum Kapitalmarkt haben", sagt Rohatyn, der lange zur Geschäftsführung der französisch- angelsächsischen Investmentbank Lazard gehörte. Bei Lazard tobt derzeit ein Machtkampf darum, ob das Institut als eine der letzten großen privaten Investmentbanken an die Börse gehen soll. "Generell kann ein Börsengang für eine mittelgroße Investmentbank Sinn machen", meint Rohatyn, will aber zu Lazard keinen Kommentar abgeben. Aber auch eine Kooperation mit kapitalstarken Partnern biete sich an. Lazard-Chef Bruce Wasserstein kämpft für einen Börsengang der Bank. Er möchte Kunden neben der Fusionsberatung auch Kredite, Währungsabwicklung und andere Zusatzdienste anbieten.

"Diese Kapazitäten haben wir nicht", sagt Rohatyn schlicht. Doch dafür verfügt er über ein in Jahrzehnten gewachsenes Beziehungsnetz, das höchste politische Kreise in Washington ebenso umspannt wie die Chefetagen amerikanischer und europäischer Großunternehmen. So gehört Rohatyn zum Council on Foreign Relations, einem einflussreichen außenpolitischen Beratungsgremium. Zudem sitzt Rohatyn, der als Kind vor den Nazis aus Österreich nach Frankreich fliehen muss-te, in den Aufsichtsräten des französischen Luxuskonzerns LVMH, der Werbegruppe Publicis und des Rüstungsherstellers Lagardère.

Rohatyns Vielseitigkeit unterscheidet ihn vom Spezialistentum vieler junger Investmentbanker. Die antiken Möbel und die gerahmten Fotos in seinem Büro kontrastieren scharf mit der modern-unterkühlten Atmosphäre bei New Yorker Großbanken. "Wir brauchen keine schnellen Erträge für das nächste Quartal zu generieren, sondern pflegen langfristige Beziehungen zu unseren Kunden", sagt Rohatyn.

j_r_ewing - Freitag, 5. November 2004 - 04:58
Da ham wer ihn also wieder, wie mir schon bei Arnie's Coup in Kalifornien schwante: Dabbelju... *würg*

Jetzt kann er auch noch machen, was er will, und muß auf nichts und niemanden mehr Rücksicht nehmen (im Gegensatz zum Geschmiere gewisser Journalisten) - nicht mal mehr die Abgeordnetenhäuser sind jetzt noch eine Bremse. Auf die Meinung des Rests der Welt scheißt er ja eh (und die Amis finden's mehrheitlich super); und den lieben Gott hat er ja eh auf seiner Seite...

Und in vier Jahren dann evtl. Brüderchen Jeb - oder gleich Arnie. - Oder Barney, den Familienhund...
Was wäre dem US-Stimmvieh NICHT zuzutrauen?

(Auch an eine guten alten Tradition wurde übrigens wieder nicht angeknüpft: Bis 1960 wurde ausnahmslos jeweils der körperlich größere Bewerber gewählt. Erst Kennedy hat diese Serie durchbrochen, weil er sich bei den Fernseh-Wahlduellen mit Nixon als der sonnengebräunte, lockere, jugendlich-dynamische, optimistische Sunnyboy darstellen konnte, während der bleiche Nixon im Gesicht schwitzte. - Interessanterweise war die Mehrheit der RADIO-HÖRER für Nixon als den inhaltlich kompetenteren...)

Ich hatte mich lange gewundert, wieso die Ölwirtschaft Bushs Wiederwahl mit dem eskalierenden Ölpreis zu gefährden bereit war (auch wenn die Windfall-Profits natürlich äußerst angenehm sind: die längerfristige Perspektive dürfte ihnen doch wichtiger sein). Ich vermute, daß die Ölwirtschaft mit ihren ungeheuren finanziellen Ressourcen die bessere demoskopische Einsicht kaufen und so erkennen konnten, daß ein Dämpfen des Ölpreises gar nicht erforderlich war und daß es auch ohne gehen würde.

(Gerade plärrt ein ZDF-Heini, daß Bush ja jetzt "mehr die Gräben zuschütten könnte" - gerade jetzt, wo er keinerlei Rücksicht mehr nehmen muß, wird dieser psychotische Fundamentalist zur Taube - ja klar...)

Ich fürchte eher, daß er als Nächstes im Iran die Ölversorgung "sicherstellt". (Vielleicht über einen Knatsch mit den irakischen Schiiten, die dann halt Unterstützung aus dem Bruderland kriegen. Oder direkt: über die AKW-/Wiederaufbereitungs-Ebene. Schließlich: wo kommen wir denn da hin, wenn andere Länder die Waffen kriegen, die die Amis seit 50 Jahren haben ?)

Die Chance für die Sanierung des Staatshaushalts hatte den Überfall auf den Irak immerhin noch verkraftet - der Trend zur Vegrößerung war ja bereits gebrochen - ; einen weiteren Krieg wird sie wohl kaum überstehen.

Klarer Sieger dürfte bis dahin die (konventionelle) Energieszene sein. Für den Ölpreis dürfte es jetzt kein Halten mehr geben; auch 100 oder 150 $ würden mich nicht mehr überraschen. Das könnte jetzt laufen wie der legendäre Silber-Corner der Brüder Hunt.
Zumal mit Sicherheit auch die Russen die Preise treiben: obwohl Putin sie in einer Minute zu einem Ende bringen könnte, mit der Folge eines Wiederanlaufens der Yukos-Bohrtürme, hält er die Yukos-Affäre jetzt schon seit MONATEN am köcheln. Oder weiß jemand eine andere stichhaltige Erklärung dafür?

Auch die Autohersteller könnten noch mal etwas Aufschwung kriegen, weil Kerry, die "Bedrohung" für die Spritpreise, abgewendet wurde. Ich würde jetzt allerdings allenfalls zu einem chart-orientierten Trade raten; längerfristig ist der Autozyklus nicht mehr tragfähig, die (noch) guten Zahlen für GM und Ford kommen nur noch aus dem jeweiligen Finanzbein.

Vielleicht ist auch die Abfallszene (Waste Management usw.) einen Blick wert: Bush ist alles andere als der Hohepriester des Umweltschutzes und dürfte von Seiten der Umweltgesetzgebung wenig Verschärfendes bringen, so daß sowohl die Abfallproduktion als auch die Verbuddelung ungestört laufen dürfte.

Und die Wirtschaft erdreistet sich, immer noch nicht einzuknicken - trotz aller Zins- und Öl-Ängste, die seit über einem halben Jahr in aller Munde sind, und trotz VIER Hurricans in diesem Quartal. Eine Schande! ;->>

Der $ schwächelt, im Gefolge der hohen Ölimport-Kosten - na, wir werden sehen, ob die Zinsen die unendliche Prognose der Bären, daß die Ausländer daraufhin ihre Treasuries verkaufen und die Zinsen hochkatapultiert werden, auch diesmal wieder ad absurdum führen... (Mit der Geldmengen-induzierten Inflationswelle scheint es ja auch dieses Jahr, wie immer, nichts zu werden.)

Die technische Lage sieht gar nicht schlecht aus; sogar der Ölpreis scheint die Kurse kaum noch halten zu können - der Anstieg in die 50er hat effektiv überhaupt nicht mehr geschockt, die Kurse haben sich mindestens gehalten, im Gegensatz zum Anfang des Ölpreis-Anstiegs. Und einige Indikatoren sehen auch gut aus - also wundert euch nicht, wenn's jetzt hoch geht...


Gruß
JR


P.S. an Chinaman:
Wenn du dir die Seiten von Spar-Opa Hodges, die du neulich zur Verschuldungsfrage angeführt hast, mal genauer angesehen hättest (ich meine: ohne Verdrängen), dann hättest du kaum übersehen können, daß die US-Bundesverschuldung, gemessen im GNP, nach dem zweiten Weltkrieg um zwei Drittel [!!!!!] zurückgefahren wurden - deine Paranoia, daß Staatsschulden nicht reduzierbar seien, entbehrt jeder sachlichen Grundlage.

(Falls sich jemand die - sehr eindrucksvollen - Kurven bei Opa Hodges anschaut, eine Warnung vorweg: seine Größe "Total Debt" ist massiv gefälscht. - Seine Fixierung auf Verschuldung (oder was er dafür ausgibt) hält ihn auch kein bißchen davon ab, Ronald Reagan anzuhimmeln, der nicht nur der größte Aufrüster in der Geschichte war, sondern auch der größte Schuldenmacher.)

wojtek_m - Freitag, 5. November 2004 - 06:03
Zur Verschuldung: in den USA ist weniger die Staatsverschuldung sondern vielmehr die Gesamtverschuldung (also +private Haushalte) das Problem - diese ist zur Zeit am höchsten in der Geschichte gemessen am BIP. In der Tat war die Staatsverschuldung nach dem Krieg in den USA und in vielen anderen Ländern höher (Großbritannien kam sogar von >200% BIP auf 50% runter...)

JR, du wirst 'ne gute Ausrede haben wenn die Märkte südwärts tendieren: der verrückte BUSH! ;-)))

j_r_ewing - Freitag, 5. November 2004 - 06:58
"Zur Verschuldung: in den USA ist weniger die Staatsverschuldung sondern vielmehr die Gesamtverschuldung (also +private Haushalte) das Problem - diese ist zur Zeit am höchsten in der Geschichte gemessen am BIP."

Das "Problem" der Verschuldung der privaten Haushalte ist dergestalt, daß der Durchschnitts-Ami-Haushalt so reich ist wie nie zuvor in seiner Geschichte, brutto UND NETTO. (War er wenigstens vor einem Vierteljahr noch - ob die Hurricans das alles kaputtgemacht haben? Oder die Spritrechnungen? Ich tippe leichtsinnigerweise mal auf "nein".)

Dein Argument hat den gleichen Fehler, den die Bären seit Jahren bis zur Bewußtlosigkeit begehen: sie betrachten nur die eine Seite. (Was keinesfalls heißen soll, daß sie sonst keine Fehler begehen.)


"JR, du wirst 'ne gute Ausrede haben wenn die Märkte südwärts tendieren: der verrückte BUSH!"

[Verdammt - da haben sie mich jetzt erwischt: wo horrende Kriegsausgaben mit der Wirtschaft doch bekanntlich nicht das mindeste zu tun haben... ]

*knallrot anlaufend*
JR

chinaman - Freitag, 5. November 2004 - 11:52
"Wenn du dir die Seiten von Spar-Opa Hodges, die du neulich zur Verschuldungsfrage angeführt hast, mal genauer angesehen hättest (ich meine: ohne Verdrängen), dann hättest du kaum übersehen können, daß die US-Bundesverschuldung, gemessen im GNP, nach dem zweiten Weltkrieg um zwei Drittel [!!!!!] zurückgefahren wurden - deine Paranoia, daß Staatsschulden nicht reduzierbar seien, entbehrt jeder sachlichen Grundlage."

Na, dann ist ja alles in bester Ordnung. *LoL*


Gruß
Chinaman

chinaman - Samstag, 6. November 2004 - 05:47
USA stoßen bei 7,384 Billionen Dollar an die Schuldengrenze
Schatzministerium warnt vor nie dagewesenem Zahlungsausfall - Regierung will nächste Woche 51 Milliarden Dollar am Kapitalmarkt einsammeln
New York - Die US-Regierung wird nächste Woche Anleihen im Volumen von 51 Mrd. Dollar auf den Markt bringen, um die Staatsausgaben im vierten Quartal zu finanzieren. Die Emission ist die letzte Finanzierungsmöglichkeit, wenn der US-Kongreß nicht die gesetzliche Grenze für die Schuldenaufnahme anhebt, teilte das Schatzministerium mit.


Die USA haben bereits im Oktober die zulässige Grenze von 7,384 Billionen Dollar für die Schuldenaufnahme erreicht. Wenn das Limit nicht bis zum 18. November angehoben wird, löst das einen bisher noch nicht da gewesenen Zahlungsausfall aus, warnten Vertreter des Schatzministeriums.


Am Montag wird das Schatzministerium dreijährige Anleihen im Volumen von 22 Mrd. Dollar begeben, am Dienstag folgen 15 Mrd. Dollar an fünfjährigen Papieren und am Mittwoch zehnjährige Anleihen im Volumen von 14 Mrd. Dollar. Diese Auktionen werden nach Angaben des Ministeriums wie geplant über die Bühne gehen. Weitere Emissionen, wie beispielsweise eine für den 16. November angesetzte Auktion von vierwöchigen Schatzwechseln, dürften von der Schuldengrenze betroffen sein.


"Bis zu diesem Zeitpunkt muß das Schuldenlimit angehoben sein", erklärte Timothy Bitsberger, stellvertretender Staatssekretär für Finanzmärkte im Schatzministerium. "Am 18. werden wir alle Instrumente ausgenutzt haben, die uns zur Verfügung stehen", um unter dem Limit zu bleiben, fügte er hinzu: "Wir fordern den Kongreß auf, dies so schnell wie möglich durchzubringen, damit dem Steuerzahler keine Kosten entstehen." Am 15. November tritt der Kongreß erneut zusammen, dann dürfte die Forderung des Schatzministeriums nach einer Anhebung der Schuldengrenze auf der Tagesordnung stehen.


Der Senat hat bereits im Juni 2002 und im Mai 2003 die Verschuldungsgrenze um insgesamt 1,4 Billionen Dollar angehoben. Beide Male haben die Demokraten die Abstimmung verzögert und die Debatte zu einer Abrechnung mit der Haushaltspolitik von Präsident George W. Bush genutzt.


Mit 51 Mrd. Dollar entspricht die Schuldenaufnahme den Erwartungen der Volkswirte. Im dritten Quartal hatten die USA ebenfalls 51 Mrd. Dollar am Kapitalmarkt aufgenommen. Seit dem 15. Oktober zahlt das Schatzministerium keine Beiträge in ein staatliches Pensionsprogramm mehr ein, außerdem ist die Emission von Anleihen der Bundesstaaten und Kommunen ausgesetzt, um unter der Grenze zu bleiben.


Am Montag teilte das Schatzministerium mit, daß es von Oktober bis Dezember insgesamt 100 Mrd. Dollar aufnehmen will. Ursprünglich hatte das Ministerium mit einem Kapitalbedarf von 122 Mrd. Dollar gerechnet. Für den Zeitraum Januar bis März erwartet das Ministerium eine Kapitalaufnahme in der Rekordhöhe von 147 Mrd. Dollar.


Volkswirte rechnen daher mit größeren Auktionen von Staatanleihen und Schatzwechseln sowie einer Veränderung bei den angebotenen Laufzeiten. "Irgendwann muß der Staat aufhören, kurzfristige Papiere auszugeben, die gleich wieder fällig werden", fordert Carl Steen, Ökonom bei MFR in New York: "Vielleicht kann er sich mit einer anziehenden Konjunktur und hohen Einnahmen bis ins zweite Quartal retten, aber das erscheint nicht gerade als ein praktischer Weg."


Das US-Haushaltsdefizit ist im Haushaltsjahr zum 30. September auf ein Rekordhoch bei 412,6 Mrd. Dollar geklettert. Der Krieg im Irak und die Kosten für Sicherheitsmaßnahmen haben dazu beigetragen, daß die USA das dritte Jahr in Folge ein Defizit verzeichnen. Als Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausgedrückt, liegt das Defizit bei 3,74 Prozent, das ist der höchste Wert seit dem Haushaltsjahr 1993.


Den Rekord markiert bisher das Haushaltsjahr 1983, als der Fehlbetrag 5,88 Prozent vom BIP ausmachte. Bloomberg


Artikel erschienen am Sa, 6. November 2004
Die Welt

chinaman - Sonntag, 7. November 2004 - 06:39
Neustart im Milliardenloch

Bushs neue Amtszeit wird schwerer. Er muß hohe Defizite bei Haushalt und Handel in den Griff bekommen

von Eva Schweitzer in New York


Kaum hatte George W. Bush die Wahl gewonnen, meldeten sich sofort die ersten Mahner. "Wir müssen unser Budgetdefizit in den Griff bekommen", sagte Professor Fred Bergsten vom Institute for International Economics. David Boaz vom Cato Institut riet dem Präsidenten, künftig weniger auszugeben. "Das verlangt auch seine Basis in der Finanzwelt."


Willkommen in der Wirklichkeit, Mr. President. Der beeindruckende Erfolg über seinen Herausforderer John Kerry wird bald vergessen sein. Die wirtschaftlichen Sorgen jedoch werden ihn schneller wieder einholen, als ihm lieb ist. Nur: Bekommt Bush die Probleme dieses Mal besser in den Griff?


Die Chancen stehen schlecht. Im Gegensatz zu seiner ersten Wahlperiode kann er nicht auf gefüllte Staatskassen zurückgreifen. Die hatte er beispiellos geleert. Während zu Beginn 2001 der Haushaltsausschuß für die kommende Dekade einen kumulierten Überschuß von fünf Billionen Dollar erwartete, sieht die Projektion 2004 für die nächsten zehn Jahre ein Defizit von insgesamt 2,3 Billionen - ein Negativschwenk von sieben Billionen Dollar.


Der Haushalt wird durch steigende Kosten für Altersvorsorge und Gesundheit weiter belastet werden. Die Arbeitslosigkeit ist zwar nur fast halb so hoch wie in Deutschland, aber höher als im Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Zudem droht eine Mixtur aus schwachem Dollar und hohem Ölpreis die Inflationsgefahr neu zu beleben, ein Anstieg der Zinsen ist zu befürchten. Das wäre das letzte, was die hochverschuldeten US-Konsumenten und der Staat brauchen.


Unvermindert setzt der Präsident darauf, die milliardenschweren Steuererleichterungen der vergangenen Legislaturperiode festzuschreiben. Das soll die Wirtschaft ankurbeln und neue Jobs schaffen. Begeistert sind die Experten davon nicht. "Kurzfristig wird der Markt gut darauf reagieren, aber langfristig ist es bedenklich", sagt Jared Bernstein vom Economic Policy Institute.


Seinen Kollegen Bergsten sorgt vor allem der Ölpreis. Wenn dieser ansteigt, werde sich das Defizit erhöhen und die gesamte Wirtschaft belasten. "Die Regierung wird dann rasch eingreifen müssen, um einen Absturz zu verhindern", meint Bergsten.


Um die Abhängigkeit vom Öl des Mittleren Ostens zu verringern, will Bush die Öl- und Gasreserven in Alaska anbohren lassen. Daher gewannen auch die Republikaner im nördlichsten Bundesstaat, denn viele Alaskaner hoffen auf Arbeitsplätze. Umweltschützer warnen allerdings vor der Vernichtung dieses unberührten Stücks Natur. Alternativ dazu wird vorgeschlagen, die Bundesreserve von 670 Millionen Barrel Öl anzugreifen, um dem hohen Ölpreis die Spitze zu nehmen. Ob das aber reicht, ist fraglich. Das Wirtschaftswachstum in China und Indien wird zu einem höheren Energieverbrauch und damit automatisch zu höheren Ölpreisen führen, fürchtet Robert Shiller, Professor für Ökonomie an der Universität Yale.


Auch Bergsten hat China im Auge. Aber für ihn ist das größere Problem die chinesische Währung. Der unterbewertete Yuan erlaubt es den Chinesen, den Weltmarkt kostengünstig zu beliefern. So sehr die billige Ware den US-Konsumenten erfreut, so problematisch sind diese Dumpingpreise für die US-Leistungsbilanz. Nicht zuletzt durch die steigenden Importe aus China wird das Defizit 2004 um 120 Milliarden auf 650 Milliarden Dollar ansteigen, rund 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Derzeit gibt es keine Signale, daß die hohe Importneigung und die wachsenden Zinsverpflichtungen gegenüber dem Rest der Welt nicht zu einem Anwachsen des Defizits führen werden. Zudem ist für die Regierung das hohe Leistungsbilanzdefizit auch kein echtes Problem, sondern Folge der hohen Attraktivität des US-Standortes. Ärgerlich nur, daß die meisten Dollars in den Konsum und nicht in Investitionen fließen.


Befassen hingegen will sich Bush mit dem steuerfinanzierten Rentensystem. "Dafür gibt es bald nicht mehr genug Rücklagen in der Staatskasse", fürchtet Shiller. Denn bald kommen die Baby-Boomer ins Rentenalter. Bush hat angekündigt, die Social Security privatisieren zu wollen: Arbeitnehmer sollen einen Teil dieses Geldes künftig auch in Aktien oder Anleihen investieren können. Die Idee ist, daß die Leute mehr Kontrolle über ihren Besitz haben. "Das kann zwar funktionieren, aber nicht für jeden", meint Shiller von der Yale-University. "Außerdem: Was geschieht, wenn der Aktienmarkt einbricht?"


Brookings-Ökonom Gale glaubt, daß Bush die Unterstützung der Demokraten braucht, um etwas so Umfassendes wie eine Reform der Social Security zustande zu bringen. Nachdem der Präsident die Demokraten aber zwei Jahre lang vor den Kopf gestoßen habe, sei das ein Problem. "Bisher hat der Präsident auch keinen Plan, wie den langfristigen Defiziten der Rentenkasse vorgebeugt werden kann", sagt Gale.


Noch größere Probleme ergeben sich für die Gesundheitsvorsorge. 44 Millionen Amerikaner sind nicht krankenversichert. Zwar haben die USA mit rund 6000 Dollar pro Kopf und Jahr die welthöchsten Behandlungskosten, sie liegen in der Lebenserwartung aber nur an 24. Stelle. Allein das staatliche Programm Medicare kostet 25 Milliarden Dollar im Jahr. Ab 2006 wird dieser Betrag noch steigen, denn dann soll Medicare für verschreibungspflichtige Medikamente an Senioren aufkommen. Die aber sind in den Vereinigten Staaten um ein Drittel bis zur Hälfte teurer als in anderen Industrieländern. "Bislang hat Bush nur vorgeschlagen, daß Amerikaner steuerbegünstigte Ansparungen für die Gesundheitsvorsorge machen sollen", sagt Yale-Professor Shiller, "das reicht nicht."


Die einzige konkrete, kostendämpfende Maßnahme, die Bush angekündigt hat, richtet sich gegen Rechtsanwälte. Der Präsident will die Möglichkeit, kostentreibende Kunstfehlerprozesse zu führen, rechtlich einschränken.


Allerdings hatte Bush schon in der ersten Amtszeit versucht, eine Obergrenze von 250 000 Dollar pro Fall einzuführen - und war am mehrheitlich republikanischen Senat gescheitert.


Artikel erschienen am 7. November 2004
Die Welt

chinaman - Montag, 8. November 2004 - 10:46
"Bush wird die Steuern erhöhen müssen"
US-Ökonom Stanley Fischer über die Wirtschaftspolitik des US-Präsidenten, Inflation und den starken Euro
von Jörg Eigendorf

Noch nie konnten die großen Zentralbanken so viel Geld drucken, ohne daß die Preise stiegen. Der US-Ökonom Stanley Fischer, der für die Citigroup arbeitet, sieht deshalb die alte ökonomische Theorie in Frage gestellt, wonach das Geldmengenwachstum ausschlaggebendes Kriterium für die künftige Inflationsrate ist. Der Ex-Vize-Chef des Internationalen Währungsfonds sprach mit Jörg Eigendorf über George Bushs Budgetpolitik, das Verhältnis zu China und die Frage, ob der Euro Schuld an der deutschen Misere ist.


DIE WELT: Mr. Fischer, hohes Wachstum, niedrige Inflationsraten weltweit - haben wir den Weg ins Paradies entdeckt oder baut sich hier eine gigantische Krise auf?


Stanley Fischer: Das weltweite Umfeld ist stabil. Es gibt Risiken durch den Ölpreis und das hohe Leistungsbilanzdefizit in den USA. Das ist aber kein Grund, in Pessimismus zu verfallen.


DIE WELT: Und was passiert, wenn die Chinesen nicht mehr bereit sind, den Amerikanern das Geld zu leihen, um chinesische Produkte zu kaufen? Dann könnte der Dollar kollabieren und die Zinsen stark steigen.


Fischer: China wird nicht endlos Devisenreserven anhäufen wollen, um die eigene Währung künstlich niedrig zu halten. Irgendwann wird sich China fragen müssen, ob es diese Devisenreserven wirklich braucht. Es wird aber auch nicht so sein, daß die Chinesen von einem Tag auf den anderen amerikanische Staatsanleihen auf den Markt werfen. Ich erwarte einen langsamen Anpassungsprozeß.


DIE WELT: Liegt das daran, daß sich beide Seiten mit dieser Situation gut abfinden können?


Fischer: Das ist kein Verhältnis, auf das Amerika und China den gleichen Einfluß haben. Es ist Sache der Chinesen, dieses Ungleichgewicht abzubauen. Sie müssen ihre Währung vom Dollar abkoppeln, damit der Renmimbi aufwerten kann.


DIE WELT: Die Weltmacht Amerika ist also abhängig von China?


Fischer: Wieso? Die Amerikaner werden sich freuen, wenn der Dollar fällt. Dann werden die eigenen Exportwaren wieder billiger und sie können ihr Leistungsbilanzdefizit verringern.


DIE WELT: Frei nach dem Motto: "Der Dollar ist unsere Währung und Euer Problem."


Fischer: Das Problem ist sicher größer für China und Japan, die damit leben müssen, daß ihre Währungen aufwerten. In Amerika könnten allerdings die Aktien- und Rentenkurse unter den Abflüssen leiden.


DIE WELT: US-Präsident George Bush hat versprochen, mit der Politik der niedrigen Steuern fortzufahren. Steuern die USA auf eine handfeste Budgetkrise zu oder wachsen sie wie einst unter Ronald Reagan aus ihren Defizitproblemen heraus?


Fischer: Das ist mir zu schwarz-weiß. Es gibt auch noch Szenarien dazwischen. Es ist übrigens ein populärer Irrtum, daß die US-Wirtschaft aus ihren Budgetproblemen herausgewachsen sei. Präsident Reagan hat innerhalb von zwei Jahren die größten Steuererhöhungen in der US-Geschichte durchgesetzt. Nur so konnte der Haushalt konsolidiert werden.


DIE WELT: Also wird Bush die Steuern erhöhen müssen?


Fischer: Wenn der Präsident das Budgetdefizit auf das Niveau von zwei Prozent halbieren will, dann hat er keine andere Wahl. Er wird die Steuern erhöhen müssen.


DIE WELT: Das Geldmengenwachstum war in den vergangenen Jahren extrem hoch. Fürchten Sie höhere Inflationsraten?


Fischer: Wie soll es Inflation geben, wenn die Löhne nicht anziehen? Sicher, der Ölpreis kann zu Preissteigerungen führen. Solange das aber nicht auch zu höheren Löhnen führt, wird es keine andauernde Inflation geben. Dafür sorgen die aufstrebenden Marktwirtschaften wie China, Indien oder in Osteuropa. Dadurch gibt es einen starken Druck auf die Konsumentenpreise, und die Inflationserwartungen bleiben niedrig.


DIE WELT: Also hat der alte Milton Friedman nicht recht, wenn er sagt, langfristig entscheidet das Geldmengenwachstum über die Preise?


Fischer: Weder der junge noch der alte Friedman hatten recht.


DIE WELT: Dann sind wir ja doch im Paradies der Ökonomen. Die Notenbanken können Geld ohne Ende drucken und die Preise steigen nicht?


Fischer: Solange die Zentralbanken nicht die Geldmenge drastisch erhöhen, sehe ich keine größere Inflationsgefahr im jetzigen weltwirtschaftlichen Umfeld.


DIE WELT: Aber gleichzeitig sehen wir weltweit neue Blasen bei den Vermögenswerten entstehen. Der IWF warnte kürzlich davor, daß es weltweit zu einer Krise an den Immobilienmärkten kommen könnte. Und auch die Rentenmärkte scheinen viel zu hoch bewertet.


Fischer: Ich sehe nicht, daß es in diesen Märkten ähnliche Übertreibungen gibt wie an den Aktienmärkten Ende der neunziger Jahre. Die Volkswirtschaften sind viel anpassungsfähiger als noch vor fünf Jahren. Niemand hätte erwartet, daß Europa es so gut wegstecken kann, wenn der Euro gegenüber dem Dollar um 50 Prozent steigt.


DIE WELT: Wie erklären Sie sich das?


Fischer: Das hat viel mit neuen Finanzinstrumenten zu tun, die es den Unternehmen erlauben, sich gegen derartige Entwicklungen abzusichern. Auch die Risikosysteme von Banken und großen Investoren an den Finanzmärkten sind viel ausgefeilter.


DIE WELT: Der Deflationsdruck scheint vorbei. Sollten die Notenbanken allmählich energischer die Zinsen erhöhen?


Fischer: Warum sollten sie? Es gibt keinen Preisdruck. Im Gegenteil: Gerade die Europäische Zentralbank scheint inzwischen wieder eher besorgt, daß der Aufschwung abflacht.


DIE WELT: Kritische Stimmen sagen, die Zinspolitik, der Euro und die EZB trügen zur Krise in Deutschland bei. Schließlich ist nirgends die Differenz zwischen Zinsen und Inflationsrate so groß wie in Deutschland.


Fischer: Ich glaube nicht, daß die Zinsen niedriger wären, wenn es heute noch die Bundesbank gäbe.


DIE WELT: Sollte die Europäische Zentralbank die Leitzinsen weiter senken, damit die deutsche Wirtschaft wieder besser in Schwung kommt?


Fischer: Lassen Sie mich die Frage indirekt beantworten: Die Probleme der deutschen Wirtschaft sind nicht im Euro und der Zinspolitik der EZB begründet.


DIE WELT: Dann verdammen Sie auch nicht den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt, wie es viele angelsächsische Ökonomen tun?


Fischer: Der Stabilitätspakt hat für viel Budgetdisziplin gesorgt. Es ist unangenehm für Regierungen, wenn sie mehrmals hintereinander die Obergrenzen brechen. Ohne diesen Effekt hätten wir noch höhere Defizite gesehen. Daß der Pakt besser ausgestaltet sein könnte, ist eine andere Sache.


DIE WELT: Sie halten es also mit der Mehrheit der Ökonomen, die im starren Arbeitsmarkt und der hohen Regulierung die Ursachen für die deutschen Miseren sehen?


Fischer: Volkswirtschaften mit flexiblen Arbeitsmärkten und weniger Regulierung wachsen nun einmal schneller. Wenn Deutschland weiterhin hochwertige Güter produzieren will, die ein hohes Wohlstandsniveau rechtfertigen, dann muß die Wirtschaft sich schneller den gegebenen Verhältnissen anpassen können.


DIE WELT: Also brauchen wir eine Maggie Thatcher als Bundeskanzler.


Fischer: Felipe Gonzales in Spanien und Bob Hawke in Australien haben gezeigt, daß auch sozialdemokratische oder sozialistische Regierungen ein Land reformieren können. Es kommt nicht auf die Gesinnung an, sondern auf die Politik.


DIE WELT: Derzeit kursiert in Deutschland die Angst vor dem weiteren Export von Arbeitsplätzen. Fürchten Sie weltweit eine neue Welle des Protektionismus?


Fischer: Diese Furcht kehrt immer wieder. Denn Handelsschranken scheinen die leichteste Antwort, wenn Arbeitsplätze im eigenen Land verschwinden. Aber es ist der freie Handel in einer globalisierten Welt, der uns Wohlstand gebracht hat. Da entstehen neue Märkte - gerade für die Produkte aus der entwickelten Welt. Außerdem wären neue Schranken und Subventionen verlogen. Wir reden ständig darüber, daß wir mehr für Entwicklungsländer tun wollen. Wenn sie dann aber zu unseren Konkurrenten werden, dann machen wir unsere Märkte dicht.


Artikel erschienen am Mo, 8. November 2004
Die Welt

j_r_ewing - Dienstag, 9. November 2004 - 06:15
So, die Sommerferien sind vorbei und die vier Hurricans auch, und die Verzerrungen, die das

bei den volksw. Zahlen mit sich gebracht hat, kann man jetzt wohl auch abhaken. Am stärksten

haben sie wohl durchgeschlagen bei den Arbeitsmarktzahlen, die von daher jetzt am

interessantesten sind. Und siehe da: sie sind glänzend ! (man beachte auch die kräftigen

Aufwärts-Revisionen für die Zeit davor.)
(Diesen sturen -zig Millionen US-Unternehmern scheint doch einfach nicht klarzumachen zu

sein, daß ihre Volkswirtschaft den Bach runtergeht! ;-))


Derweil sind die fallenden Tops gebrochen und die Indizes ziehen hoch, und die Old Economy

ist ausgebrochen und auf dem Weg zum ATH:
http://bigcharts.marketwatch.com/quickchart/quickchart.asp?symb=NYA&sid=0&o_symb=NYA&freq=2&

time=13

Selbst die hochdekorierte Bärin Louise Yamada, die sich offenbar an der Groß-Formation des

DJIA orientiert: Verzehnfachung - gut zehn Jahre Pause - Verzehnfachung - gut zehn Jahre

Pause - ..., und die sich eindeutig einordnet: "Wir befinden uns strukturell in einem Bärenmarkt", sagt (lt. einem FAZ-Artikel vom 5.10.04) für den DJIA:
http://www.faz.net/s/Rub2C201996BBF04B578F9FC8A9EFCCE747/Doc~E5B5019AF94EA4A44BF9566C15C66E7

76~ATpl~Ecommon~Scontent.html
"In welche Richtung er sich weiter bewegen wird, hängt Yamada zufolge davon ab, wie er sich

gegenüber dem Hoch, das im Juni erreicht wurde, und dem Jahrestief vom August verhalten

wird."
"Die weitere Richtung wird davon bestimmt, ob der Dow das alte Hoch durchbrechen kann oder

ob er unter das August-Tief zurückfällt."
"Diese Serie immer niedrigerer Höchststände ist Yamada zufolge ein Zeichen von Schwäche. "Es

ist entscheidend, ob das August- Tief hält oder durchbrochen wird und sich der Abwärtstrend

fortsetzt." - Nun, dieser Abwärtstrend ist inwzischen gebrochen !

Gut: mit einem gewissen (s.u.) Recht kann man auf den dicken jahrelangen Widerstand hinweisen, der schon mehrmals gehalten hat (auf den hatte ich so Anfang des Jahres ja auch schon hingewiesen).
"Diese Erholungsphasen scheitern voraussichtlich - und die jüngste hat jetzt schon zu lange angehalten. 'Wir sind überfällig', schließt die Star-Analystin."

Nun, wenn man mal davon ausgeht, daß es so kommt:
"Yamada hält es durchaus für möglich, daß es auch im Rahmen eines Bärenmarktes zehn bis 15 Prozent über die 10.000-Punkte- Marke gehen kann."
Na, und das mit einem Zertifikat kräftig gehebelt, so Hebel 5 oder 6 ... - vor allem, wenn man sich nicht gerade an den trägsten der Indizes hängt... Solche Bärenmärkte laß ich mir gefallen! :-)))


Übrigens: Wann war es noch, daß man meinte, in den DJIA die reinen Technologie-Mammuts Intel

und Microsoft aufnehmen zu müssen, und damit seinen Charakter als klassisches

Old-Economy-"Thermometer" massiv verfälscht hat(selbst IBM ist ja viele Jahrzehnte alt) ?
Es ist wohl jedem unmittelbar klar, daß der DJIA ohne Intel und M$ WESENTLICH anders aussähe

(der DJIA ist selbst MIT diesen beiden kurz vor seinem ATH, während M$ gerade mal bei 50%

seines ATH steht und Intel gerade mal bei 30%) !!

(Hat übrigens jemand irgendwelche Information über einen "Netto-DJIA", OHNE Intel und M$ ?
Oder den DJIA in der ALTEN Definition? Ich weiß leider auch nicht mehr, welche Titel damals

weichen mußten. - Höchstens, daß man mal eruiert, wann der Tausch war und wie hoch der DJIA

damals stand und dann die beiden nächstgrößten Old-Economy-Werte so über den Daumen

hineinrechnet - genau wird das wegen der zahllosen Korrekturfaktoren wohl leider nicht

möglich sein. (Wojtek, Spezialist für olle Kamellen ;-)) : weißt Du da vielleicht was?)

Also warum Yamada sich gerade an den irreführenden DJIA klammert, und für Überlegungen zu Formationen der Jetztzeit nicht einen repräsentativeren Index vorknöpft, bleibt unklar. Zumal der DJIA in den letzten Monaten eine Phase relativer Schwäche hatte und schon von daher nicht die erste Wahl sein kann. Alles nur, weil 30 Einzelaktien bottom-up leichter zu untersuchen sind als tausende?

(Im übrigen würde mich mal interessieren, was sie zur NYSE-A/D-Linie zu sagen hat, die schon

seit Monaten weit ausgebrochen ist. Zu neuen All-time-highs. Das hat immerhin zu

bedeuten, daß derzeit so viele Aktien steigen wie noch nie in der Geschichte der NYSE (NETTO

!!) Muß wohl neuerdings ein Anzeichen für einen Bärenmarkt sein...)

Leider hat bigcharts in den letzten Wochen offenbar den freien Zugang zu den etwas

raffinierteren Sachen wie den "interactive chart" abgeschafft, wo man sich die A/D-Linie

anzeigen lassen konnte. Yahoo bringt das leider nicht.

Auch hier wieder die Frage:
Weiß jemand was in dieser Richtung? Einen alternativen Lieferanten?


Grüezi wohl
JR

j_r_ewing - Dienstag, 9. November 2004 - 07:16
Weekly Wrap : [briefing.com - einer der besseren Kommentatoren:]

It was a very good week for the stock market. The S&P gained 3.2% and reached a new high for 2004. Good earnings reports, very good economic numbers, lower oil prices and a boost from the election all helped. The prospect for a typical year-end rally has improved further.

The biggest event was, of course, the presidential election. That market was certainly glad to see it pass without the need for lawyers to determine the outcome. The action also suggested that the re-election of Bush was favored by investors. On Tuesday, after rising through the day, the Dow tanked about 100 points and the S&P 10 points in a matter of a few minutes when some web sites reported that exit polls showed Senator Kerry the likely winner. The next morning, when it was clear that Bush had won, the Dow opened 160 points higher and the S&P 16 points higher. The relief of having the election over was accompanied by an investor-friendly winner. The "Bush rally" continued on Thursday as the Dow gained another 178 points and the S&P 18.

Almost everything else was also favorable this week. Oil prices dropped from $51.76 at the close of last week to $49.65 this week. Many now expect further declines in the weeks ahead. The anguish from several weeks ago over the seemingly endless rise in oil prices has eased substantially.

The economy is also looking a lot better. On Friday, it was reported that October payrolls rose 337,000. That was well ahead of expectations of a 175,000 gain. In addition, the prior two months were revised upward by a total of 113,000. That put the level of payrolls a whopping 275,000 higher than had been forecast. These gains in payrolls imply momentum in this critical lagging sector of the economy. Continued job growth will keep real GDP rising at over a 3 1/2% rate into 2005.

The improved economic outlook is bullish for the earnings outlook, which is already quite positive. As third quarter reports wind down, it is apparent that operating earnings for the S&P 500 in aggregate will come in about 16% higher than the third quarter of last year. Guidance from companies suggests that fourth quarter growth will be near 15%. Nothing at all wrong with that. What had been of concern was that the economy and earnings growth might slow substantially in 2005. The biggest issues were high oil prices and weak job growth. This past week, however, those concerns were lessened. If the market starts believing that earnings growth momentum will continue into 2005, it will boost stocks.

Further good economic news came from the same-store sales data on Thursday. Most retailers reported good sales growth in October. This helped push up many of the stocks. Specialty retailers in particular did well, but the stocks of large chains such as Wal-Mart, Target, J.C. Penny, and Sears also did well.

One negative this past week was a backup in bond yields. The 10-year note yield rose to 4.19% from 4.03% at the end of last week. That is still a very low rate, but the Federal Reserve policy committee does meet on Tuesday. Another rate hike of 1/4% is expected. If inflation picks up at all, the 10-year note yield may finally start a long-anticipated uptrend. Rates are still low enough that valuation models show stocks undervalued relative to bonds, but rising rates in themselves are never good for the stock market.

In addition to retail, other sectors that performed well this week included healthcare, food, tobacco, and steel. Semiconductors continue to lag for the year, partly accounting for the underperformance of the Nasdaq. Merck was down again this week, holding the Dow back relative to the S&P.
There are not nearly as many big events next week for the stock market to react to, but the tone has clearly improved.

j_r_ewing - Dienstag, 9. November 2004 - 07:18
Na, da hat man bei der Citicorp ja einige interessante Meinungen - besonders zu den Inflationsgefahren! Und mit Ex-IWF-Vize Stanley Fischer auch nicht gerade irgendwen.
Leute, denen klar ist, daß der Preisdruck durch die Globalisierung den Daumen auf den Preisen hält, findet man ja nun nicht an jeder Ecke!

Da spätestens mittelfristig auch wieder das Gesumse von Inflation aus dem Ölpreis auferstehen wird (nehmen wir mal an dieser hielte sich), weise ich schon mal vorsorglich darauf hin: Inflationsgefahren entstehen nicht einfach direktemang durch Preissteigerungen. Zum Beispiel gehört dazu auch die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (die gar nicht so einfach festzustellen ist [eine der Schwächen der Friedman-These]). Und es kommt ganz wesentlich darauf an, WOHER die Preissteigerungen kommen: eine gefährliche Überhitzung mit den historisch bekannten Erscheinungen ergibt sich, wenn DIE LÖHNE deutlich steigen, weil die Angestellten zuviel Tarifmacht bekommen, und ein Wettrennen zwischen den Löhnen und den Preisen einsetzt, da natürlich keine Seite den Schwarzen Peter in der Hand halten will. DAS ist pfui. Wenn dagegen die Rohstoffe und das Öl teurer werden, führt das dazu, daß einseitig die Preise ein Stück steigen, was wiederum die Kaufkraft mindert und dadurch den Preisanstieg und letztlich auch die Löhne DÄMPFT; einer Überhitzung der Wirtschaft also gerade ENTGEGENWIRKT. Also NIX mit einem Brötchen für 10 Milliarden Euro übernächstes Jahr! Ich sag das jetzt schon mal, wo die Thematik noch nicht hysterisch aufgeheizt ist und es vielleicht noch Gehör findet.

Gruß
JR

chinaman - Dienstag, 9. November 2004 - 09:56
"Wahlzyklus" deutet auf schwache US-Aktienperformance hin
Erstes Jahr einer neuen Präsidentschaft war für die Börsianer schon oft Magerkost - Steigende Zinsen und langsameres Gewinnwachstum belasten zusätzlich
New York - Der "Wahlzyklus" kam vergangene Woche den US-Aktien zugute und hob den Standard & Poor's-500-Index auf den höchsten Stand seit März 2002. Doch die Rallye dürfte nicht lange anhalten, wenn man das Szenario mit der Vergangenheit vergleicht.


Seit 1929 ging es für den S&P-500 und den Dow Jones im ersten Jahr einer Präsidentschaft durchschnittlich gerade einmal 3,1 Prozent aufwärts, im zweiten Jahr 3,5 Prozent. Doch dann wird es besser: 14,7 Prozent Anstieg im dritten und 7,3 Prozent im vierten Jahr, erklärt Sam Stovall, leitender Investmentstratege bei S&P in New York. Die erste Amtszeit von George W. Bush, die im größten Bärenmarkt seit den 70er Jahren begann, verlief nach diesem Schema.


In der vergangenen Woche kletterte der S&P-500, nicht zuletzt dank des Wahlsiegs von Bush, um 3,2 Prozent. Neun Tage in Folge ging es für die Benchmark aufwärts, eine solche Serie hatte der Index seit mehr als sieben Jahren nicht mehr hingelegt. Vor allem für Einzelhändler wie Wal-Mart Stores ging es aufwärts, weil damit gerechnet wird, daß die Politik von Bush höhere Verbraucherausgaben zur Folge hat. "Investoren können das so sehen, daß die unternehmensfreundliche Partei gewonnen hat", sagt Stovall: "Aber sie sollten daran denken, daß auch einige große Probleme auf sie zukommen", wie steigende Zinsen, langsameres Gewinnwachstum und der Wahlzyklus.


"Es gibt eine guten Grund dafür, daß der Markt im letzten Jahr des Wahlzyklus zulegt - weil die Politiker nämlich alles tun, um dies zu erreichen", führt Bill Fleckenstein von Fleckenstein Capital in Issaquah, Washington, aus: "Im ersten Jahr sieht es dann nie so gut aus, wegen der Nachwirkungen vom vierten Jahr."


Im dritten Quartal waren bereits erste Anzeichen eines schwächeren Gewinnwachstums erkennbar. Die Gewinne der Unternehmen im S&P-500-Index legten im Schnitt 17 Prozent zu, nachdem sie die vier Quartale davor mehr als 20 Prozent gestiegen waren. 446 Unternehmen haben ihre Ergebnisse bereits vorgestellt, diese Woche folgen Cisco, der weltgrößte Ausrüster von Computernetzwerken, Dell, der weltgrößte PC-Hersteller und die Kaffee-Kette Starbucks.


"Das Jahr 2005 wird ein Alptraum", so Fleckenstein: "Wir haben uns so auf die Wahl konzentriert, daß niemand darauf geachtet hat, daß die Wirtschaft an Fahrt verliert." Im dritten Quartal betrug das Wirtschaftswachstum auf Jahresbasis noch 3,7 Prozent, nachdem der Ölpreisanstieg zu einem Rekordhandelsdefizit beigetragen hatte. Volkswirte hatten mit 4,3 Prozent gerechnet.


Und nicht nur der Wahlzyklus belegt die pessimistische Sicht des Investmentstrategen Stovall. So führt er an, daß auch die Statistik der "Bullenmärkte" für ein schwaches Jahr 2005 spricht. In den letzten zwei Jahren, seit der S&P 500 am 9. Oktober 2002 den tiefsten Stand nach dem Platzen der Technologieblase erreicht hatte, ist er 50 Prozent geklettert.


In den zehn "Bullenmärkten" - definiert als ein Anstieg um jeweils 20 Prozent - des S&P-500 Index seit 1942 ging es im dritten Jahr durchschnittlich lediglich drei Prozent aufwärts. Fünfmal verzeichnete die Benchmark im dritten Jahr sogar einen Verlust. Und es gab viele Bullenmärkte, die ihren dritten Geburtstag nicht mehr erlebt haben. Bloomberg


Artikel erschienen am Di, 9. November 2004
Die Welt

chinaman - Dienstag, 9. November 2004 - 10:00
Greenback steht vor kritischer Marke

Auch Trichet kann Euro-Hausse nicht stoppen - Morgan Stanley kehrt US-Devise den Rücken

von Holger Zschäpitz


Berlin - Wenn schon der globale Chefwährungsstratege von Morgan Stanley, Stephen Jen, den Kniefall vor dem Markt macht und nun einen weiteren Verfall des Dollar vorhersagt, scheint es wirklich nicht gut um den Greenback bestellt. Schließlich war Jen einer der letzten Apologeten der Weltleitwährung und hatte gegenüber dem Euro einen Anstieg prognostiziert. Nun soll es genau umgekehrt kommen - er erwartet einen Euro-Anstieg in Richtung 1,35 Dollar. Jen ist einer der wenigen, die ihr Fach beherrschen. In den vergangenen vier Jahren hat er jede Trendwende vorhergesagt. "Dies ist jetzt eine klare Änderung meiner Prognose und spricht eigentlich gegen meine innere Überzeugung eines fairen Dollar-Kurses. Doch die Märkte scheinen mit aller Macht den Greenback nach unten prügeln zu wollen - eine Bewegung, die selbst die starken US-Arbeitsmarktzahlen vom Freitag nicht aufhalten konnten."


Zu Wochenbeginn kletterte der Euro auf ein weiteres Allzeithoch und näherte sich mit 1,2987 der magischen Marke von 1,30 Dollar. Der Präsident der EZB, Jean-Claude Trichet, konnte den Auftrieb nur kurz stoppen. Trichet hatte den jüngsten Euro-Anstieg als "unwillkommen" und "brutal" bezeichnet. Zwar deutet sich damit an, daß die europäischen Währungshüter dem Treiben auf den Devisenmärkten nicht ewig untätig zuschauen werden. Jedoch erwartet kein Händler, daß es aktuell in der Macht der EZB steht, eine nachhaltige Trendumkehr zu bewirken. Hierzu sei eine gemeinsame Vorgehensweisen der Notenbanken erforderlich. Die USA hätten jedoch ein Interesse an einem schwachen Dollar und würden sich daher nicht an gemeinsamen Aktionen beteiligen, meint Carsten Fritsch von der Commerzbank. "Die vergangene Woche hat gezeigt, wie robust die Aufwärtstendenz beim Euro ist." Fritschs Ansicht nach lasten die Defizite in der Handelsbilanz und im Staatshaushalt einfach zu schwer auf dem Dollar. Sollte das US-Handelsbilanzdefizit für September, das am Mittwoch veröffentlicht wird, größer als erwartet ausfallen, sei mit einem Sprung des Euro über 1,30 Dollar zu rechnen.


Auch Brewin-Dolphin-Stratege Mike Lenhoff macht das hohe Leistungsbilanzdefizit für den Dollar-Verfall verantwortlich. Er sieht den Schlüssel in Asien. "Wenn es die USA nicht schaffen, auf den Weltmärkten ihren Exportanteil wieder auf das Niveau vor der asiatischen Währungskrise 1997/98 zu hieven und damit die Handelsbilanz zu verbessern, kann das Leistungsbilanzdefizit schnell auf zehn oder elf Prozent des US-BIP steigen." Dazu sei es nötig, daß die asiatischen Notenbanken ihre Bindung an den Dollar aufgeben. Denn seit 2002 habe sich gezeigt, daß der 50prozentige Dollar-Verfall gegenüber dem Euro nicht die Leistungsbilanz habe verbessern können. "Amerika macht 40 Prozent seines Außenhandels mit Asien, so daß das Minus in der Handels- und damit Leistungsbilanz nur schrumpfen kann, wenn sich der Dollar gegenüber dem chinesischen Yuan oder der indischen Rupie abwertet." Lenhoff erwartet für den Fall einer asiatischen Kooperation bis Ende 2005 einen Euro-Anstieg auf 1,40 Dollar, andernfalls sei ein Überschießen über 1,50 Dollar nicht auszuschließen.


Artikel erschienen am Di, 9. November 2004
Die Welt

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