Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: US-Tendenz: Archivierte Beiträge bis 19. September 2001
avalon - Mittwoch, 12. September 2001 - 13:25
Kann mich noch gut an ein Gespräch mit einem alten Freund vor ein paar Wochen erinnern.
Der kam mit ein paar Pullen Rotem abends bei mir an, völlig fertig, Ehekrise, finanzielle Sorgen usw..

Da habe ich noch leichtfertig von der Tatsache gesprochen wie gut es uns doch trotz allem geht, schon allein aus der Tatsache heraus, daß wir seit über 50 Jahren keinen Krieg mehr in Deutschland hatten.
Ein absolutes Novum seit ewigen Zeiten.

Und dann kommt der Krieg durch die Hintertür.

Damit meine ich keinen evtl. Krieg den die USA jetzt mit irgendeinem Land anfangen könnten.

Nein, ich meine das was man da gestern im Fernsehen anschauen mußte.

Das ist ebenfalls ein Krieg, ob die Amis nun Vergeltung machen oder nicht, das alleine reicht schon.
Vor allem weil ich befürchte, daß das erst der Auftakt gewesen sein könnte.

Wer jetzt noch keine Angst hat wird sie bald bekommen !

Vermutlich zehntausende von Toten, lauter Zivilisten, wenn ich es recht in Erinnerung habe sind im Vietnamkrieg ca. 100000 amerikanische Soldaten gefallen.
Aber der ging zig Jahre.
Nur um mal das Verhältnis darzustellen.....

Seit gestern herrscht Krieg, da braucht man nicht erst fragen ob Bush Wahltaktik üben wird oder sonst was.

Das war nicht irgendein Terroranschlag der in ein paar Monaten wieder vergessen ist, das waren keine US Soldaten auf irgendeinem Stützpunkt in der Welt, das waren keine US Regierungsbediensteten in irgendeiner Botschaft.

Du solltest deinen Schlußsatz unter diesem Aspekt hinterfragen.

Nee - Börse brauche ich da auch keine, sollen die Kurse doch fallen oder steigen, das ist in so einem Fall das unwichtigste überhaupt..........

Avalon

j_r_ewing - Donnerstag, 13. September 2001 - 02:18
Globale Rezession ? war bisher nur in Köpfen da, nicht in der Realität. (die USA hielten sich knapp
über 0, die Europäer liegen [bisher] eindeutig drüber. allein Japan schrumpfte.)
Die Sachschäden : vier große Häuser (wobei man über den Nutzen von zweien davon sehr geteilter
Meinung sein kann), vier Flugzeuge, und ein Haufen Schutt. Dazu muß man rechnen, was an
wirtschaftlicher Tätigkeit durch Vorsichtsmaßnahmen und Angst (Flugverkehr, Evakuierungen)
unterbunden wurde / wird / werden wird. Dazu kommt an materiellem Schaden noch, daß in etlichen
Familien jetzt der Ernährer fehlt.
Ganz sachlich-kalt gesehen, bleibt das im Rahmen bisheriger Naturkatastrophen; sowas haben die
USA schon so manches mal geschultert, ohne spürbare Wirtschaftsprobleme.
Möglicherweise - das wird sich erst zeigen - kommen noch die Kosten für eine Kriegsaktion dazu.
(Wieviel kosteten noch Golfkrieg und Balkan ?)
Möglicherweise wird auch der Ölpreis steigen: in dem Fall, daß Bush seinen 45er zieht und damit auf
die üblichen Verdächtigen losgeht. Das würde die Kaufkraft beeinträchtigen und die Inflation ein STück
treiben. Aber eine so schöne Gelegenheit, Saddam Hussein fertigzumachen, - wer weiß, wann die wieder kommt ?
Wenn dieser Aspekt entfällt, könnte das alles unterm Strich sogar für die Volkwirtschaft ein
kleines Konjunkturprogramm werden. (Das klingt jetzt zynisch, ist aber nur die genaue Wiedergabe dessen, was realiter abgeht.)

- Im übrigen:
"Seit gestern herrscht Krieg": Du hast anscheinend lange, lange geschlafen: Im Nahen Osten herrscht Krieg seit Jahrzehnten !
"wir seit über 50 Jahren keinen Krieg mehr in Deutschland hatten": das kann man auch nur sagen, wenn man das "IN Deutschland" geographisch versteht ! Ansonsten haben wir Deutschen schon zweimal - unter dem Vorwand in solchen Fällen üblicher Gräuelmarchen - ein anderes Volk (mit) überfallen, unter Regimes beider Couleurs ; und den Golfkrieg haben wir mitfinanziert, sind also mit-Auftraggeber, - liest Du nie Zeitung ??

Laßt uns hier bei der Sache bleiben, die der Zweck dieses Forums ist. Selbstgerechte Krokodilstränen und blauäugige Opferfolklore laufen ohne Pause im TV !

JR

j_r_ewing - Donnerstag, 13. September 2001 - 04:34
Ach du Scheiße:
Der "Verteidigungs"-minister sagt, seine Leute sollen "in den nächsten Tagen" zu Kriegshelden werden...

(Was wohl kranker macht: rauchen - oder John-Wayne-Filme...)

avalon - Donnerstag, 13. September 2001 - 06:54
So ganz hast du wohl nicht kapiert was das alles bedeutet.

Wenn du die Konflikte im Nahen Osten oder all die anderen in Afrika und Lateinamerika in den letzten Jahren als gleichbedeutend verstehst.

Vielleicht hilft dir das den Blickwinkel etwas zu ändern:

Der Feind hat kein Gesicht, aber einen Namen!

Ein Leitartikel von w:o-Redakteur Robert Sopella

Es war ein Terror-Akt, der die weltpolitische Lage von einer Sekunde
auf die andere drastisch verändert hat. Ziel der feigen Anschläge war
nicht das World Trade Center und auch nicht das
US-Verteidigungsministerium Pentagon. Ziel der Anschläge war die
Demokratie.

Es findet ein Umdenken in der Weltpolitik statt. Vorbei ist die Zeit des
großen Bruders Amerika, den nichts erschüttern kann. Mit
bestialischer Brutalität wurde der demokratischen Welt vor Augen
geführt, dass Terror und fanatische Gewalt jeden und vor allem
überall treffen kann. Das Selbstbewusstsein der USA ist nicht
angekratzt, es ist tief erschüttert. Das World Trade Center, das
Symbol für Macht und Reichtum, und das Pentagon, das Symbol der
militärischen Stärke, wurden zerstört. - Der große Bruder liegt derzeit
am Boden.

Nun ist die demokratische Staatengemeinschaft gefragt, die in der
Vergangenheit oft den Rat und die Tat der amerikanischen
Verbündeten eingefordert hat. Nun zeigt sich die enorme Wichtigkeit
eines globalen Bündnisses. Und man darf sicher sein, dass die
Staatengemeinschaft den USA wie "ein Mann" zur Seite stehen wird -
in aller Konsequenz.

Und die Konsequenz wird aller Wahrscheinlichkeit nach verheerend
ausfallen. Die Fassungslosigkeit in der Welt wird bald dem Schrei
nach Vergeltung weichen. Bereits jetzt ist das US-amerikanische Militär
in höchster Alarmbereitschaft. Präsident George Bush hat einen
Kommando-Bunker auf einem US-Air-Force-Stützpunkt in Nebraska
bezogen und erste Maßnahmen eingeleitet, bevor er in das Weiße
Haus zurückkehrte. Weite Teile des europäischen Militärs sind
kampfbereit.

Russlands Präsident Wladimir Putin drückt in einer bewegenden
Ansprache sein tiefes Mitgefühl aus. In einem unvergleichbaren
symbolischen Akt sichert er die volle Unterstützung Russlands zu. Ein
fast unglaubliches Symbol des einstigen Feindes aus dem Kalten
Krieg.

Worte können die derzeitige weltpolitische Lage nicht besser
beschreiben, als dieses Symbol. Die demokratische Welt hat
verstanden, dass ihre größten Feinde nicht auf dem Balkan und nicht
im Kommunismus zu finden sind. Zwar haben die Täter der Anschläge
noch kein Gesicht. Den Namen ihres größten Feindes hat die Welt
gestern mit aller erdenklichen Gewalt erfahren: globaler Terrorismus.
Autor: Robert Sopella, 12:38 12.09.01

Aber du hast in einem vollkommen recht, das ist ein Börsenboard hier, also ist das mein Schlußposting zu diesem Thema.

Avalon

techno - Donnerstag, 13. September 2001 - 18:34
Leute, jetzt muss ich aber doch mal zur Raison aufrufen!
Was in den USA passiert ist eine schreckliche Katastrophe, ohne Frage. Aber gerade vor diesem Hintergrund sind unsere "kleinen irdischen Probleme" doch geradezu lächerlich.
Ich bitte Euch bei aller Schockiertheit und Bestürzung eines nicht zu vergessen: Die Netiquette!
Natürlich ist Politik wichtig für das Börsengeschehen, aber "politische Glaubenskriege" gehören wirklich nicht in die stw-boerse!
Also schlagt Euch nicht die Köpfe darüber ein, ob wir erst jetzt Krieg haben oder schon längst hatten, ob Konflikte im Nahen Osten weniger wichtig sind als solche in der westlichen Welt und ob es richtig ist, wenn Bundeswehr-Soldaten in Kriegsgebieten eingreifen.
Ich denke wir alle sind erschüttert - aber wir sollten versuchen das ganze sachlich und ohne Agression anzugehen, OK?

Ciao
techno

j_r_ewing - Freitag, 14. September 2001 - 06:08
Hans Bernecker: Zuschauen
Mails/Nachrichten vom 13.09.2001, Bernecker & Cie.

Guten Morgen, meine Damen und Herren,

so lange Wall Street geschlossen ist, ist eine einigermaßen griffige Definition über Trends
oder Markttechnik nicht möglich. Man mag sich darüber streiten, ob es richtig bzw.
angemessen war, daß die deutsche Börse offen blieb. Dafür gibt es gute und schlechte
Gründe. Die Berichterstattung über die Folgen oder die Analysen und Meinungen, wie Sie
diese jetzt umfänglich in allen Zeitungen finden, empfehle ich distanziert zur Kenntnis zu
nehmen. Bitte unterscheiden Sie sehr genau, wenn dies auch ebenso kühl klingt. Das
menschliche Leid und die unmittelbaren Zerstörungen in New York berühren die
Wirtschaftskraft von 9 Billionen Dollar, erzeugt von 275 Mio Amerikanern, nur begrenzt.
Der Anteil des New Yorker Finanzmarktes an der Wertschöpfung des
Landes beträgt 2,6 % und der daraus errechenbare, unmittelbare Nachteil beträgt nur 0,6 -
0,7 % des amerikanischen BIP. Das ist natürlich beträchtlich, aber auch zu relativieren.
Eine weitere Erscheinung, die
Wirtschaftshistoriker ebenfalls kennen: Ereignisse dieser Art stimulieren mehr als sie
bremsen. Die Deutschen kennen dieses Thema besonders gut. So weit zu den aktuellen
Ansichten, die in den Medien zur Zeit diskutiert werden. Fest steht:

Die Börse wird in den nächsten zwei bis vier Wochen technische Probleme haben. Dafür
gibt es ein Schlüsselwort: Counterpart. Darunter versteht man den Kontrahenten im
Börsengeschäft, der durch die Ereignisse teilweise nicht
mehr da ist. Infolgedessen sind viele große Engagements im Moment nicht abzurechnen.
Trotz Hilfe von FED, Banken und Brokern wird es also einige Zeit dauern, bis daraus ein
Marktgleichgewicht entsteht. Müssen aber große Positionen abgerechnet werden, so kann
es zu sehr heftigen Kursschwankungen im betroffenen Papier kommen. Ich bitte, dies zu
berücksichtigen.

In Frankfurt läuft es kaum anders. Aber vielleicht haben Sie es bemerkt: Am Unglückstag
liefen in Dt. Telekom mit 34 Mio Stück Umsatz das bislang größte Transaktionsvolumen in
dieser Aktie über den Markt. Sie gab aber nur sehr begrenzt nach. Das deutet darauf hin,
daß ein großer Teil der Shortpositionen eingedeckt wurden. Bei Siemens waren 10,5 Mio
Stück zu registrieren, mit ähnlicher Wirkung.

Insgesamt gilt auch hier: Die Kurse der nächsten Tage sind Zufallskurse. Sie schauen jetzt
darauf, was ich in der morgigen AB näher kommentiere: Der VDAX gibt Ihnen wie eine
Art Fieberthermometer an, was im Markt insgesamt läuft. Gestern bereits 42 nach zuvor
30. Die absolute Spitze lag bisher in Crashzeiten bei 50. Umkehrschluss: Bei 50 im VDAX
ist der Ausverkauf gelaufen.

Mein Vorschlag für heute: Schauen Sie zu, denken Sie nach und erinnern Sie sich auch an
andere Crashsituationen zurück. Bitte unterscheiden Sie sehr sorgfältig zwischen den
eingangs zitierten Ereignissen und den Folgen in New
York und den realen Verhältnissen in den Märkten.

Bis morgen, herzlichst Ihr

Hans A. Bernecker

j_r_ewing - Freitag, 14. September 2001 - 17:59
Ich lese jetzt viel, daß die US-Wirtschaft durch das Attentat einen schweren Schlag erlitten habe. Das Zukunftsvertrauen der Bevölkerung sei angeschlagen, und deswegen würden sie weniger kaufen - Konsumrückgange - Produktionsrückgange.

Ich überlege hin und her, aber da will mir nichts einleuchten.
Was würde es denn einem USler nutzen, wenn er jetzt seinen neue Waschmaschine, seine neuen Hosen, sein Pfund Rindfleisch NICHT kaufen würde ? Was hätte er denn davon? Würde ihm das irgendwas nützen, wenn es irgendwo weitere Terrorostenbomben gäbe ?
Bei Autos mag er wohl an wventuell steigende Spritpreise denken und ein etwas kleineres kaufen; - owohl: haben die Amis sich je über die spritpreise Gedanken gemacht ?
Und das Reisegeschäft könnte Einbußen haben. (Obwohl jetzt natürlich die Sicherheitsanstrengungen enorm gesteigert werden werden, so daß weitere Flugzeugentführungen erst mal kaum noch möglich sein werden.)
Aber sonst ? Was würde Konsumverzicht einem Amerikaner in dieser Lage denn faktisch bringen ?
Kann mir da jemand was Plausibles zu sagen ?

Gruß
JR

prof_b - Freitag, 14. September 2001 - 20:28
Der Kursverfall heute im DAX zeigt an, wohin die Reise geht. Gerade hatten die ersten Anleger Hoffnung geschöpft, und nun das!

Das wird keine "Russlandkrise" das wird etwas ganz anderes ...

Hoffen wir, dass es wenigstens nur die Aktien erwischt!
Prof

aquamarin - Samstag, 15. September 2001 - 07:56
Über die Folgen des Terrors
Bankgesellschaft Berlin
Die Analysten der Bankgesellschaft Berlin sehen nach den jüngsten Terroranschlägen in den USA enorme Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten. Investoren würden von riskanten Anlagen in sichere Häfen umschichten. Ob diese Marktbewegungen gerechtfertigt seien, werde von weiteren realwirtschaftlichen Entwicklungen abhängen. Nach Ansicht der Experten müsse zwischen drei Effekten unterschieden werden.
Die direkten Auswirkungen der Katastrophe würden aus volkswirtschaftlicher Sicht eng begrenzt bleiben. Die materiellen Zerstörungen seien punktuell und würden keine spezielle Branche lähmen, so dass auch über die üblichen ökonomischen Verflechtungen keine messbaren Nachwirkungen zu erwarten seien. Unmittelbare Reparatureffekte würden sich allerdings nur temporär auswirken und glichen sich im Jahresverlauf weitgehend aus, so dass die Jahreswachstumsrate weitgehend unberührt bleibe.
Es gebe aber auch indirekte Wirkungen. Als größte unmittelbare Gefahr für die fragile konjunkturelle Lage in den USA werde derzeit ein Einbruch des Konsumentenvertrauens angesehen, der im Moment nicht zwingend erscheine. Wesentlich größer sei dagegen die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem deutlichen Anstieg der Staatsausgaben kommen werde. Vor allem im Militärbereich würden die Ausgaben stark steigen. Die unmittelbaren Folgewirkungen für Europa seien bislang klar überschaubar, wobei zwischen drei verschiedenen Ansteckungskanälen zu unterscheiden sei. Erstens können fortgesetzte Turbulenzen an den Weltfinanzmärkten für eine anhaltende Verunsicherung der Verbraucher sorgen, was aus heutiger Sicht nicht akut erscheine. Zweitens bliebe eine nachhaltige Schwächung der US-Konjunktur auch nicht ohne Folgen für die europäische Wirtschaft. Der konjunkturelle Aufschwung dürfe sich um einige wenige Monate verzögern. Drittens würden massiv steigende Ölpreise einen neuerlichen exogenen Schock bedeuten, der die Inflation in Europa erneut nach oben treibe und die Konjunktur schwächen würde. Allerdings sei auch dieses Risiko aus heutiger Sicht eher begrenzt.
Überhaupt nicht absehbar seien die Auswirkungen möglicher Kettenreaktionen. Ein Gegenschlag der USA könne verheerende Folgen für die Weltwirtschaft haben. Allein die Befürchtungen einer zunehmenden Ölknappheit könnten dann einen dramatischen Anstieg der Ölpreise auslösen, der die industrialisierte Welt in die Rezession stürzen würde.
Angesichts der neu entstandenen wirtschaftlichen Risiken werde die US-Notenbank die Leitzinsen nochmals lockern. Dieser eher symbolische Schritt solle ausreichen, die ohnehin nur begrenzt beeinträchtigte Konjunktur stabilisieren zu können. Für die EZB biete sich kein Zinssenkungsbedarf. Vor diesem Hintergrund würden sich die "safe haven"-Kapitalströme in den kommenden Monaten tendenziell wieder umkehren, wobei das Timing vom Gegenschlag der USA und deren möglichen Konsequenzen diktiert werden dürfe, so die Analysten der Bankgesellschaft Berlin. Mittel- bis langfristig würden die Anschläge unabhängig von der Intensität des Gegenschlags zu einer Neuorientierung der amerikanischen Militär- und Fiskalpolitik führen, die gewisse Ähnlichkeiten mit der "Reagan-Ära" aufweise und wieder zu einem deutlich höheren Kapitalmarktzinsniveau führen dürfe, so die Analysten der Bankgesellschaft Berlin.

Quelle: Aktiencheck.de

mib - Montag, 17. September 2001 - 16:27
bin wieder heil zuhause gelandet...
...alles undurchschaubar...

...FED hat Zinsen wieder um 0.5% gesenkt...
..."eigentlich" ist fuer die meisten Branchen der Wirtschaft(!!!) nichts so sehr dramatisches passiert...
..."consumer confidence" ist erneut das Zauberwort...

...was fuer eine Welt...

Mib

techno - Montag, 17. September 2001 - 19:33
Hallo Mib,
schön dass Du wieder wohlbehalten zurück bist.
Wir hier in Deutschland können das Geschehene immer noch nicht so recht fassen und begreifen und auch bei uns hier in der stw-boerse dreht sich alles nur noch um das eine Thema, wie Du ja selber siehst.
Daher wäre es schön wenn Du uns hier auch ein wenig aus Deiner Perspektive über die Geschehnisse auf dem Laufenden halten könntest ...

Ciao
techno

mib - Montag, 17. September 2001 - 23:34
dazu kann ich nur sagen: schaut euch CNN an. Ich lebe ja in einem kleinen Universitaetsstaedtchen in Pennsylvania und da ist natuerlich nichts auch nur irgendwie representativ.... aber wie uberall im Lande wird wie verrueckt Blut gespendet, Geld gespendet, und es herrscht eine sehr grosse solidaritaet untereinander. Andererseits gab und gibt es im Land wohl einige Uebergriffe auf arabisch-aussehende Menschen und der Absatz von Schusswaffen ist dramatisch in die Hoehe geschnellt.... generell macht sich eine Art Xenophobie (die auch vorher schon unterschwellig da war) stark bemerkbar. Die Bilder der feiernden Palaestinenser haben die Menschen hier erschreckt, verbittert und sehr wuetend gemacht. Arafat kann von den Amerikanern NICHTS mehr erwarten (das macht mir eigentlich am meisten Sorgen, da das Problem, wenn ueberhaupt, nur zusammen mit dem Israel-Palaestinenser-Konflikt geloest werden kann).

Es mag im Moment etwas seltsam klingen, aber ich glaube, dass die USA aus der Sache innenpolitisch und mittelfristig auch wirtschaftlich gestaerkt herauskommen werden. Es darf nur nicht zu einer Eskalation des Konflikts kommen - Religionskriege zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind wirklich so ziemlich das Allerletzte, was die Welt braucht....

...aber fragt mich nicht nach Aktien, da blicke ich im Moment ueberhaupt nicht mehr durch...

Gruss - Mib

j_r_ewing - Dienstag, 18. September 2001 - 21:10
Tja, schöne Scheiße: wenn jetzt nicht ziemlich schnell was passiert, muß man wohl konstatieren, daß das Kind in den Brunnen gefallen ist.

Schade - hätte nicht sein müssen. Die Wirtschaft lief flau, aber im Rahmen: Konsum trotz aller Unkenrufe immer noch gehalten (retail sales im August + 0,3 %); stetiger Lagerabbau; SEMI-Auffträge z.B. sogar wieder mit einem Plus; steigende Frühindikatoren : ein Soft Landing, zwar unter Wanken, aber noch auf Kurs; Ablauf der Vorbereitung auf die nächste Aufschwungphase.
Kursbewertungen noch tolerabel. Indizes am unteren Ende ihrer Formationen, aber noch im Rahmen. Und m.W. unter saftigen Shortpositionen der Hedge-Fonds: wenn die hätten eindecken müssen, wäre die Post abgegangen.

Und dann das.

Wenn man den Kollaps gestern wenigstens als finalen Angstexzeß verstehen könnte, wie er am Ende einer richtigen Abwärtsbewegung eben üblich ist ! Danach sieht es aber nicht mal aus: die Volatilität ist zwar hochgeschnellt, die Umsätze gewaltig, - aber das m.E. wichtigste Element fehlt: das Handtuchwerfen der Kleinanleger. Was da am Montag lief, waren Angstverkäufe DER GROßEN; nicht etwa Verhalten der Kleinanleger :
" 10:46AM
Ameritrade had 62% buy orders for Monday (AMTD) by Deborah Adamson

Online broker Ameritrade on Tuesday reported that 62 percent of its trades on
Monday were buy orders. Small investors apparently stepped in to buy stocks on
the day of the largest point-drop in the history of the Dow Jones Industrial Average.
However, institutional investors interviewed by CBS.MarketWatch.com said they
largely stayed out of the market. Last week, a grass roots movement arose among
small investors to buy stocks at the reopening of the stock market after the Sept. 11
tragedy.
11:02AM
Datek reports 57% buy orders for Monday by Deborah Adamson

Online broker Datek said Tuesday that 57 percent of its trades on Monday
were buy orders. Edward Jones, Fidelity and Ameritrade also reported a
higher proportion of buy orders than sell orders for Monday, when the Dow
Jones Industrial Average experienced its largest one-day point drop in
history. However, institutional investors interviewed by
CBS.MarketWatch.com said they stayed out of the market. Small
investors apparently heeded a patriotic call from their peers to buy stocks
at the reopening of the stock market after the Sept. 11 tragedy."

Das paßt nicht zu einer Ausschüttlung der "schwachen Hände", durch die die Lage bereinigt würde.

Wenn jetzt nicht, wie gesagt, sehr schnell etwas passiert, kommen alle Charties dieser Welt angelaufen: "Chart kaputt - verkaufen !!" Mit der Folge des beschriebenen Teufelskreises zwischen Kursen, Kaufkraft und Konjunktur.
(Übrigens erstaunlich,wie kursmäßig punktgenau das Attentat kam, als der Dow am Tiefpunkt seiner Formation stand: präzise Arbeit zum optimalen Zeitpunkt - bin Laden ist anscheinend ein Charti !)

So werden Realitäten geschaffen.
Und so stürzt die Fondmanagergilde, die schon 99/00 ihr erbärmliches Urteilsversagen unter Beweis stellte, jetzt die Börse, das Land, die Welt ins Unglück. Und Myriaden von Familien, die sie dadurch ins Unglück gestürzt haben, dürfen sie dafür nicht mal verprugeln...

Nun: vielleicht ist an der Börse eine Riesenidiotie (99/00) nur durch eine gegenteilige auszugleichen.

Vom Chart her gibt es jetzt natürlich kein Halten mehr. Der Dow- / seit '82, der bei gut 9000 verläuft, ist kaputt. Unterstützungen, die der zerschlagenen Formation auch nur halbwegs an Gewicht entsprechen, sind nicht in Sicht - ein bißchen um die 8000 herum, und etwas mehr bei 4000 - dazwischen nur Gekrümel.
Ansonsten : Dow Jones 2500 (der / seit den 30er Jahren; plus die erste größere Unterstützungszone).
Oder, wenn man 1929er Eskapaden mit Folgen als Ausrutscher wertet und die 30er und 40er Jahre ausblendet : der / seit 1905 (erstaunlich genau definiert übrigens) verläuft derzeit bei knapp 2000.

2500 wären übrigens auch die 62%-Korrektur (Fibonacci).
(Die 50%-Korrektur läge bei 3400 - aber da ist nichts.
Die 38%-Korrektur läge bei 4550. Aber auch da ist sonst nichts.)

Beim Nasdaq Comp (seit 71) ist beim / seit '74 der Haupttrend (jetzt bei 1700) auch kaputt. Man könnte allenfalls Hoffnung auf den "zweiten Boden" legen, der derzeit bei knapp 1200 verläuft; das wäre dann "der Haupttrend, unter Berücksichtigung der Länge tiefer Ausrutscher". Der ist klar definiert, hat aber nur poplige 2 Stützpunkte (damit ist es natürlich leicht, klar definiert zu sein). Vorteil: von den Zeitabständen her (74; 87/90) wäre ein "Bein" jetzt plausibel; und auch bei der Riesen-Korrektur am Anfang dieses / geschah ein solches "Bein". (Vielleicht ist dies ebenfalls eine "Ausgleichs-Riesenidiotie"; dann wäre zur jetzigen Zeit im Schema das Auftreten einer solchen plausibel.)
Vielleicht ist es ja die Halbleiterszene, die durch den Auftrags-Dreh das Börsen-Steuer herumwerfen wird?
Aber ob der vergleichsweise eh schon schwache Nasdaq den Dow hochziehen können wird...? Klingt eher unwahrscheinlich.

Also dann : Prost Mahlzeit...

JR

mib - Dienstag, 18. September 2001 - 22:50
das Schlimme ist, das der amerikanische Gegenschlag mit seinen voellig unberechnebaren Folgen noch aussteht...

:-( Mib

j_r_ewing - Dienstag, 18. September 2001 - 23:24
Das ist nicht das, wovor ich kursmäßig die große Angst hätte - beim Golfkrieg war es so, daß es VORHER monatelang bergab ging - und dann, als der erste Schuß fiel, zu drehen. Hier wurden die Leute mit genau diesen Ängsten abgekocht.
Überhaupt scheinen mir viele Parallelen zum Golfkrieg zu bestehen ! Nicht zuletzt in der Weltuntergangsstimmung.

Gruß
JR

j_r_ewing - Dienstag, 18. September 2001 - 23:44
Eins allerdings macht mir Sorgen: daß die Fundamentlisten B-Waffen einsetzen könnten. Damit kann man mit relativ geringem Aufwand gewaltige (wenn auch kaum steuerbare) Wirkungen erzielen.
Saddam Hussein war zwar rücksichtslos, handelte aber rational. Bei diesen durchgeknallten Religiösen kann man aber nicht wissen!

mib - Mittwoch, 19. September 2001 - 03:02
du sprichst mir aus der Seele - das ist genau das, worauf ich hinaus wollte!

mib - Mittwoch, 19. September 2001 - 16:07
nur kurz:

in USA herrscht im Moment eine SEHR auslaenderfeindliche Stimmung und die Leute verkaufen ADRs zum Teil nur deshalb, weil es sich um auslaendische Unternehmen handelt. Ich glaube nicht, dass die Institutionellen das mittelfristig mitmachen, sondern sehe hier eher einige gute Kaufgelegenheiten auf uns zukommen. Aber was weiss ich schon...

Mib

mib - Mittwoch, 19. September 2001 - 17:55
jetzt ist die langerwartete Kapitulation in USA aber losgegangen. Die Leute schmeissen ziemlich wahllos alles was sie haben, egal, welche Branche. Sieht zum Teil ziemlich schlimm aus....

Mib

prof_b - Mittwoch, 19. September 2001 - 18:50
Die dritte rote Kerze in Folge. Dieses Mal hatte ich mit meinen Befürchtungen recht. Das ist viel schlimmer, als 20 % am Montag.


Der Langfristtrend im Dow seit 1982 ist genaugenommen schon durch, da kann man nur noch mal warnen.

Falls ein KGV von 10 für den DAX realistisch ist, und wir die Gewinne für 2002 halbieren, kommen wir auf > 2000 Punkte.

Da kann JR heute abend wieder schimpfen.

Prof

Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: US-Tendenz: Archivierte Beiträge bis 19. September 2001