Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: US-Tendenz: Archivierte Beiträge bis 22. Juni 2001
mib - Samstag, 2. Juni 2001 - 18:24
JR:

diese Informationen ueber das inlaendische Frachtaufkommen werden in USA sehr stark beachtet. Ich erinnere mich, dass vor 15 Monaten jemand darauf hinwies und erhebliche Probleme der US-Wirtschaft daraus prognostizierte. Der Mann lag 100% richtig! Die Eisenbahnen haben uebrigens dieselben Probleme... Ich glaube, das sind genau die Informationen und Signale, die man nicht uebersehen sollte! Das 2. Quartal wird/war viel schrecklicher als das 1. und es sollte mich sehr wundern, wenn alle nur hoffnungsvoll und vertrauensvoll in die Zukunft blicken wuerden und fleissig Aktien kauften. Nasdaq auf 1700 bis 1800 im Sommer ist nicht ausgeschlossen...

Mib

j_r_ewing - Montag, 4. Juni 2001 - 06:59
Ja, solche Zahlen sind ein wertvoller Beitrag zum Bild von der Verfassung der Wirtschaft. Was produziert wird, muß auch unters Volk gebracht, sprich: verteilt, sprich: transportiert werden. Von daher sollte eine strenge Proportionaität herrschen, sofern sie nicht von Lagerhaltung aufgeweicht wird. Das ist ja auch wesentlicher Teil der Dow Theory. (Von daher kommen mir 14% Verminderung reichlich happig vor, auch wenn natürlich das GDP nicht nur aus Warenwert besteht.) Die Industrieproduktion hat ja auch einen erheblichen Rückschlag erlitten (während z.B. die Lage in der Bauwirtschaft recht freundlich sein soll).

Mein ursprünglicher Impuls, zu hedgen, war wohl ganz richtig, kann man wohl sagen, nachdem sich der Ausbruch bis über 11300 als Bullenfalle herausgestellt hat. "Sell in May and go away" wäre dieses jahr wohl mal wieder genau richtig gewesen. Ich schätze mal, es wird jetzt etwa 2 Monate des Bröckelns geben, im SPX so bis zur Ausbruchslinie der W-Umkehrformation von März/April, also etwa 1180; das wäre dann wohl so etwa 1870 bis 1780 im Nasdaq, was knapp 100 Punkte über Deiner Schätzung läge.

Was mir an den Transport-Zahlen wichtig gewesen wäre: die Aufteilung nach Konsumgütern und anderen Güten. Solange die Amis halbwegs flott weiterkonsumieren, wird über die Leere in den Lägern die Produktion wieder angeworfen, und es bleibt bei einer kurzen Delle. Wenn sie jetzt aber anfangen massiv zu sparen, kommen wir in den Teufelskreis rein. Von daher meine Herumreiterei auf dieser Unterscheidung.
Allerdings gibt es da bei der Roadway-Warnung doch einen Hinweis auf eine Mit-Schwächung des Konsums: "this provider of less-than-truckload freight services" - hier sind es anscheinend keine Massengüter, die transportiert werden! Das gefällt mir nicht so gut...

Gruß
JR

mib - Montag, 4. Juni 2001 - 15:28
ich wuerde uebrigens erwarten, dass die (high)Techs viel laenger Probleme haben als die old-economy. Der geht es gar nicht sooo schlecht und der hilft die Steuersenkung und die Zinssenkung am schnellsten.

JR: Gewinnwarung voin EXPO. Schau im EXPO thread nach.

Gruss - Mib

j_r_ewing - Montag, 4. Juni 2001 - 19:19
Danke für EXPO-Warnung, mib.

Mit der zeitlichen Differenzierung hast Du wahrscheinlich völlig recht. Wir hatten die Liquiditätsrally; in der geht mehr oder weniger alles. Wenn dann in der zweiten Phase genauer hingeschaut wird, wer wohl verdient und wer nicht, werden es die Techs schwerer haben - es gibt ja auch jetzt noch massenhaft Tehcs, die von nichts als von Zukunftslorbeeren leben. Das dürfte auf die Stimmung für ALLE Techs abfärben.

Gruß
JR

mib - Dienstag, 5. Juni 2001 - 15:11
INTERESSANT!:

briefing.com:
08:20 ET Tech Upstarts : Merrill Lynch strategist Steve Milunovich releases a list of 23 global technology "upstarts" that should be increasingly influential in the next 3-5 years: AMCC, ARMHY, ASML, BEAS, BRCD, CPST, CIEN, EXTR, FNSR, GMST, GGPZF, HNHAF, INFA, INFY, ISIL, MERQ, MUSE, NVLS, OPWV, RIMM, TMTA, TQNT, VIATF

j_r_ewing - Donnerstag, 7. Juni 2001 - 23:42
Wichtig! :

3:00PM
Consumer credit rise tops forecast by Rachel Koning

Americans used their plastic en force to fund purchases in April, driving up
consumer credit by a larger-than-expected $14 billion in that month, the Federal
Reserve said Thursday. Borrowing for car loans and other private purchases was on
the rise as well, lifting the total level of credit by 10.7 percent to $1.58 trillion during
April. Borrowing did rise more in January and February of this year on both a
percentage and dollar basis. A survey of economists called for a $8.2 billion increase
in April.

avalon - Freitag, 8. Juni 2001 - 07:15
Auszug von wo:

Eine Schub erhalten die US-Börsen am späten Abend durch die
Veröffentlichung der Zahlen zu den US-Verbraucherkrediten für April.
Diese steigen auf 13,9 Mrd.$ und liegen damit fast doppelt so hoch
wie noch im März (7,5 Mrd.$). Diese Zahlen sind von Bedeutung, da
die US-Wirtschaft zu zwei Dritteln vom privaten Konsum abhängt
und damit traditionell auch von der Bereitschaft der US-Bürger, auf
Pump einzukaufen. Zuvor haben die Erstanträge auf
Arbeitslosenunterstützung für die Woche des 2. Juni die Märkte
leicht belastet. Diese sind gegenüber der Vorwoche stärker
gestiegen, als von Wirtschaftsexperten erwartet und liegen nun bei
432.000.


Also die Bullen fühlen sich bestätigt - die Amis werden weiterhin Schulden machen auf Teufel komm raus, die Kurse "müssen" also zwangsläufig wieder haussieren.

Die fundamentalen Bären werden in ein paar Monaten nach einem sehr sehr lang laufenden Put schauen.

Ihr könnt mich steinigen - aber ich sehe den Dow inzwischen in einer Situation ähnlich dem NM und Nasdaq Anfang 2000.

Fundamental gibt es einfach keine Gründe für einen Stand nahe ATH aber ein neues ATH ist inzwischen wohl auch so gut wie sicher, denn wenn schon übertreiben dann bekanntlich richtig.

Aber das gilt bekanntlich irgendwann auch für die andere Richtung.

Schub an den Börsen wegen doppelt so hoher Verbraucherkredite - ich habe das zweimal lesen müssen um es zu glauben........"g"

Avalon

avalon - Mittwoch, 13. Juni 2001 - 15:11
Business as usual - Dax steigt und die aktuellen Meldungen sind katastrophal:

Mittwoch, 13.06.2001, 13:17
Bundesbank: Überschuss in der deutschen Leistungsbilanz im April halbiert
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Überschuss in der deutschen Leistungsbilanz hat sich im April 2001 im Vergleich zum Vormonat von 3,1 Milliarden auf 1,5 Milliarden Euro halbiert. Hierzu habe vor allem ein deutlicher Rückgang des Außenhandelsüberschusses beigetragen, erklärte die Deutsche Bundesbank am Mittwoch unter Berufung auf das Statistische Bundesamt.

So habe einem kräftigen Anstieg der Wareneinfuhren um 10,2 Prozent nur eine Zunahme der Warenausfuhren um 2,5 Prozent gegenüber gestanden. Insgesamt habe nach Ausschaltung aller Saisoneinflüsse im April der Handelsbilanzüberschuss mit 5,2 Milliarden Euro deutlich unter dem Ergebnis des Vormonats von 8,9 Mrd. Euro gelegen.


und das bei einem so günstigen Wechselkurs für die deutschen Exporteure......

Das wird noch krachen dieses Jahr - hüben und drüben, Amiland - Euroland - ganz egal.
Die Fundamentals werden die Liquiditätskäufer irgendwann einholen.

Avalon

avalon - Donnerstag, 21. Juni 2001 - 07:58
Ist das noch normal ?

Greenspan kritisiert Kreditverhalten der Banken


Alan Greenspan sieht neue Risiken für die Stabilität der US-Wirtschaft. Banken neigten seit
einiger Zeit dazu, bei der Vergabe neuer Kredite deutlich strengere Maßstäbe anzulegen,
sagt der Chef der amerikanischen Notenbank am Nachmittag vor dem Bankenausschuss
des US-Senats in Washington. Grund seien sich verschlechternde Vermögenswerte der
Banken. „Eine solche Politik ist nachweislich nicht im Interesse der Anteilseigner von Banken
oder im Interesse der Wirtschaft“, so Greenspan.

Die im Dow Jones vertretenen Finanztitel legen daraufhin deutlich zu. J.P. Morgan Chase
gewinnt 2,5% auf 45,65$, American Express macht 2% auf 39,40$ gut.
Autor: Thorsten Sauter, 17:19 20.06.01


Nicht im Interesse der Wirtschaft ?

Sind die Amis schon so weit, daß die Banken faule Kredite auf Befehl ansammeln müssen (von denen sie eh schon genug haben) - damit der gute Ruf von Greenspan als Retter der Aktienmärkte erhalten bleibt ?

Langsam dreht er durch, es gibt nichts schlimmeres als einen Kreditbubble, der soll mal in die Bilanzen der japanischen Banken schauen und was daraus geworden ist..........

Avalon

j_r_ewing - Donnerstag, 21. Juni 2001 - 10:32
Ja SELBSTVERSTÄNDLICH gibt es Schlimmeres: wenn nämlich die Absinktendenz des Wachstums noch verstärkt wird, indem man ihm den Mühlstein knappen Geldes um den Hals hängt - blättere mal ein paar Seiten zurück bis 1929, wo man mit diesem Rezept auf Biegen und Brechen den Goldstandard-Dollar verteidigt hat ! Heere von obdachlosen Arbeitslosen waren es, die durch die Staaten vagabundierten auf der Suche nach einem kümmerlichen Einkommen ! Das zum Thema "'Gesundung' durch 'solide' Finanzverhältnisse" ! Was glaubst Du eigentlcfih, wie schnell unter Deinen jetzt noch guten Krediten die Fäulnis ausbricht, wenn die Banken die Zinssenkungen pervertieren in eine Politik knappen Geldes und dadurch die schwächelnde Konjunktur abschlachten, wobei dann reihenweise Firmen pleitegehen ! Da kommst Du in einen Teufelskreis, daß Du die Ohren anlegst - bloß weil Du Dich darauf kaprizierst, daß Solidität ums Verrecken grad JETZT her muß !!!
Ich habe nicht den Eindruck, daß es Greenspan ist, der langsam durchdreht !

Mit besten Wünschen !
JR

avalon - Donnerstag, 21. Juni 2001 - 11:34
Die Blase bis 1929 (und eine Blase ungeahnten Ausmaßes war es unbestritten) konnte sich ja nur bilden wegen einer ungezügelten Kreditaufnahme.

Die anschließende restriktive Geldpolitik hat den Trend nach dem Platzen nur weiter verstärkt.
Platzen hätte die Blase so oder so müssen.

Ich verstehe den agressiven Ton nicht - glaubst du wirklich auf lange Sicht ist es nützlich wenn die Banken Schuldnern schlechter Bonität weiter Geld leihen - das würde eine der wichtigsten Säulen am Aktienmarkt untergraben - denn irgendwann müssen die Banken dafür büßen und wenn deren Kurse erst mal richtig fallen, was dann ?

Warum sollten gute Kredite platzen weil man keine schlechte vergibt ?

Das sorgt nur für die nötige Konsolidierung - die soliden Firmen überleben und die überschuldeten fallen weg.

Soll es wie in Japan laufen ?
Deren Bilanzen sind seit Jahren voll mit faulen Krediten, keiner traut sich es richtig beim Namen zu nennen - und was hat es dem jap. Aktienmarkt genützt daß damals so viel easy Money vergeben wurde ?

Was stört dich daran Solidität gerade jetzt zu fordern ?
Es ist eh schon eher 5 nach 12, denn vor 12.

Wenn nicht jetzt wann dann ?
Soll man erst eine Umfrage bei jedem einzelnen Aktionär machen wann es seinem persönlichen Depot recht wäre ?

Nach dem Motto - ein bißchen brauche ich noch Zeit die Performance ist noch unten, aber dann dürfen gerne alle wieder solide handeln..............

Aber gut - du brauchst dich nicht weiter aufregen -warten wir einfach ab was aus dieser Politik des leichten Geldes wird, denn durchgezogen wird sie ob ich es mag oder nicht.

Dann schauen wir uns irgendwann das Ergebnis an.........

Avalon

stephan - Donnerstag, 21. Juni 2001 - 17:47
Das ist eine schwierige Situation. Natürlich darf man die Kreditvegabe bei konjunkturellen Schwächeanzeichen nicht gleich drastisch zurückfahren, das porovoziert dann nur eine Rezession. Andererseits finde ich auch, das Herr Greenspan sich hier zu weit aus dem Fenster gelehnt hat. Ich denke er hat die Zinsen doch zu schnell gesenkt und sieht nun verzweifelt seinen nur noch geringen Handelsspielraum. Falls er die wirtschaftliche Schwächung der USA doch nicht verhindern kann, sollte man noch andere Schuldige zu Auswahl stellen (In diesem Fall die Banken).

Heute kamen übrigens auch noch Meldungen aus den USA. Das sollen nun erfreuliche Zahlen sein:

-------

WASHINGTON (dpa-AFX) - Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung in den USA sind der Woche bis zum 16. Juni um 34.000 auf 400.000 gefallen. Dies teilte das US-Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mit. Der Rückgang war höher als von Marktbeobachtern erwartet. Wall-Street Analysten hatten mit einem Rückgang von 2.400 auf 425.600 gerechnet.

Die Erstanträge in der Woche zum 9. Juni waren revidiert um 3.000 auf 434.000 gefallen. Ursprünglich wurde von einem Rückgang von 12.000 auf 428.000 ausgegangen. Im Vierwochendurchschnitt fiel die Zahl der Erstanträge um 2.750 auf 422.500.

Auf einer nichbereinigten Basis fiel die Zahle der Anträge um 45.776 auf 352.169. In der vergleichbaren Woche des Vorjahres waren es noch 265.599./FX/js/tv/af

----------------
Im Vergleich zum Vorjahr ein um 50% höheres Niveau. Hier der Marktkommentar:

----------------
Aktien New York Eröffnung: Behauptet - Optimismus durch Arbeitsmarktdaten

NEW YORK (dpa-AFX) - In New York haben die Aktien die Handelssitzung am Donnerstag mit behaupteten Kursen begonnen. Der Rückgang der Erstanträge auf
Arbeitslosenhilfe in der vergangenen Woche habe an der Wall Street verhaltenen Optimismus verbreitet, sagten Marktbeobachter. Daher sei eine heftige Reaktion der Investoren auf die Gewinnwarnungen einiger Unternehmen ausgeblieben.

--------------

Das Leistungsbilanzdefizit ging von 116 auf 110 Milliarden US Dollar im Q1 leicht zurück. Das die angeblich stärkste Wirtschaftsnation der Welt ein Leistungsbilanzdefizit ausweist, wundert mich schon eine ganze Zeit. Aber das nur am Rande, VWL war noch nie meine Stärke... ;)

-------------

Das US-Handelsministerium gab die vorläufigen Berechnungen der Leistungsbilanz für das erste Quartal 2001 bekannt. Die Bilanz weist ein Defizit von 109,6 Mrd. Dollar aus.

Die reine Handelsbilanz, d.h. ohne Dienstleistungen verbuchte ein Defizit von 112,5 Mrd. Dollar, nach 118,5 Mrd. Dollar im vorherigen Quartal. In der Dienstleistungsbilanz errechnet sich dagegen ein Überschuss von 17,5 Mrd. Dollar, nach 18,2 Mrd. Dollar im letzten Quartal 2000.

Analysten hatten in ihren Prognosen mit einem geringeren Defizit gerechnet. Sie schätzten durchschnittlich mit einem Passivsaldo in Höhe von 106,6 Mrd. Dollar.

Das Defizit des vierten Quartals 2000 wurde von vorläufig 115,3 Mrd. Dollar auf 116,3 Mrd. Dollar angehoben
--------------

Stephan

stw - Donnerstag, 21. Juni 2001 - 18:49
Hey JR, halte mal die Bälle flach... engagierte Diskussion ist gut, aber nicht so aggressiv bitte. Wir wollen uns doch nicht auf das WO-Niveau begeben...

Es gibt zu solchen Themen halt unterschiedliche Meinungen, wir sollten die austauschen, aber unbedingt andere Meinungen respektieren, okay ?

:-) stw

j_r_ewing - Freitag, 22. Juni 2001 - 03:35
Also erst mal zum "aggressiven Ton": ich habe mir erlaubt, Avalon zu zitieren; seine Beiträge gingen einwandfrei durch - was also wäre mir vorzuwerfen?? Daß ich zwei Wörter großgeschrieben habe?

Wenn ich mich hier diskursiv etwas erhitzt habe, liegt das halt daran, daß ich das, was Avalon da befürwortet, für im Prinzip sehr löblich, konkret zum jetzigen Zeitpunkt aber für sachlich verderblich halte. (Pardon, stw, es geht nicht einfach immer nur um freundliche Umgangsformen - wir unterhalten uns hier nicht über die Bundesliga!) Die Gedanken von heute sind die Realitäten von morgen / übermorgen; und wenn unser Einfluß hier auf die Wirtschaftspolitik natürlich gegen Null konvergiert (da geb ich mich natürlich keinen Illusionen hin), so heißt das nicht, daß es völlig wurscht ist - sonst wäre es noch sinnloser, zu Wahlen zu tapern; und damit müßte man, in die Breite gesehen, Wahlen abschaffen. Hier gibt es immerhin eine GEWISSE Resonanz (immerhin kommen hier ja auf einen, der schreibt, laut stw hundert, die lesen.) Somit fühle ich mich schon gefordert, gegen eine fatale Tendenz nach Kräften gegenzuhalten, wenn ich sie sehe (zu sehen glaube).
Und Wirtschaft ist nun mal eine hoch psychologische Angelegenheit, wie ja schon reichhaltig festgestellt wurde, von den jetzigen Würdenträgern bis zu Franz Strauß (und mit Sicherheit noch weiter); da kann man unheimlich was kaputtreden. Außerdem fürchte ich, daß, wenn hier überwiegend das "Bärenrudel" unter Avalons "propagandistischer" Anführung die Spalten zur Wirtschaftslage füllt (manchmal staune ich wirklich, wieviel Zeit manch einer hier aufbringen kann), unter reichhaltiger Wiederholung von Szenarien von Baissen von bis zu ich weiß nicht mehr wievielen Jahren, düsterem Raunen von "Hurricanes" usw., daß viele unvoreingenommene Leser, die in Börse nicht so drinstehen wie wir ältere Kämpen, ein negatives Bild von der Lage kriegen, was m.E. ihrer Performance schaden wird. Es ist also mehr zu bedenken als einzig die Wahrung gewisser Formen.


Zum strittigen Punkt "seriöses Finanzverhalten versus Katastrophenvermeidung" mit Avalon:

"Warum sollten gute Kredite platzen weil man keine schlechte vergibt ?"
Daß es hier nicht nur um das Vergeben von SCHLECHTEN Krediten geht, das weißt Du genau. Und ob ein Kredit gut oder schlecht ist ("notleidend", wie der Banker so "mitfühlend" sagt), das ist nicht bloß eine Eigenschaft des Dings Kredit an sich, sondern hängt nur zu oft ganz entscheidend davon ab, wie das Umfeld beschaffen ist! (Waren z.B. die Kredite an die Handwerker, die damals Holzmann beliefert haben, nun "gute" oder "schlechte"? Da wäre ohne die öffentlichen Hilfen so mancher stocksolide Handwerksbetrieb hopsgegangen, weil er auf den (damals noch) guten Namen Holzmann gebaut hat, und sein Kredit "notleidend"; ein anderer, der meinetwegen von einem versoffenen Elektriker geführt wurde, hat dank der "Peanut"-Zahlungen gerade noch mal die Kurve gekriegt, obwohl sein Laden "an sich" auf der Kippe stand, sein Kredit aber eben noch mal bedient wurde und noch als "gut" galt.)

Wenn jetzt die Ami-Banken die Erleichterung der Geldpolitik konterkarieren, indem sie bei den Krediten mauern, und damit die Konjunktur, die eh schon fast auf Null ist, kippen, wird damit die Volkswirtschaft sozusagen unter Wasser gedrückt (weil ihr sozusagen die Atemluft genommen wird), in einen Schrumpfungsprozeß hinein mit weniger Wirtschaftsaktivität - weniger Beschäftigung - weniger Kaufkraft - weniger Umsatz - weniger Wirtschaftsaktivität...das entfesselt einen Teufelskreis, der erst wer weiß wo zum Stillstand kommt! (klar hab ich da auch mein Depot mit im Blick - aber es geht doch weiß Gott nicht nur darum! und um die Depots anderer!) - ich kann nicht glauben, daß Du diese doch recht einfach zu verstehende Sache nicht begreifst! Oder liegt der Widerstand nicht auf der kognitiven Ebene?

Warum muß die Auslese der "guten" (Kredite; Firmen) denn unbedingt gerade jetzt laufen, crashmäßig, statt in ruhigeren Zeiten, peu a peu? Und unverhältnismäßig mehr kaputtmachen (Firmen; Kredite; Depots) als in der anderen Variante: nämlich die, die in einem normalen Umfeld (nicht überschäumend, nicht Rezession) wirtschaftlich gesund wären, in einer Rezession mit ihrem viel höheren Existenzdruck aber untergehen? Was soll daran so toll sein?

Deine Logik ist etwa diese : da kämpft grad einer mit einem Herzanfall, Angina pectoris - vielleicht durchaus, weil er sich zuwenig bewegt hat - , und Dein Rat an ihn ist: Geh joggen - aerober Ausdauersport ist gut fürs Herz, das wissen wir doch schließlich alle! Ja klar wissen wir das alle, und da streitet auch keiner drüber - aber laß ihn doch erst mal wieder etwas erholen, - joggen aber doch um Gottes willen NICHT JETZT !!! [oder ist das schon wieder zu aggressiv formatiert ? Dabei ist das schon die Kompromißversion - erst wollte ich Bestie den ganzen Satz groß schreiben...]

Laß doch die "wirtschaftlich weniger überlebenswerten" dem ganz normalen alltäglichen Konkurrenzkanmpf erliegen und HIERBEI ausgesiebt werden, und erspare einer ganzen Volkwirtschaft (bzw. vielen) eine schlechte Zeit!

Wieso es bei den Banken auf diese andere, die "schonendere" Tour später, wenn die Gewinne wieder halbwegs laufen und sie notleidende Kredite Stück für Stück ohne Existenzsorgen aus den laufenden Gewinnen abschreiben können, dann zu "erst mal richtig fallenden Kursen" kommen müssen soll, bleibt unerfindlich.

Und damit Deine Frage "Wenn nicht jetzt, wann dann?" beantwortet wird, sage ich mal: Wie wär's mit dem 30.6.2002 ? Oder dem 30.9.02 ? (klar ist es Blödsinn, es von einem festen Datum abhängig zu machen; aber diese Frage drängt nach einer Antwort - hier IST eine (und damit eine Diskussionsgrundlage auf dem Tisch.)

Also, zusammengefaßt:
"Was stört dich daran Solidität gerade jetzt zu fordern ?"
Mich stören daran die völlig unnötigen, sinnlosen Opfer, die eine jetzige Prinzipverfolgerei kosten würde !

So, ich hoffe, es ist hinreichend klar geworden, daß ich Avalon nichts am Zeug flicken will, sondern nur gegen Thesen angehe, die m.E. nicht nur nicht stimmen,sondern schädlich sind !

In diesem Sinne
konstruktive Grüße an alle
JR

P:S. Wie es zu 1929 kam, dazu weil ich nix, werd auch den Deubel tun und mich da noch einarbeiten (ich verballere hier eh schon mehr Zeit, als mir gut tut. ) Wenn ich dazu nix sage, heißt das also nix bzgl. der Theorie. Nur daß die Liquiditäts-Knapphaltung (wg. Golddollarstandard) die Welt erst so richtig in die Scheiße reingeritten hat, das ist wohl unstrittig.

avalon - Freitag, 22. Juni 2001 - 07:42
Agressiv hin oder her - ich finde JR hat einen so herzerfrischenden Stil - da kann auch ruhig mal
ein Ausrutscher dabei sein.

Ich wünschte ich könnte so lebendig schreiben.......

Nur gegen den Vorwurf, daß unerfahrene Leser durch mein Baisseszenario geschädigt werden könnten muß ich mich ganz entschieden wehren !

Ich kann mir nicht vorstellen, daß wegen mir jemand in den letzten Jahren einen Perfomanceverlust erlitten hat oder in Zukunft erleiden wird.

So wichtig bin ich nun wirklich nicht und eine Hotline bei NTV betreibe ich auch nicht......"g"


Stephan - du wunderst dich tatsächlich über das Defizit der USA ?

Ohne JR weiter provozieren zu wollen, aber das ist ein weiteres Pulverfaß.

Seit vielen Jahren finanzieren die USA ihre agressiven Importe (daher Handelsbilanzdefizit) mit dem Geld das ausländische Investoren an die US Kapitalmärkte bringen.

Sollte irgendwann das Vertrauen in ewig steigende US Aktienkurse verloren gehen und dieses Geld nur zu einem geringen Teil zurückgeführt werden, dann
wird es eng.

Natürlich kann man auch argumentieren, daß dann der Dollar sich abschwächen würde, somit würden die Importe sich verteuern und es würde weniger importiert.
Historisch gesehen ist das leider nie der Fall gewesen, selbst als der Dollar auf ATL war.

Und ein Dollarrückgang würde den Abzug von ausländischen Kapital weiter verstärken, eine richtige Spirale käme da in Gang.
Erst fällt der Dollar weil die Ausländer Aktien verkaufen, dann fallen die Aktien weil die nächsten Ausländer Aktien verkaufen aufgrund der Dollarschwäche usw......

Dies dürfte sogar der wesentliche Grund sein warum
Greenspan so um die Aktienmärkte besorgt ist, denn ein Rückfluß des ausländischen Kapitals hätte weitaus schlimmere Folgen als eine Schwäche des Konsums.

Wie ich immer sage, alles in USA aber auch alles hängt von guten Aktienmärkten ab.

Schlimm genug, daß eine Zentralbank es hat so weit kommen lassen, aber noch schlimmer, daß kein Versuch gemacht dies zu ändern.

Egal ob es schiefgeht, muß ja nicht zwangsläufig so sein, mich ängstigt das.

Avalon

avalon - Freitag, 22. Juni 2001 - 08:02
Ah, passend dazu eine Meldung - bin nicht der einzige der sich ängstigt........"g"

Donnerstag, 21.06.2001, 16:20
Presse: US-Notenbanker besorgt über mangelnden Erfolg der Zinssenkungen
WASHINGTON (dpa-AFX) - Die amerikanische Notenbank (Fed) ist nach einem Bericht der "Washington Post" besorgt darüber, dass die
fünf Zinssenkungen dieses Jahres die US-Wirtschaft noch nicht wieder in Schwung gebracht haben. Die Zeitung bezieht sich auf Äußerungen
von Notenbankern, die sich enttäuscht darüber äußerten, dass die aggressivsten Zinssenkungen für Tagegeld seit 19 Jahren - fünf Zinsschnitte
um je einen halben Prozentpunkt in fünf Monaten - bislang keine Anzeichen einer Erholung gebracht haben. Der für die Zinspolitik zuständige
Offenmarktausschuss der Fed kommt nächste Woche Dienstag und Mittwoch zu seiner nächsten Sitzung zusammen.

Die Notenbanker verweisen nach dem Bericht der Zeitung darauf, dass die üblichen Begleiterscheinungen einer Zinssenkung nicht
eingetreten seien: der Dollar sei nicht gefallen, was dem Export helfen würde, die Börsenkurse seien nicht gestiegen, was den Reichtum der
Verbraucher und damit ihre Ausgaben erhöhen würde und Unternehmen hätten die niedrigeren Zinsen kaum zu neuen Investitionen genutzt.


Avalon

j_r_ewing - Freitag, 22. Juni 2001 - 08:41
Hm: einerseits sorgst Du Dich, der $ könnte fallen, andererseits scheinst Du die Mißbilligung dieser (welcher?) US-Notenbanker zu teilen, daß der $ NICHT fällt, - Avalon, Du bist wirklicdh nicht leicht zufriedenzustellen...

Daß die Börsenkurse nicht gestiegen seien?
Also man kann ja wohl nicht erwarten, daß das gleich in der ersten Minute nach dem ersten Zinsschritt losgeht.
Wenn man sich aber mal ansieht, was der NASDAQ seit dem 4.4. so zusammenperformt hat: mehrere -zig Prozent, innert zwei Monaten - kann sich das nicht sehen lassen ?
Daß das nicht in einem durch so weitergeht, ist ja wohl nichts neues, über daß man sich wundern könnte. Da kann ich die Herrschaften nicht recht verstehen. Es ist doch das übliche Schema: erst Liquiditätsrally - dann Korrektur und Abwarten unter mißtrauischeres Beäugen der fundamentalen Entwicklungen.

Was jetzt halt wünschenswert wäre, ist ein Wiederaufwachen des Wachstums - aber jetzt schon ?? Das würde selbst ich als ziemlicher Bulle nicht erwarten - es gibt doch da Erfahrungswerte aus der Börsengeschichte, und solange noch nicht mal ein halbes Jahr rum ist (und auch da sollte man vielleicht nicht ab der ersten Minute nach dem ersten halben Prozent zählen), scheint mir diese Ungeduld doch ein bißchen daneben!
Und angesichts dessen, daß die Banken wie erwähnt mauern, dürfte viel Wirkung ja auch noch nicht möglich gewesen sein.

Gruß
JR

avalon - Freitag, 22. Juni 2001 - 09:01
Der Dollarkurs ist der einzige Schwachpunkt in meinem Baisseszenario.

Hätten wir diesen elenden Euro nicht - es wäre ja auch zu einfach.

Die großen Anleger müssen sich zwischen zwei Übeln entscheiden - zur Zeit sehen sie den EUR noch als das größere an.
Fundamental ist der Eur die bessere Wahl, aber dafür fehlt es an Vertrauen und das ist entscheidend.
Das kann noch ewig so bleiben oder ganz schnell umschlagen.

Wenn es so bleibt brauchst du dir keine größeren Sorgen machen, das ist richtig.

Und ich kann kein vernünftiges Zeitfenster in evtl. geplante Putkäufe einbauen.

Bleibt nur Cash halten und sich die Sache in Ruhe anschauen.
Denn im worst case verwandelt sich Cash auch in eine Art Put, einfach weil es keinen Wert verliert.

Alles nicht so einfach wie es aussieht, das wissen wir ja alle.

Avalon

stw - Freitag, 22. Juni 2001 - 11:14
"Alles nicht so einfach wie es aussieht"

Genau richtig, volkswirtschaftliche Prognosen sind viel viel schwieriger als die Prognose von einzelnen Unternehmensentwicklungen. Darum verstehe ich auch nicht, warum man (wie Du Avalon) in volkswirtschaftlich schwierigen Zeiten das Stock-Picking einstellen sollte... Qualitätsaktien sind und bleiben Qualitätsaktien, auch wenn ihre Bewertung in diesen Zeiten rückläufig ist und sie vielleicht auch aufgrund von konjunkturellen Schwankungen die ein oder andere Wachstumsdelle erleiden.

Meiner Meinung nach ist es gerade jetzt sinnvoller, einzelne Unternehmen unter die Lupe zu nehmen als zu viel Gehirnschmalz in volkswirtschaftliche Prognosen zu stecken. Man kann auch in schwachen Märkten mit ausgesuchten Aktien Gewinne erzielen (siehe Rofin Sinar). D.h. ja nicht, dass man in diese Aktien unverzüglich einsteigen muss im miesen Umfeld, aber es kann doch wirklich nichts schaden, die Perlen schonmal auszugraben, wir müssen sie ja (noch) nicht aufheben...

:-) stw

avalon - Freitag, 22. Juni 2001 - 11:40
Ich habe vor einer Woche mal grob Bilanz gezogen was passiert wäre wenn ich Anfang Jan. angefangen hätte stockpicking" zu machen.

Nachdem ich im letzten Halbjahr 2000 nur noch ein bißchen getradet hatte und zusätzlich ein paar steuerfreie Gewinne realisierte war natürlich klar ab 2001 wird wieder einen Teil der Gewinne in ausgesuchte Langfristkandidaten zu stecken.

Ich kann nur sagen - ich bin heilfroh, das nicht getan zu haben.

Auf einen Treffer hätte ich gut 4 Flops gelandet, meine 2001 Performance wäre bis dato im Minus wenn ich den steuerfreien Teilverkauf von DBAG rausrechne.

Den muß ich nämlich rausrechnen, denn dieser Gewinn wurde im Jahr 1995 gelegt, das ist ja nur eine Ernte früherer Saaten.

Wie du weißt rechne ich für meine Jahresperformance nur realisierte Gewinne, meine
Altbestände ziehe ich deshalb in diese Rechnung
ebenfalls nicht mit ein (wir hatten ja mal einen eigenen Thread diesbezüglich).

Ich bin also momentan anscheinend nicht in der Lage erfolgreiches Stockpicking zu betreiben, das muß ich einfach akzeptieren.

Da ich von einer längeren Baisse ausgehe und bekanntlich keine größeren Buchverluste akzeptiere - also was soll ich tun ?

Ihr habt es einfach, ihr kauft gute Aktien, wenn sie fallen sitzt ihr das aus, wenn sie gleich steigen auch gut.
Ich müßte im Schnitt bei 4 Aktien Verluste realisieren auch wenn es gute wären um eine ins Langfristdepot zu kriegen.
Das ist mit eine zu schlechte Quote.

Die Baisse macht nun mal auch vor guten Aktien nicht immer halt.

Nein - ich will beim nächsten Wirtschaftsaufschwung völlig unbeschwert neu einsteigen, ohne bei einer einzigen Aktie im Depot erst auf den Break even warten zu müssen.

Dann pfuscht mir wenigstens der Gesamtmarkt nicht rein und treibt mich bei guten Aktien ins Minus.

Da entgehen mir natürlich einige Tiefstkurse, aber das macht nicht.
Ich habe keinen Druck - 2000 sei Dank.........

Avalon

Diskussionsforum der stw-boerse: Strategiediskussionen: US-Tendenz: Archivierte Beiträge bis 22. Juni 2001