Diskussionsforum der stw-boerse: Sonstiges: Aktienanlage und Steuern: Archivierte Beiträge bis 7. März 2018
chinaman - Mittwoch, 7. November 2001 - 09:13
ftd.de, Mi, 7.11.2001, 7:00
Geldanlage: Steuern sparen bei der Aktienanlage
Von Klaus Weber

Die Unternehmenssteuerreform bringt auch für den Privatinvestor wichtige Änderungen. Bis zu deren Inkrafttreten am 1. Januar 2002 können Anleger noch einiges tun, um aktuelle Steuervorteile auszunutzen.

Die Steuerreform beschert uns neue Regeln bei der Dividendenbesteuerung, die grundsätzlich ab dem 1. Januar 2002 gelten. Bis dahin können Anleger einiges tun, um sich auf die neuen Standards einzustellen. Für ausländische Dividendenwerte sind die Änderungen schon am 1.1.2001 in Kraft getreten.

Aus Anlegersicht ist vor allem das Halbeinkünfteverfahren bedeutend, bei dem Dividenden in- und ausländischer Kapitalgesellschaften nicht mehr voll, sondern nur noch zur Hälfte steuerpflichtig sind. Dies gilt auch für Spekulationsgewinne aus dem Verkauf solcher Anteile, für Gewinne aus dem Verkauf wesentlicher Beteiligungen und für entsprechende Werbungskosten und Spekulationsverluste. Ist der Anteilseigner eine Körperschaft, bleiben Dividenden sowie Gewinne und Verluste aus dem Verkauf von Kapitalgesellschaftsanteilen steuerfrei. Auch fällt das Anrechnungsverfahren weg, nach dem der inländische Anleger die Körperschaftsteuer der ausschüttenden deutschen Gesellschaft bisher anrechnen kann.


Achtung bei Dividendenerträgen


Auch für ausgeschüttete oder einbehaltene Dividendenerträge inländischer Wertpapierfonds gilt das Halbeinkünfteverfahren. Anteile ausländischer Investmentfirmen hingegen sind vom Halbeinkünfteverfahren ausgenommen, was europarechtlich sehr zweifelhaft ist. Spekulationsgewinne aus dem Verkauf der in- und ausländischer Fondsanteile bleiben beim Privatanleger stets voll steuerpflichtig.


Voll besteuert werden auch weiterhin Zinserträge aus Schuldverschreibungen, Kontenguthaben, fremdkapitalähnlichen Genussrechten und Erträge aus der Veräußerung von Finanzinnovationen wie Zerobonds. Dafür sind aber auch damit zusammenhängende Werbungskosten weiter zu 100 Prozent abzugsfähig.


Auswirkungen der Steuerreform auf Aktienanlagen ab 1. Januar 2002



Direktanlagen (1)

Inländische Fonds (2)

GmbH: Thesaurierung (3)

GmbH: Ausschüttung (4)



Dividende

50 % steuerpflichtig

50 % steuerpflichtig

steuerfrei

50 % steuerpflichtig



Realisierte Kursgew. ( innerhalb bzw. gleich 1 Jahr)

50 % steuerpflichtig

steuerfrei

steuerfrei

50 % steuerpflichtig



Realisierte Kursgewinne ( über 1 Jahr)

(5) steuerfrei

steuerfrei

steuerfrei

50 % steuerpflichtig



(1) Anleger investiert in Aktien; (2) Anleger investiert in inl. Aktienfonds; (3) GmbH des Anlegers investiert und behält Erträge ein; (4) GmbH des Anlegers investiert und schüttet Erträge aus; (5) Gewinne aus dem Verkauf einer wesentlichen Beteiligung sind stets steuerpflichtig; Quelle: UBS SMH





Hält der Investor Aktien deutscher Firmen mit Kursverlusten im Depot, bei denen die Spekulationsfrist von einem Jahr noch nicht abgelaufen ist, kann bei einem Verkauf bis Jahresende der Verlust noch in voller Höhe mit Spekulationsgewinnen verrechnet werden. Hingegen wäre der Verlust bei einem Verkauf im nächsten Jahr nur noch zur Hälfte abzugsfähig. Sind bis Ende 2001 keine Spekulationsgewinne angefallen, ist zwar eine Verrechnung mit anderen Einkünften (etwa aus nicht selbständiger Arbeit) nicht möglich. Es wird aber ein Rücktrag in das Vorjahr (bis zu 1 Mio. DM) oder ein unbegrenzter und unbefristeter Vortrag auf kommende Jahre vorgenommen. Ein vorgetragener Verlust kann auch künftig in Gänze mit Spekulationsgewinnen verrechnet werden. Es ist übrigens nicht verboten, Wertpapiere nur zur Realisierung eines Spekulationsverlustes zu verkaufen, wie der Bundesfinanzhof bestätigt hat.


Abwarten bis 2002




Besteuerung bis 31.12.2001 für inländische Anteilseigner


Wurden die Aktien in den vergangenen zwölf Monate erworben, ist ein Verkauf vor Jahresende wenig ratsam, wenn sich die Kurse positiv entwickelt haben. Der Gewinn wäre voll steuerpflichtig. Eine Verlagerung der Aktion ins kommende Jahr ist wegen der steuerlichen Halbierung des Gewinns sinnvoller. Am besten wird der Gewinn erst nach Ablauf der Spekulationsfrist realisiert; erst dann ist er steuerfrei.


Eventuell möchte der Anleger aber nicht mit dem Verkauf warten. Ein Terminverkauf hilft hier nicht weiter, da es für das Ende der Spekulationsfrist nicht auf die Lieferung, sondern auf den Abschluss des Kontraktes ankommt. Der Kauf eines Eurex-Put auf die Aktie mit entsprechend langer Laufzeit ist aber unproblematisch; zu einem Verkauf der Aktie kommt es in diesem Fall erst bei Ausübung der Option. Wird der Put bereits innerhalb eines Jahres glattgestellt, so ist die Differenz zwischen erhaltener und gezahlter Prämie spekulationssteuerpflichtig.


Finanzierungskosten, Depotgebühren, Vermögensverwaltungsprovisionen etc. sind künftig nur noch zur Hälfte abzugsfähig, soweit sie mit Aktienerträgen zusammenhängen. Befinden sich Festverzinsliche und Aktien im Depot, müssen die Werbungskosten aufgeteilt werden. Um Diskussionen mit dem Finanzamt zu vermeiden, empfiehlt es sich, Aktien und Renten nicht in ein Depot zu legen. Soweit Bankgebühren nicht auf Depotbasis berechnet werden, kommt man zwar auch hier nicht um eine Aufteilung herum. Wertpapierkredite können aber eindeutig einem Depot zugeordnet werden. Die Kreditzinsen sind dann in vollem Umfang Werbungskosten.


GmbH-Gründung als Steuermodell




Besteuerung ab 1.1.2002 (1) für inländische Anteilseigner


Vorteile kann auch die vermögensverwaltende Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) bieten. Die Idee: Der Anleger gründet eine GmbH, über die er seine Aktienanlagen abwickelt. Die Dividenden oder Gewinne bleiben in Zukunft gänzlich steuerfrei. Erst die Ausschüttung an den Gesellschafter muss zur Hälfte versteuert werden. Der Mehrheitsgesellschafter kann den Ausschüttungs- und auch den Besteuerungszeitpunkt selbst bestimmen und so die GmbH als Spardose benutzen und Aktienerträge ansammeln. Die Steuerzahlung kann er auf einen ihm günstig erscheinenden Zeitpunkt (Rentenalter, Senkung des Spitzensteuersatzes) verschieben und den Betrag in der Zwischenzeit anlegen. Da dieses Modell aber auch eine Reihe von Fallstricken aufweist, muss es in jedem Fall mit dem Steuerberater abgestimmt werden.


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Klaus Weber ist Director des FinancialPlanning bei UBS Schröder Münchmeyer Hengst AG.


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Informationen zu den Tabellen


Auswirkungen der Steuerreform auf Aktienanlagen ab 1. Januar 2002
Umfang und Zeitpunkt der Besteuerung von Aktienerträgen kann durch die Investitionsform bestimmt werden. So bleiben ausgeschüttete und einbehaltene Spekulationsgewinne von Aktienfonds beim Anleger in der Regel steuerfrei.


Besteuerung für inländische Anteilseigner


Die aktuelle Besteuerung von Dividenden (so genanntes Anrechnungsverfahren) ist für Anleger mit einem durchschnittlichen Steuersatz von unter 40 Prozent vorteilhafter als das künftige Halbeinkünfteverfahren. Vom neuen System profitieren dagegen Anleger mit einer Steuerbelastung von mehr als 40 Prozent, die eine höhere Dividende nach Steuern erhalten.



© 2001 Financial Times Deutschland , © Illustration: FTD

prof_b - Mittwoch, 7. November 2001 - 10:56
Da werden wohl erst mal etliche Schulungen für die Finanzbeamten fällig werden!

chinaman - Mittwoch, 7. November 2001 - 12:04
Ob die Schulungen allein wohl helfen ??? Und wer schult den armen, unbescholtenen und unbedarften Bürger ???

:-)
Gruß
Chinaman

buylowsellhigh - Mittwoch, 7. November 2001 - 12:47
Wird nächstes Jahr eigentlich noch Körpersteuer auf die Dividende ausgezahlt?

stephan - Mittwoch, 7. November 2001 - 12:55
@ blsh

Nein, Körperschaftssteuergutschrift fällt weg!

buylowsellhigh - Mittwoch, 7. November 2001 - 13:06
Danke stephan!

Ich frage mich jetzt wirklich ob der Bankenstandort D hinsichtlich des Wertpapiergeschäfts überhaupt noch eine Zukunft hat bei dieser Besteuerung und Verbürokratisierung.
In Zukunft werden wohl einige Leute mehr als jetzt über einen Umzug ihres Depots Richtung Ausland nachdenken...

chinaman - Mittwoch, 7. November 2001 - 13:42
Na ja, der Umzug des Depots bedeutet für einen deutschen Staatsbürger ja eigentlich keine Veränderung an seiner Steuersituation. Von der legalen Seite aus betrachtet müßte der Steuerbürger dann schon selber ins Ausland umziehen.

:-)
Gruß
Chinaman

gärtner - Mittwoch, 7. November 2001 - 16:51
... wo er dann von jedem Gewinn - egal wie lange die Aktien gehalten wurden, woher die Zinsen kommen, wie lange er das Haus bewohnte - Steuern zahlt. Zugegeben er kann auch Verluste immmer gegenrechnen. So zumindest in Schweden. Man müsste es sich leisten können, in Monaco zu leben ...

der gärtner

chinaman - Sonntag, 5. September 2004 - 09:01
03.09.2004

KAPITALERTRÄGE

Keine Geheimnisse


Zum Jahresende müssen Banken erstmals alle Erträge ihrer Kunden auflisten. Was das Finanzministerium als Hilfe für die Steuererklärung ankündigt, erzeugt bei Anlegern und Banken Sorgenfalten. Droht jetzt der gläserne Anleger?


Frankfurt/Main - Wer dem Finanzamt Kapitalerträge und Spekulationsgewinne verheimlichen will, hat es künftig schwer. Ab 2005 sind die Banken verpflichtet, ihren Kunden eine so genannte "Jahresbescheinigung über Kapitalerträge und Veräußerungsgeschäfte aus Finanzanlagen" auszustellen - vordergründig als Hilfe bei der Steuererklärung.

In der neuen Jahresbescheinigung müssen die Banken sämtliche Guthaben und Transaktionen ihrer Kunden auflisten - egal ob es sich um Sparbücher, Bausparverträge, Fonds oder Aktiendepots handelt. Selbst wenn die Anleger ihren Sparerfreibetrag gar nicht ausschöpfen, ist eine Auflistung vorgeschrieben.

Erstmals müssen die Banken auch einzeln aufschlüsseln, wenn Anleger Wertpapiergewinne innerhalb der geltenden Spekulationsfrist realisieren. Die neuen Meldepflichten könnten so mit dem Problem aufräumen, das bei der Besteuerung von Spekulationsgewinnen bislang vor allem der Grundsatz galt: "Der Ehrliche ist der Dumme."

Nur wer seine steuerpflichtigen Veräußerungsgewinne freiwillig angab, musste dafür bisher auch tatsächlich Steuern bezahlen. Verschwiegen Anleger Aktienverkäufe, die noch in die Spekulationsfrist fielen, kam ihnen der Fiskus nur selten auf die Schliche. Einblick in die Transaktionen der Anleger hatten die Finanzbeamten nicht.

"Kontrollmitteilungen durch die Hintertür"

Offiziell soll sich daran auch künftig nichts ändern. Wie bisher müssen die Banken nur bestehende Freistellungsaufträge direkt an die Finanzämter melden. Die detaillierte Jahresübersicht ist nur für ihre Kunden bestimmt. Das Bundesfinanzministerium betont daher auch, die zusammengefasste Jahresbescheinigung sei "ausschließlich als Hilfestellung für die Steuerpflichtigen beim Ausfüllen der Steuererklärungsformulare gedacht".

Doch eine derart umfassende Datensammlung weckt Begehrlichkeiten - dem Zugriff des Fiskus auf ihre Finanzdaten werden sich die Steuerzahler kaum verwehren können. Schließlich sind sie zur "Mitwirkung im Besteuerungsverfahren" verpflichtet. Fragt das Finanzamt nach, müssten sie die Bescheinigungen künftig wohl einreichen.



Keine Geheimnisse (2)


Die Reaktionen auf die neuen Meldepflichten sind dementsprechend kritisch. "In Wahrheit dient die Jahresbescheinigung wohl eher Kontrollzwecken", beklagt die Frankfurter Direktbank ING-DiBa. "Die Finanzbehörden werden zur Klärung strittiger Fälle voraussichtlich einfach das Dokument vom Steuerzahler einfordern, und schon liegt alles offen."

Auch der Zentrale Kreditausschuss (ZKA) spricht von "Kontrollmitteilungen durch die Hintertür". Und der Bund der Steuerzahler sieht gar einen "Schnüffelstaat Orwell'scher Prägung" heraufziehen.

Die Bankhäuser hingegen sehen vor allem eine riesige Datenflut auf sich zurollen. "Eine vollständige und exakte Erfassung aller Daten bereitet erhebliche Probleme und bürdet der Kreditwirtschaft zusätzliche Kosten auf", so Holger Berndt vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband.

Um sämtliche relevanten Transaktionen zu dokumentieren, müssen die Banken rund 400 Millionen Konten und Depots überwachen. Zudem werden die Daten bislang - je nach Anlageform - in unterschiedlichen Computersystemen erfasst. Bis Jahresende müssen sie zusammengeführt werden.

Ob die neuen Meldepflichten am Ende tatsächlich zu mehr Steuerehrlichkeit führen werden, ist noch offen. Fachleute haben längst Möglichkeiten ausgemacht, auch die neuen Mitteilungspflichten zu umgehen.

Mit einer "Zwei-Banken-Strategie" beispielsweise könnten Anleger einfach die Jahresbescheinigung jener Bank beim Fiskus einreichen, bei der ohnehin ein Freistellungsauftrag vorliegt, bei der sie aber nur wenige Wertpapiergeschäfte abgewickeln. Die Bescheinigung einer zweiten Bank, von der der Fiskus nichts weiß, die jedoch die Mehrheit der privaten Transaktionen abwickelt, verschwindet dagegen im Altpapier.


Quelle: Manager Magazin

chinaman - Sonntag, 19. September 2004 - 11:52
finanzen.net
Bankgeheimnis: Alle unter Verdacht
Samstag 18. September 2004, 21:38 Uhr

Gegenüber Angeklagten gilt in Deutschland die Unschuldsvermutung. Bei Steuerzahlern nicht. Ab 2005 durchleuchten Fiskus und andere Ämter die Bürger wie Terroristen.

von Stephan Haberer

Deutschland - ein Land der Terroristen? 80 Millionen gibt es davon hierzulande. Das scheinen zumindest Schröder, Eichel & Co zu denken. Denn Instrumente, die eigentlich zur Austrocknung der Finanzströme des internationalen Terrorismus gedacht waren, sollen künftig gegen alle Steuerbürger eingesetzt werden.


Seit Jahren versucht das Bundesfinanzministerium, Kontrollmöglichkeiten zu legalisieren, die das Bankgeheimnis aushebeln. Mit dem Vierten Finanzmarktförderungsgesetz schuf der Gesetzgeber Mitte 2002 eine wichtige Grundlage dafür. Denn der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und dem Bundesamt für Finanzen, die zentrale Datensammelstelle der Finanzbehörden, wurde ermöglicht, bei deutschen Banken online zu recherchieren.

Dieser Zugriff auf die Basisdaten aller in Deutschland geführten Konten und Depots sollte nach den Anschlägen des 11. September 2001 den internationalen Terrorismus in die Knie zwingen. Das ist zwar nicht gelungen, gleichwohl hat sich Finanzminister Eichel ein weiteres Ziel gesucht: den deutschen Steuerbürger. Dieser scheint für den Eisernen Hans fast so gefährlich wie Osama bin Laden, nur viel besser zu kontrollieren.

Dafür spinnt die deutsche Steuerbürokratie ein immer engmaschigeres Netz von Kontrollmitteilungen und Meldepflichten (siehe Grafik). So sind Nachlaßgerichte längst verpflichtet, Abschriften von eröffneten Testamenten an den Fiskus zu schicken. Auch Notare müssen das tun. Diese haben auch bei Grundstücksgeschäften Daten weiterzugeben.Und Lebensversicherungsunternehmen müssen mitteilen, wenn Policen beliehen oder vorzeitig ausgezahlt werden. Auch wenn das Geld nicht an den Versicherungsnehmer fließt - der Fiskus erhält Nachricht davon.

Ab 2004 müssen Banken Kontenübersichten verschicken. In diesen Erträgnisaufstellungen werden für jedes Konto auch angefallene Zinsen, Dividenden, Spekulationsgewinne, Depotbestände, Bausparguthaben und sonstige Erträge aufgelistet. Offiziell, damit die Steuerformulare leichter ausgefüllt werden können. Doch der Fiskus war noch nie einfach nur nett. So hat auch diese Hilfestellung einen Pferdefuß.

Jeder Finanzbeamte kann diese Aufstellung künftig anfordern - und bekommt damit einen exakten Überblick über alle steuerlich relevanten Kontobewegungen. Sperrt sich der Kunde und behält die Erträgnisaufstellung, muss die Bank die entsprechenden Informationen liefern. Bei Konten, die aufgelöst sind, hat das Institut die Daten mindestens drei Jahre lang zu speichern.

Damit nicht genug: Künftig müssen alle, die gesetzliche oder private Renten auszahlen, dem Fiskus melden, wer ab wann wieviel Rente bezogen hat. Übrigens: Damit kann der Finanzbeamte leicht auf Zeiten vor 2005 schließen und den ein oder anderen "vergeßlichen" Rentner unsanft daran erinnern, daß seine Alterseinkünfte schon bisher der Besteuerung unterlagen.

Zum 1. April 2005 tritt dann ein Abschnitt des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit in Kraft, der es neben dem Finanzamt auch vielen anderen Behörden erlaubt, ihrerseits Bürger zu durchleuchten. Grund hier: Knüpft ein Gesetz an Begriffe des Einkommenssteuerrechts an, dann kann die dafür zuständige Stelle beim Fiskus beantragen, daß ihr vom Bundesamt für Finanzen erhobene Daten zur Verfügung gestellt werden.

Eine Überprüfung, ob die Weitergabe überhaupt gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, findet nicht statt. Und so sind wohl bald Sachbearbeiter in der Agentur für Arbeit, beim Sozialamt, im Bafögamt oder auch bei der Wohngeldstelle und Kindergeldkasse besser über Konten und Depots informiert als mancher Bankkunde selbst.Kein Wunder, daß Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, "eine Erosion des Datenschutzes" ausmacht. Er befürchtet, daß es immer häufiger zu automatisierten Datenabgleichen kommt, bei denen man beispielsweise völlig willkürlich Dateien mit Wohngeld-Beziehern gegen solche mit Freistellungsaufträgen laufen läßt. Und das, ohne dass es bei den davon Betroffenen zuvor irgendwelche Hinweise auf steuerliche Unregelmäßigkeiten gegeben hätte.

Ganz Deutschland steht künftig also unter Generalverdacht. Denn die Abfragen von Bafin und Bundesamt für Finanzen erfolgen zum einen routinemäßig und ohne, daß irgendwelche Hinweise auf Steuerhinterziehung oder Schwarzgeldkonten vorliegen müssen. Zum anderen sollen erst mal weder Bank noch Konto-Inhaber davon erfahren. Ach ja, wir erinnern uns: Dient ja der Terrorismusbekämpfung. Datenschützer Schaar: "Letztlich wird ohne Anfangsverdacht ein immer engeres Netz geknüpft, das immer mehr unschuldige Bürger einschließt."

Mittendrin in diesem Kontrollnetz: das Bundesamt für Finanzen. Schon jetzt werden dort millionenfach Freistellungsaufträge ausgewertet, Datenbanken zu umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen gepflegt und für die Finanzbeamten die Kontenabfragen bei Geldinstituten abgewickelt. Ab dem kommenden Jahr laufen dort auch die in der europäischen Zinsrichtlinie verankerten Kontrollmitteilungen aus anderen EU-Ländern ein. Zudem werden bei dem Bonner Amt alle im Ausland zugänglichen Daten über Steuerzahler in Deutschland gesammelt. Ein wahrer Datenmoloch ist so in den vergangenen Jahren entstanden. Schade, daß Osama & Co hierzulande noch nie steuerpflichtig waren. Sie wären höchstwahrscheinlich längst gefaßt.

prof - Sonntag, 19. September 2004 - 21:06
Es ist doch logisch, dass Vater Staat die Informationstechnologie nutzt, um noch mehr Steuern aus den Leuten herauszupressen. Die Sache erfolgt in drei Schritten:

Schritt 1: In nicht all zu ferner Zukunft wird jeder seine Steuerklärung per Datenschnittstelle ans Finanzamt abgeben müssen. Damit nimmt man dem Amt eine Menge Tipp-Arbeit ab und es müssen nur noch die Vergleichsroutinen gestartet werden.

Schritt 2: Abschaffung des Bargeldes: Kaum jemand denkt daran, wenn er heute an der Tankstelle "bequem" mit Karte bezahlt, dass er der Bargeldabschaffung den Weg bereitet. Bei Abschaffung des Bargeldes hat Vater Staat die Möglichkeit, sämtliche Finanzströme zu verfolgen. Dann muss selbst beim Straßenmusikanten mit Karte "bezahlt" werden. Statt des Hutes dann ein Kartenleser ...
Hervorragende Aussichten für mein Zukunft!
Natürlich weiß Vater Staat dann auch, wer, wo und wann bei Dixie pinkeln war.

Natürlich dürfte auch hier der Einfallsreichtum der Bürger helfen. Es braucht dann halt Parallelwährungen. Diese müssen lange haltbar und gut zu transportieren sein. Ein Sack Zement ist zu schwer, aber wie wäre es denn mit einer guten Flasche Whisky, Stange Zigaretten? Und da fällt mir noch was viel besseres ein, wenn ich mir so mein Musterdepot ansehe!

Schritt 3: Das ist die Horrorversion. Im Interesse der eigenen Sicherheit ist es doch viel besser, wenn jeder einen Chip eingepflanzt bekommt. Dann kann nichts mehr schief gehen, wenn man sich im Wald beim Pilze suchen verläuft oder beim Baden zu weit rausschwimmt. Diese Aktion ist natürlich freiwillig. Aber wer ohne Chip ist, muss zunächst erhebliche Zuschläge in der Krankenversicherung in Kauf nehmen. Später kann man dann die Daumenschrauben weiter anziehen.

Jaja, ich weiß ja, zu viele Science Fiction geguckt, aber die regierende Kaste hat im Wesentlichen ein Ziel:
MACHTERHALT
Prof

chinaman - Donnerstag, 18. November 2004 - 14:02
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,328199,00.html


TOTALÜBERWACHUNG DES ZAHLUNGSVERKEHRS

Der geräuschlose Tod des Bankgeheimnisses

Von Thomas Hillenbrand

Am 1. April 2005 löst sich das Bankgeheimnis in Luft auf. Mit einem weitreichenden Gesetz hat Finanzminister Hans Eichel dafür gesorgt, dass Fiskus, Sozialbehörden und Arbeitsämter die finanziellen Verhältnisse jedes Bürgers ausschnüffeln dürfen - ohne Anfangsverdacht, ohne richterliche Erlaubnis und ohne dass die Betroffenen je davon erfahren.

Steuerbescheid: Klandestines Schnüffelsystem ohne Kontrollen
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DPA
Steuerbescheid: Klandestines Schnüffelsystem ohne Kontrollen
Hamburg - Für Hans Eichel war im vergangenen Jahr schon am 19. Dezember Weihnachten. Kurz vor Heiligabend hatte der Bundestag noch hastig das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit durchgewunken und dem SPD-Politiker die wohl schönste Gabe beschert, die sich ein klammer Finanzminister wünschen kann: Den vollständigen und schrankenlosen Zugriff auf Konto- und Depotinformationen aller deutschen Steuerzahler.

Mit dem beispiellosen Gesetz, das in wenigen Monaten in Kraft tritt, will die rot-grüne Bundesregierung der Steuerhinterziehung endgültig den Garaus machen. Dazu hebelt die Regierung das ohnehin bereits arg durchlöcherte deutsche Bankgeheimnis vollständig aus. Dass bei der Holzhammer-Aktion der Datenschutz und die rechtsstaatliche Verhältnismäßigkeit unter die Räder kommen, nimmt Berlin in Kauf.

Ab April 2005 erhalten die Finanzämter Zugriff auf die Kontodaten aller Bürger. Bei der Frankfurter Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) können sie dann jederzeit abfragen, wer wo Geld liegen hat. Der Abruf offenbart, welche Konten, Wertpapierdepots, Ander- oder Treuhandkonten sowie Verfügungsberechtigungen ein Steuerzahler unterhält. Im Fachjargon wird diese Kontenübersicht als Stammdatensatz bezeichnet.

Das von Eichels Juristen konzipierte Verfahren hätte sich George Orwell kaum besser ausdenken können: Einen konkreten Verdacht oder eine Begründung braucht der Fiskus nicht vorzuweisen. Der Bespitzelte muss zu keinem Zeitpunkt über die Schnüffelaktion informiert werden. Auch die Bank erfährt nichts. Denn alle Institute werden online vom der BaFin angezapft, die in einem Datenpool namens Konten-Evidenz-Zentrale (KEZ) tagesaktuell alle deutschen Kontodaten bereithält.

Beschwerde in Karlsruhe

Das ist ungefähr so, als wenn die Polizei einen Zweitschlüssel zu sämtlichen Wohnungen erhielte - mit der Begründung, jedermann sei mutmaßlich Besitzer von Diebesgut, illegalen Drogen oder Raubkopien. Nirgendwo im westlichen Europa hat der Staat vergleichbare Kompetenzen. Eichels System, schimpft denn auch ein Banker "ist das, was Stasi-Chef Mielke gerne gehabt hätte, sich aber nicht leisten konnte". Der renommierte Steuerrechtsprofessor und Anwalt Gunter Widmaier hält den Schnüffelparagraphen für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar: "Das macht den unbescholtenen Bürger kaputt." Der Jurist hat im Auftrag der im Kreis Borken ansässigen Volksbank Raesfeld zwei Verfassungsbeschwerden eingelegt.

Das Verdikt des höchsten deutschen Gerichts erwartet Widmaier Anfang 2005. Das Finanzministerium glaubt indes an die Verfassungsmäßigkeit seines Gesetzes. Schließlich sei der Entwurf von "Hunderten Juristen geprüft" worden, so ein Sprecher. Der damalige Bundesdatenschutzbeauftragte habe die Regelung zudem ausdrücklich begrüßt.

Auch der Norddeutsche Genossenschaftsverband macht gegen den Online-Zugriff mobil. Ein Gutachten, das die Vertretung der Genossenschafts- und Raiffeisenbanken bei dem Hamburger Rechtswissenschaftler Erich Samson in Auftrag gegeben hat, kommt zu dem Schluss, dass die Regelung aus "vielfältigen Gründen als eindeutig verfassungswidrig anzusehen" ist. Dass der Bankkunde zu keinem Zeitpunkt von der Ausspäh-Aktion erfahre, verstoße gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die von Karlsruhe etwa im Rahmen eines Urteils zur Volkszählung von 1983 aufgestellten Anforderungen für eine Datenerhebung derartigen Umfangs würden "nicht im Ansatz erfüllt". Damals hatte das Gericht entschieden, dass der Staat nicht unverhältnismäßig viele Daten über seine Bürger sammeln darf.

Während der Fiskus ab April eine Liste der Konten (Stammdatensatz) jedes Bürgers anfordern kann, bleibt den Steuerbeamten der schrankenlose Zugriff auf einzelne Kontenbewegungen laut Gesetzestext weiter verwehrt. Um die einsehen zu dürfen, muss ein konkreter Verdacht vorliegen. Kathrin Berberich, Justiziarin des Norddeutschen Genossenschaftsverbandes, rechnet jedoch damit, dass auch diese weiterführenden Informationen nunmehr leicht einsehbar sind. "Die Beamten brauchen einen Verdacht, aber den können sie sich fortan ganz einfach stricken", so Berberich. Der Fiskus müsse nur ein Konto finden, dass nicht in der Steuererklärung auftaucht - das des Kegelclubs zum Beispiel. Schon läge ein Grund vor, alle Kontotransaktionen zu durchleuchten. "Bei solch laxen Anforderungen", schimpft Berberich, "können wir die Daten auch gleich auf die Straße legen".

Schweigen am Main

Anders als die kleineren Institute halten sich Großbanken wie Deutsche Bank Chart zeigen oder Commerzbank Chart zeigen mit Kritik an der Aushöhlung des Bankgeheimnisses auffällig zurück. Denn vordergründig dient das Gesetz schließlich dem Kampf gegen Geldwäscher und Terroristen - nur ungern möchten die Banker den Eindruck erwecken, dass sie bei diesem hehren Ziel mauern. Doch in Wirklichkeit hat Eichels Rundumschlag nichts mit der Jagd auf große Fische zu tun. Steuerfahnder und Bundeskriminalamt können bereits seit 2002 auf die KEZ-Datenbank zugreifen, wenn sie eine schwere Straftat vermuten.

Das Steuerehrlichkeitsgesetz eröffnet diese Möglichkeit nun dem Finanzamt sowie einer Reihe weiterer Behörden, die in der einen oder anderen Weise mit Einkommenssteuer und Lohnzettel zu tun haben. Auch Arbeitsämter, Sozialbehörden, Familienkasse und BaföG-Amt können den Zugriff jederzeit nutzen - auch sie müssen keine Begründung anführen oder die Betroffenen informieren. Jurist Widmaier geht davon aus, dass sich die Ämter ihrer neuen Befugnisse vor allem bei der Durchführung des Hartz-IV-Gesetzes bedienen werden. Empfänger des Arbeitslosengelds II könnten so heimlich überprüft werden, ebenso wie deren Lebenspartner oder Verwandte. Das Gesetz, so Widmaier, "trifft nicht die Reichen, sondern vor allem die kleinen Leute".

Bundesfinanzminister Hans Eichel mit Geldbörse: Wohlverhalten durch geheimdienstartige Kontrolle erzwingen
DPA
Bundesfinanzminister Hans Eichel mit Geldbörse: Wohlverhalten durch geheimdienstartige Kontrolle erzwingen
Bei genauerer Betrachtung fällt zudem auf, dass Eichels Novelle handwerklich unsauber formuliert ist - viele Fragen bleiben offen. Unklar ist beispielsweise, wie sich das Gesetz auf Geheimnisträger wie Notare auswirken wird. Letztere unterhalten für ihre Mandanten häufig so genannte Treuhand - oder Anderkonten. Diese werden von den Juristen verwaltet, wirtschaftlich berechtigt ist aber der Mandant. Über die Existenz solcher Konten muss der Notar Stillschweigen bewahren, ansonsten macht er sich strafbar. Diese Vertraulichkeit ist demnächst nicht mehr gewährleistet: Über die KEZ-Abfrage lässt sich problemlos herausfinden, wer bei wem Treuhandkonten unterhält. Der Vertrauensberuf Notar und auch andere Professionen werden ganz nebenbei schwer beschädigt.

Und das alles gratis

Was Finanzminister Hans Eichel ebenfalls freuen dürfte: Die lückenlose Überwachung aller 500 Millionen Konten und Depots kostet den Staat praktisch nichts. Die Kosten für die Online-Schnittstellen zur KEZ-Datenbank müssen die Banken selbst tragen. Und das für die Informationsvergabe zuständige Bundesamt für Finanzdienstleistungsaufsicht wird ebenfalls zu hundert Prozent von den Kreditinstituten finanziert. "Der Bankkunde", so Berbereich, "zahlt seine Überwachung letztlich selbst."

prof - Donnerstag, 18. November 2004 - 14:14
Das hatten wir in der DDR doch alles schon mal, allerdings steckte die EDV damals noch in den Kinderschuhen.
Schlimm, dass wir nach 15 Jahren wieder dort sind ...
:-( Prof

chinaman - Donnerstag, 18. November 2004 - 16:25
"schimpft denn auch ein Banker 'ist das, was Stasi-Chef Mielke gerne gehabt hätte, sich aber nicht leisten konnte'."


Eichel erfüllt sich Mielkes Traum ... Na ja, der Unterschied zwischen Sozis und Kommunisten ist eben nicht allzu groß ...

:-(
Gruß
Chinaman

prof - Freitag, 19. November 2004 - 09:43
Von einer Totalüberwachung kann man NOCH NICHT sprechen. Immerhin gibt es noch Bargeld. Allerdings nimmt die "bequeme" Zahlung per Karte immer mehr zu. Neben den immensen Kosten für den Handel, - der auf die Kunden umgewälzt werden muss - gibt es auch perfekte Überwachungsmöglichkeiten.
Bei einer Abschaffung des Bargeldes, und darauf wird die Sache herauslaufen, ist dann feststellbar, wer, wann, wo und mit wem an der Raststätte pinkeln war!
:-( Prof

levdul1 - Dienstag, 6. März 2018 - 16:16
Ich habe in meinem Depot noch eine Menge Investmentfonds/ETF, welche ich vor 2008 gekauft hatte. Zu dem damaligen Zeitpunkt wollte ich mein Kapital breit streuen und eine durchschnittliche Rendite einfahren, diese aber für die Zukunft steuerfrei gestalten.

Nach dem Jahreswechsel 2017/2018 wurden all diese Fonds im Depot fiktiv verkauft und wieder verkauft. Damit sind alle Zugewinne bis Ende 2017 steuerfrei und alle 'neuen' Gewinne unterliegen der Abgeltungssteuer. Somit hat der Gesetzgeber einfach die Steuerfreiheit von 2018 außer Kraft gesetzt.

Habt Ihr 2018 Ähnliches erfahren müssen ?

covacoro - Dienstag, 6. März 2018 - 18:13
Noch besser: BB Biotech wurde in D ab 2018 von Aktie in Fonds umklassifizert und ebenfalls fiktiv verkauft. :-(

chfin - Dienstag, 6. März 2018 - 20:39
@levdul1
Hier findest Du so ziemlich alles zu dem Thema:
https://www.wertpapier-forum.de/topic/38496-reform-der-besteuerung-von-investmentfonds/

@covacoro
Ups. Und was ist mit anderen Holdings? Berkshire?
Bzw. hat BB Biotech evt. nur börsennotierte Beteiligungen?

levdul1 - Mittwoch, 7. März 2018 - 09:42
@chfin

Ja, da steht sicher alles drin, sind ja auch 55 Seiten :-)

chfin - Mittwoch, 7. März 2018 - 10:08
@levdul1
>Habt Ihr 2018 Ähnliches erfahren müssen ?

Falls das nicht nur eine rhetorische Frage sein sollte: ja, wie alle anderen Altfondsbesitzer auch. Rechtliche Grundlagen, Auslegung, Milderungsstrategien, Umsetzung durch Banken etc. siehe Link, oben.

>Ja, da steht sicher alles drin, sind ja auch 55 Seiten
Ist inzwischen auch schon bald 2 Jahre bekannt. Da kommt so einiges zusammen. :-)

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