Diskussionsforum der stw-boerse: Sonstiges: Politik Deutschland: Archivierte Beiträge bis 6. Oktober 2008
al_sting - Donnerstag, 13. Dezember 2007 - 09:39
Erinnert an Berlin.
Durch die Staatshaftung für die Bankgesellschaft Berlin haben sich die Schulden für das Land Berlin auch um mehrere Milliarden erhöht.
Davor war Berlin so gut wie pleite, danach de facto bankrott, halt arm, aber sexy.

Schon schlimm, wenn der Aufsichtsrat nichts von den Geschäften des Vorstandes versteht und die riskantesten Aktionen durchwinkt, "wird schon gutgehen".

chinaman - Freitag, 14. Dezember 2007 - 03:52
Wenn ich mich an Berlin erinnere, fällt mir ein, dass sich hier das Land Berlin als ein extrem unzuverlässiger (wenn nicht betrügerischer) Partner der Kapitalanleger erwiesen hat.

Die Garantien in den LBB Fonds werden mit Füßen getreten und im sozialen Wohnungsbau Anleger systematisch in den Ruin getrieben.

Berlin ist nicht sexy. Berlin steht für die hässliche Fratze der staatlichen Unmoral.


Gruß
Chinaman

prof - Dienstag, 12. Februar 2008 - 00:01
Ich bin durch die Ereignisse der letzten Monate politisch frustriert:
- Um hier und da ein paar Wählerstimmen zu bekommen, werden nur noch irgendwelche unqualifizierten Parolen ins Land geworfen. (Kindergelderhöhung, Erziehungscamps, Handywegwürfe ...)
- Das durch Dschungelcamp und Paris Hilton geschädigte Publikum lässt das alles über sich ergehen.
- Die eigentlichen Skandale: Versenkung von Steuergeldern in Milliardenhöhe bei den Landesbanken und der KfW, die Aushöhlung der Bürgerrechte interessiert niemanden. Kein Mensch wird hier disziplinarisch oder gar strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.
- Der Bürger wird nach und nach entmündigt, immer weniger Selbständige und Arbeitnehmer im Privatsektor sollen immer mehr Transferempfänger in Beamtenstuben und naturgemäß Rentner, Arbeitslose und zum Glück ja wenigstens auch noch ein paar Kinder ernähren.
- Alles muss noch besser reguliert werden, um die Welt gerechter zu machen. Hier noch ein Gesetz, da ein Gesundheitsfonds zwischendurch mal eine kleine Energiesparverordnung für die bösen Vermieter-Kapitalisten.
- Natürlich muss man, ob man will oder nicht, die Steuern erhöhen, damit man das Geld den wirklich Bedürftigen geben kann. Warum soll ausgerechnet Michael Schumacher Kindergeld bekommen, der hat eh schon genug. Das bisschen Autofahren und dann so viel Geld dafür verdienen. Man muss jetzt unbedingt an die Managergehälter ran, Manche Künstler verdienen auch viel zu viel ...
- Ein Teil der Bedürftigen wären gar nicht bedürftig, wenn es weniger Staat gäbe.


War das schon immer so in dieser Bundesrepublik und ich habe das bloß nicht gemerkt, oder wird das tatsächlich schlimmer?

In der DDR wusste die Mehrheit wenigstens, dass sie eingespertt und beschxxxen wird und irgendwann ist das Fass übergelaufen. Aber im Augenblick gehen die Schafe ganz willig zum Metzger ...

Sorry, das musste mal raus - Prof

chinaman - Dienstag, 12. Februar 2008 - 10:38
"War das schon immer so in dieser Bundesrepublik und ich habe das bloß nicht gemerkt, oder wird das tatsächlich schlimmer? "

Hmm, schwierige Frage ...

Die Grundtendenz geht schon lange in diese Richtung. Immer wenn es richtig abwärts geht, kommen kleinere Umdenkprozesse (bspw. Hartz IV).

Aber wehe es kommt ein Konjunkturaufschwung (wie in den letzten Jahren). Dann macht man es sicht halt gerne weiter bequem und schwafelt einfach im Kreis.

Ich weiß nicht, ob die Schafe willig zum Metzger gehen. Der Frust über den Übervater Staat ist schon bei Vielen recht groß. Aber was kann der Einzelne tun ? Extremisten wählen ? Die Arbeit einstellen und die eigene Familie damit auch im Stich lassen ? Auswandern ?


Gruß
Chinaman

amateur - Dienstag, 12. Februar 2008 - 19:39
Hallo prof,

das klingt ja wirklich frustriert. Was Du beschreibst, ist ja richtig, aber war doch schon immer so. Geld wird von Bund und Ländern versenkt bei allen Groß- und vermeintlichen Statusprojekten (Transrapid, Expo 2000, Waldschlösschenbrücke, Software Herkules/Toll Collect/Arbeitsagentur, Satellit Galileo, Einführung von Hartz IV). Das Problem wurde von Milton Friedman gut beschrieben: "Niemand gibt fremdes Geld so sorgfältig aus wie eigenes Geld. Niemand geht mit fremden Ressourcen so sorgfältig um wie mit eigenen." Der Umkehrschluss ist der Knackpunkt.
Früher gab es noch kein Big Brother, dafür die Schwarzwaldklinik. (Ich will gar nicht dran denken, was nach dem Dschungelcamp kommt.) Ich empfehle die Lektüre von "Titanic" oder "Eulenspiegel". Das ändert an den Zuständen nichts, sorgt aber für Lachtränen statt Frustfalten.
Wenn ich von meiner Bank den jährlichen Kontoauszug über die Zinseinnahmen der Mietkaution bekomme, freue ich mich. Das ist dann meine Rache, die 0,53 Cent bei der Steuererklärung geltend zu machen. Denn auf Gemeinschaftskonten kann ich keinen Freibetrag einrichten lassen. Ich habe noch mehr solche Kleinigkeiten. Die bauen mich dann jedes Mal auf. Denn: Wie hoch sind die staatlichen Verwaltungskosten für diesen Nonsens? Wie viele Beamte beschäftige ich damit und klaue ihre wertvolle Kaffepausenzeit?

prof - Mittwoch, 27. Februar 2008 - 11:58
Thema Auswandern:
- Wenn ich nicht meine Familie und meine Kunden in D hätte, wäre ich längst weg.
- Besonders schlimm, dass die Jungen, Leistungsfähigen weggehen und das Rütli-Klientel hier anrückt ...
Prof

Auszüge Handelsblatt:
Alle vier Minuten verlässt ein Deutscher sein Land. An jedem Tag verliert Deutschland ein ganzes Dorf, womit die Zahl der Auswanderer Dimensionen erreicht wie seit 120 Jahren nicht mehr. Man muss kein Pessimist sein, um in der Massenflucht ein Misstrauensvotum gegen die Zukunftsfähigkeit des Landes zu erkennen.

Was die Angelegenheit so heikel macht: Es sind die Besten und Jüngsten, die genug haben und gehen. Im Gegensatz zu den Auswanderungswellen des 19. Jahrhunderts verlassen nicht etwa Analphabeten, Bauern und verzweifelte Arbeiter das Land. Wir erleben keine Elendsflucht, sondern einen Exodus des gebildeten Mittelstands. Das Durchschnittsalter unserer Auswanderer beträgt 32 Jahre, es sind junge Ärzte und Ingenieure, Wissenschaftler und Facharbeiter, Handwerker, Techniker und ehrgeizige Dienstleister. Nach Angaben der OECD verliert derzeit kein anderer Staat so viele Akademiker.

Inzwischen gibt es kaum eine Familie mehr, die nicht betroffen ist, kaum ein Fernsehabend mehr ohne Serien wie "Umzug in ein neues Leben" (Kabel 1), "Goodbye Deutschland" (Vox), „Die Auswanderer“ (Pro7) und "Deutschland ade" (RTL). Nach einer Allensbach-Umfrage würde jeder fünfte Deutsche es den Fernsehvorbildern gerne gleichtun.

Der Migrationsforscher Klaus Bade warnt unmissverständlich: "Wir befinden uns in einer migratorisch suizidalen Situation". Während unser Sozialstaat Hunderttausende Unqualifizierter aus den Randzonen Europas anzieht, fühlen sich die jungen Vertreter des Leistungsmittelstands hierzulande immer fremder. Der Handwerksmeister, der in Australien nicht vom Bürokratenstaat bedrängt wird, der Arzt, der in Norwegen nicht zum Medizinbeamten degradiert wird, der Wissenschaftler, der in den USA bessere Forschungsbedingungen hat, die Hotelfachfrau, die in der Schweiz das Doppelte verdient und dabei auch noch weniger Steuern zahlt, der Bauingenieur, der in China sein Können vergoldet bekommt - die Motive wechseln. Aber eines eint sie alle: Anderswo geht es ihnen besser als daheim.

drwssk - Mittwoch, 27. Februar 2008 - 14:48
Inzwischen gibt es kaum eine Familie mehr, die nicht betroffen ist, kaum ein Fernsehabend mehr ohne Serien wie "Umzug in ein neues Leben" (Kabel 1), "Goodbye Deutschland" (Vox), „Die Auswanderer“ (Pro7) und "Deutschland ade" (RTL). Nach einer Allensbach-Umfrage würde jeder fünfte Deutsche es den Fernsehvorbildern gerne gleichtun.

Vergesst aber nicht die Serie "Die Rückkehrer". Da hat man nicht den Eindruck, dass immer die 'Besten' gehen.
Richtig ist aber, dass Leistung hier zu Lande wenig gefördert wird, mehr noch, mit den Sozialleistungen kommen einige (ich denke hier nur an meinen Bekanntenkreis) gut zurecht und lassen es sich wohl sein.
be.
be.

prof - Mittwoch, 27. Februar 2008 - 23:53
BVG-Urteil: Ich bin erleichtert, denn ich habe wesentlich mehr Angst vor Herrn Schäuble als vor Bin Laden ...

prof - Mittwoch, 5. März 2008 - 16:23
T-Systems schließt Kooperation mit Cognizant
Warum machen die das? Weil die Inder genauso gut programmieren und Englisch können, aber weniger kosten! Mal sehen, was den Genossen Beck und Rüttgers dazu einfällt, vielleicht eine Internet-Mauer?

Dazu passend die zweite Meldung:
Schleichender Einkommensverlust für Millionen Deutsche
Die Bundesbürger mussten 2007 das vierte Jahr in Folge Reallohn-Einbußen hinnehmen. Die Tariflöhne sind zwar im Schnitt leicht gewachsen – aber die Preise stiegen viel schneller.

Wir werden uns darauf einstellen müssen, dass der relative Abstand im Lebensstandard zu den asiatischen Ländern geringer wird. Wie stark der Verlust ausfällt, hängt auch von den Rahmenbedingungen ab.

Ich sehe hier folgende Probleme
- die miserable Bildungspolitik auf allen Ebenen, von der Vorschulbetreuung über die Mittelschulen für die weniger Begabten, Unis bis zur Erwachsenenqualifizierung!
- die Bürokratie
- die Steuergesetzgebung, die z.B. Investitionen nach dem Kalender und nicht nach der Dringlichkeit steuert
- der geringe Anreiz zu Arbeiten, sei es auch nur in Teilzeit. Wer mehrere Kinder hat oder allein erziehend ist und ein relativ geringes Einkommen, kann theoretisch zu Hause bleiben. Da muss er sich um die Kürzung der Entfernungspauschale auch keine Gedanken mehr machen ...
- der Trend, dass unter den Auswanderern der Anteil gut qualifizierter und arbeitswilliger Leute überproportional hoch ist. Die Bedingungen locken aber kaum die hochqualifizierten Leute nach Deutschland.
Prof

prof - Montag, 14. Juli 2008 - 23:24
Wieder zwei tolle Vorschläge aus der Politik an einem Tag:

1.) Sozialtarife für Energie
- damit die Leute weiter schön betteln können
- es mehr Bürokratie gibt
- sich Arbeit noch weniger lohnt, denn die Sozialtarife für die "Armen" (die sich meist aber noch Zigaretten leisten können) zahlen wieder die Steuerzahler
- anstatt einfach die Verbrauchssteuern zu senken, wenn man unbedingt Energie billiger machen will.
- Selbst der Wirtschaftsminister will bei einer Verringerung des Verbrauches was drauf legen: Tolle Sache, dieses Jahr noch mal richtig den Zähler laufen lassen, dann gibt´s nächstes Jahr Prämie?

2. Erhöhung der Reichensteuer
- weil "die" ja durch das BVG-Urteil jetzt ihre (verfassungsmäßige) Entlastung per 2010 bekommen, die Ihnen seit 15 Jahren verwehrt wurde.

Im Augenblick ist es genau das Richtige, was man als Regierung tun kann um wieder gewählt werden. Noch mehr Geschenke verteilen, regulieren, Reichensteuer erhöhen, Kapitalisten jagen ...
Erst wenn der letzte Ingenieur oder Arzt gegangen ist, und die Schwarzarbeit so toll blüht wie in Italieren, werden die Deutschen merken, dass man man mit Bürokraten, Hartz IV-Empfängern und "(Gleicher) Mindestlohn für ALLE" keinen Staat machen kann!
Prof

stw - Dienstag, 15. Juli 2008 - 10:23
Prof, ich finde es bewundernswert, wie treffsicher Du solche Statements formulieren kannst. Du sprichst mir aus der Seele !!!

:-) stw

chinaman - Dienstag, 15. Juli 2008 - 10:34
Da können wir endlich mal alle übereinstimmen ...


;-))
Gruß
Chinaman

chinaman - Mittwoch, 1. Oktober 2008 - 16:44
Es hat nicht lange gedauert. Eine gute Begründung für die weitere Verschiebung des Zieles eines ausgeglichenen Haushaltes bahnt sich schon an.


01. Oktober 2008, 13:59 Uhr


BANKENRETTUNG IN DEUTSCHLAND


Finanzkrise bedroht Steinbrücks Traum vom Überschussetat


Von Corinna Kreiler


Das größte Risiko trägt der Steuerzahler: Dem Bundeshaushalt droht eine neue Milliardenbelastung, weil der Staat für die Krisenbank HRE bürgt. Finanzminister Peer Steinbrück muss sich wohl von seinen Etatzielen verabschieden - denn die Bankenkrise gefährdet auch Wachstum und Staatseinnahmen.

Hamburg - Der Aufschrei war groß: Mal wieder ist mit der Hypo Real Estate ein deutsches Unternehmen an der Finanzkrise gescheitert - und mal wieder müssen die Bürger für die Verluste der Banker einstehen. Insgesamt benötigt HRE 35 Milliarden Euro zum Überleben. Davon steuert ein Banken-Konsortium 15 Milliarden Euro bei, der Rest kommt von der Bundesbank.

Das Entscheidende sind jedoch die Bürgschaften: Falls HRE die Kredite nicht zurückzahlen kann, sichert der Bund 26,6 Milliarden ab, die Banken nur 8,4 Milliarden Euro. Das meiste Risiko tragen also die Steuerzahler. Das sorgt für Ärger: Es sei bedenklich, dass der Steuerzahler bei der Rettung der HRE die Hauptlast schultern müsse "und für Geschäfte zur Verantwortung gezogen werde, für die er nichts kann", wütet der Bund der Steuerzahler.

Doch so lange die HRE ihre Kredite bedient, hat die Bürgschaft erst einmal keine Konsequenzen. "Erst wenn sie vollständig ausfallen, muss der Steuerzahler einspringen", sagt Michael Bräuninger vom Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI). Seiner Meinung nach bleibt dem Staat im Moment einfach nichts anderes übrig, als den Banken auszuhelfen. Sonst sei zu befürchten, dass die Kreditklemme zu einer tiefen und anhaltenden Rezession führt.

Dass die Banken allerdings nur für magere 8,4 Milliarden Euro bürgen wollen, ist für Bräuniger ein Alarmsignal: "Die Ausfallwahrscheinlichkeit der Kredite ist wohl sehr hoch, sonst hätten die Banken die Risiken selbst übernommen."


Fallen die Kredite nun aus, müsste der Staat mit 26,6 Milliarden Euro einspringen - das würde den Bundeshaushalt erheblich belasten: Die Summe entspricht einem Zehntel des Gesamtbudgets. Dabei hatte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) sich doch zum Ziel gesetzt, 2011 einen ausgeglichenen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen. "Das wäre dann nicht zu halten", sagt Thomas Heimer, Professor an der Frankfurt School of Finance & Management.

Bislang sah es dafür eigentlich ganz gut aus: Wegen der hohen Steuereinnahmen hatte sich die Lage der öffentlichen Haushalte in den vergangenen Jahren ständig verbessert. So steigerte der Bund im ersten Halbjahr 2008 seine Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr um vier Prozent. Insgesamt landeten 506,6 Milliarden Euro in den öffentlichen Kassen.

Allerdings gibt der Bund immer noch mehr aus als er einnimmt: Insgesamt ergibt sich im ersten Halbjahr schon jetzt ein Defizit von 6,9 Milliarden Euro. Mit der Finanzkrise könnte das auch ohne ausgefallene Kredite noch deutlich höher ausfallen: "Es ist zu befürchten, dass die Steuerereinnahmen wegen der Konjunkturflaute zurückgehen werden", sagt Heimer.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bürgschaft die Steuerzahler noch zusätzlich belastet, schätzt Finanz-Experte Heimer allerdings als recht gering ein: Immerhin liegt das Hauptrisiko bei der HRE-Tochter Depfa. Die macht Geschäfte mit langfristiger Immobilienfinanzierung, die meisten Kreditnehmer sind staatliche oder halbstaatliche Institutionen. So hat Depfa die Brücke von Millau in Südfrankreich mitfinanziert. "Die stürzt ja nicht plötzlich ein, nur weil die Hypo Real Estate nicht mehr flüssig ist", sagt Heimer.

Insgesamt verfügt der Immobilienfinanzierer über 42 Milliarden Euro sichere Anlagen - die allerdings keine liquiden Mittel sind. Dennoch kann man damit Geld verdienen, zu einem Komplettausfall der Kredite wird es nach Heimers Meinung deshalb nicht kommen: "Notfalls erhebt man eben auf der Brücke Maut."

prof - Mittwoch, 1. Oktober 2008 - 20:25
Ich nehme schon mal Wetten an,
- dass das Defizit in 2011 ÜBER den aufgewendeten Mitteln für die HRE-Bürgschaft liegen wird ...
- dass der in 2009 gewählte Finanzminister einen ausgeglichenen Haushalt ab 2014 versprechen wird!
Prof

chinaman - Donnerstag, 2. Oktober 2008 - 11:37
Da wette ich nicht dagegen ...

Chinaman

chinaman - Montag, 6. Oktober 2008 - 05:17
05. Oktober 2008, 19:15 Uhr


MERKELS GUTHABEN-GARANTIE


Alles auf die Sparcard 100


Ein Kommentar von Rüdiger Ditz

Angela Merkel und Peer Steinbrück bitten um Vorschuss - an Vertrauen. Die Regierung garantiert für private Spareinlagen im Wert von 568 Milliarden Euro. Mit ihrem Versprechen wollen Kanzlerin und Finanzminister Menschen und Märkte beruhigen. Ein hoher Einsatz mit ungewissem Ausgang.

Erinnern Sie sich noch? Es gab mal einen populären Politiker, der gebetsmühlenartig versprach: Die Renten sind sicher. Schon die Premiere des Satzes vom damaligen Arbeitsminister Norbert Blüm vor 25 Jahren war wagemutig, denn schon zu der Zeit ließ sich die gegenläufige demografische Entwicklung absehen.

Nun also Angela Merkel und Peer Steinbrück: Die Spareinlagen sind sicher, versprechen die CDU-Kanzlerin und der SPD-Finanzminister in höchster Not, gedrängt durch kollabierende Banken und Finanzmärkte, getrieben durch sperrige Banker und verunsicherte Bürger.

Deutsche Sparerinnen und Sparer müssten nicht befürchten, "einen Euro ihrer Einlagen zu verlieren", präzisierte Steinbrück - eine historisch wohl einmalige Aussage eines Bundesfinanzministers. "Dies ist ein wichtiges Signal, damit es zu einer Beruhigung kommt und nicht zu Reaktionen, die unverhältnismäßig wären und die uns die derzeitige Krisenbewältigung beziehungsweise Krisenprävention noch schwieriger machen würden."

Denn dies ist die eigentliche Krise, die es zu beherrschen gilt: den Vertrauensverlust der Menschen; die Angst vor der Angst. Nichts ist mehr zu fürchten, als dass panische Sparer die Banken stürmen, um ihr Geld abzuheben, siehe die Pleite der Herstatt-Bank in der Siebzigern. Und nichts ist ärgerlicher, als die Kapitalflucht von Deutschen in scheinbar sichere Finanzhäfen, zum Beispiel nach Irland. Dort hatte die Regierung am Donnerstag eine umfassende Garantie für die Verbindlichkeiten der einheimischen Banken verordnet und damit einen Geldsog in Gang gesetzt. Also zückt die Bundesregierung jetzt die Sparcard 100, Rundum-Absicherung inklusive.

Insgesamt 4,5 Billionen Euro haben die Deutschen auf der hohen Kante: an Festgeldern und Sparbüchern, an Versicherungen, Aktien, Fonds und Zertifikaten. Immer mehr Menschen fragen sich, angeheizt durch Talkshows, Ratgeber-Sendungen und Hiobsbotschaften: Was wird aus meinem Ersparten? Welche Anlageformen sind überhaupt noch sicher? Welche Bank übersteht die Krise? Und was wird aus uns, wenn es kein Halten mehr gibt und das Geld einfach weg ist?

Diese Fragen bedurften einer Antwort. Merkel und Steinbrück haben sie gegeben. Mutig, aber auch mit hohem Einsatz. Denn ihre Beruhigungspille muss wirken, muss die Menschen von der Leistungsfähigkeit des Krisenmanagements, von der Stärke der Wirtschaft und der Regierung überzeugen. Danach ist nichts mehr. Merkel und Co. haben über das Sparer-Versprechen hinaus keine Steigerungsmöglichkeit mehr, kein Draufsatteln, sollte das deutsche Finanzsystem doch kollabieren.

Nicht auszudenken, was geschieht, wenn der Staat wirklich über gesetzliche Einlagensicherung von 20.000 Euro und den Einlagensicherungsfonds der Privatbanken hinaus massenhaft verlorene Sparguthaben erstatten müsste. Auf Jahre hinaus würde die Staatsverschuldung steigen, die Investitionstätigkeit sinken, die Sozialsysteme würden zusätzlich belastet.

Die Bundesregierung geht dieses Risiko ein - und setzt sich damit ausdrücklich vom Weg der US-Regierung ab, die 700 Milliarden Dollar aufwenden will, um die Finanzbranche zu stützen. Berlin will vorrangig die unschuldigen Verlierer schützen.

Merkel und Steinbrück setzen alles auf eine Karte. Sie müssen den Teufelskreis des Misstrauens brechen. Was bleibt ihnen auch an Alternativen?

Arbeitsminister Blüm hielt erstaunlich lange durch im Amt - trotz oder vielleicht auch wegen seines Renten-Versprechens. Irgendwie haben ihm die Menschen doch vertraut.


http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,druck-582308,00.html

prof - Montag, 6. Oktober 2008 - 14:14
Obwohl ich dort nur mein Girokonto führe schaute ich heute mal kurz in die örtliche Sparkasse, alle beiden Geldautomaten frei: Das Wort der Kanzlerin hat also noch Gewicht!

;-) Prof

drwssk - Montag, 6. Oktober 2008 - 15:08
Ich meckere zwar auch immer über vieles, aber mir fällt in dieser Situation wenig erbauliches ein. Vielleicht das, dass die Verursacher kaum genannt und nicht zur Rechenschaft gezogen werden, wir in einem internationalen Kreislauf sind, aus dem man nicht ausbrechen kann, ...
Vielleicht gibt es diesbezüglich von den Schreiberlingen, die dafür gut bezahlt werden, paar sinnvolle Aussagen!!!
be.

prof - Montag, 6. Oktober 2008 - 15:52
Meinst du, dass diese Leute zur Rechenschaft gezogen werden?

- Alan Greenspan, George W. Bush, Ben Bernanke
- Peer Steinbrück, Michael Glos (die einzigen beiden VerwaltungsratsVORSITZENDEN der KfW: Nochmal zum Mitschreiben: Die IKB war zum Zeitpunkt des Kaufes durch die KfW ein gesundes und gewinnbringendes Unternehmen.

Die Schlussfolgerung, das Bankensystem müsste unter Staatsaufsicht gestellt werden und der Sozialismus (wieder) eingeführt werden, kanns ja wohl auch nicht sein.
Der Kapitalismus funktioniert besser als der Sozialismus, das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Renditestreben der Unternehmen und Banken ist bei entsprechendem Eigenkapital nichts Schlechtes!
Prof

chinaman - Montag, 6. Oktober 2008 - 16:29
"Der Kapitalismus funktioniert besser als der Sozialismus"

Stimmt unstrittig, sobald es sich um echte Unternehmer handelt. Bspw. wenn ein Eigentümerunternehmer Entscheidungen trifft, die sein eigenes Geld ins Risko stellen. Problematisch sind die leitenden Angestelltenunternehmer (a la Ackermann) die bestens dotiert sind, persönliche Anreizsysteme auf der Kurzfristebene haben und letztendlich nur das Geld anderer (Aktionäre) ins Risiko stellen.


Gruß
Chinaman

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