Diskussionsforum der stw-boerse: Sonstiges: Zur "Sicherheit" von Staatsanleihen ...
chinaman - Donnerstag, 13. Januar 2005 - 08:36
... gibt uns aktuell Argentinien Anschauungsunterricht. Natürlich handelt es sich bei Argentinien um eine Bananenrepublik. Das so etwas je einmal in den USA oder Deutschland geschehen könnte, ist natürlich völlig ausgeschlossen. In Wall Street we trust ...


;-))
Gruß
Chinaman


Abstoßen, tauschen oder behalten
Die argentinische Regierung stellt ihr Umschuldungsangebot offiziell vor
von Hildegard Stausberg und Nando Sommerfeldt

Berlin - Jetzt wird es allmählich ernst. Hunderttausende geschädigte Gläubiger argentinischer Staatsanleihen müssen sich in den nächsten Wochen entscheiden, was sie mit ihren beinahe wertlosen Bonds machen. Seit der Einstellung des Schuldendienstes über 82 Mrd. Dollar Ende 2001 warten sie auf ein Umschuldungsangebot. Dieses liegt nun endlich offiziell vor und wird in verschiedenen Roadshows Anlegern in Amerika und Europa vorgestellt, so etwa in Frankfurt am 17. und 18., in München am 19. Januar. Es bestätigt die seit Monaten kursierenden Befürchtungen über einen radikalen Barwertverlust von 70 Prozent als traurige Gewißheit. Die aufgelaufenen Zinsrückstände über 22 Mrd. Dollar sind in dieser Rechnung noch nicht einmal berücksichtigt.


Viele Gläubigervereinigungen raten dazu, daß Angebot nicht anzunehmen. Ihr Argument: Wenn eine große Zahl die Offerte ablehnt, bleiben dem argentinischen Staat neue Kredite praktisch verwehrt. Da das Land früher oder später jedoch wieder frisches Geld benötigt, müßten die Mannen um Präsident Nestor Kirchner ihr Umschuldungsangebot nachbessern.


Diese Hoffnung sehen viele Marktbeobachter jedoch als unrealistisch an. Denn das entscheidende Druckmittel scheint auszufallen. Bislang hatten die Gläubiger immer gehofft, daß der Internationale Währungsfonds (IWF) genügend Druck auf Kirchner ausüben würde, um diesen zu größerem Entgegenkommen zu bewegen. Der IWF agierte zuletzt aber nur noch sehr zögerlich. Grund: Argentinien hat aus den hohen Haushaltsüberschüssen und Reserven seine IWF-Kredite zurückzahlt. Folge: Der IWF hat es nicht unbedingt nötig, sich auf die Seite der Gläubiger zu schlagen. Es läuft also darauf hinaus, daß die von vielen Investoren kritisierte "Nötigung" zum Erfolg führt. "Anders kann man es nicht nennen", sagt Stefan Engelsberger, der deutsche Anleihegläubiger vertritt. "Denn schließlich bedeutet das Angebot der argentinischen Regierung: Wer nicht tauscht, bekommt überhaupt nichts."


Gibt der Gläubiger letztlich klein bei, kann er die alten Bonds gegen neue Papiere nur noch etwa einem Viertel des ursprünglichen Nennwertes eintauschen. Bei den neuen Anleihen kann er zwischen drei Bondtypen wählen. Einen Par Bond, einen Discount Bond und einen Quasi-Par Bond. Dieser wird als einziger in argentinischen Peso ausgegeben und ist für lokale argentinische Bondholder gedacht, allen voran die Pensionsfonds. Die privaten Gläubiger im Ausland werden hingegen abwägen müssen - wenn sie überhaupt an der Umschuldung teilnehmen - ob sie sich entweder für den Discount Bond oder den Par Bond entscheiden. Dieser erhält zwar das eingezahlte Kapital, hat aber bis 2029 eine extrem lange tilgungslose Phase und soll in den ersten fünf Jahren in Euro mit 1,2 Prozent verzinst werden. Ab dem sechsten bis fünfzehnten Jahr ist dann eine Verzinsung von 2,26 Prozent vorgesehen, es erhöht sich dann in drei Schritten bis auf 4,74 aber dem 25. Jahr. Die Gesamtlaufzeit ist bis 2038. Über das Geld kann man dann praktisch erst in 23 Jahren verfügen.


Der Discount Bond wiederum sieht einen Barwertverlust von 66 Prozent vor, läuft aber fünf Jahre weniger und hat eine höhere Verzinsung. Am Freitag beginnt die Zeichnungsfrist für diesen Bond, den größten der internationalen Finanzgeschichte. Nach bisher vorliegenden Angaben soll sie 39 Tagen laufen, die argentinische Tageszeitung "Ambito Financiero" spricht vom 25. Februar.


Für kleinere private Gläubiger ist folgendes Detail wichtig: In einer ersten - 18 Tage dauernden Zeichnungsphase -wird allen Teilnehmern garantiert, daß sie bis zu einer Höhe von 50 000 US-Dollar, beziehungsweise die jeweilige Summe in Euro, der Tausch in die Par Bonds garantiert wird. Nicht ungeschickt operieren die Argentinier außerdem mit einer "Meistbegünstigungsklausel", mit der die Papiere ausgestattet werden: Sollten sich die Verhältnissen in Argentinien dauerhaft verbessern und das Land deshalb in den nächsten zehn Jahren günstigere Konditionen anbieten können, dann sollen auch die Käufer dieses Bondtyps in den Genuß der Verbesserungen kommen. Allerdings: Deutsche Banker weisen daraufhin, daß die Frage nach der Durchsetzbarkeit dieses Anspruches bei einem so instabilen Land wie Argentinien offen bleibt.


Manche Anleger denken auch darüber nach, ihre Anleihen einfach zu behalten. Sie spekulieren auf einen nachhaltigen Wertanstieg der Papiere. Denn nach einer für Argentinien erfolgreichen Umschuldung könnten die Kurse ihrer Meinung wieder kräftig steigen. Denn im Moment zumindest sind die Rahmenbedingungen am Rio de la Plata günstig: Nach einem Wirtschaftswachstum von 8,5 Prozent im letzten Jahr wird auch für dieses Jahr ein Wachstum von knapp fünf Prozent erwartet, die öffentlichen Haushalte sind im Moment im Lot und auf Bundesebene verzeichnet Argentinien einen hohen Haushaltsüberschuß. Zu glauben, daß die Bonds, für die man am Markt zur Zeit etwa 30 Prozent bekommt, bald im Kurs ansteigen werden, ist durchaus denkbar aber sehr spekulativ.


Artikel erschienen am Do, 13. Januar 2005
Die Welt

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