Diskussionsforum der stw-boerse: Sonstiges: Politik Deutschland: Archivierte Beiträge bis 8. November 2004
chinaman - Freitag, 24. September 2004 - 19:53
Hab den Link gefunden:

http://www.solidaritaet.com/neuesol/2004/39/notstand.htm

Gruß
Chinaman

chinaman - Samstag, 25. September 2004 - 16:46
@ prof: Deine Quelle hat aber auch einen etwas zweifelhaften Ruf ...

;-))
Gruß
Chinaman


http://de.indymedia.org/2004/08/90291.shtml

chinaman - Dienstag, 28. September 2004 - 18:42
ROT-GRÜNES REFÖRMCHEN

Üppige Politiker-Versorgung bleibt erhalten

Von Petra Bornhöft

Was die Regierung den Bürgern zumutet, soll den Bundestagsabgeordneten weitgehend erspart bleiben. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE will die Koalition nur minimale Einschnitte in der Altersversorgung durchsetzen. Ministerbezüge bleiben unangetastet.

Berlin - Nach monatelangem Hin und Her hinter den Kulissen verständigten sich die Spitzen der rot-grünen Bundestagsfraktionen am Dienstag beim Frühstück darauf, das Abgeordnetengesetz leicht zu verändern. Während die Grünen noch im Dezember 2002 eine "grundlegende Reform" der Altersversorgung für Abgeordnete angekündigt hatten, fallen die Änderungen nun bescheiden aus.

Folgende Neuregelungen sind geplant:


Mit Hilfe eines so genannten Nachhaltigkeitsfaktors werden die Politikerpensionen in den kommenden vier bis acht Jahren schrittweise um bis zu vier Prozentpunkte auf maximal 67 Prozent der heute bei 7009 Euro liegenden Diäten gekürzt. Demnach erhielte ein Abgeordneter, der mindestens acht Jahre dem Bundestag angehört hat, ab dem 65. Lebensjahr eine Pension in Höhe von 1541,98 Euro - das wären 140,18 Euro weniger als nach derzeitigem Recht.
Pro Dienstjahr soll der Anspruch weiterhin um drei Prozent steigen. Somit könnte ein Abgeordneter, der mindestens 23 Jahre im Parlament gesessen hat, mit 67 Prozent oder 4750, 30 Euro rechnen. Gegenüber heute wäre das ein Verlust von 85,91 Euro. Beiträge zahlen die Abgeordneten nicht.
Hinterbliebene eines ehemaligen Abgeordneten sollen nur noch 55 statt 60 Prozent der Altersversorgung erhalten.
Ab sofort müssen auch die Parlamentarier für die Pflegeversicherung aufkommen.
Erst in der nächsten Wahlperiode, also ab Ende 2006, sollen private Erwerbseinkünfte auf die Altersversorgung angerechnet werden, wenn ein früherer Abgeordneter vor seinem 65. Lebensjahr zum Beispiel als Anwalt, Berater oder Lobbyist tätig ist.


"Abgeordnete müssen Lebenswandel umstellen"

Diese Neuregelungen, welche die Koalitionsfraktionen am Nachmittag verabschieden wollten, sind nach Ansicht des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD, Wilhelm Schmidt, "noch nicht die große Reform, aber doch schon eine anständige Zumutung für die Abgeordneten". Viele müssten ihre "Lebensplanung jetzt etwas umstellen", meint der Genosse ohne einen Anflug von Ironie.

Unbeeindruckt von allen öffentlichen Protesten können sich also die Abgeordneten wie bisher auf saftige Übergangsgelder nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag freuen: Pro Jahr Mitgliedschaft im Bundestag erhält der Abgeordnete nach seinem Ausscheiden ein monatliches Übergangsgeld von derzeit 7009 Euro. Maximal 18 Monate kann er so hundert Prozent seiner früheren Bezüge kassieren, insgesamt rund 126.000 Euro.

Der durchschnittliche Arbeitnehmer unter 55 Jahren hingegen wird ab Januar nächsten Jahres 60 Prozent seiner früheren Nettobezüge für maximal ein Jahr erhalten, danach ist er auf das weitaus niedrigere Arbeitslosengeld II angewiesen.

Solche Vergleiche findet SPD-Mann Schmidt absurd: Wie seine Kollegen wolle er "nicht ständig mit Rentnern oder Sozialhilfeempfängern verglichen werden". Politiker müssten nicht in Sack und Asche wandeln. Man müsse daran erinnern, so Schmidt erbost, "dass keiner der 750 leitenden Angestellten bei Volkswagen mit uns Abgeordneten finanziell tauschen würde". Er, Wilhelm Schmidt, Salzgitter, wolle "als leitender Angestellter gelten".

Große Reform erst im Sommer

Auch die Minister und Parlamentarischen Staatssekretäre müssen bis auf weiteres keine Einbußen fürchten. An eine Änderung des entsprechenden Gesetzes wagen die rot-grünen Abgeordneten sich gar nicht erst heran. Schmidt: "Die Initiative muss eigentlich von der Regierung ausgehen." Doch im Kabinett war der Reformdrang in eigener Sache noch nie sonderlich ausgeprägt.

Großzügige Übergangsgelder (für Kanzler Schröder rund 310.000 Euro, für Außenminister Fischer noch etwa 250.000 Euro) und üppige Pensionen von monatlich bis zu 11.000 Euro (Finanzminister Eichel) hat der Steuerzahlerbund aus den geltenden Tabellen errechnet.

Im nächsten Sommer, verkünden Wilhelm Schmidt und sein grüner Amtskollege Volker Beck, wolle Rot-Grün eine "große Reform der Politiker-Versorgung" vorlegen.

Dann soll es auch um die private Vorsorge der Abgeordneten gehen. Doch die hatte eine unabhängige Kommission des Bundestages unter Leitung des früheren Bundesarbeitsgerichts-Präsidenten Otto Rudolf Kissel schon 1993 als zu teuer und zu kompliziert verworfen, wie die Grünen im vergangenen Jahr erfreut nachgelesen hatten. So kam der kleine Koalitionspartner zu dem schnellen und schönen Ergebnis, dass nur eine "Reform im bestehenden System" möglich sei. Dabei wird es wohl bleiben.

Quelle: Spiegel online

prof - Mittwoch, 29. September 2004 - 20:25
Das ist doch wieder Wasser auf die Mühlen:


Link zu Artikel von ftd


Eichels Schuldenberg wächst um 43 Milliarden

Das Haushaltsdefizit des Bundes ist noch größer als bisher erwartet. Finanzminister Hans Eichel wird voraussichtlich schon in der nächsten Woche einen Nachtragshaushalt vorlegen, der eine Neuverschuldung von 43 bis 44 Mrd. Euro vorsieht.





Bundesfinanzminister Hans Eichel


Der bisherige Schuldenrekord über 40 Mrd. Euro stammt aus dem Jahr 1996. Eichel widersprach jedoch nachdrücklich der These, dass er eine neue Rekordverschuldung vorweisen werde. Er argumentierte, der frühere Finanzminister Theo Waigel habe 1996 eine Neuverschuldung von 2,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes ausweisen müssen, während er nur bei zwei Prozent liege. Als Grund für die erweiterte Kreditaufnahme nannte Eichel ausbleibende Steuereinnahmen und die angespannte Lage am Arbeitsmarkt. Die Konjunkturerholung wirke sich auf diese Bereiche noch nicht genug aus, sagte er. Eine Verschärfung des Sparkurses lehne er ab, um die wirtschaftliche Belebung nicht zu gefährden. Laut Eichel wird das Kabinett den Nachtragshaushalt schon kommenden Mittwoch verabschieden. Bisher hatte der Minister die Linie vertreten, auf die Steuerschätzung Anfang November zu warten.

Eichel hatte den Mehrbedarf bisher auf 10 bis 11 Mrd. Euro beziffert. Zusammen mit der ursprünglich für 2004 geplanten Nettokreditaufnahme von 29,3 Mrd. Euro wäre er schon damit auf ein Defizit von rund 40 Mrd. Euro gekommen. Nach Angaben aus Koalitionskreisen haben sich aber vor allem die Steuereinnahmen für den Bund schlechter entwickelt als im Mai geschätzt. Sie sind für den Großteil des Mehrbedarfs von 3 bis 4 Mrd. Euro verantwortlich. Zu Buche schlagen aber auch zusätzliche Ausgaben des Bundes für den Arbeitsmarkt, insbesondere bei der Arbeitslosenhilfe.


Steuerentwicklung der Länder günstiger


Die neuen Steuerausfälle seien überwiegend Folge des geringeren Aufkommens aus der Tabak- und der Mineralölsteuer. Auch die Einnahmen aus der Steueramnestie bleiben dem Vernehmen nach weit unter den Erwartungen. Die Steuerentwicklung bei den Ländern sei günstiger verlaufen.


Aus Sicht der Union steuert der Bund auf ein "haushaltspolitisches Desaster" zu. Die Nettokreditaufnahme bewege sich sogar in Richtung 50 Mrd. Euro, sagte der CSU-Landesgruppenchef Michael Glos. Bei dieser Ausgangslage entpuppe sich Eichels Versprechen, 2005 das gesamtstaatliche Defizit wieder unter die im EU-Stabilitätspakt zulässigen 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken, "als bewusstes Täuschungsmanöver". CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann sprach von Vernebelungstaktik. Das "scheibchenweise Einräumen einer Wahrheit" beschädige das Vertrauen der Bürger und Unternehmen. Die FDP sieht "das letzte Fünkchen Glaubwürdigkeit" Eichels schwinden.


Ende August hatte Eichel für 2004 ein erwartetes Staatsdefizit von rund 3,7 Prozent an die EU-Kommission in Brüssel gemeldet. Im nächsten Jahr will er erstmals nach drei Jahren die Defizitgrenze von 3 Prozent wieder unterschreiten. Bereits vor Wochen hatte Eichel Unsicherheiten bei der Entwicklung der Steuereinnahmen eingeräumt.

prof - Mittwoch, 29. September 2004 - 20:37
Und hier tickt die deutsche Schuldenuhr.
Wenn man die 16837 € auf die arbeitende Bevölkerung hochrechnet, ist man ganz schnell auf 50.000 pro Erwerbstätigen.

Diese Schulden werden nie und nimmer zurückgezahlt, es gibt nur zwei Auswege:
a) Staatsbankrott
b) extrem hohe Inflation

In beiden Fällen sind sämtliche Ersparnisse weg, was bleibt sind Sachwerte: Immobilien, Edelmetalle, Waren des täglichen Bedarfs, eventuell Aktien.

Nur über den Zeithorizont muss man noch diskutieren, vielleicht so fünf Jahre?
Prof

mib - Donnerstag, 30. September 2004 - 08:45
Ihr suhlt euch so richtig im Elend der deutschen Finanzsituation und Wirtschaft- und Sozialpolitik, nicht?
Da macht das Dasein so richtig Spass und man geht mit Kraft, Freude und Enthusiasmus in den Tag und an die Arbeit!

so wird das nix, Freunde!

kopfschuettelnd - Mib

chinaman - Donnerstag, 30. September 2004 - 08:47
"Nur über den Zeithorizont muss man noch diskutieren, vielleicht so fünf Jahre?"

Tja, genau der Zeithorizont ist die grosse Unbekannte ... Meines Erachtens ist eher nicht prognostizierbar, da vor allem verhaltensabhängig. Solange der deutsche Michel direkt und indirekt eifrig Staatsanleihen zur Finanzierung seiner Altervorsorge kauft ...


Gruß
Schwabenpfeil

chinaman - Donnerstag, 30. September 2004 - 08:48
Ver-rücktes Wartehäuschen und see-untaugliche Gallionsfigur

Die schlimmsten Steuer-Verschwender


30 Milliarden Euro für bürokratische Kapriolen, Luxus auf Steuerzahlerkosten, Kuriositäten und Kostenexplosionen. Reichlich Stoff für Stammtische bietet auch in diesem Jahr das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. Ein Überblick über die schlimmsten und verrücktesten Fälle.

Hilchenbach. „Ver-rückt“ im wahrsten Sinne des Wortes ist ein Wartehäuschen an der Buslinie 785 in Hilchenbach-Müsen. Der schmucke gläserne Unterstand steht nämlich nicht an der Haltestelle selbst, weil die Stadt dort Grundbesitz teuer hätte kaufen müssen, sondern über die Straße hinweg um die Kurve in der Nebenstraße Werbelsbrunnen.

Finanziert wurde das rund 4 500 Euro teure Wartehäuschen aus öffentlichen Zuschüssen. Und hier liegt der Hase im Pfeffer: Die Stadt Hilchenbach hat vom Land NRW insgesamt gut 210 000 Euro für Wartehäuschen erhalten. Insgesamt hat die Stadt 36 Unterstände gekauft. Dabei hat sie sparsam und wirtschaftlich gehandelt und nicht das ganze Geld ausgegeben.

Die gesparten 22 000 Euro hätte die Stadt allerdings samt Zinsen an das Land zurückzahlen müssen. Statt dessen hat der Rat der Stadt Hilchenbach beschlossen, das gesparte Geld lieber für Info-Vitrinen und zusätzliche Wartehäuschen an weiteren Bushaltestellen auszugeben. Unter anderem eben für den Unterstand am Werbelsbrunnen. Statt also zu sparen und die Mittel für andere Kommunen zurückzugeben, hat man in Hilchenbach das Geld der Steuerzahler regelrecht „um die Ecke“ gebracht.

Kein Seemannsgarn ist der Untergang der Galionsfigur der Gorch Fock. Gleich zwei Mal in zwei Jahren verlor den Angaben nach das Segelschulschiff der Bundesmarine die in Holz geschnitzte Schönheit am Bug in den Fluten, weil sie offensichtlich der rauen See nicht standhielt. 114 000 Euro veranschlagt der Steuerzahlerbund für den Verlust.

Im Visier des Steuerzahlerbundes ist auch ein „Krötentunnel“ in Berlin-Lübars. Das 225 000 Euro teure Amphibienleitsystem mit fünf Tunnelröhren soll es Fröschen und anderen Kriechtieren ermöglichen, eine kleine Straße im ländlichen Norden der Hauptstadt gefahrlos zu unterqueren. Dafür seien wesentlich preiswertere Methoden, wie Zäune, abgerissen worden, kritisiert der Bund.

Auf der Schwarzen Liste stehen auch Subventionsgräber wie der Bremer Space-Park, der soeben geschlossen wurde. Hier habe die öffentliche Hand 198,7 Millionen Euro für eine vermeintliche Touristenattraktion ausgegeben, deren Erfolg von Beginn an fraglich gewesen sei. Aufgelistet wird auch das Internet-Job-Portal der Bundesanstalt für Arbeit, deren Kosten bei der Entwicklung aus dem Ruder liefen. 33 Millionen Euro teurer als veranschlagt sei der Aufbau gewesen, erklärt der Bund der Steuerzahler.

111 Fälle öffentlicher Vergeudung prangert der Bund in diesem Jahr in seinem Schwarzbuch an: In Regensburg machte die Organisation einen Phantom-Professor aus, der sich trotz voller Bezüge über Jahre hinweg bei den Studenten nicht blicken ließ.

In Braunschweig verstaubte ein 330 000 Euro teures Kanalreinigungsfahrzeug in der Garage der Stadtreinigung, weil es voll gepumpt über 26 Tonnen wog und damit nicht mehr zugelassen war.

In Bremen kann selbst der Bau- und Verkehrssenator die unglaubliche Geschichte um den sündhaft teuren, unbrauchbaren und mittlerweile wieder entfernten Senkpoller beim Theater am Goetheplatz nicht lückenlos aufklären. 1997 wurde der versenkbare Poller in eine Wegeverbindung eingebaut. Die Kosten hierfür waren ursprünglich auf 25 600 Euro veranschlagt, beliefen sich aber auf 40 100 Euro. Kostenträchtig war insbesondere ein unterirdischer Ölauffangbehälter für das Hydrauliköl. Eine Wegschranke hätte den gleichen Zweck erfüllt und wäre mit rund 5 100 Euro wesentlich günstiger gekommen.

Gewartet wurde das empfindliche Gerät bis 2001 jedenfalls nicht. Als sich Funktionsstörungen häuften, wurde bei einer Überprüfung festgestellt, dass die Hydraulikpumpe defekt war.

Der elektrisch betriebene Poller fuhr unkontrolliert aus seinem teuren Fundament hoch und beschädigte dabei mehrere Autos. Weil eine Reparatur wegen zu hoher Kosten ausschied, ließ die Theater-Geschäftsführung den Poller mit eigenen Mitteln für 2 300 Euro ausbauen und eine Schranke setzen. Ende gut, alles gut? Leider nein: Bremens Steuerzahler werden auf unabsehbare Zeit jährlich rund 2 400 Euro an Zinsen für den kreditfinanzierten Poller zahlen müssen.

Als Beispiel für Vergeudung von Steuer-Millionen wird im neuen Schwarzbuch „German TV“ hervorgehoben, bei dem mehr als 20 Millionen Euro zum Fenster hinaus geworfen worden seien. Das deutschsprachige Pay-TV sei in den USA präsent und solle nach dem Willen der Bundesregierung die „mediale Außendarstellung Deutschlands“ verbessern. Laut Steuerzahlerbund steht der Sender kurz vor dem Aus. Er habe niemals genug Abonnenten gefunden, um kostendeckend zu arbeiten.

Noch nicht im neuen Schwarzbuch aufgelistet sei ein „ganz frischer Fall“: das Fahrgastinformationssystem im öffentlichen Personennahverkehr funktioniere bis heute nicht, habe aber dennoch schon Millionen verschlungen. Wegen Software-Problemen könnten beteiligte Busunternehmen noch immer nicht via Satellit Verspätungen melden, so dass Fahrgast-Info-Säulen nicht bedient werden könnten, deren Anschaffung allein 1,2 Millionen Euro gekostet habe. Weitere vier Millionen Euro seien in 400 Busse gesteckt worden, damit sie an der Aktion teilnehmen könnten.

Der Steuerzahlerbund kritisiert ein Atomausstiegsfest von Umweltminister Jürgen Trittin. Aus dem Etat seines Ressorts habe der Grünen-Politiker 30.400 Euro ausgegeben, um die Abschaltung des Kernkraftwerks Stade zu feiern. Zudem seien 191.000 Euro für eine Anzeigenkampagne zum Atomausstieg bezahlt worden.

Nach Handelsblatt-Informationen erklärte das Ministerium dazu, der Empfang habe sich gelohnt, weil mit „relativ geringen Mitteln“ große Medienaufmerksamkeit erzeugt worden sei. Däkes Organisation argumentierte, wenn dies der Fall gewesen sei, hätte es der Anzeigenkampagne nicht bedurft.

Viele Köche verderben den Brei, heißt ein Sprichwort, das auch auf die zur Zeit durchgeführte Erweiterung der Kläranlage in der niedersächsischen Stadt Sehnde (Region Hannover) zutrifft. Die fünf Beteiligten - Projektsteuerer, Ingenieurbüro, Stadtverwaltung, Stadtentwässerung und Stadtwerke Sehnde GmbH - schieben sich die Schuld für das Organisationschaos und die Fehlplanungen, die die Gesamtkosten voraussichtlich von anfangs 8,3 Mill. Euro um 28 Prozent auf 10,6 Mill. Euro ansteigen lassen, gegenseitig zu. Während die Beteiligten über Teilsummen wird noch vor Gericht streiten, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen mehrere von ihnen wegen Korruptionsverdacht. Doch Rechnungsprüfer bemängeln schon jetzt unstrukturierte Aufgabenverteilungen, uneffektive Kostenkontrolle und einen mangelnden Informationsfluss zwischen den Beteiligten. Eines ist bereits abzusehen: Ausbaden müssen den Schlamassel die Sehnder Abwassergebührenzahler.

Bei der Instandsetzung der Spandauer-Damm-Brücke wurden in Berlin seit 1990 schon Millionen an Steuergeldern verbaut - im Herbst soll sie nun doch abgerissen werden, weil die inzwischen festgestellten Schäden eine Sanierung nicht mehr zulassen.

Die Stadt Herford hat 48 000 Euro für eine Ausstellung „Leere und Visionen“ ausgegeben, „die den Tarzan-Schrei und weitere Kunstwerke nach Herford gebracht hat. Ein Radfahrer, der den in einem Baum installierten Lautsprecher just in dem Augenblick passierte, als Tarzan brüllte, kollidierte mit einem Pfosten.

„Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen mit Kriminalitätsschwerpunkten ist ein wirksames Mittel zur Verbrechensbekämpfung und zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“, erklärte Thüringens vormaliger Innenminister am 20.10. 2003 bei der Vorstellung des Pilotprojektes öffentliche Videoüberwachung der Thüringer Polizei in der Klassiker- und Kulturstadt Weimar.
Drei Kameras nebst digitaler Datenübertragung sowie einem digitalen Beweissicherungsplatz in der Polizeiinspektion wurden für 119 155 Euro installiert. Sogar sechs Polizeikräfte waren für das Projekt gebunden.

Die Kameras erfassten die Redaktionsparkplätze des Pressehauses am Goetheplatz, in dem die Lokalredaktionen von „Thüringer Allgemeine“ und „Thüringische Landeszeitung“ ihren Sitz haben. Ein massiver Angriff auf die Pressefreiheit. Aber auch die Kanzlei eines Rechtsanwalts und eine Arztpraxis wurden erfasst. Angesichts der Protestwelle war der Spuk nach vier Tagen vorbei. 1 800 Euro kostete die Demontage der Anlage.

Das Radionuklidlabor der Fachhochschule München wurde sage und schreibe sechs Jahre lang trotz technisch hochwertiger Ausstattung nicht genutzt. Das Strahlenschutzlabor für den Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen einschließlich Personen-, Proben- und Materialschleusung sowie Lager wurde im Jahr 1998 nach etlichen Verzögerungen fertiggestellt. Die Kosten für das 118 Quadratmeter große Labor beliefen sich auf rund 1,5 Mill. Euro. Die endgültige Inbetriebnahme verzögerte sich jedoch immer wieder.

Infolge der Überdimensionierung des Strahlenschutzlabors war man auf der Suche nach Mitbenutzern wie z.B. der Technischen Universität München. Die Verbundlösung scheiterte zunächst. Zu guter Letzt hat man schließlich im Juni 2004 die erforderliche strahlenschutzrechtliche Genehmigung beim Landesamt für Umweltschutz beantragt. Bei Redaktionsschluss des Schwarzbuches war dieser „Segen“ allerdings noch nicht erteilt.

Zu den Beispielen größerer Verschwendung zählt auch der Bau des Polizeipräsidiums in Frankfurt am Main. Als der Bau 1998 begann, lag keine fertige Bauplanung vor. Dadurch kam es zu Verzögerungen und teuren Änderungen. Statt 240 Millionen Euro koste das Vorhaben nun 278 Millionen Euro.

Besonders große Probleme sieht der Bund der Steuerzahler in so genannten Mischfinanzierungen von Bund, Ländern und Gemeinden. Das Finanzierungsgeflecht sei schwer zu durchschauen. Auch die Politikberatung kritisierte der Steuerzahlerbund.

So erhalte ein ehemaliger Bundeswehroffizier 1 085 Euro im Monat für die Beratung des Finanzministeriums bei aktuellen Vorhaben. Viel Verwertbares sei dabei nicht herausgekommen. „Das hat in den letzten Jahren ein gewaltiges Ausmaß angenommen“, sagte Däke.

Weitere Fälle vom lockeren Umgang mit öffentlichen Geldern sowie das komplette Schwarzbuch finden Sie online auf der Website des Bundes der Steuerzahler.


HANDELSBLATT, Donnerstag, 30. September 2004, 07:02 Uhr

stw - Donnerstag, 30. September 2004 - 11:17
"In beiden Fällen sind sämtliche Ersparnisse weg, was bleibt sind Sachwerte: Immobilien, Edelmetalle, Waren des täglichen Bedarfs, eventuell Aktien."

Wir können froh sein, dass es den EURO gibt. Wenn wir noch die DM hätten, wäre dieses Schreckenszenario tatsächlich noch glaubhafter.

Ich wünschte ich könnte hier mehr Optimismus verbreiten, aber alles was ich Tag für Tag in meinem IT-Business erlebe, deutet daraufhin, dass unsere Wirtschaft sich tatsächlich kaputtspart während die POlitik die Staatsfinanzen ruiniert. Das ist eine unheilvolle Kombination...

:-( stw

prof - Donnerstag, 30. September 2004 - 12:21
@stw: IT eignet sich (wie auch meine Branche) hervorragend zum Sparen. Warum ein System wechseln, das einigermaßen läuft, wenn auch etwas langsam? Dann doch lieber die Arbeitszeiten der Mitarbeiter raufsetzen ...
In solch einer Branche helfen nur verstärkte Sparanstrengungen, qualitativ hochwertige Produkte/Dienstleistungen und Durchhalten.


@mib: Die Fakten sind ja wohl nicht von der Hand zu weisen. Glaubst du tatsächlich, dass der Bund 50.000 Euro/Arbeitnehmer Schulden zurückzahlen kann? Das hieße ja, er muss 50000 € mehr Steuern eintreiben, als er ausgibt!

Prof

chinaman - Donnerstag, 30. September 2004 - 12:54
"Wir können froh sein, dass es den EURO gibt. Wenn wir noch die DM hätten, wäre dieses Schreckenszenario tatsächlich noch glaubhafter."

Na ja. Unsere europäischen Bündnispartner sind ja auch nicht gerade solide "Finanzwirtschaftler"


"dass unsere Wirtschaft sich tatsächlich kaputtspart während die POlitik die Staatsfinanzen ruiniert."

Die Wirtschaft hat den "Nachteil", dass sie sich nicht grenzenlos bei den Banken verschulden kann bzw. darf. Hier werden Neukredite nur äußerst selten gewährt und ein ständiges Aufschulden wie beim Staat wird nicht toleriert.

Gruß
Chinaman

chinaman - Mittwoch, 6. Oktober 2004 - 08:15
GESUNDHEITSPOLITIK

Krankenkassen warnen vor neuem Milliardenloch

Die gesetzlichen Krankenkassen befürchten im kommenden Jahr erneut ein Milliarden-Loch. Durch eine Gesetzeslücke entstünden 2005 zusätzliche Ausgaben bei der stationären Behandlungspflege.

Hamburg - Die durch die Gesetzeslücke entstehende Summe erreiche ein "beitragsrelevantes Volumen", also mindestens eine Milliarde Euro, berichtet die "Bild"-Zeitung, die sich auf ein Schreiben der Spitzenverbände der Kassen an das Bundesgesundheitsministerium beruft. Zu den zusätzlichen Aufgaben gehören demnach zum Beispiel Einreibungen und Pulskontrollen.

Kosten für die stationäre Pflegebehandlung würden bisher von der gesetzlichen Pflegeversicherung getragen. Ministerin Ulla Schmidt (SPD) habe aber noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Regelung über das Jahresende hinaus verlängert würde. Deshalb müssten ab 2005 die gesetzlichen Krankenkassen für die stationäre Behandlungspflege aufkommen.

Quelle: Spiegel online


Gruß
Chinaman

chinaman - Donnerstag, 7. Oktober 2004 - 10:34
Die Rekordfahrt in den Schuldenstaat geht weiter
Opposition rechnet mit zweitem Nachtragshaushalt nach der Steuerschätzung im November
Berlin - Die Bundesregierung hat für dieses Jahr die Erhöhung der Neuverschuldung auf den Rekordwert von 43,7 Mrd. Euro beschlossen. Ursprünglich waren 29,3 Mrd. Euro vorgesehen. Das Kabinett billigte am Mittwoch den Nachtragshaushalt von Finanzminister Hans Eichel (SPD).


Der bisherige Schuldenrekord wurde 1996 unter der Regierung von Helmut Kohl (CDU) aufgestellt und betrug 40 Mrd. Euro. Als Grund für die Ausweitung der Kreditaufnahme nannte Eichel Steuermindereinnahmen und Mehrausgaben in Folge der Massenarbeitslosigkeit. Eine Verschärfung des Sparkurses lehnt er ab, um die Konjunkturerholung nicht zu gefährden. Die Opposition rechnet mit einem weiteren Nachtragsetat nach der Steuerschätzung Anfang November. Das Finanzministerium widersprach.


Die Investitionen liegen 2004 bei 19,1 Mrd. Euro, also unter der Summe der Kredite, was die Verfassung eigentlich verbietet. Ausnahmen sind erlaubt, damit die Regierung Maßnahmen zur Abwehr von Konjunktur- und Arbeitsmarktkrisen ergreifen kann. "Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ist im Jahre 2004 ernsthaft gestört. Das Ziel eines hohen Beschäftigungsstandes wird nach wie vor gravierend verfehlt", heißt es in Eichels Gesetz zum Nachtragshaushalt. Zusätzliche Sparmaßnahmen würden die Störung "tendenziell verstärken".


Für die Steuerschätzung geht Eichel von einer weiteren Hiobsbotschaft aus - vor allem zu Lasten der Bundeskasse. Gegenüber der Steuerprognose vom November rechnet er mit Verlusten von rund 13 Mrd. Euro, im Vergleich zur Mai-Schätzung mit einem Minus von etwa vier Mrd. Euro. Abstriche mußte der Minister auch bei anderen Einnahmeerwartungen machen, vor allem beim Bundesbankgewinn. Statt der erhofften 3,5 Mrd. flossen knapp 300 Mio. Euro in die Kasse von Hans Eichel.


Durch diverse Veränderungen im Haushalt gibt der Bund dieses Jahr 1,7 Mrd. Euro weniger aus als geplant. Das Budget beträgt nun insgesamt 255,6 Mrd. Euro. Die Kosten für die Arbeitslosenhilfe stiegen explosionsartig an. Statt der geplanten knapp 6,7 Mrd. muß der Bund 18,8 Mrd. Euro berappen, wie aus dem Gesetz hervorgeht.


Die Opposition reagierte mit scharfer Kritik auf den Kabinettsbeschluß. "Die Politik des organisierten Verfassungsbruchs findet ihre Fortsetzung", sagte FDP-Haushaltssprecher Andreas Pinkwart. CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann äußerte sich ähnlich. Da auch die Länder gravierende Haushaltslöcher mittels Krediten schließen, hält Deutschland das dritte Jahr in Folge nicht die EU-Verschuldungsgrenze von drei Prozent am Bruttoinlandsprodukt ein. Eichel will versuchen, 2005 die Euro-Vorgabe zu schaffen. AP


Artikel erschienen am Do, 7. Oktober 2004
Die Welt

chinaman - Freitag, 8. Oktober 2004 - 11:19
Deutschland rutscht weiter ab
Schlußlicht im Standort-Ranking - Wirtschaft fordert Steuerentlastung
Berlin - Deutschland schneidet sowohl im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit als auch beim Wirtschaftswachstum schlecht ab. Beim internationalen Standort-Ranking der Bertelsmann-Stiftung landete die Bundesrepublik mit 66,4 Punkten im sogenannten Erfolgsindex, der alle Standortfaktoren einbezieht, auf dem letzten Platz von 21 Industrienationen. Seit Beginn der neunziger Jahre sei Deutschland vom Mittelfeld stetig weiter abgerutscht, heißt es in der Studie.


Während alle anderen Länder in den vergangenen zwei Jahren einen Zuwachs an Erwerbstätigen verzeichnen konnten, sank die Beschäftigtenzahl hierzulande weiter. Sorge bereiten vor allem der überdurchschnittlich hohe Anteil an Langzeitarbeitslosen und die nach wie vor weit verbreitete Frühverrentung. Auch in Frankreich und Italien ist die Entspannung am Arbeitsmarkt bislang ausgeblieben. "Beeindruckende Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" bescheinigt die Bertelsmann Stiftung dagegen Niederländern, Schweizern, Österreichern, Irländern und den Norwegern.


Der Abstieg Deutschlands zeigt sich auch beim Pro-Kopf-Einkommen, das mit rund 27 000 Euro international nur noch "unteres Mittelfeld" ist. Nicht nur in traditionellen Hocheinkommensländern wie USA oder Schweiz wird pro Kopf ein höheres Inlandsprodukt erwirtschaftet. Auch Länder wie Belgien, Dänemark und die Niederlande haben Deutschland mittlerweile klar überholt. Spitzenreiter im Länder-Ranking sind Irland, USA und Australien mit 111 bis 101 Punkten, die sich unter anderem durch eine deutlich niedrigere Staatsquote von Deutschland unterscheiden.


Die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft haben unterdessen erneut eine grundlegende Reform der Unternehmensbesteuerung angemahnt. Das hiesige Steuersystem sei zu kompliziert und international nicht wettbewerbsfähig. Deutschland sei nach wie vor ein Hochsteuerland. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt forderte von der Bundesregierung ein Gesamtkonzept, das sowohl eine Senkung der Sozialabgabenlast als auch eine Steuerentlastung beinhalte. Der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Michael Rogowski, warnte davor, die Steuerreform auf die lange Bank zu schieben. "Zwei Jahre Stillstand können wir uns nicht leisten." Regierung und Union müßten rasch Konzepte auf den Tisch legen und dürften damit nicht bis nach der Bundestagswahl 2006 warten. Die Verbände präsentierten einen Katalog von über 180 "Grundsatzanforderungen" an eine Reform. Auf ein gemeinsames Konzept legte man sich aber nicht fest. Das Bundesfinanzministerium erteilte der Wirtschaftsforderung eine strikte Absage. Angesichts der angespannten Haushaltslage gingen die Forderungen an der Realität vorbei. dsi


Artikel erschienen am Fr, 8. Oktober 2004
Die Welt

chinaman - Samstag, 30. Oktober 2004 - 05:24
Finanzweihnachtsmann
Kolumne zum Haushalt
von Detlef Gürtler

Ein bißchen Weihnachtsmann steckt in jedem Finanzminister. Alle Welt schreibt ihm Wunschzettel, alle geloben ihm, immer artig zu sein, damit sie ihre Steuergeschenke bekommen, und wenn er versucht, allen ihre Wünsche zu erfüllen, gibt das eine schöne Bescherung.


Denn die Wunschzettel, die beim Finanzweihnachtsmann eingereicht werden, passen mitunter nicht so ganz zueinander: "Keine neuen Schulden", wünscht sich die EU, "keine neuen Steuern", wünscht sich der Kanzler, und "keine neuen Sparpakete" Franz Müntefering. Ein Finanzminister müßte hier die Segel streichen und eingestehen, daß er das alles auf einmal nicht schaffen kann. Aber ein Weihnachtsmann muß nur in sein großes goldenes Buch schauen, und schon findet er eine Lösung.


Also setzt Hans Eichel die Buchhalterbrille ab, klebt sich einen weißen Rauschebart an und präsentiert als neues Wundermittel den Forderungsverkauf. Und der funktioniert so:


Post und Telekom zahlen bislang pro Jahr mehr als ein Milliärdchen Euro in die Staatskasse, damit aus dieser die Pensionen für die Ex-Staatsbetriebe gezahlt werden können. Wenn nun der Finanzminister diesen Anspruch an jemand anderen abtritt, kann er dafür als Gegenleistung jetzt und hier eine ganze Reihe mehr Milliarden einsacken und auf die diversen Gabentische verteilen.


In der Wirtschaftssprache nennt sich dieser Trick, heute schon für das zu kassieren, was einem erst in ferner Zukunft zusteht, "Asset Backed Securities". Vor allem bei den angelsächsischen Private-Equity-Fonds ist er derzeit äußerst angesagt. Man macht alle Einnahmen, die ein Unternehmen in den kommenden zehn Jahren hat, heute schon zu Geld und kriegt auf diese Weise locker den Kaufpreis wieder raus, den man selbst für die Firma gezahlt hatte.


Den allerersten Deal dieser Art machte übrigens ein gewisser Esau, der seine gesamten Ansprüche auf das väterliche Erbe seinem Bruder Jakob übertrug und als Gegenleistung ein offenbar fantastisch duftendes Linsengericht bekam. Aber auch im privaten Zugewinngemeinschaftsverhältnis ist der sofortige Zugriff auf erst später zufließende Genüsse seit jeher üblich und allgemein unter dem Namen "Verlobung" bekannt.


Wenn man Finanzminister wäre, müßte man heftig die Stirn über Forderungsverkäufe runzeln, schließlich gehen sie an die Substanz und erzeugen die Illusion, daß es noch Geld gäbe, wo eigentlich schon längst nichts mehr zu holen ist. Ein Weihnachtsmann hingegen freut sich an den leuchtenden Augen der Beschenkten und wird auch für die Bescherungen der kommenden Jahre wieder etwas aus seinem Säcklein ziehen können. Schließlich lassen sich noch ganz andere staatliche Aufgaben auf diese Weise zu Geld machen.


So wäre es sicher möglich, Investoren zu finden, die heute ein paar Milliarden bezahlen, wenn sie dafür die Temposünderbußgelder der kommenden zehn Jahre bekämen. Auch Müllgebühren oder Sondernutzungsabgaben aller Art ließen sich derart vorversilbern. Nicht nur Milliarden, sondern Multimilliarden könnte (weihnachts)man jedoch mobilisieren, wenn man die üppigsten staatlichen Zahlungsströme mit ins Programm nimmt: die Steuereinnahmen. Schon im alten Rom wurde das Recht, in einzelnen Provinzen Steuern zu erheben, für Jahre im voraus an Steuerpächter verkauft. Da könnte man doch heute auch den Anspruch verkaufen, die nächsten fünf Jahre die Mineralölsteuer zu erheben. Wetten, daß damit sogar unser Finanzminister in diesem Jahr einen Haushaltsüberschuß hinbekäme?


Der Autor ist freier Publizist und lebt in Berlin und Marbella.


Artikel erschienen am Sa, 30. Oktober 2004
Die Welt

chinaman - Sonntag, 31. Oktober 2004 - 18:41
ftd.de, So, 31.10.2004, 16:58
Regierung erwartet fünf Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen

Trotz Konjunkturerholung erwartet die Bundesregierung dieses und nächstes Jahr Steuermindereinnahmen von insgesamt 5 Mrd. Euro. Das geht aus der Prognose des Berliner Finanzministeriums für die anstehende Steuerschätzung hervor.

Wie am Sonntag aus Länderkreisen verlautete, müsse der Staat 2004 mit 3 Mrd. und 2005 mit 2 Mrd. Euro weniger Steuereinkünften planen als noch im Mai vorhergesagt.

Das Minus treffe vor allem den Bund, hieß es. Der Rückgang bei den Ländersteuern sei "unbedeutend". Die Kommunen könnten wegen eines sprunghaften Anstiegs der Gewerbesteuereinnahmen - die Regierung erwarte ein Plus von zehn Prozent - auf eine deutliche Besserung ihrer finanziellen Lage hoffen. Der Arbeitskreis Steuerschätzung kommt am Dienstag in Bremen zusammen und wird am Donnerstag seine offizielle Prognose bekannt.

Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel denken nach Informationen der "Bild"-Zeitung darüber nach, den "Tag der Deutschen Einheit" als gesetzlichen Feiertag zu streichen, weil ein zusätzlicher Arbeitstag mehr Wachstum und damit zusätzliche Steuereinnahmen bringe. Ein Sprecher Eichels nannte die Meldung "Spekulation".


Euro-Stabilitätskriterien rücken in weite Ferne


Die Steuermindereinnahmen bringen die Haushaltsplanung von Finanzminister Eichel weiter unter Druck. Das Ziel, 2005 die Euro-Stabilitätskriterien wieder zu schaffen, wird schwieriger. Während der Steuerschwund in diesem Jahr mittels höherer Neuverschuldung aufgefangen werden soll, bringt das für nächstes Jahr vorhergesagte Steuerminus ein neues Loch in Eichels Entwurf für den Bundeshaushalt 2005.


Da weitere Risiken bestehen wie zum Beispiel höhere Ausgaben zur sozialen Bewältigung der Arbeitslosigkeit und ein niedrigerer Bundesbankgewinn, könnte die Lücke nach Angaben aus der rot-grünen Koalition auf bis zu 10 Mrd. Euro wachsen. Momentan wird sie mit 4 bis 5 Mrd. Euro angegeben, wobei die Steuermindereinnahmen eingerechnet seien. Die Länderkreise verwiesen darauf, dass der tatsächliche Steuerrückgang am Ende deutlich höher liegen könnte, da die Steuerschätzer dazu verpflichtet seien, mit der Konjunkturprognose der Regierung zu arbeiten. Diese ist mit 1,7 Prozent Wachstum im kommenden Jahr optimistischer als die der meisten Wirtschaftsforschungsinstitute.


Nach Angaben aus den Kreisen geht der Bund davon aus, dass die Steuereinnahmen, die sich Bund, Länder und Kommunen teilen, in beiden Prognosejahren um insgesamt 4 Mrd. Euro geringer ausfallen als im Frühjahr geschätzt. Städte und Gemeinden könnten ihren Anteil aber durch den Gewerbesteuerzuwachs mehr als ausgleichen. Dass die Mehrwertsteuereinnahmen nach wie vor nicht anziehen, sei ein Zeichen für die anhaltende Schwäche der Binnenkonjunktur.


Hohe Arbeitslosigkeit wirkt belastend


Während die Körperschaftsteuer, die die großen Konzerne zahlen, nach den Einbrüchen der vergangenen Jahre wieder steige, müssten bei der Lohnsteuer Abstriche gemacht werden. Hier schlage die hohe Arbeitslosigkeit negativ zu Buche. Das restliche Minus von 1 Mrd. Euro entfalle auf reine Bundessteuern, nämlich die Tabak- und die Mineralölsteuer.


Eichel will unmittelbar nach der Steuerschätzung ein Maßnahmenpaket zum Stopfen der Haushaltslöcher bekannt geben, das die Konjunkturerholung nicht gefährden soll. Was er exakt plant, ist bislang nicht bekannt. Im Gespräch ist ein Milliarden-Deal mit Post und Telekom.

chinaman - Sonntag, 31. Oktober 2004 - 18:44
ftd.de, So, 31.10.2004, 16:35
Stolpe-Ministerium im Visier der Staatsanwaltschaft

In der Zuständigkeit des Bundesverkehrsministeriums sind mehrere Fälle von Korruptionsverdacht entdeckt worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in zehn Fällen.

Minister Manfred Stolpe bestätigte die Zahlen. In 21 weiteren Fällen wird weiter intern untersucht. Seit 1991 sind insgesamt 41 interne Prüfungsverfahren eingeleitet worden. In der "Bild am Sonntag" warfen Abgeordnete dem SPD-Minister Geheimniskrämerei und Chaos vor.


Stolpe sagte in München, ein Mitarbeiter sei vom Dienst suspendiert worden. Zehn der 41 Fälle seien mittlerweile als gegenstandslos eingestellt worden. Es handle sich nicht um einen großen Komplex, sondern um jetzt noch 31 Einzelfälle. "Es gibt keinerlei Erkenntnisse für ein Zusammenwirken", sagte der Minister. Die Fälle seien von der Innenrevision des Ministeriums aufgedeckt worden.


Der SPD-Minister sagte, sein Haus verfüge über ein Investitionsvolumen von 10 Mrd. Euro jährlich, "die Versuchung ist unglaublich". Aber die Innenrevision sei effektiv und gehe mit aller Härte gegen Bestechung und Betrügereien vor. "Wenn wir einen erwischen, dem gnade Gott." Eine umfangreichere Kontrolle als im Verkehrsministerium gebe es nirgends: "Wir sind keine Bananenrepublik, hier herrscht Ordnung."


Regelmäßige Berichterstattung an das Innenministerium


Als lange bekannt stufte ein Sprecher Stolpes den Fall des Vizepräsidenten des Bundesamtes für Güterverkehr, Rolf Kreienhop, ein, der vom Dienst suspendiert ist. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittele gegen Kreienhop, weil dieser unzulässigerweise als Berater für ein Speditionsunternehmen tätig gewesen sein soll, berichtete die Zeitung.


Dem Sprecher zufolge hat die parlamentarische Staatssekretärin Angelika Mertens über die 41 Fälle in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage des Unionsabgeordneten Dirk Fischer berichtet. Deshalb seien die Vorwürfe der Abgeordneten nicht nachvollziehbar. Nach seiner Darstellung wird über die Arbeit der Antikorruptionskontrolle im Ministerium regelmäßig dem Bundesinnenministerium berichtet.

"Fassungslos" reagierte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Albert Schmidt. Die Grünen erwarteten, dass Stolpe dem Bundestag in der nächsten Sitzungswoche einen detaillierten Sachstandsbericht gebe. Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Fischer, sagte der Zeitung: "In Stolpes Laden herrscht nur noch Chaos, Misswirtschaft und Korruption - und das geht alles immer zu Lasten des Steuerzahlers." Sein Kollege Horst Friedrich von der FDP sagte, nach dem Maut-Desaster komme jetzt das Korruptionsdesaster.


Stolpe kündigt politischen Rückzug an


Stolpe steht nach der Bundestagswahl 2006 nicht mehr als Regierungsmitglied zur Verfügung. Er habe sein jetziges Ministeramt nur aus Pflichtgefühl angenommen, sagte der SPD-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Meine Lebensplanung war schon 2002 eine andere." Das nächste Mal wolle er, "salopp gesagt, in Ruhe gelassen werden, obgleich ich meine Arbeit mag", fügte der 68-Jährige hinzu. Es gebe "genügend gute Leute, die den Staffelstab übernehmen können".

chinaman - Donnerstag, 4. November 2004 - 12:29
Staat muss mit 4,8 Milliarden Euro weniger rechnen

Eichels Haushalt leidet weiter


Nach Berechnungen der Steuerschätzer muss der Staat nach Angaben aus Kreisen des Gremiums für 2004 und 2005 mit rund 4,8 Mrd. weniger Steuereinnahmen rechnen als noch im Mai angenommen.

HB BREMEN. Die Einnahmen des Gesamtstaates lägen nach Berechnungen des Gremiums im nächsten Jahr 3,4 Mrd. € und im laufenden Jahr 1,4 Mrd. € unter den bisherigen Prognosen, hieß es am Donnerstag am Rande der Steuerschätzung in Bremen. Die höchsten Ausfälle kämen auf den Bund zu, der 2005 mit 3,5 Mrd. und 2004 mit 2,3 Mrd. € weniger rechnen müsse. Die Einnahmen der Länder für die beiden Jahre lägen rund 1,8 Mrd. € unter den bisherigen Annahmen.

Die Einnahmen für die Gemeinden stiegen im laufenden Jahr um 1,5 Mrd. und im kommenden um 0,8 Mrd. €, hieß es in den Kreisen weiter. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will die Zahlen am frühen Nachmittag in Berlin vorstellen.


HANDELSBLATT, Donnerstag, 04. November 2004, 11:54 Uhr

chinaman - Donnerstag, 4. November 2004 - 12:30
HAUSHALT

Verzweiflungstat Von DONATA RIEDEL

Wie verzweifelt muss ein Bundesfinanzminister sein, der wie Hans Eichel mit Luftbuchungen Milliardenlöcher im Etat schließen will und sich damit auch noch größte politische Kontroversen aufhalst? Eichels und des Kanzlers Absicht, den Tag der Einheit auf einen Sonntag zu legen, bringt Mehreinnahmen allenfalls auf dem Papier. Die Schönrechnerei wird noch dazu mit wirren Argumenten begründet: es gehe ums Gedenken, nicht ums Feiern. Nebenbei macht sich die Regierung zum Anwalt längerer Arbeitszeiten - die sie bislang bekämpft hat.

Unabhängig davon, für wie erhaltenswert man den Feiertag 3. Oktober hält und wie man zu längeren Arbeitszeiten steht: Zur Haushaltssanierung eignet sich die Feiertagsabschaffung nicht. Ebenso hilflos wirkt der hastige Verkauf künftiger Einnahmen der Postpensionskasse: Es werden lediglich heute vermiedene Schulden künftigen Steuerzahlern in Rechnung gestellt.

Wie sein Vorvorgänger Theo Waigel (CSU) steht Eichel einsam an jenem Punkt, an dem weder der eigene Kanzler noch der vom politischen Gegner dominierte Bundesrat zu einer echten Haushaltssanierung bereit sind. Dafür müsste der Minister entweder ein Sparpaket auflegen: Da ist der Kanzler wegen der Konjunktur vor und die Opposition immer dann, wenn es konkret wird. Oder er müsste die Steuern erhöhen. Das schließt der Kanzler aus, weil die Opposition dies ausschlachten würde.

Eichels Lage ist jedoch noch schwieriger als die Waigels. Die Stagnationsphase war jetzt dreimal so lang wie in den 1990ern. Und die Arbeitslosenzahl ist höher. Was für Eichel jedoch noch schwerer wiegt, ist die Perspektive für die Steuereinnahmen. In früheren Konjunkturzyklen gab es einen Automatismus: Nach dem Anspringen der Konjunktur stiegen bald auch die Löhne - und damit die Steuereinnahmen.

Dieser Mechanismus klemmt inzwischen gewaltig: Die Arbeitgeber setzen seit dem Sommer Lohnkürzungen durch, sei es über Arbeitszeitverlängerungen oder über die Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung geht zurück. Der Anstieg bei Minijobs und Kleinstselbstständigen kann dies weder bei den Einnahmen der Sozialkassen noch bei den Steuern auch nur annähernd ausgleichen. Für den Bundeshaushalt bedeutet das: Die Gefahr steigender Zuschüsse für die Rentenkasse bleibt. Die Sozialministerin wird wahrscheinlich Geld für die Krankenkassen verlangen, weil die dafür vorgesehenen Tabaksteuereinnahmen ausgeblieben sind. Und selbst bei einem Anziehen der Binnenkonjunktur steigen die Steuereinnahmen sehr viel langsamer als zu Waigels Zeiten.

Die Veränderungen am Arbeitsmarkt sind zum Teil Ergebnis der Hartz-Reformen, die Kleinstselbstständigkeit fördern. Hintergrund aber ist die Lohnkonkurrenz aus Osteuropa und Asien. Ein zu starres Festhalten an einmal erreichten Standards würde in vielen Branchen nur die Verlagerung von Arbeit ins Ausland beschleunigen. Es würde also weder den Arbeitnehmern noch Eichel wirklich helfen, sich zu energisch gegen diese Entwicklung zu stemmen. Langfristig verhilft sie Deutschland zu besseren Wachstumschancen. Dann werden über den Abbau der Arbeitslosigkeit auch die Steuereinnahmen zulegen.

Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass sich der Bundesfinanzminister in den nächsten zwei bis drei Jahren mit dem Phänomen des "taxless growth" herumplagen muss. Wer wachstumsdämpfende Steuererhöhungen nicht will, wird sich den Themen Sparen und Subventionsabbau zuwenden müssen. Hinter vorgehaltener Hand geben Finanzpolitiker aller Fraktionen zu, dass ausreichendes Sparen ohne zusätzliche Sozialkürzungen kaum möglich ist: Es geht um ein strukturelles Defizit von jährlich 40 Milliarden Euro. Nicht ganz so unpopulär wie Kürzungen von Renten oder Arbeitslosengeld sind Subventionskürzungen. Die großen, nach dem Gießkannenprinzip gewährten Vergünstigungen Eigenheimzulage, Pendlerpauschale und Nachtzuschläge sollten Regierung und Unions-regierte Bundesländer endlich abschaffen.

Weil Subventionsabbau erst mit Verzögerung greift, würde die nächste Bundesregierung davon stärker profitieren als die heutige. Die Union könnte sich also einen Startvorteil für den Fall eines Bundestagswahlsiegs verschaffen. Stattdessen träumt sie weiter: von unbezahlbaren Steuersenkungen, mit deren Teilaussetzung eine teure Gesundheitsreform bezahlt werden soll. Bleibt es beim derzeitigen Reformtempo in der Finanzpolitik, ist nur eines sicher: Nach 2006 gibt es unabhängig vom Wahlausgang neue verzweifelte Tricks: dann vielleicht mit einer Anleihe auf künftige Steuereinnahmen.


Quelle: Handelsblatt

chinaman - Montag, 8. November 2004 - 10:39
Es droht die Rente auf Pump

Chef der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte fordert mehr Steuern für die klamme Rentenkasse

von Dorothea Siems


Berlin - Die gesetzliche Rentenversicherung wird im kommenden Jahr voraussichtlich Kredite des Bundes benötigen, um die Renten auszahlen zu können. Darauf hat der Vorstandsvorsitzende der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), Hartmann Kleiner, im Gespräch mit der WELT hingewiesen. "Die Bundesregierung muß kurzfristig etwas tun, um die Rentenversicherung zu entlasten", verlangte der Vertreter der Arbeitgeber in der BfA. Ein Kassenkredit würde nicht nur das Vertrauen der Bürger in das Rentensystem erschüttern, sondern auch einen Anstieg des Beitragssatzes 2006 zur Folge haben, weil der Kredit dann zurückgezahlt werden müßte.


Kleiner, der auch Mitglied im Sozialbeirat der Bundesregierung ist, plädierte dafür, den Bundeszuschuß zur Rentenkasse aufzustocken. Die Ökosteuereinnahmen sollten - wie von der Koalition bei der Einführung dieser Abgabe versprochen - vollständig in die gesetzliche Rentenversicherung fließen. Tatsächlich gehe ein beträchtlicher Teil der Ökosteuer in den Bundeshaushalt. 2003 brachte diese Abgabe dem Bund insgesamt 18,3 Mrd. ein. Davon flossen laut Kleiner jedoch lediglich 9,1 Mrd. Euro zweckgebunden an die Rentenkasse. Zwar zahlt der Bund noch andere Zuschüsse an die Rentenversicherung, doch diese Zahlungen gab es auch schon, bevor die Bundesregierung Ökosteuer einführte. "Insgesamt deckt der Bundeszuschuß noch immer nicht vollständig die versicherungsfremden Leistungen", bemängelte Kleiner.


Änderungsbedarf sieht er auch bei der Mehrwertsteuer-Regelung. Derzeit bekommt die Rentenkasse Einnahmen, die einem Prozentpunkt der Mehrwertsteuer entsprechen. Konjunkturbedingt haben sich diese Steuereinnahmen in den vergangenen Jahren jedoch ungünstig entwickelt. Es wäre sinnvoller, wenn die Rentenkasse jährlich einen festen Beitrag erhielte, sagte der BfA-Vorstandsvorsitzende.


Um die Finanzlage der Rentenversicherung zu stabilisieren, seien aber auch Einschnitte bei den Renten nötig. Der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) hatte kürzlich für 2005 eine weitere Nullrunde für die Rentner angekündigt. Der Grund ist, daß Löhne und Gehälter in diesem Jahr nur minimal gestiegen sind. Ließe man den mit der letzten Rentenreform eingeführten "Nachhaltigkeitsfaktor" vollständig wirken, käme es nach Berechnungen der Rentenversicherer sogar zu einer Verringerung der Renten. Eine Ausnahmeklausel im Gesetz verhindert jedoch, daß die Renten sinken können. "Diese Klausel muß gestrichen werden", forderte Kleiner. Die Renten würden dann zum 1. Juli 2005 voraussichtlich um 0,7 Prozent sinken. Die Ausnahmeklausel verhindere, daß die notwendigen Einspareffekte der Rentenreform vollständig zum Tagen kommen, beklagte der BfA-Chef.


Kleiner kritisierte, daß die Regierungsprognosen zur Entwicklung der Rentenversicherung 2005 "unrealistisch optimistisch" seien. "Eckpunkt der Prognose war offenbar das Ziel, den Rentenbeitragssatz 2005 bei 19,5 Prozent stabil zu halten. Die Daten wurden dann so gesetzt, daß dieses Ziel auch erreicht wird." Die Regierung unterstelle für das nächste Jahr einen recht kräftigen Anstieg der Lohn- und Gehaltssumme um 1,2 Prozent und ignoriere dabei, daß sie im laufenden Jahr gerade mal um 0,3 (West) und 0,6 (Ost) gewachsen sei.


Schon für dieses Jahr sei die Regierung zu optimistisch gewesen. Laut Kleiner wird es nur wegen zwei Sondermaßnahmen gelingen, die Schwankungsreserve zum Jahresende wieder auf das gesetzlich vorgeschriebene Mindestniveau von 20 Prozent einer Monatsausgabe aufzustocken. Eine einmalige Entlastung brachte der Verkauf der BfA-Immobiliengesellschaft Gagfah für 2,1 Mrd. Euro. Außerdem hat die Regierung beschlossen, daß die Rentenversicherer die Januar-Beiträge für die Arbeitslosengeld-II-Empfänger bereits im Dezember erhalten. "Für die Arbeitslosenhilfebezieher bekom- men wir somit in diesem Jahr 13 Monatsbeiträge." Ohne diese Einmaleffekte "hätten wir schon in diesem Herbst einen Kredit benötigt", sagte BfA-Chef Kleiner.


Die Arbeitgeber unterstützten zwar ausdrücklich das Ziel der Beitragssatzstabilität, sagte Kleiner. "Dafür sind jedoch nicht unrealistische Prognosen, sondern unverzügliche Reformen nötig."


Artikel erschienen am Mo, 8. November 2004
Die Welt

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