Diskussionsforum der stw-boerse: Sonstiges: Banken fahren Research zurück
chinaman - Donnerstag, 11. November 2004 - 11:50
Banken fahren Research drastisch zurück

Zahl der Analysten sinkt in Deutschland um 30 Prozent - Immer weniger deutsche Aktien werden beobachtet

PETRA HOFFKNECHT HANDELSBLATT, 8.11.2004 FRANKFURT/M. Die andauernde Tristesse an den europäischen Aktienmärkten zeigt bei den Bankhäusern weiter Wirkung. Zum zweiten Mal in Folge wird das Geschäft mit Aktienanalysen im laufenden Jahr deutlich schrumpfen. Das zeigt eine aktuelle Studie des US-Analysehauses Starmine. Europaweit gehen die Zahl der Analysehäuser, die der einzelnen Analysten sowie die Anzahl der beobachteten Aktien zurück.

Dieser Trend dürfte sich fortsetzen. Große Institute wie die Deutsche Bank, CSFB oder UBS haben bei der Vorlage ihrer Quartalszahlen jüngst auch Überlegungen zu einem effizienteren Investmentbanking angestellt. Mögliche Kosteneinsparungen könnten dann auch unrentable Research-Bereiche treffen, fürchten Experten.

In Deutschland verringerte sich die Zahl der beobachteten Aktien in diesem Jahr um knapp 30 Prozent auf 301 Titel. Bereits im Vorjahr war sie um 14 Prozent eingebrochen. Die Zahl der Analysten sank im Jahresverlauf um 14,3 Prozent auf 866 und die der Analysehäuser (Broker) um 6,8 Prozent auf 69. Starmine macht dafür den Kollaps des Neuen Markts und das mangelnde Interesse von Privatinvestoren, insbesondere an kleinkapitalisierten Werten, verantwortlich. Dadurch hätten viele kleine Broker, die noch zu Boomzeiten eine Reihe von Börsengängen begleitet und die Börsenaspiranten regelmäßig mit Research begleitet hätten, ihr Geschäft aufgegeben. Andere hätten sich auf ertragsstarke Branchen spezialisiert, um überhaupt noch Geld zu verdienen.

"Was wir jetzt sehen, ist der normale Abbau von Überkapazitäten, denn gerade während des Börsenbooms zum Jahrtausendwechsel gab es völlig aufgeblähte Analyseabteilungen in den einzelnen Banken", sagt Dirk Schiereck, Professor für Banken und Finanzwirtschaft an der European Business School in Oestrich-Winkel. Viele damals börsennotierte Unternehmen gebe es inzwischen nicht mehr, deshalb würden auch die dazugehörigen Analysen nicht mehr benötigt, fügt er hinzu.

Nimmt das Interesse der Analysten an einer Aktie ab, wenden auch viele Profianleger dem Wert den Rücken zu und das Papier wird weniger gehandelt, belegen empirische Studien der Technischen Universität München. Die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) beobachtet das rückläufige Research mit gemischten Gefühlen. "Es kommt für Unternehmen nicht so sehr auf eine große Anzahl von Analysen an, vielmehr müssen die Analysen die wichtigen Anleger erreichen", sagt DVFA-Geschäftsführer Ralf Frank. In der Regel bekämen institutionelle Investoren auch das Research, das sie brauchen. Für Privatanleger seien kleine, wenig liquide Werte ohnehin oft ein Risiko, da diese schwer handelbar seien. Solange es ein Minimum an nationalem Research gebe, sieht Frank keinen Grund zur Sorge.

Über zu wenig Beobachtung müssen sich Schwergewichte wie Volkswagen, BMW und Daimler-Chrysler keine Gedanken machen. Nach Angaben von Starmine sind die Titel der drei Autohersteller die meistbeobachteten deutschen Aktien, auch wenn sie in puncto Marktkapitalisierung deutlich hinter Unternehmen wie Deutscher Telekom oder Siemens zurückbleiben. Zum einen seien diese Unternehmen international bedeutend, zum zweiten gehöre die Automobilbranche zu den führenden Industriezweigen in Deutschland, heißt es zur Begründung.

Auffällig ist, dass kleinere nationale Werte verstärkt von kleinen und regional spezialisierten Analystenhäusern beobachtet und kommentiert werden. LAut Starmine analysieren die DZ-Bank, die Landesbank Baden-Württemberg und die Berenberg Bank zahlenmäßig die meisten deutschen Werte.

Einflussfaktoren.

Ob eine Aktie von Analysten beobachtet wird, hängt von vielen Faktoren ab: Marktkapitalisierung: Große Unternehmen mit hoher Marktkapitalisierung sind für Investoren und Analysten interessanter als kleine.

Streubesitz: Aktien mit geringem Streubesitz werden weniger gehandelt und von Analysten daher eher vernachlässigt.

Indexzugehörigkeit: Papiere, die in vielen Börsenindizes vertreten sind, werden vom Kapitalmarkt stark wahrgenommen.

Investor-Relations: Eine gute Kommunikation mit dem Finanzmarkt macht Unternehmen bekannter und berechenbarer. Öffentliches Interesse: je höher Interesse und Nachfrage nach einer Aktie, desto größer ist die Analystenabdeckung.

stw - Donnerstag, 11. November 2004 - 17:01
Diese Entwicklung ist zwar bedauerlich, birgt aber gute Chancen für Privatanleger wie uns, die selbst eine Bilanz lesen und eine gewisse Analyse machen können. Denn dadurch wird zukünftig so manche unterbewertete Perle eine ganze Weile in der Versenkung bleiben und wir haben die Chance, sie früher zu entdecken als der Markt. Ist uns ja auch in der Vergangenheit schon ab und zu ganz gut gelungen.
Aber das kostet halt viel Zeit, die mir selbst immer öfter leider fehlt...

:-) stw

Diskussionsforum der stw-boerse: Sonstiges: Banken fahren Research zurück
Eine Nachricht hinzufügen

Benutzername:   Dies ist ein privater Board-Bereich. Bitte geben Sie Ihre ID und Ihr Passwort an.
Passwort: