Diskussionsforum der stw-boerse: Sonstiges: Medienunternehmen - Bilanzierungsfragen
chinaman - Freitag, 30. November 2001 - 09:46
Analyst: Abschreibungsregeln für Filme erst im 4. Qu sichtbar

München (vwd) - Die geänderten Abschreibungsregeln für Filme nach US-Bilanzierungregeln dürften sich nach Ansicht von Analysten frühestens im vierten Quartal des laufenden Geschäftsjahres bemerkbar machen. Bernard Tubeileh, Medienanalyst bei Merrill Lynch, sieht die Gefahr, dass in die zum Teil anfallenden außerordentlichen Abschreibungen gleich die "Leichen im Keller" mit hineingepackt werden. Sein Kollege Jan M. Herbst von Sal. Oppenheim sieht keine Überraschungen auf die Unternehmen zukommen, da die Regel schon lange bekannt sei. Bereits 2000 konnte sie freiwillig angewandt werden, ab 2001 ist sie zwingend für alle Unternehmen, die nach US-GAAP bilanzieren. Dies ist für deutsche Medienunternehmen jedoch nicht verpflichtend. Durch die neue Regel wird der Abschreibungszeitraum für Filme von bisher 20 Jahren auf zehn Jahre verkürzt. Außerdem darf erst bei Auslieferung der Filme abgeschrieben werden. Da dies in der Medienbranche traditionell zum Großteil erst im vierten Quartal der Fall ist, werden nach Ansicht von Tubeileh erst dann die außerordentlichen Abschreibungen anfallen. In dieser Woche hatte die schweizerische Highlight Communications AG, Pfäffikon, als Begründung für einmalige Abschreibungen der Filmrechte von 68,7 Mio CHF bei der Vorlage ihrer Quartalszahlen die neuen US-GAAP-Regeln angeführt. Die gesamte Bibiliothek mit Anschaffungskosten von 290,6 Mio CHF sei somit nur noch mit 33,2 Mio CHF in der Bilanz ausgewiesen. Ein Unternehmen, das US-GAAP bereits seit 1999 konsequent anwendet, ist die Constantin Film AG, München. Sie wird im laufenden Geschäftsjahr 35 Mio EUR außerordentlich abschreiben, erklärte Vorstandssprecher Daniel Wiest auf Anfrage von vwd. Wiest betonte, es handele sich nicht um außerordentliche Abschreibungen wegen eines Wertverfalls, sondern auf Grund der kürzeren Abschreibungszyklen. Constantin schreibe im Erstauswertungszyklus mindestens 88 Prozent ab. Diese verteilten sich zu 25 Prozent auf die Kinoauswertung, die innerhalb der ersten sechs Monate läuft, zu 15 Prozent auf die Video/DVD-Auswertung, die ab dem sechsten Monat bis zum 18. Monat geht und zu 48 Prozent auf die TV-Auswertung. Da mancher bisher abgeschlossener TV-Vertrag die Zehn-Jahresfrist überschreite, würden außerordentliche Abschreibungen notwendig. Bei Helkon Media AG, München, die ein gebrochenes Geschäftsjahr hat, das zum 31. Juli endet, wurde nach Angaben der Investor-Relation-Abteilung bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr die sogenannte SOP 002-Vorschrift angewandt. Nach Auskunft der IR-Sprecherin schreibt Helkon Media normalerweise innerhalb der ersten zwei Geschäftsjahre, sobald der erste Umsatz realisiert wird, rund 80 Prozent ab. Zum Bilanzstichtag würden die Filme jedoch dem so genannten Impairment-Test unterzogen. Wenn ein Kinofilm beispielsweise unter der erwarteten Zuschauerzahl bleibt, geht er unter Umständen gar nicht mehr in die DVD- bzw Videoauswertung und würde in diesem Fall außerordentlich abgeschrieben. Den Impairment-Test wendet auch EM.TV & Merchandising AG, Unterföhring, an, nicht aber die Bilanzierungsregeln nach US-GAAP. Der angeschlagene Medienkonzern bilanziert nach eigenen Angaben nach IAS und schreibt linear über die gesamte Laufzeit ab. Mit der Abschreibung werde ab Abnahme begonnen. Sie erfolge maximal über 20 Jahre. Ebenfalls nach IAS bilanziert die Intertainment AG, München. Auch sie überprüft zum Bilanzstichtag die Filme auf Sonderabschreibungen. Auch die von der Insolvenz bedrohte Kinowelt schreibt gemäß IAS ab. Dabei richtet sich nach Angaben des IR-Sprechers der Abschreibungszeitraum nach der Umsatzbeurteilung und der Dauer des Lizenzrechts. Beispielsweise sei der Film "E-Mail für Dich" bei der Fernsehausstrahlung degressiv abgeschrieben worden. Von den sechs Ausstrahlungen seien bei den ersten zwei 50 Prozent, bei den nächsten zwei 30 Prozent und bei den letzten zwei 20 Prozent abgeschrieben worden. Auch hier würden die Filme einmal jährlich auf ihre Werthaltigkeit überprüft. Wie hoch die außerordentlichen Abschreibungen im laufenden Geschäftsjahr sein werden, wollte der Sprecher mit Verweis auf den am Freitag ausstehenden Neun-Monatsbericht nicht sagen. Bei IM Internationalmedia AG, München, wird zwar insgesamt nach IAS bilanziert, bei den Abschreibungen aber teilweise von US-GAAP Gebrauch gemacht. Dies bezieht sich auf die Regel, Umsätze erst bei Auslieferung zu generieren. Bei der Laufzeit lehnt sich der Filmproduzent an IAS an. Sie beträgt demnach maximal 20 Jahre. Das Medienunternehmen schreibt nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden, Florian Bollen, bei Eigenproduktionen 82 Prozent im ersten Jahr ab. Für Fremdfilme fielen keinen Abschreibungen an. Hier erhalte IM Internationalmedia ein so genanntes Distribution-Fee, das sich auf maximal 30 Prozent vom Umsatz belaufe. +++ Marion Brucker vwd/29.11.2001/mbu/sei

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