Diskussionsforum der stw-boerse: Börsen-Know-How: Kapitalumschlag
levdul1 - Montag, 6. November 2017 - 14:23
Ich habe mir mal für einige Standardaktien den Kapitalumschlag angeschaut. Darunter versteht man den Quotienten aus Umsatz und Bilanzsumme.
Berechnet wird dieser damit man sieht, wie sich die Kapitalstruktur der Firma mit verändertem Umsatz anpasst. Kurz: Um wieviel € wird die Bilanzsumme größer um einen € Umsatz zusätzlich zu erzielen.

Für einige der von mir untersuchten Aktien (Apple, BASF, Cisco, Diageo, SAP, Samsung) zeigt sich, daß ab 2010 die Bilanzsumme deutlich stärker ansteigt als der Umsatz. Das heisst, daß der Kapitalumschlag allmählich sinkt. Besonders deutlich wird dies bei Samsung und SAP.

Für mich bedeutet dies, daß bei gleichbleibender Umsatzrendite die Gesamtkapitalrendite sinkt. Dies bedeutet wiederum, daß die Unternehmen Ihr Kapital weniger effektiv einsetzen und dass die Kapitalkosten bei einer Zinswende stärker ansteigen sollten.

Wie seht Ihr diesen Sachverhalt ?

al_sting - Montag, 6. November 2017 - 15:16
Lass mich mal von einer ganz anderen Seite kommen, der Kapitalrendite.
Ist eine möglichst hohe Eigenkapitalrendite nur positiv, oder hat sie auch Nachteile?
In meinen Augen hat sie deutliche Nachteile:
- Ein Geschäftsmodell mit außerordentlich hoher EK-Rendite zieht die Konkurrenz an wie ... die Fliegen. Je mehr Konkurrenten angreifen, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass einer die Schwachstellen findet und knackt.
IT hat eine deutlich höhere Kapitalrendite als andere Branchen, aber die Langlebigkeit in der IT ist auch deutlich geringer als beispielsweise in der Autoindustrie. (Denkbeispiel für unterschiedliche Branden: Wie viele der heutigen Marktführer waren schon vor dreißig Jahren groß - und was passierte mit Geld, das man in damalige Marktführer angelegt hat?)
- Eine ungewöhnlich hohe EK-Rendite bringt oft ein hohes Risiko mit sich - oder führt schnell in rechtliche und moralische Graubereiche. (Denkbeispiel Deutche Bank: Hätte die DB heute ähnlich viele Klagen am Hals, Folgen von rechtlich fragwürdigem Gebahren, wenn die Führung früher NICHT eine EK-Rendite von 25% gefordert hätte? Wie viele seriöse und langweilige Geschäftsmodelle konnten jener Schwelle nicht genügen?)
- Die EK-Rendite kann durch hohe Fremkapitalanteile gehebelt werden (Risiko steigender Zinsen) oder durch ein besonders renditestarkes Geschäft (siehe obige Gedanken). In beiden Fällen geht damit ein gesteigertes Risiko einher.

- IT-Firmen, die stark wurden, sind oft gut beraten, in einen moat zu investieren, der die Konkurrenz abschreckt. Googles zahlreiche kostenlose Angebote sind längst nicht alle zum Geldverdienen via Werbung gedacht. Viele sind eher dazu gedacht, die Kauf-Geschäftsmodelle der Konkurrenz zu zerlegen, um schon prophylaktisch die Konkurrenz klein zu halten.
Google docs beispielsweise sollte kein Geld verdienen, sondern Windows Geldzuflüsse abgraben.
Aber solche erfolgreichen Methoden, den "Moat" zu stärken, kosten Geld - auf Kosten der Kapitalrendite.
IT-Firmen, denen an Langlebigkeit liegt, sind m.E. gut beraten, die Kapitalrendite ganz bewusst zu senken und in ihren Moat zu investieren.
Natürlich hat das Auswirkungen auf den Kapitalumschlag.
Das hat für den Anleger Vor- und Nachteile: Die aktuelle Profitabilität sinkt, aber die Chancen einer langfristigen Profitabilität steigen, indem die Risiken eines Absturzes sinken.

isabellaflora - Dienstag, 7. November 2017 - 14:59
" ... IT-Firmen, die stark wurden, sind oft gut beraten, in einen moat zu investieren, der die Konkurrenz abschreckt ... "

Wer wissen will, wie es wirklich geht, rufe einfach mal bei Jeff Bezos an ;-) Der hat das schon gemacht, bevor es ihm überhaupt gut ging. Oder anders ausgedrückt, besagte Philosophie ist in Europa eigentlich gänzlich unbekannt.

Gruß isa

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