Diskussionsforum der stw-boerse: Börsen-Know-How: Knock-Out Zertifikate
chinaman - Freitag, 13. Juli 2007 - 12:21
Stimmt ... Alles schon erlebt !


Die Sache mit der Knock-Out-Barriere


von Michael Vaupel

Heute mit einem Thema, welches ich bereits hier im Trader`s Daily behandelt habe. Warum ich das heute aufwärme? Es ist recht wichtig; und ich möchte auch die neuen Mitglieder der Trader´s Daily-Gemeinde warnen. (Die alten Hasen unter Ihnen können diesen Beitrag deshalb überspringen.) Also, um was es geht:

Vielleicht haben Sie das auch schon einmal erlebt: Sie haben ein Long- oder Short-Zertifikat, welches bei Erreichen der Knock-Out-Barriere wertlos verfällt. Die Knock-Out-Barriere ist zum Greifen nah, Sie sitzen mitfiebernd vor dem Monitor….

…zack, da ist es so weit, der Kurs des Basiswertes ist einmal kurz minimal unter die Knock-Out-Marke gefallen (im Fall eines Long-Zertifikats) oder im Falle eines Short-Zertifikats leicht darüber gestiegen. Das Zertifikat ist damit wertlos verfallen. Doch was passiert dann? Unmittelbar danach springt der Kurs wieder nach oben (im Fall des Long-Zertifikats) oder sackt wieder ab (bei einem Short-Zertifikat). Es sieht also so aus, als ob der Basiswert absichtlich so beeinflusst wurde, dass die Knock-Out-Barriere ausgelöst wurde.

Sieht nur so aus? Kein Zufall! Passiert oft genug!

Die Emittenten können in solchen Fällen die Kurse des Basiswertes (des sogenannten Underlyings) „manipulieren“! Aber: Daraus können wir den Emittenten rechtlich keinen Strick drehen. Denn wenn Sie sich die Verkaufsprospekte z.B. zu Turbo-Optionsscheinen ansehen, finden Sie Formulierungen wie diese:

"Bitte beachten Sie in diesem Zusammenhang auch, dass die Anbieterin und mit ihr verbundene Unternehmen im Rahmen ihrer üblichen Geschäftstätigkeit bzw. zur Absicherung von Risikopositionen aus den begebenen Optionsscheinen Geschäfte in dem Basiswert bzw. in auf den Basiswert bezogenen Derivaten tätigen, und dass insbesondere unter ungünstigen Umständen (niedrige Liquidität des Basiswertes) ein solches Geschäft den Eintritt eines Stopp-Loss-Ereignisses auslösen kann."

Das habe ich im Verkaufsprospekt zu einem Turbo-Zertifikat gefunden. Sie können selbst in den Verkaufsprospekten von Turbo-Zertifikaten nachsehen – solche Formulierungen finden sich in leicht abgewandelter Form bei vielen Scheinen (wenn auch nicht gerade an prominenter Stelle). Was bedeutet jetzt diese Formulierung?

Nichts anderes, als dass der Emittent oder "ein mit ihm verbundenes Unternehmen" den Kurs des Basiswertes beeinflussen kann. Das wird er natürlich insbesondere dann tun, wenn der Kurs des Basiswertes unmittelbar vor der Knock-Out-Barriere notiert (und das ist insbesondere bei Zertifikaten ohne Restwertauszahlung wichtig).

Sie wissen: Es gibt Zertifikate, die bei Erreichen der Knock-Out-Barriere WERTLOS verfallen. Stellen Sie sich so ein Long-Zertifikat auf die Beispiel-Aktie vor, mit einer Knock-Out-Barriere von 39,00 Euro (nur ein Beispiel).

Wenn jetzt der Kurs der Beispiel-Aktie bei 39,05 Euro notiert – dann darf der Emittent vorhandene Bestände an Beispiel-Aktien kurzfristig verkaufen, um den Kurs der Beispiel-Aktie einmal auf genau 39,00 Euro oder darunter fallen zu lassen. Das reicht aus, um alle entsprechenden Beispiel-Aktie Long-Zertifikate mit Knock-Out-Barriere 39,00 Euro verfallen zu lassen. Ein lohnendes Geschäft – für den Emittenten. Dieses Spiel funktioniert natürlich besonders leicht, wenn es sich um einen kleineren Wert handelt, denn da lassen sich bereits mit relativ geringen Beträgen Kursveränderungen im gewünschten Sinne erzielen.

Und Sie können sicher sein, dass die Emittenten das in ihrem Sinne ausnutzen!

Nicht ohne Grund nehmen Emittenten die entsprechenden Formulierungen in die Verkaufsprospekte auf – so können sie sich rechtlich absichern. Das können wir leider nicht ändern – aber zur Kenntnis nehmen können wir es! Und daraus unsere Schlüsse ziehen. Mit diesem Fazit:

Zertifikate, bei denen der Basiswert in der Nähe der Knock-Out-Barriere notiert, sind TABU!

Ich hatte bereits über die „magische Anziehungskraft der Knock-Out-Barrieren“ berichtet. Ich weiß, dass viele Trader gerade von solchen Scheinen angezogen werden, da diese auch den höchsten Hebel haben. Aber diese Trader müssen jederzeit damit rechnen, dass der Emittent den Kurs des Basiswertes so beeinflusst, dass die Knock-Out-Barriere erreicht wird. Also, ich kann Ihnen nur dringend raten: Finger weg von solchen Scheinen kurz vor Knock-Out-Barriere! Die Knock-Out-Barriere hat aus dem gerade beschriebenen Grund eine Anziehungskraft – die umso stärker wird, je näher sie rückt.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende,

Michael Vaupel

prof - Samstag, 14. Juli 2007 - 13:11
Eigentlich ganz logisch, dass die so was machen. Ich finde es sogar ehrlich, dass sie in ihren Prospekten darauf hinweisen!
Prof

chinaman - Samstag, 14. Juli 2007 - 15:02
"Ich finde es sogar ehrlich, dass sie in ihren Prospekten darauf hinweisen! "


Hallo Prof,

ich würde eher sagen, dass haben die Bankjuristen so durchgedrückt und die Marketingstrategen vertrauen darauf, dass es der normale Anleger eh nie liest ...

Gruß
Chinaman

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