Diskussionsforum der stw-boerse: Börsen-Know-How: Aktienanleihen
chinaman - Dienstag, 23. März 2004 - 10:09
Vor kurzem hatten wir im Thread konservatives Musterdepot schon einmal kurz über Aktienanleihen diskutiert. Ich hatte damals avisiert, einen eigenen Thread zu diesem Thema aufzumachen.

Je nach Interesse der Forumsteilnehmer können wir ja dann hier über Sinn oder Unsinn dieser neuen Instrumente diskutieren.

Fangen wir also ganz grundsätzlich an, das Produkt Aktienanleihe zu definieren. Die Papiere werden fest verzinst. Die Aktienanleihen beziehen sich dabei typischerweise auf eine Aktie als Basiswert. Jedem Papier ist auch ein sogenannter Basispreis zugeordnet.

Das Risiko des Käufers einer Aktienanleihe liegt nun darin, dass die Bank bei Fälligkeit das Recht hat, Aktien statt Bargeld zurückzuzahlen. Dabei kann Sie für jede Aktie den Basispreis als Wert je Aktie einsetzen.

Liegt der Kurswert der Aktie zur Fälligkeit über dem Basispreis, erfolgt die Rückzahlung zum Nominalwert.

Die Aktienanleihe bietet sich damit am ehesten an, wenn man mit einer Seitwärtsbewegung an den Aktienmärkten rechnet.

Bei etwas Zeit werde ich mich noch zur steuerlichen Behandlung von Aktienanleihen äußern und ein Praxisbeispiel vorstellen.


:-)
Gruß
Chinaman

wojtek_m - Dienstag, 23. März 2004 - 12:02
Ich muss ehrlich sagen, dass ich nicht viel von Aktienanleihen halte... nach unten sind sie genauso wenig abgesichert wie die entsprechende Aktie und nach oben ist der erzielbare Gewinn begrenzt. Allerdings in einer solchen Börsenphase wie jetzt mit mickrigen Zinsen werden manche wohl auch zu solchen Instrumenten greifen...

Gruß,

Wojtek

prof - Dienstag, 23. März 2004 - 12:14
Ist so ähnlich wie ein Discount-Zertifikat, allerdings mit anderer steuerlicher Behandlung.

Also quasi ein Aktienkauf + ein Callverkauf. Für mich uninteressant weil es die nicht für Nebenwerte gibt.
Prof

chinaman - Dienstag, 23. März 2004 - 12:53
@ wojtek: Ist im Prinzip alles richtig, was Du da sagst. Natürlich kann man eine Aktienanleihe mit einem Basispreis unter dem aktuellen Kurs wählen, damit wären die "ersten" potentiellen Kursverluste abgesichert. Aber die "grossen" Kursverluste nimmt man mit. Auch ist der Erfolg nach oben durch die verdienten Zinsen beschränkt. Dies stimmt so ebenfalls.

Die Aktienanleihe ist somit kein geeignetes Instrument für die großen Schwankungen am Aktienmarkt. Im Gegensatz zu Dir halte ich Sie jedoch für eine erwartete lange Seitwärtsbewegung für durchaus interessant.


:-)
Gruß
Chinaman

chinaman - Dienstag, 23. März 2004 - 18:02
Über die Besteuerung von Aktienanleihen kann man sich anhand der Ernst & Young Broschüre mit untenstehendem Link umfassend informieren.

Vereinfacht gesagt kann man zusammenfassen, dass alle vereinnahmten Zinsen und Kursgewinne / Kursverluste den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen sind.

In der Broschüre findet man auch Praxisbeispiele, unter welchen Bedingungen Aktienanleihen lukrativ sein können.


:-)
Gruß
Chinaman


http://www.docju.de/themen/steuern/wp-steuern/besteuerung%20aktienanleihen.pdf

chinaman - Sonntag, 23. Mai 2004 - 07:43
Bei Aktienanleihen gelten eigene Regeln
Die Zins-Schwester der Discounter lebt steuerlich in einer anderen Welt
Eigentlich sind sie beinahe wie Zwillinge: Discount-Zertifikat und Aktienanleihe. Bei beiden winken hohe, oft zweistellige Renditen, auch wenn sich Aktien nicht vom Fleck bewegen. Bei beiden ist der zu erzielende Gewinn nach oben begrenzt. Und bei beiden droht im Fall deutlicher Kursverluste am Aktienmarkt die unliebsame Einlieferung eben jener Aktien, auf die sich Zertifikat und Anleihe beziehen. Dazu kommt es, wenn bei Fälligkeit eine bestimmte Kursschwelle unterschritten ist.


Der entscheidende Unterschied liegt in der Art des Ertrages, auf den der Anleger baut. Beim Discount-Zertifikat erhält er für den Verzicht auf einen Teil der möglichen Kursgewinne einen Abschlag auf den Einstiegskurs. Das heißt statt 100 Euro für eine Aktie zu bezahlen, investiert er nur 90 Euro für sein Zertifikat. Er bekommt aber 100 Euro erstattet, wenn die Aktie am Laufzeitende noch immer oberhalb der 100-Euro-Marke steht. Sein Gewinn liegt also im Kursanstieg des Zertifikats, dessen Wert mehr oder weniger kontinuierlich von anfangs 90 auf schließlich 100 Euro klettert.


Bei der Aktienanleihe gibt es diesen Preisabschlag nicht. Stattdessen winkt hier die Ausschüttung eines oft üppigen Zinskupons. Bei dem vorgenannten Beispiel wären das etwa zehn Prozent - also deutlich mehr als derzeit mit anderen Zinsanlagen zu erzielen ist. Auch hier hofft der Investor, dass die Aktie bis zum Ende das Niveau von 100 Euro verteidigt. Dann nämlich bekommt er den vollen Nominalbetrag zuzüglich des Kupons erstattet.


Das Risiko besteht in beiden Fällen darin, dass besagte Aktie eben nicht das Kursniveau verteidigt, sondern nachgibt. Dabei wäre ein moderater Verlust von beispielsweise fünf Prozent (von 100 auf 95 Euro) noch nicht einmal schlimm. Denn gegenüber dem Einstiegskurs von 90 Euro wäre bei dem Zertifikat noch immer ein positiver Ertrag zu verbuchen. Das Gleiche gilt auch für die Aktienanleihe, auch wenn sich die Rechnung hier anders gestaltet. Hier sorgt der Kupon dafür, dass die Verluste auf der Aktienseite mehr als ausgeglichen werden - im Gesamtergebnis bleibt aber auch dieses Engagement positiv.


Das Blatt wendet sich zu Ungunsten des Anlegers, wenn die bezogene Aktie so stark nachgibt, dass der Discount beziehungsweise die Kupon-Einnahme vollständig aufgezehrt werden. So stünde er bei einem Kursabsturz bis auf 80 Euro in beiden Fällen mit leeren Händen da. Der für 90 Euro gekaufte Discounter wäre nur noch 80 Euro wert. Bei der Aktienanleihe würde der Wert der für 100 Euro gekauften Aktien auf 80 Euro zusammenschmelzen, wobei die Gesamtperformance durch die in jedem Fall vereinnahmte Zinszahlung (zehn Prozent) abgefedert würde.


Eine wirklich nennenswerte Abweichung im Chance-Risiko-Profil hat sich draus freilich noch immer nicht ergeben. Für den alles entscheidenden Unterschied sorgt nämlich nicht die Produktstruktur, sondern die Finanzbehörde, welche die beiden ähnlichen Anlageinstrumente mit ganz und gar unterschiedlichen Messlatten bewertet. Denn während die Steuerpflicht beim Discount-Zertifikat nach den "normalen" Regeln für Kursgewinne bemessen wird (nach Ablauf der Spekulationsfrist steuerfrei), greift bei der Aktienanleihe das abweichende Prinzip für "Finanzinnovationen". Es besagt, dass alle Erträge wie bei anderen Zinseinnahmen auch, mit dem individuellen Steuersatz veranlagt werden müssen. Das klingt zunächst negativ, hat aber auch seine Vorzüge.


Einen Vorteil sehen führende Emittenten darin, dass die Behandlung als "Finanzinnovation" dazu führt, dass mögliche Verluste steuermindernd eingesetzt werden können, wobei sogar eine Verrechnung mit anderen Einkunftsarten möglich sein soll. Ein zweiter Vorteil besteht darin, dass bei der Kaufentscheidung nicht auf die Laufzeit geschielt werden muss, da es steuerlich unerheblich ist, ob die Aktienanleihe für zwölf oder nur für sechs Monate gehalten wird. Bedeutsam ist dies vor dem Hintergrund, dass bei kürzeren Laufzeiten in der Regel höhere Renditen erzielt werden können. Wie groß dieser Renditevorsprung ausfallen kann, zeigt ein Vergleich von zeitgleich emittierten Aktienanleihen mit unterschiedlichen Laufzeiten.


Bei einer in der abgelaufenen Woche platzierten Emission des Bankhauses Sal. Oppenheim brachten Sieben-Monats-Anleihen auf Nokia oder die Münchner Rück bei ansonsten identischen Ausstattungsmerkmalen stattliche drei - im Fall von Nokia sogar vier - Prozentpunkte mehr, als parallel emittierte Papiere mit einer Laufzeit von dreizehn Monaten.


In absoluten Zahlen steht einem Kupon von 16 Prozent bei einer Nokia-Anleihe mit Laufzeit bis Dezember 2004 ein Kupon von nur zwölf Prozent bei einer bis Juni 2005 laufenden Anleihe gegenüber. Bei der Münchner Rück ging der Rendite-Wettkampf mit vierzehn zu elf an den Kurzläufer.


Zu beachten ist natürlich, dass die ausgewiesenen Renditezahlen sich stets auf eine theoretische Haltedauer von einem Kalenderjahr beziehen. De facto wird der Investor bei den nur bis Dezember laufenden Papieren also auch nur sieben Zwölftel des anvisierten Kupons erhalten. Rüdiger Scholz


Artikel erschienen am 23. Mai 2004
Die Welt

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