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j_r_ewing - Mittwoch, 9. Juli 2003 - 19:45
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Gastkommentar
Solide Gewinne mit unpopulären Aktien
Von John Dorfman, für Bloomberg News

02. Juli 2003 Der einstige amerikanische Präsident Ronald Reagan hat sich immer gerne gegen die weitverbreitete Überzeugung gestellt, wonach es keine einfachen Antworten auf schwierige Probleme gibt. Es gibt einfache, nur eben nicht leicht umsetzbare Antworten, so sagte er. Auch im Investmentbereich gibt es ein paar simple Ideen, die durchaus funktionieren, sich jedoch kaum verwirklichen lassen. Beispielsweise können mit einem Engagement in Aktien, die nicht gerade zu den Favoriten zählen, oft solide Gewinne erzielt werden; allerdings haben nur wenige Anleger wirklich den Mut, in die Aktien von Unternehmen mit sichtbaren Problemen zu investieren.Aus diesem Grund kreiere ich gerne Spezialportfolios. Hierbei handelt es sich um eine jeweils hypothetische Auswahl von Aktien, die eine ganz bestimmte Idee widerspiegeln soll. Für gewöhnlich beruht meine Idee auf dem Vorteil wenig populärer Titel. Zu den Spezialportfolios, die ich am meisten favorisiere, gehören das „t Portfolio“, das „Bunny Portfolio“ sowie das „Perfect 10 Portfolio“.

Der Performance-Halbjahresbericht liest sich wie folgt:
Im Zeitraum vom 31. Dezember 2002 bis einschließlich letzten Freitag legte
das Robot Portfolio um 31 Prozent,
das Bunny Portfolio um 64 Prozent
und das Perfect 10 Portfolio um 15 Prozent zu.

Im Vergleich dazu liegt
der Standard & Poor's 500 Index in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mit 16 Prozent im Plus.
Sämtliche Zahlen sind inklusive Dividende zu verstehen.

Das „Robot Portfolio“

Wenden wir uns zunächst dem Robot Portfolio zu, dem bekanntesten Spezialportfolio in meiner „Kollektion“. Dieses Portfolio setzt sich aus zehn verschiedenen Aktien zusammen, die wegen ihrer extrem niedrigen Bewertung ausgewählt wurden. Die Veröffentlichung erfolgt jedes Jahr in der ersten Januarwoche. Mein „Robot“ hat ca. 1800 amerikanische Unternehmen im Visier, deren Marktwert bei jeweils 500 Millionen Dollar oder darüber liegt. Nicht in Frage kommen solche Unternehmen, bei denen der Fremdkapital-Anteil den Eigenkapital-Anteil übersteigt, bzw. solche mit einem negativen Gewinn. Aus dem Pool der verbleibenden Aktien werden die zehn ausgewählt, deren Kursniveau im Verhältnis zum Gewinn je Aktie während der letzten vier Quartale am niedrigsten gewesen ist.Jeder halbwegs talentierte Amateur könnte natürlich ein viel raffinierteres Auswahlsystem auf die Beine stellen. Aber nur wenige - seien es Amateure oder Profis - können ähnlich gute Ergebnisse erzielen, wie ich mit meinem „Robot“. Mit 40 Prozent, 68 Prozent und 24 Prozent konnte das Robot Portfolio in den Jahren 1999, 2000 und 2001 jeweils ein Plus verzeichnen. Im vergangenen Jahr lag es mit 2,8 Prozent im Minus, was gemessen am 22-Prozent-Rückgang des Standard & Poor's 500 jedoch als geringfügiger Verlust zu werten ist.In diesem Jahr weist das Portfolio eine Schwäche für Immobilienwerte auf - auch wenn "jeder weiß", daß „Häuserbauer“ bereits einen großen Ansturm genossen haben und ihre guten Zeiten damit erst einmal vorüber sein dürften. Drei der zehn Titel im 2003er Robot Portfolio sind demnach Häuserbauer, zwei weitere stehen mit dem Immobiliensektor in Beziehung.Die herkömmliche Überzeugung hat sich bislang jedoch als falsch erwiesen, denn die Immobilienaktien haben bisher noch nicht den Eindruck erweckt, daß sie irgendwie am Ende sein könnten. Ryland Group Inc. konnte in diesem Jahr um 129 Prozent, Beazer Homes Inc. um 55 Prozent und MDC Holdings Inc. um 50 Prozent zulegen. Auch die beiden verwandten Titel gehören zu den Gewinnern: der Hypothekenversicherer MGIC Investment Corp. erzielte einen Kurszuwachs in Höhe von 25 Prozent, während der Rechtstitelversicherer LandAmerica Financial Group Inc. mit 32 Prozent im Plus liegt.Mit einem Plus in Höhe von 100 Prozent gehört Reliant Resources Inc. zu den ganz großen Gewinnern innerhalb des Robot Portfolios. Die absolut schlechteste Performance lieferte die HealthSouth Corp. - die Aktien dieses Unternehmens büßten aufgrund eines Bilanzierungsskandals 88 Prozent ein. Insgesamt war bei sieben der zehn Robot- Titel die Wertentwicklung positiv.

Das „Bunny Portfolio“

Das „Bunny Portfolio“ ist nach dem Energizer- Hasen benannt, dem Werbemaskottchen für Eveready Energizer-Batterien. In den Werbespots setzt der Hase seinen Weg unermüdlich fort - und zwar noch lange nachdem man eigentlich damit gerechnet hätte, daß er umkippt. Bunny-Aktien zeichnen sich durch ein überragendes historisches Gewinnwachstum aus (durchschnittliches Jahreswachstum in Höhe von 25 Prozent oder besser in den vorangegangenen fünf Jahren). Trotzdem werden sie mit einem Kurs-Gewinn- Verhältnis (KGV) von 12 oder weniger gehandelt. Natürlich glauben da die Anleger, daß diese Titel ihre Energie über kurz oder lang verlieren werden.In fast jedem Jahr kann ich etwa 30 verschiedene Aktien ausmachen, die die von mir in diesem Zusammenhang festgelegten Kriterien erfüllen. Um auf zehn zu kommen, wähle ich die fünf Titel mit der jeweils schnellsten historischen Gewinnwachstums-Rate und die fünf mit dem jeweils niedrigsten Kurs-Gewinn-Verhältnis aus.
Meine Theorie beruht dabei auf der Annahme, daß Anleger (genau wie jeder andere auch) schlecht im Voraussagen der Zukunft sind. Entsprechend werden viele, vielleicht sogar die meisten der Bunny-Werte den Prognosen trotzen und ihre positive Performance einfach fortsetzen. Der Wertzuwachs des jeden Dezember veröffentlichten Bunny Portfolios betrug im Zeitraum 1999-2000 20 Prozent, 2000-2001 zehn Prozent und 2001-2002 36 Prozent. Seit seiner vierten Veröffentlichung am 4. Dezember 2002 konnte das Portfolio um 69 Prozent zulegen.Die absoluten Spitzenreiter heißen in diesem Jahr Dynegy mit einem Plus in Höhe von 251 Prozent und Flagstar Bancorp. mit einem Plus in Höhe von 176 Prozent. Technical Olympics Inc. und Calpine Corp. lieferten ebenfalls einen positiven Beitrag in Höhe von jeweils 84 Prozent. Insgesamt sind die Kurse von acht der zehn Bunny-Titel in diesem Jahr bislang gestiegen. Die beiden Kursverlierer heißen Oshkosh B'Gosh Inc., ein Hersteller von Kinderbekleidung, und Seaboard Corp. - ein Unternehmen, das im Bereich Schweinezucht und - transport tätig ist. Ich selbst besitze Aktien von Oshkosh B'Gosh, ebenso wie die meisten meiner Kunden.

Das „Perfect 10 Portfolio“

Das „Perfect 10 Portfolio“ hat im Vergleich zu den beiden anderen schlechter abgeschnitten. Es wird seit 2000 jedes Jahr im Juli veröffentlicht und enthält Titel mit einem KGV von genau zehn. Die erste, im Juli 2000 veröffentlichte Version konnte innerhalb von zwölf Monaten um 41 Prozent zulegen. Die zweite Liste (Juli 2001) verlor 15 Prozent; wenigstens schaffte sie es aber, den Gesamtmarkt zu überrunden.Das jüngste Perfect 10 Portfolio vom Juli 2002 weist einen Gewinn von 16 Prozent aus, womit es mit etwa neun Prozentpunkten der Performance des S&P 500 hinterherhinkt. In diesem Jahr stehen acht der insgesamt zehn Portfoliowerte im Plus. Dieses Mal gibt es keine nennenswerten Gewinner oder Verlierer; die beste Performance lieferte Federated Department Stores Inc. mit einem Kursanstieg in Höhe von 27 Prozent.

Alle drei Portfolios (Robot, Bunny und Perfect 10) entsprechen vom Entwurf her der gleichen Überzeugung - nämlich, daß es sich beim Erwerb von unpopulären und niedrig bewerteten Aktien um eine durchaus lohnenswerte Strategie handelt. Interessanterweise konnten die beiden rein „Formel“- basierenden Portfolios Robot und Bunny bessere Ergebnisse erzielen als Perfect 10, das mir etwas mehr Entscheidungsfreiheit lässt. Manchmal ermutigen einen mechanische Systeme eben Aktien zu kaufen, von denen Sie sonst möglicherweise die Finger lassen würden.

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