Diskussionsforum der stw-boerse: DAX / MDAX: Boss: Archivierte Beiträge bis 23. Juli 2002
nachtigaller - Freitag, 12. Juli 2002 - 12:02
Danke, prof, daß Du mich unmittelbar
verunsicherst ;-)

Klar bleibt genug Cash in der Kasse,
aber an einer Grundposition konnte
ich nicht vorbeigehen, vielleicht auch
ein wenig, weil der Chart im Eimer ist.

Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre
bei Boss sind absolut überzeugend, die
Strategie m.E. auch, Das "Aufräumen"
dürfte in den Kurs weitgehend enthalten
sein. Ich sehe daher ein relativ kleines
Risiko, ansonsten gibt es ja noch den
Stop-loss, der mich übrigens die letzten
zwei Jahre wirklich vor dem Schlimmsten
bewahrt hat.

stw - Montag, 15. Juli 2002 - 11:21
"relativ kleines Risiko..."
Kommt darauf an, was Ihr unter "klein" versteht: bei dem gegenwärtigen Käuferstreik könnte ich mir sogar vorstellen, dass die Aktie alleine aufgrund unserer Chartie-Freunde noch weitere 30% bis ca 10 EUR in Richtung ATL fällt. Darauf stelle ich mich beim Aufbau meiner Position jedenfalls schonmal mental ein. Wer aber dann einen durchschnittl. Einstandskurs von sagen wir 12-13 EUR hat, der dürfte in einigen Jahren eine traumhafte Rendite erzielen.

:-) stw

nachtigaller - Montag, 15. Juli 2002 - 11:49
Hmmmm,
nochmals 30% minus wäre eigentlich
absolutes Crash-Szenario. So recht
kann ich mir das nicht vorstellen,
sollten die Ergebnisprognosen um
+/- 5 % eingehalten werden. Klar ist
bei der Irrtionalität alles möglich,
aber ob es auch wahrscheinlich sein
wird, bleibt abzuwarten.
Heute ist der V-Dax bereits um die 42,
das ist beachtlich.

Gebe es allerdings eine erneute Umsatz-
und Gewinnwarnung, dann sind 30% natürlich
drin, keine Frage. Dann greift aber
hoffentlich auch schnell der Stop-loss.
Mir ist aber klar, daß ich alleine
aus fundamentaler Sicht argumentiere-
Prof hat ja gewarnt, ich hoffe nur, er
behält diesmal nicht recht.

stw - Montag, 15. Juli 2002 - 16:49
Heute wurde Boss zu 15.05 EUR erstmals ins stw-Musterdepot aufgenommen. Für Prof wieder mal ein Griff ins fallende Messer, für mich ein durchaus kalkulierbares Risiko und ein echter Langfristkauf.

:-) stw

stephan - Montag, 15. Juli 2002 - 18:04
Sehr gute Entscheidung. Boss war und ist ja auch der "heißeste" Kanidat für eine Neuaufnahme im kons. Depot.
Wenn Boss keinen starken Einbruch auf der Ertragsseite erfährt, ist der Kurs unglaublich günstig.

nachtigaller - Dienstag, 16. Juli 2002 - 09:42
Ein Teil ist per Stop wieder raus,
neue Order deutlich unter jetzigem
Kurs eingestellt.
Schaumer mal!

chinaman - Dienstag, 16. Juli 2002 - 09:47
"Wenn Boss keinen starken Einbruch auf der Ertragsseite erfährt"

konsumnahe Branche, dürfte daher stark unter den schwachen Einzelhandelsumsätzen leiden. Entsprechende Auswirkungen auf der Ertragsseite daher wohl nicht auszuschliessen.


:-)
Gruß
Chinaman

prof - Dienstag, 16. Juli 2002 - 10:34
Und nicht nur bei Boss dürfte es Ertragsprobleme geben.
Wenn die Börsen-Rückkopplung erst mal in Gang kommt, sieht es für fast alle Branchen böse aus. Stellt euch mal vor, ihr wollt von euren Aktien ein wonnevolles Rentnerdasein führen! Plötzlich halbieren sich eure Ersparnisse und niemand hilft euch. Oder ihr seid einer dieser überschuldeten amerikanischer Familienvater, oder, oder, oder ...


Sollte es wirklich zu Dax=2000 Punkten kommen, so wäre Japan noch ein glimpfliches Szenario.
Immerhin hat die seit 10 Jahren anhaltende Baisse nicht zur Staatspleite oder größeren sozialen Unruhen geführt. Ob der Ami, Franzose, Italiener auch so duldsam ist?
In D haben wir dazu noch dieses Strukturproblem, die Kosten der Wiedervereinigung, verwöhnte und verweichlichte Menschen ...

Prof

chinaman - Dienstag, 16. Juli 2002 - 11:16
Die eventuelle Börsen-Rückkopplung dürfte sich (schon allein wegen der viel geringeren Vermögensbildung in Aktien) in Deutschland mit viel geringeren Auswirkungen ergeben wie bspw. in USA.

Dramatisch verschlechtert hat sich aber in jedem Fall die Möglichkeit, eigenverantwortlich Vermögensaufbau fürs Alter zu betreiben. Einerseits Minizinsen, andererseits deutlich verschlechterte Gewinnsituation (Verlustsituation) bei Aktien. Die Dramatik des Mixes schlägt sich ja auch in den Bilanzen der Lebensversicherer nieder (Lieblingskind der Deutschen zur Altersvorsorge).

Für diese Zukunftsfragen sehe ich momentan keine befriedigende Antwort und da hilft es auch wenig, nicht am Aktienmarkt zu investieren. Man erspart sich zwar möglicherweise Verluste (bei gleichzeitigem Verlust der Chancen), aber hat damit noch lange keine befriedigende Altersversorgung aufgebaut. Der Hebel einer befriedigenden Verzinsung des gesparten Kapitals fehlt ganz einfach ...


:-)
Gruß
Chinaman

prof - Dienstag, 16. Juli 2002 - 11:36
Man kann:
1.) maßvoll in das eigene Unternehmen investieren. Man muss auch hier auf Umsatz- und Gewinnrückgänge gefasst sein. Allerdings kennt man hier den Vorstand persönlich und weiß, worauf man sich einlässt.

2.) alle eventuell noch vorhandenen Verbindlichkeiten zurückzahlen, die Hypothek aufs Haus, die Raten fürs Auto ...

3.) eventuell eine Immobilie erwerben, falls man diese selbst nutzt. Immobilien kriegt man schon fast hinterhergeschmissen. Dazu muss man aber in den bodenständigen und zugleich familiär intakten Verhältnissen leben ...
Problem ist, dass Immobilien wahrscheinlich noch billiger werden, genau wie Aktien.

4.) sich mit Minizinsen zufriedengeben, das ist immer noch besser als Geld verspielen. Es geht ja um den relativen Reichtum, nicht um den absoluten.
Prof

chinaman - Dienstag, 16. Juli 2002 - 12:03
Da kann man verschiedener Meinung sein:

zu 1: Nicht jeder arbeitet in einem börsennotierten Unternehmen und nicht jeder kennt den Vorstand persönlich (bei Großunternehmen).

zu 2: Verbindlichkeiten abbauen reicht definitiv nicht für die Altersvorsorge

zu 3: Subjektiv schätze ich die Rückschlagsgefahr auf dem Immobilienmarkt als relativ hoch ein. Die Aussage man bekomme Immobilien fast hinterhergeschmissen gilt vielleicht für bestimmte Regionen in Ostdeutschland, in keinem Fall jedoch für Süddeutschland.

zu 4: Mir geht es nicht um relativen Reichtum, sondern um ein sorgenfreies Leben im Alter. Ich will später meinen Ruhestand geniessen können.


:-)
Gruss
Chinaman

chinaman - Dienstag, 16. Juli 2002 - 12:05
Nochmal Nachschlag zu 1: Selbst wenn man in einem börsennotierten Unternehmen arbeitet und den Vorstand schätzt bleiben zwei Probleme:

a) man kann sich in dem Menschen täuschen
b) man bekommt keinen Risikoausgleich durch Streuung

prof - Dienstag, 16. Juli 2002 - 12:17
1. sorry, ich meinte nur diejenigen unter uns, die Firmeninhaber oder -gesellschafter sind. Hier kann vielleicht durch Investitionen auch Sparpotenzial realisiert werden, also eine schnelle Amortisation.
Als Arbeitnehmer würde ich nicht in die eigene Firma investieren.

2. stimmt natürlich, ist aber ein Anfang. Viele wären froh, wenn sie wenigstens das geschafft hätten.

3. sehe ich auch so, es kommt noch viel unter den Hammer.

4. Wer will seinen Ruhestand nicht genießen können? Die Frage ist nur, ob uns das gelingen wird. Natürlich ist Vorsorge wichtig, aber nicht alles! Und damit sind wir wieder bei einem meiner Lieblingsthemen: JETZT LEBEN
Prof

chinaman - Dienstag, 16. Juli 2002 - 12:25
Womit wir bei meiner These wären: Es gibt momentan schlichtweg keinen überzeugenden Weg für die eigenverantwortliche Altersversorgung und dies in einer Situation in der völlig klar ist, dass die staatliche Rente höchstens für ein Gnadenbrot reicht ...

Chinaman

chinaman - Montag, 22. Juli 2002 - 09:38
Hugo Boss AG deutsch

Ad-hoc Meldung HUGO BOSS AG

Ad-hoc-Mitteilung übermittelt durch die DGAP. Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent verantwortlich.


HUGO BOSS: Aufgrund von schwierigerem Konsumumfeld erwartet der Vorstand der HUGO BOSS AG einen niedrigeren Jahresüberschuss für das Jahr 2002. Der Umsatz wird weiterhin das Niveau des Vorjahres erreichen.

Metzingen. Mit einem Ergebnis nach Steuern von 30 Mio. EUR (2001: 58,9 Mio. EUR)
bleibt das Ergebnis des ersten Halbjahres 2002 hinter den Erwartungen zurück. Dies ist im wesentlichen auf negative Einmaleffekte in den USA und das Ausbleiben von positiven Währungseffekten zurückzuführen. In einem weiterhin schwierigen konjunkturellen Umfeld sind die gegenwärtigen Ergebnisse unbefriedigend, insbesondere die des eigenen US-Einzelhandels.

Nach dem schwierigen ersten Halbjahr 2002 sind für die zweite Jahreshälfte keine
positiven Impulse auf dem Bekleidungsmarkt zu erwarten. Daher senkt der Vorstand die Prognose für den Jahresüberschuss 2002 von bisher 95 Mio. EUR auf 70 Mio. EUR. Ursächlich hierfür sind insbesondere der weiterhin angespannte Geschäftsverlauf im Textilhandel in den Vereinigten Staaten.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an:

Philipp Wolff Direktor Kommunikation

Telefon: +49 (0) 7123-942375 Fax: +49 (0) 7123-942051 E-mail:philipp_wolff@hugoboss.com Website:www.hugoboss.com

21. Juli 2002


Ende der Ad-hoc-Mitteilung (c)DGAP 21.07.2002


WKN: 524550; ISIN: DE0005245500; Index: MDAX Notiert: Amtlicher Markt in Frankfurt, Stuttgart; Freiverkehr in Berlin, Bremen,
Düsseldorf, Hamburg, Hannover, München


21.07.2002 - 19:42 Uhr

assi - Montag, 22. Juli 2002 - 09:39
Metzingen (Reuters) - Der Modekonzern Hugo Boss hat im ersten Halbjahr 2002 weniger verdient als erwartet und seine Gewinnerwartung für das
laufende Geschäftsjahr deutlich herabgesetzt.

Statt des bisher prognostizierten Jahresüberschusses von 95 Millionen Euro erwarte das Unternehmen nun nur noch einen Überschuss von 70
Millionen Euro, teilte Hugo Boss am Sonntagabend in einer Pflichtmeldung mit. Die Umsatzerwartung bleibe unverändert. Im ersten Halbjahr sei das
Ergebnis nach Steuern mit 30 (2001: 58,9) Millionen Euro hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben. Ursache dafür sei "der weiterhin
angespannte Geschäftsverlauf" im US-Textilgeschäft. Für das zweite Halbjahr rechne Hugo Boss nicht mit positiven Impulsen auf dem
Bekleidungsmarkt.

***

Ich verzweifle langsam. Da schichte ich nach und nach mein Depot um, steige letzte Woche in die Aktie ein und jetzt das ... was tun? Grüße, assi

nachtigaller - Montag, 22. Juli 2002 - 09:43
Nun hats also auch Boss erwischt: Etwa
sechs Wochen nach der ersten Gewinn-
warnung kommt nun eine zweite und deftigere
hinterher. Das spricht nicht für die
Seriosität des Managements. Jetzt ist mir
auch klar, warum Baldessarini das (sinkende)
Schiff verlassen hat.
Wieder einmal bin ich froh, den Stop-loss
konsequent eingehalten zu haben.

@prof: Deine Charts sind manchmal (leider)
sehr nahe an der Wirklichkeit. Auch wenn
ich eigentlich nichts davon hören wollte,
habe ich auch deshalb den Stop sehr eng
gesetzt und ein wenig an Deiner
Cartwarnung festgemacht. Danke, es hat
mich vor größerem Ungemach bewahrt und so
langsam überlege ich, vom Lager der Fundis
zu den Chartis zu wechseln ...
;-)

prof - Montag, 22. Juli 2002 - 15:02
Warum leider? Ist doch schön, wenn wenigstens irgendetwas einigermaßen funktioniert!
Die Trefferquote der Kaufsinale ist zur Zeit sehr schwach, aber wenigstens die Verkaufssignale waren gut. Das hilft auch schon!

zu Boss:
Eine starke Technische Reaktion im Gesamtmarkt ist jederzeit möglich, genauso wie ein weiterer extremer Kursrutsch. Die Frage ist, ob dem DAX jetzt gleich der Garaus gemacht wird, oder ob er langsam siechend dahinstirbt. Mit vielen quälenden Attacken und entäuschten Hoffnungen.
Sollte sich der DAX bis zum Herbst nochmal halbiert haben (wovon ich nicht ausgehe), so müsste ich wahrscheinlich doch nochmal ein bisschen was kaufen!

Gerade im MDAX sehe ich extreme Gefahren:
- Es spricht sich langsam rum, dass auch im MDAX Gewinnwarnungen vorkommen. Die Rezession (das darf man jetzt wohl schreiben) schlägt auch auf solide Unternehmen durch.
- Die Trägheit des MDAX dürfte dazu führen, dass technische Erholungen im DOW/DAX kaum auf den MDAX durchschlagen, die negative Grundtendenz aber dominant bleibt.

Prof

stw - Montag, 22. Juli 2002 - 19:11
"Die Trefferquote der Kaufsinale ist zur Zeit sehr schwach, aber wenigstens die Verkaufssignale waren gut."
Du bist witzig ! Bei welcher Aktie wäre ein Verkaufssignal in den letzten Wochen denn ein schlechter Rat gewesen !?! *ggg*

Es kam also wie fast schon befürchtet: eine erneute Gewinnwarnung und wir bewegen uns auf mein WorstCase-Szenario (10 EUR) zu. Bei Boss kommt in diesem Fall die ruinöse Nachkaufstrategie wieder zum Zuge...

:-) stw

Hier noch ein paar Hintergrundinfos für diejenigen, die sich doch mehr als nur den Chatrt angucken wollen:

Die erneute Gewinnwarnung der Hugo Boss AG, Metzingen, innerhalb von nur zwei Monaten ist nach Unternehmensaussagen vor allem auf Grund der verschlechterten Geschäftslage in den USA notwendig geworden. Von den 25 Mio EUR, um die der Jahresüberschuss 2002 jetzt niedriger geschätzt wird als bisher, entfallen, wie Unternehmenssprecher Philipp Wolff am Montag auf Anfrage von vwd mitteilte, 18 Mio EUR auf die USA. Auf das "global business", also die anderen Absatzmärkte von Boss, entfielen die restlichen sieben Mio EUR, sagte Wolff. In den USA sei wegen der schlechten Geschäftslage eine erhöhte Risikovorsorge notwendig geworden.

Wolff wies darauf hin, dass in den USA im bisherigen Jahresverlauf 2002 die Zahl der neuen "Boss-Shops" von sieben auf 21 Einzelhandelsläden erhöht worden sei. Diese Shops verursachten hohe Anlaufverluste, sagte Wolff. Auch die sieben Mio EUR weniger Gewinn, die 2002 im "global business" erwartet werden, seien angesichts des weltweit schlechten konjunkturellen Umfeldes durch erhöhte Risikovorsorge verursacht. Der Bekleidungskonzern hatte bereits am 27. Mai 2002 eine Gewinnwarnung veröffentlicht. Dabei war die Prognose für den Jahresüberschuss auf 95 Mio von 107 Mio EUR herabgesetzt worden.

chinaman - Dienstag, 23. Juli 2002 - 08:51
Aktie bricht auf Jahrestief ein


Hugo Boss senkt Gewinnprognose erneut


Zum zweiten Mal senkt der schwäbische Modekonzern seine Prognose für das laufende Jahr: Die Konsumflaute und das schlechte US-Geschäft belasten das Geschäft des Unternehmens. Doch damit steht Hugo Boss nicht alleine da: Viele Luxusgüterhersteller kämpfen mit der Kauf-Unlust ihrer Kunden.

HB/sts DÜSSELDORF. Der Modekonzern Hugo Boss hat nach einem Gewinneinbruch im ersten Halbjahr seine Gewinnerwartungen für 2002 zum zweiten Mal in zwei Monaten deutlich zurückgeschraubt. Die Vorzugsaktien brachen daraufhin um gut 20 % ein. Boss rechne für das laufende Jahr nun mit einem Ergebnis von 70 Mill. Euro nach Steuern, teilte das Unternehmen am Montag in Metzingen mit. Erst vor zwei Monaten hatte Boss die Prognose auf 95 Mill. Euro gesenkt.

Der neue Vorstandschef des Modeherstellers hat die Flaute im Mode-Einzelhandel für die erneute Korrektur der Erwartungen für das laufende Jahr verantwortlich gemacht. „Der Mann hat schlicht aufgehört, Bekleidung zu kaufen“, sagte Bruno Sälzer am Montag. Die Absatzschwierigkeiten träfen Boss, Marktführer für hochwertige Herrenbekleidung, nicht allein.

Experten rechnen für 2002 mit einem Rückgang der Textilausgaben um 2 bis 3 %, bevor der Markt im Jahr 2003 wieder leicht steigen werde. „Viele Modehersteller im Luxusbereich mussten im ersten Halbjahr Einbußen hinnehmen“, sagt Reto Börlin, Analyst bei Vontobel. Die Wettbewerber – wie beispielsweise LVMH mit der Marke Donna Karan – seinen jedoch stärker diversifiziert und damit nicht im gleichen Maße von der Textilwirtschaft abhängig wie Hugo Boss. Auch die italienischen Modemarken meldeten zuletzt sinkende Ergebnisse: Bei Gucci sank der Ertrag im ersten Quartal um 42 %. Prada meldete 15 % weniger Umsatz und verschob wegen der schlechten Marktlage Ende Juni den geplanten Börsengang.

Hugo Boss begründet die neuerliche Korrektur der Zahlen weiter mit Absatzproblemen in den USA. Dort hat das Unternehmen im ersten Halbjahr die Zahl der eigenen Boutiquen von sieben auf 21 erhöht. Seit Juni zeichnete sich jedoch ab, dass die neue Sommer-Kollektion schlechter läuft als geplant. Daher habe man den Händlern Rabatte einräumen und die eigenen Bestände in den vollen Lägern abwerten müssen. Dies mache allein 18 Mill. der 25 Mill. Euro aus, die Boss 2002 im Vergleich zur bisherigen Prognose fehlten, sagte der Sprecher. Die restlichen 7 Mill. Euro sieht Boss vor allem hier zu Lande schwinden. Für den deutschen Mode-Einzelhandel sei das erste Halbjahr das schlechteste seit 1949 gewesen, sagte der Sprecher.

Analysten zeigten sich in ersten Reaktionen ratlos. Daniela Dörr vom Bankhaus Metzler hatte die Aktie bisher auf „Verkaufen“ eingestuft, jetzt wolle sie das Papier weiter beobachten. Reto Börlin von Vontobel empfiehlt dagegen das Papier zum Kauf: „Boss ist eine starke Marke. Das Unternehmen wird im nächsten Jahr steigende Erträge erzielen.“ Während das Gewinnwachstum der europäischen Luxusgüterhersteller nach seinen Schätzungen im Schnitt bei 20 % läge, würde Boss sogar um 25 % zulegen. Auch Peter Hasler von der HypoVereinsbank hält an seiner Bewertung als „Outperformer“ angesichts des Kurssturzes fest. Er setze seine Hoffnungen auf die neue Kollektion von „Boss Woman“, die Anfang August vorgestellt werden und die Damenmode-Sparte aus den roten Zahlen holen soll. Nach früheren Unternehmensangaben wird die Verlust bringende Damenkollektion voraussichtlich erst für das zweite Halbjahr 2003 ein ausgeglichenes Ergebnis erreichen.

Der Überschuss der Boss AG schrumpfte im ersten Halbjahr fast um die Hälfte auf 30 Mill. Euro (Vorjahr 58,9), im zweiten Quartal geriet Boss tief in die Verlustzone. Auch von einem bisher erwarteten Umsatzzuwachs von 3 bis 5 % für 2002 hat Boss Abschied genommen. Der Konzern erwarte nun einen Umsatz auf Vorjahresniveau in Höhe von 1,1 Milliarden Euro.

Die Aktien erlebten zum zweiten Mal in diesem Jahr eine drastische Talfahrt. Die im MDax notierten Titel brachen auf ein Jahrestief von 13 Euro ein. Ende Mai war das Papier um nahezu 20 % eingebrochen, nachdem Sälzer einen Tag vor der Übernahme seines Amtes von Unregelmäßigkeiten und zu hohen Bewertungen des Warenbestandes in den USA berichtete. Boss korrigierte daraufhin die Gewinnerwartungen um 11 % auf 95 Mill. Euro nach unten.

US-Vertriebschef Marty Staff und dessen Stellvertreter Vincent Ottomanelli mussten ihren Hut nehmen. Anwälte werfen Hugo Boss vor, schon im November von den Differenzen gewusst zu haben, und kündigten vergangene Woche eine Sammelklage von Anlegern an.

Quelle: Handelsblatt


HANDELSBLATT, Montag, 22. Juli 2002, 19:02 Uhr

Diskussionsforum der stw-boerse: DAX / MDAX: Boss: Archivierte Beiträge bis 23. Juli 2002