Diskussionsforum der stw-boerse: DAX / MDAX: Deutsche Telekom: Archivierte Beiträge bis 8. September 2001
chinaman - Dienstag, 29. Mai 2001 - 17:05
29.05.2001
Deutsche Telekom Skandalaktie
Die Telebörse-online


Die Aktienexperten von "Die Telebörse-online“ raten vom Kauf der Skandalaktie Deutsche Telekom (WKN 555750) ab.

Keine Aktie im DAX sei mit so vielen Skandalen behaftet wie die der Deutschen Telekom. Seit ihrem Höchststand im Frühjahr vergangenen Jahres habe die T-Aktie bis heute rund 75% an Wert verloren. Wegen falsch bewerteter Immobilien – aufgedeckt durch Die Telebörse - ermittele jetzt die Staatsanwaltschaft. Nicht absehbar seien die Folgen, wenn die Jahresabschlüsse seit dem Börsengang 1996 für ungültig erklärt oder gar Prospekthaftungsklage erhoben werde. Auf der heutigen Hauptversammlung würden zahlreiche Aktionärsvertreter deswegen eine Sonderprüfung fordern.

Wegen der aktuellen Netto-Finanzverbindlichkeiten von 57,1 Mrd. Euro hätten Rating-Agenturen wie Moody’s und Standard & Poors die Kreditwürdigkeit des rosa Riesen mehrfach abgestuft. Damit Geld in die Kassen komme, würden die Agenturen fordern, dass T-Mobile an die Börse gebracht werde. Vorstandschef Ron Sommer befürchte jedoch offensichtlich ein Desaster.

Wie er das Schuldenproblem lösen wolle, bleibe sein großes Geheimnis. Die Versuche, Immobilien und Kabelnetze zu verkaufen, seien bisher kaum erfolgreich gewesen. Durch die 100 Milliarden Mark teure Übernahme von Voicestream werde der Schuldenberg noch wachsen. In den Netzausbau sollten pro Jahr zwei Milliarden Dollar gepumpt werden. Ein teures Vergnügen werde auch der UMTS-Netzausbau. Auch die Tochter T-Online bleibe weiterhin ein teures Sorgenkind.

Aus der einstigen Volksaktie sei eine Skandalaktie geworden. Die Analysten von "Die Telebörse-online“ raten nach wie vor vom Kauf dieser Aktie ab.

chinaman - Dienstag, 29. Mai 2001 - 17:08
HANDELSBLATT, Dienstag, 29. Mai 2001


Hauptversammlung


Aktionäre greifen Telekom-Management massiv an


Aktionärsschützer haben heute auf der Hauptversammlung der Deutschen Telekom massive Vorwürfe an das Management gerichtet. Nach der Rede des Telekomvorstandsvorsitzenden Ron Sommer rügten die Redner vor allem den Absturz des Aktienkurses, die milliardenschwere Abwertung des Immobilienvermögens und das vorgeschlagene neue Aktienoptionsprogramm.



bue/vwd/rtr KÖLN. Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) sagte an die Adresse des Vorstandes: "Sie stellen eine konkrete Gefahr für die Aktienkultur in Deutschland dar." Das Management sei für die beispiellose Kapitalvernichtung von 200 Mrd. Euro im vorigen Jahr verantwortlich.

Tüngler stellte in der mit 9500 Aktionären voll besetzten Kölnarena den Antrag auf eine Sonderprüfung der Vorgänge um die Abwertung des Immobilienvermögens um zwei Mrd. Euro. „Wir wollen endlich Klarheit, wir wollen tabula rasa", sagte er. Den Bund als Mehrheitsaktionär forderte er auf, sich bei der Abstimmung über den Antrag zu enthalten. Außerdem verlangte der Redner ein Bezugsrecht für die Telekom-Aktionäre bei einem eventuellen Börsengang der Tochtergesellschaft T-Mobile International AG. "Das ist unser ureigenstes Recht als Eigentümer."

Telekom-Chef Sommer wies die gegen ihn wegen der Immobilienbewertung persönlich erhobenen Vorwürfe zurück. Die Vorwürfe, er habe trotz der Kenntnis über die angeblich falschen Bewertungen des Immobilienbestandes nichts unternommen, hätten keine Grundlage. Er habe im Jahr 1998 gemeinsam mit anderen Vorstandsmitgliedern und in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat eine umfassende und rasche Überprüfung durch eine renommierte Prüfungsgesellschaft veranlasst. Die Prüfung habe die gewählte Methode der Immobilienbewertung als gut vertretbar bewertet. Sommer sagte, er sei zuversichtlich, dass die auf Grund einer Strafanzeige laufende staatsanwaltschaftliche Ermittlung "am Ende die Unbegründetheit der Vorwürfe offenbart".

Vor den Aktionären äußerte sich der Telekom-Chef unzufrieden mit dem Kursverlauf der Aktien, der von seinem im März 2000 bei rund 104 Euro markierten Allzeithoch um rund 75 Prozent nachgegeben hat. Am Dienstagvormittag lag die Aktie der Telekom mit 2,5 Prozent im Minus bei 26,65 Euro und tendierte damit deutlich schwächer als der deutsche Aktienmarkt. Der Aktienkurs sei "ohne jede Beschönigung absolut unbefriedigend". Er bedauere, dass sich der Aktienkurs des Unternehmens nicht von der Marktentwicklung der Technologiewerte habe abkoppeln können.

Nach dem deutlichen Kursverlust der Aktien der Deutschen Telekom AG in den vergangenen 14 Monaten sieht Sommer, jedoch die Möglichkeit einer Trendwende. "Mittlerweile mehren sich die Anzeichen, dass eine Bodenbildung (beim Aktienkurs) erreicht sein könnte", sagte Sommer. Die Fundamentaldaten der Telekom sprächen für eine Börsenbewertung, die deutlich über der derzeitigen Marktkapitalisierung liege.

Sommer versprach den Aktionären, dafür zu arbeiten, dass die Aktie wieder eine "angemessene Bewertung" an den Börsen erfahre. In welcher Höhe er den fairen Wert der Aktien sieht, sagte Sommer nicht. Der Telekom-Chef kündigte zugleich an, die Unternehmenskommunikation mit dem Kapitalmarkt weiter zu verstärken.

Auch für den weiteren Verlauf der Hauptversammlung zeichnete sich deutliche Kritik an der Telekom-Führung ab. Für das Treffen sind zahlreiche Gegenanträge von Aktionären gestellt worden, die vor allem verlangen, Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten. Mehrere Kleinaktionäre und Aktionärsvereinigungen begründeten ihre Gegenanträge unter anderem mit dem seit Jahresfrist halbierten Aktienkurs, dem als zu teuer empfundenen Kauf der US-Firma VoiceStream und kostenträchtigen Fehlern bei der Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen. Beantragt wird zudem eine Sonderprüfung der Immobilienbewertung des Konzerns, nachdem im Februar eine Abwertung des Immobilienvermögens in Höhe von zwei Milliarden Euro vor Steuern vorgenommen wurde.

Auf der Hauptversammlung werden die Telekom-Aktionäre auch über die vorgeschlagene unveränderte Dividende von 0,62 Euro (1,20 DM) und über die Neubesetzung des 20-köpfigen Aufsichtsrats abstimmen.

trick17 - Dienstag, 29. Mai 2001 - 21:48
Hi chinaman,
Deine Postings sind ja eigentlich immer klasse,
aber die Deutsche Telekom ist nicht unbedingt
eine typische stw-Aktie.
Meine Meinung zur Telekom:
sie sind für 28,50 DM an die Börse gekommen,
seitdem haben sie
- den Schuldenberg stark erhöht
- aus meiner Sicht keine sinnvollen Akquisitionen
durchgeführt
- regelmäßig die Dividende von 1,20 DM gezahlt,
sie allerdings auch nicht erhöht
- im Festnetzbereich ordentlich Konkurrenz
bekommen
- mit T-Online einen ziemlichen Mist an die
Börse zu überhöhten Preisen gebracht
- Kapitalerhöhungen durchgeführt (DT2 und DT3)

Ehrlich gesagt ist es mir ein Rätsel, warum
diese Aktie noch über dem Emissionskurs von
28,50 DM steht. Es gibt bessere Emissionen,
die darunter stehen (Masterflex z.B.).

Bei 10 Euro fang ich mal an die DT an zu denken.

Vielleicht ist es aber auch ganz gut,
wenn Du die Artikel zu Telekom als
Warnung hier reinstellst!

Gruss,
trick17

stw - Dienstag, 29. Mai 2001 - 22:18
Ich denke nicht, dass chinaman mit dem Posten dieser Artikel die Dt.Telekom empfehlen wollte. Wir haben ja auch in einem anderen Thread schonmal heftig abgelästert über die Dt.Telekom. Du hast die Fakten ganz gut zusammengefasst, trick17.

Auch für mich ist die Dt.Telekom noch immer HOFFNUNGSLOS ÜBERTEUERT

:-) stw

chinaman - Mittwoch, 30. Mai 2001 - 16:43
Und ich denke erst recht nicht, dass Chinaman die Dt. Telekom empfehlen wollte. Welch obstruser Gedanke !

:-)
Gruß
Chinaman

chinaman - Freitag, 8. Juni 2001 - 10:27
Ausgabe von Euro-Schuldverschreibungen


Telekom plant Milliarden-Anleihe zur Umschuldung


Die Deutsche Telekom will zur Umschuldung bestehender Verbindlichkeiten eine neue Anleihe in Milliardenhöhe ausgeben.


Reuters FRANKFURT. Die Telekom bestätigte am Donnerstag die geplante Ausgabe von Euro-Schuldverschreibungen, durch die fällige Verbindlichkeiten beglichen werden sollen. Angaben über das Datum und die Höhe der Emission machte der Konzern aber nicht. In mit dem Vorhaben vertrauten Kreisen hieß es, die Emission umfasse ein Volumen zwischen fünf und zehn Milliarden Euro und werde "in naher Zukunft", jedoch entgegen erster Aussagen nicht mehr am Donnerstag platziert. Auf die Beurteilung der Bonität der Telekom wird die Emission nach Angaben der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) keinen Einfluss haben, da es sich um eine Umschuldung handele.

"Ich kann bestätigen, dass wir die Ausgabe von Euro-Bonds planen", sagte ein Telekom-Sprecher in Bonn. Details wie Laufzeit und Ausstattung des Papiers nannte er zunächst nicht. Der Sprecher betonte mit Blick auf die laufende Überprüfung der Kreditbewertung des Konzerns, es werde durch die Emission zu keiner Erhöhung des Schuldenstandes kommen. Die Ratingagentur S&P, die die Telekom derzeit auf der Beobachtungsliste für eine mögliche Rückstufung der Bonität hat, teilte mit, man wolle die derzeitige Arbeit am Rating möglichst noch vor der Emission abschließen. Als Emissionsbanken für die Anleihe gewann die Telekom nach eigenen Angaben die Deutsche Bank, BNP Paribas und JP Morgan Chase.

Entgegen ersten Spekulationen am Finanzmarkt wird die Telekom nach Angaben aus den Kreisen keine Wandelanleihe begeben, was am Markt zu einer deutlichen Erholung der im frühen Handel am Donnerstag unter Druck geratenen Aktien der Telekom führte. "Das wird ein Straight-Bond und keinesfalls eine Wandelanleihe", erfuhr Reuters aus den Kreisen. Die Begebung eines "Straight Bond" ohne Sonderausstattung wurde im Gegensatz zu einer Wandelanleihe am Aktienmarkt positiv gewertet, da dann mit keinen kursmindernden Hedge-Geschäften zu rechnen ist. Eine Wandelanleihe hätte dagegen nach Angaben von Händlern im Endeffekt die Wirkung einer Kapitalerhöhung gehabt. Die Telekom hatte auf der Hauptversammlung in der vergangenen Woche erstmals eine Genehmigung der Anteilseigner zur Begebung einer Wandel- beziehungsweise Optionsschuldverschreibung mit einem Volumen von bis zu drei Milliarden Euro erhalten.

Ursprünglich hatten die Kreise die Begebung der Anleihe für Donnerstag erwartet. Am Nachmittag hieß es in den Kreisen, man gehe davon aus, dass die Emission in Erwartung eines günstigeren Marktumfeldes verschoben wurde. In anderen mit der Emission vertrauten Kreisen hieß es, ein Grund für die Verschiebung könne sein, dass die Telekom die Rating-Überprüfung abgeschlossen sehen wolle. Ohne eine Roadshow für potenzielle Investoren werde man die Anleihe nicht platzieren können.

Die geplante Euro-Emission der Telekom wird am Markt bereits seit einiger Zeit erwartet, da das Unternehmen im Juni und Juli mit Fremdkapital Kupon-Zahlungen auf ausstehende Anleihen leisten muss. Ralf Hallmann von der Bankgesellschaft Berlin sagte, es handele sich voraussichtlich um eine "normale Refinanzierung" des Unternehmens. Die Telekom müsse in diesem Jahr Verbindlichkeiten über alle Laufzeiten in einem Volumen von 20 Milliarden Euro ablösen. Möglicherweise stelle die Telekom übernommene Schulden der US-Mobilfunkunternehmen Powertel und VoiceStream um, die einen um rund die Hälfte höheren Zinssatz als die Schulden des Bonner Konzerns trügen. Zudem sei bei der Übernahme eine Barzahlung von 4,94 Milliarden Euro angefallen.

Eine weitere Möglichkeit sei, dass die Emission in Zusammenhang mit dem anstehenden Verkauf der restlichen TV-Kabelnetzgesellschaften und einer eventuell verschobenen Überweisung eines Teils des erwarteten Kaufpreises von rund zehn Milliarden DM stehe, sagte Hallmann weiter. Einem Medienbericht zufolge ist die Telekom bereit, beim geplanten Verkauf der Mehrheit an weiteren sechs TV-Kabelnetzgesellschaften an das Konsortium Liberty Media/Klesch deutliche Preiszugeständnisse zu machen. Die Telekom akzeptiere eine Stundung von zehn bis 15 Prozent des Kaufpreises, um den Verkauf der Kabelsparte zu beschleunigen, berichtete die "Financial Times". Eine Stellungnahme der Telekom dazu war zunächst nicht zu erhalten.

Telekom-Analyst Christian Lenke von der BHF-Bank schätzte in einer am Donnerstag veröffentlichten Analyse die Cash-Position der Telekom als zufrieden stellend ein. Die Telekom sei "nicht gezwungen, das Tafelsilber zu einem Spottpreis zu verkaufen". Die Telekom will in diesem Jahr ihre Schulden um elf bis 14 Milliarden Euro senken. Die Netto-Verbindlichkeiten beliefen sich zum Ende des ersten Quartals auf 56,837 Milliarden Euro, rund 20 Milliarden Euro als im Vorjahr.

An der Börse legte der Kurs der Telekom-Aktien bis zum Abend um 0,8 Prozent auf 23,48 Euro zu. Das Börsenbarometer Dax notierte zum gleichen Zeitpunkt um 0,25 Prozent unter dem Vortagesschluss. Im frühen Handel hatte die Telekom-Aktie mit 23,05 Euro ein neues Jahrestief markiert.


HANDELSBLATT, Donnerstag, 07. Juni 2001

chinaman - Mittwoch, 4. Juli 2001 - 10:46
Deutsche Telekom: Streit um jüngste Kapitalerhöhung (WO)

Jenaer Anwalt legt Widerspruch gegen die Zulassung der jüngsten T-Aktien aus der Ende Mai durchgeführten Kapitalerhöhung ein

Der Deutschen Telekom droht weiteres Ungemach. Nachdem bereits Produkthaftungsklagen von Privatanlegern gegen den Konzern anhängig sind, sorgt nun der Widerspruch eines Jenaer Rechtsanwalts gegen die Zulassung der T-Aktien aus der Ende Mai vollzogenen Kapitalerhöhung für Aufsehen.

Wie stern.de meldet, hat der Telekom-Aktionär und Rechtsanwalt Said Kuhlig Widerspruch gegen die Zulassung der T-Aktien der Deutschen Telekom eingelegt. Der Fall liegt, wie ein Sprecher auf Nachfrage von wallstreet:online bestätigt, bei der Zulassungsstelle der Frankfurter Wertpapierbörse vor und wird geprüft. Weitergehende Stellungnahmen gibt es derzeit noch nicht. Der Bonner Telekommunikations-Riese hat Ende Mai annähernd 1,17 Mrd. T-Aktien platzieren lassen und mit den Mitteln aus der Kapitalerhöhung den Kauf der beiden US-Mobilfunkanbieter Voicestream und Powertel finanziert.

Der Jenaer Rechtsanwalt, der auch andere Privatanleger bei einer Prospekthaftungsklage gegen die Telekom vertritt, begründet seinen Widerspruch mit angeblichen Verstößen gegen die Börsenzulassungsverordnung. Seiner Meinung nach hätte die Deutsche Börse auf Grund der umstrittenen Bewertung der Telekom-Immobilien anstelle eines Konzernabschlusses einen Einzelunternehmensabschluss von der Deutschen Telekom in deren Börsenzulassungsprospekt verlangen müssen. Auf Anfrage von wallstreet:online zeigt sich ein Telekom-Sprecher von der Widerspruchsbegründung Kuhligs überrascht. „Beide Abschlüsse sind für jedermann zugänglich und offen einsehbar.“

Bereits im Februar dieses Jahres geriet die Deutsche Telekom wegen der Wertberichtigung ihre Immobilienvermögens auf brüchiges Eis. Schon damals hatte die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) die Möglichkeit einer Prospekthaftungsklage prüfen lassen . Hier wurde das Aktualitätsgebot bei der Prospekterstellung für die Platzierung der zweiten und dritten Tranche der T-Aktien kritisch ins Auge gefasst. Von einer „Falschbewertung“ war die Rede und Telekom-Chef Ron Sommer geriet ins Fadenkreuz der Kritik . Die Staatsanwaltschaft Bonn nahm ihre Ermittlungen auf. Im März gab es erste Anzeichen für außergerichtliche Einigungen mit Klägerparteien. Damals kündigte ein Rechtsvertreter von rund 80 T-Aktionären an, dem Bonner Telekommunikationsriesen Vorschläge für einen außergerichtlichen Vergleich zu unterbreiten .

Autor: Oliver Mies, 10:41 04.07.01

chinaman - Donnerstag, 9. August 2001 - 13:42
SPIEGEL ONLINE - 09. August 2001, 11:46
URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,149233,00.html
Telekom-Aktie

Analysten wetten auf 15 Euro

Die Aktie der Telekom steht weiter unter Druck. Politiker der Regierungskoalition machen dafür die Deutsche Bank verantwortlich.


DPA


Frankfurt am Main - Nach den Verlusten der Vortage sackte der Kurs der T-Aktie auch am Donnerstag weiter ab. Bis zum späten Vormittag fiel das Papier nochmals um gut zwei Prozent und lag damit nur noch knapp über 20 Euro.

Politiker der Regierungskoalition haben die Deutsche Bank wegen ihres Vorgehens beim Handel mit Telekom-Aktien scharf kritisiert. Diese hatte am Vortag den Verkauf eines großen Aktienpaketes in die Wege geleitet und damit einen kräftigen Kursrutsch ausgelöst. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Werner Schulz, bezeichnete den Großverkauf gegenüber "Bild" als einen "Schlag ins Gesicht der Kleinaktionäre". Er forderte eine Prüfung des Vorgangs durch die Börsenaufsicht. Der finanzpolitische Sprecher der SPD, Joachim Poß, sagte, der Gesetzgeber müsse überlegen, wie er Anleger besser vor solchen Aktionen schützt.

Ein Sprecher der Deutschen Bank hielt dagegen, das Geldinstitut habe den Posten nicht auf eigene Rechnung angeboten: "Wir haben nur im Kundenauftrag gehandelt."

"Mysteriöse Umstände"

Marc Tüngler, Anwalt bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), sagte bereits am Mittwoch zu dem Einbruch der T-Aktie: "In dem großen Puzzle der mysteriösen Umstände um die Telekom ist das mal wieder ein weiteres Stück." Die Schutzvereinigung fordere die zuständigen Behörden auf, Prüfungen einzuleiten.

Eine Sprecherin des Bundesaufsichtsamtes für den Wertpapierhandel erklärte, die tatsächlichen Transaktionsdaten lägen dem Amt noch nicht vor. Daher könne auch keinerlei Aussage dazu gemacht werden.

Weiterer Druck auf die Aktie entstand durch eine neue Verkaufsempfehlung. Die US-Investmentbank Merrill Lynch stufte den Wert von "Accumulate" auf "Reduce" zurück. Das Investmenthaus erklärte am Mittwoch, die Herabstufung sei Teil einer grundsätzlichen Neubewertung des europäischen Telekom-Sektors.

Analysten erwarten neue Tiefstände

Analysten zufolge könnte die T-Aktie bis auf 15 Euro fallen. Sie befürchten, dass mit dem Ende der Haltefrist für die VoiceStream-Aktionäre weitere Aktien auf den Markt kommen und den Kurs weiter belasten. Bei der Fusion mit VoiceStream war vereinbart worden, Anteile erst ab dem 1. September abzustoßen. Die Investmentbank Morgan Stanley befürchtet, dass die ehemaligen VoiceStream-Aktionäre rund 800 Millionen Aktien auf den Markt werfen könnten, was fast einem Fünftel des gesamten Telekom-Kapitals entspräche.

Ein Analyst riet davon ab, angesichts der niedrigen Kurse in T-Aktien zu investieren. "Wer keine T-Aktien hat, sollte auf keinen Fall einsteigen." Eine Besserung ist seiner Meinung nach nicht in Sicht.

stw - Donnerstag, 9. August 2001 - 20:08
Diese Vorfälle sind wirklich ungeheuerlich, das ist Abzocke übelster Art. Jeder, der sich ein wenig mit Bilanzen auskennt, weiss, dass ein Kursziel von über 30 EUR ein schlechter Witz ist bei diesem Umfeld. Diese Researchabteilung der Dt.Bank ist wirklich lachhaft...oder fremdgesteuert ?

Mein Statement vom Mai gilt auch heute noch: für mich ist die Dt.Telekom noch immer HOFFNUNGSLOS ÜBERTEUERT

:-) stw

chinaman - Freitag, 10. August 2001 - 17:30
Analyse

T-Aktie im Ausverkauf

Der Kurssturz der T-Aktie nimmt crashartige Ausmaße an. Was dahinter steckt und wie weit die Aktie noch fallen kann, analysiert DM Online.


Die Aktien der Deutschen Telekom (WKN 555 750) sind am Nachmittag eingebrochen. Nachdem das Papier zur Mittagszeit die psychologisch wichtige Marke von 20 Euro nach unten durchbrochen hatte, setzten sich die Verluste am Nachmittag weiter fort. Bis 15 Uhr rutschte die T-Aktie zeitweise bis auf 18,82 Euro ab - einem Minus von fast acht Prozent gegenüber dem Vortages-Schluss. Am Vormittag hatte das Dax-Schwergewicht noch gut ein Prozent im Plus gelegen.

Frankfurter Händler nannten den Durchbruch der optisch wichtigen Marke von 20 Euro als Ursache für die starken Kursverluste im weiteren Handelsverlauf. Dabei sei das Handelsvolumen "durchaus beachtlich", hieß es vom Parkett. Die Angst vor weiteren Verkäufen durch Großinvestoren veranlasse zahlreiche Aktionäre zu hastigen Verkäufen, hieß es. Bis zum Nachmittag wurden mehr als 24 Millionen Aktien gehandelt.

Für die seit Wochenanfang zu beobachtenden massiven Verkäufe der T-Aktie – am 3. August notierte der Wert noch bei 24 Euro – wurde auch die Deutsche Bank verantwortlich gemacht. Der Telekom-Konzern kritisiert die Groß-Bank, weil sie nur einen Tag nach einer öffentlichen Kaufempfehlung der Analyse-Abteilung für Großkunden 44 Millionen Aktien der Deutschen Telekom zum Verkauf gegeben hatte.

Die Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat bereits beim Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) eine Prüfung der Vorgänge erbeten. "Wir haben das BAWe gebeten, zu prüfen, ob hinter dem Aktienverkauf nicht mehr steckt", erläuterte Rechtsanwalt Nieding. Eine Sprecherin des BAWe sagte: "Es ist natürlich klar, dass wir im Rahmen unserer Marktbeobachtungen auch diesen Vorgang untersuchen werden."

Die Deutsche Bank wollte sich unterdessen auch am Freitag nicht weiter erklären. Die Analysten-Studie sei langfristig vorbereitet worden und habe mit dem Auftrag der Großkunden nichts zu tun, sagte ein Konzernsprecher lediglich. Nach Ansicht Niedings wirft dies jedoch wieder grundsätzlich die Frage auf, inwieweit die Empfehlungen der Banken mit dem eigenen geschäftlichen Handeln im Einklang stehen. "Es ja wenigstens positiv, dass die Deutsche Bank nicht Telekom-Aktien aus eigenem Bestand verkauft hat. Das wäre skandalös."

Ein Großteil des Aktien-Pakets stammt offenbar aus den Beständen von Hutchison Whampoa. Der Hongkonger Telekommunikations-Riese besaß – auch über Beteiligungen an Voicestream und Powertel – mehr als 200 Millionen T-Aktien. Ob noch weitere Anteile aus den Beständen auf den Markt kommen, ist nicht bekannt.

Der Spekulation sind Tür und Tor geöffnet. Die kräftigen Kursschwankungen am Freitag-Nachmittag deuten auch auf Leerverkäufe. Wer die Aktie zuvor zu einem höheren Preis verkaufte, obwohl er sie nicht besaß, kann sie nun günstiger zurückkaufen. Auch Daytrader können ihr Schnäppchen machen. (10.08.2001)

DM Online-Analyse:

Der Chart der T-Aktie gibt ein düsteres Bild ab (oben rechts klicken). Da der Abwärtstrend-Kanal nach unten verlassen wurde, kann aus technischer Sicht nun keinerlei Unterstützungslinie mehr ausgemacht werden. Kurzfristig befinden sich die Papiere quasi im freien Fall. Deshalb sollten auch potenzielle, längerfristig orientierte Interessenten vorerst die Finger von dem Wert lassen – gemäß dem alten Sprichwort: "Never catch a falling knife". Theoretisch könnte die Aktie weiter Richtung Emissionspreis 14,85 Euro abrutschen.

Erst wenn der Wert wieder in seinen alten Trend-Kanal zurückfindet, was in den kommenden Wochen zu erwarten ist, ließen sich wieder vorsichtige Engagements vertreten. Das ist jedoch erst oberhalb von 22 Euro der Fall. Bereits engagierte Anleger sollten wohl oder übel dem Treiben vorerst tatenlos zuschauen (bzw. wegschauen). Denn Verkäufe auf dem erreichten Niveau verbieten sich genauso.

mm

chinaman - Montag, 13. August 2001 - 12:14
Aus der FTD vom 13.8.2001 www.ftd.de/telekom
Telekom/Deutsche Bank: Krisensitzung zur T-Aktie
Von Andreas Krosta, Hamburg, Ina Bauer und Rolf Lebert, Frankfurt

Der Konflikt zwischen Deutscher Bank und Deutscher Telekom um den umstrittenen Verkauf von T-Aktien weitet sich aus. In der vergangenen Woche sank der Börsenwert der Telekom um rund 18 Mrd. Euro.

Nach Informationen der Financial Times Deutschland werden sich in dieser Woche hochrangige Vertreter beider Unternehmen treffen, um über ihre künftige Zusammenarbeit zu sprechen. In einem Interview mit dem Magazin "Der Spiegel" hatte Telekom-Chef Ron Sommer der Bank gravierende Arbeitsfehler vorgeworfen.

Die Geschäftsbeziehungen der Konzerne sind gestört, nachdem die Deutsche Bank am Dienstag vergangener Woche im Kundenauftrag 44 Millionen Telekom-Aktien an institutionelle Investoren verkauft hatte. Am Tag zuvor hatte ein Analyst der Bank noch eine Kaufempfehlung für die T-Aktie herausgegeben und ein Kursziel von 31 Euro genannt.


Kursrutsch


Nach dem Verkauf der Papiere, die zum Großteil aus dem Besitz des Mischkonzerns Hutchison Whampoa stammten, rutschte der Kurs der T-Aktie bis Freitag auf 19,37 Euro. Im Wochenvergleich verlor sie 18,6 Prozent, was einem Börsenwert von rund 18 Mrd. Euro entspricht. Der Dax fiel dagegen nur um 5,3 Prozent. Seit vergangenem Dienstag bewegt sich das tägliche Handelsvolumen zwischen 30 und 37 Millionen Aktien. Normalerweise werden im Schnitt 16 Millionen Stück pro Tag gehandelt.


Analysten halten ein weiteres Absacken des Papiers für möglich. "Bei 17 bis 18 Euro könnte die Aktie eine neue Unterstützung bekommen", sagt Reza Darius Montassér, Analyst beim Münchner Bankhaus Reuschel.


Verkauf und Kursrutsch haben eine Diskussion um so genannte Chinese Walls ausgelöst, die Abteilungen von Investmentbanken abschirmen und Interessenkonflikte vermeiden sollen. Als Schnitt- und Kontrollstelle fungiert dabei die Compliance-Abteilung. Telekom-Management und Großkunden der Deutschen Bank bezweifeln, dass die Compliance-Stelle nichts von der Kaufempfehlung und dem gleichzeitigen Verkaufsauftrag gewusst haben soll.


Die Deutsche Bank lehnte eine offizielle Stellungnahme ab. Aus Unternehmenskreisen war jedoch zu hören, dass die Umstände der Aktienplatzierung nicht sonderlich glücklich gewesen seien. Das zeitliche Zusammenfallen sei aber keine böse Absicht gewesen. Die Kundengruppen des Research und die institutionellen Kunden hätten gleichermaßen einen Anspruch darauf, von der Bank ordentlich bedient zu werden. Dem Verkaufswunsch der Institutionellen habe die Deutsche Bank entsprechen müssen. "Ein marktschonenderes Verfahren gab es nicht", hieß es aus Unternehmenskreisen. Ob eine der aufnehmenden Adressen ihre Anteile sofort an der Börse verkauft und damit den Kurs gedrückt habe, wisse man nicht. Die Bank glaubt nicht, dass die Geschäftsbeziehungen zur Telekom nachhaltig leiden. Kosten könnten auf die Bank zukommen, wenn große Kunden wie Investmentfonds ihre Drohung wahr machen und das Institut für einige Wochen von der Brokerliste nehmen. Investmentbanker rechnen aber nicht mit einem dauerhaften Boykott.


Scharfe Kritik


Von der Deutschen Telekom kam jedoch scharfe Kritik. Ein Sprecher sagte, die Bank habe den Konzern nicht über den geplanten Aktienverkauf informiert. "Es wäre ein Leichtes gewesen. Wir arbeiten eng zusammen und telefonieren täglich." Konzernchef Sommer kündigte an, alle Konsequenzen aus dem Aktienverkauf der Bank zu ziehen. "Natürlich lassen wir derzeit die Transaktion rechtlich prüfen. Immerhin ist bei der Telekom in nur wenigen Tagen ein Wert von fast 40 Mrd. DM vernichtet worden."


Die Telekom will nun zunächst den Aktienverkauf komplett dokumentieren. Sollte sich herausstellen, dass die Deutsche Bank ihre Verantwortung für Großunternehmen missbraucht, habe das sicherlich Auswirkungen auf die künftige Zusammenarbeit, sagte Sommer.


Mittlerweile hat die Hessische Börsenaufsicht eine Untersuchung im Zusammenhang mit den Verkäufen von Telekom-Aktien durch die Deutsche Bank eingeleitet. Auch das Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) erwägt, den Fall näher zu untersuchen.



© 2001 Financial Times Deutschland

trick17 - Montag, 13. August 2001 - 16:50
Hallo,
der Sommer hat doch die Pfanne heiß.
Zitat: Durch die Transaktion wurden "40 Mrd.
DM vernichtet". So ein Blödsinn. Dadurch,
dass jemand Aktien verkauft kann doch gar
nicht Geld vernichtet werden. Es ist schon
schlimm, wenn nicht mal der VV versteht,
was hinter dem Begriff Marktkapitalisierung
steht.
Was wäre denn gewesen, wenn Sonera (vielleicht
war es ja Sonera) die Aktien selbst verkauft
hätte? Dann hätte die Dt. Bank nicht die
Provision kassiert, alles andere wäre gleich
gewesen. Der Schuldige ist nicht
die Dt. Bank (mal abgesehen von der Kaufempfehlung), sondern der ehemalige Groß-
aktionäre.

Fundamental ist die Telekom aus meiner Sicht
immer noch deutlich überbewertet.

Gruss,
trick17

chinaman - Donnerstag, 16. August 2001 - 13:25
Dt. Telekom: Ron Sommer stochert im Nebel (WO)

Ein Kommentar von w:o-Redakteur Robert Sopella

Stellen Sie sich einmal folgendes Szenario vor: Sie wollen ihrer Bank einen Verkaufsauftrag für Aktien der Deutschen Telekom erteilen und ihre Bank weigert sich. „Sie können keine T-Aktien verkaufen, weil Herr Sommer das nicht möchte“, erklärt eine freundliche Dame am anderen Ende der Telefonleitung.

Zugegeben: Das beschriebene Schreckensbild wird niemals eintreten. Aber dass Ron Sommer, Vorstand der Deutschen Telekom, sechs Großbanken „nahegelegt“ hat, künftig auf Paketverkäufe zu verzichten, kommt dem schon sehr nahe. Im Gegenzug versprach er den Bankhäusern – so schreibt es die Financial Times Deutschland - hübsche und provisionsträchtige Aufträge wie die Ausgabe von Aktien und Anleihen.

Dieser abenteuerliche Versuch, die T-Aktien vor einem weiteren Kursrutsch zu bewahren, ist dabei nur ein weiterer unrühmlicher Akt der Sommer’schen Kampagne. Bereits die gestrige Anzeigen-Aktion in den Börsen-Pflichtblättern war alles andere als erfolgreich. Der so genannte „Offene Brief“ war ganz und gar nicht „offen“. Er verschwieg wichtige Details, wie zum Beispiel den auf mehr als 70 Mrd. Euro angewachsenen Schuldenberg des magentafarbenen Riesen.

Der Markt gab gestern bereits eine deutliche Antwort und kürte Ron Sommers Aktie zum Verlierer des Tages. Auch der heutige Versuch, einen Nicht-Verkaufs-Pakt mit großen Bankhäusern zu schließen, beschert der einstigen Volksaktie herbe Verluste.

Mehr und mehr gewinnt man den Eindruck, dass der Telekom-Chef wie wild im Nebel herumstochert, in der zarten Hoffnung irgendwann einmal das Allheilmittel gegen Kursverluste zu finden. Den Banken „nahezulegen“, keine Block-Trades mehr auszuführen, hilft dabei dem Aktienkurs wenig und ist eher ein Fall für die Wettbewerbshüter.

Auch scheint Ron Sommer im Eifer des Gefechtes vergessen zu haben, dass nicht der Verkauf von 44 Millionen Aktien durch die Deutsche Bank im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik steht, sondern ganz allein die Tatsache, dass kurz vor der Transaktion eine Kaufempfehlung aus dem gleichen Hause kam. Block Trades gehören nun einmal auch zum Geschäft der Banken. Das wird auch ein Ron Sommer nicht verhindern können.

Autor: Robert Sopella, 13:05 16.08.01

stw - Donnerstag, 16. August 2001 - 19:04
ICh glaube langsam aber sicher können wir hier Wetten darauf abschliessen, wann Herr Sommer wohl seinen Hut nehmen wird bzw. muss. Das ist wirklich unfassbar, was dieser Mensch sich leistet...

:-) stw

gärtner - Samstag, 18. August 2001 - 15:25
Wirtschaftswoche (http://www.wiwo.de/WirtschaftsWoche/Wiwo_CDA/0,1702,10679_67823,00.html)

Deutsche Telekom: Talfahrt einer Volksaktie

Die Aktie der Deutschen Telekom steht unter Druck:
Täglich werden die Kursziele nach unten geschraubt. Die düsterste Prognose hat jetzt Egbert Prior abgegeben: Er erwartet die T-Aktie bei fünf Euro. Auf dem Parkett sieht man die Lage etwas entspannter.

Die Spekulationen um die Deutsche Telekom reißen nicht ab. Es scheint nun, als gebe es einen Wettlauf, wer wohl das niedrigste Kursziel nennt. Neuer Spitzenreiter dabei ist Egbert Prior, Herausgeber von „Prior Börse“, geworden. Er nennt in der Freitagsausgabe seines Börsendienstes ein Kursziel von nur noch fünf Euro. „Mit der aktuellen Marktkapitalisierung von 76 Milliarden Euro ist der Post-Ableger noch weit überteuert“, meint Prior. Er verweist darauf, dass sich die Marktkapitalisierung mittlerweile der Höhe des Schuldenberges von 70 Milliarden Euro nähere. „Die Gesellschaft ist längst in die roten Zahlen gerutscht“, so Prior weiter. Und: „Über der Bilanz schwebt das Damoklesschwert Abschreibungen.“

So sei das Immobilienvermögen nach Ansicht von Experten, so Prior, mit gut 14 Milliarden Euro immer noch zu hoch angesetzt. Zweifel gebe es auch an der Bewertung der technischen Infrastruktur, die mit 35 Milliarden Euro in den Büchern stehe. Bei VoiceStream habe sich Sommer „über den Tisch ziehen lassen“. Bei den Amerikanern handelt es sich nach Ansicht von Prior um eine „unbedeutende Telefongesellschaft“.

Diesem Befund widerspricht Theo Kitz, Telekom-Anayst beim Bankhaus Metzler. Die Schulden hätten zum 30. Juni bei rund 66 Milliarden Euro gelegen. „Beim geplanten Schuldenabbau ist die Telekom im Plan“, meint der Experte. So sollten in diesem Jahr elf bis 13 Milliarden Euro durch Beteiligungsverkäufe zur Schuldentilgung genutzt werden. Nach Rechnung von Kitz sollte der Konzern rund zehn Milliarden Euro erreichen können. Im kommenden Jahr dann sollte der Börsengang von T-Mobile und wohl auch von T-Systems nochmals mindestens diese Summe in die Kasse spülen. Aber laut Kitz könnte es auch deutlich mehr sein. „Dann erreichen die Schulden ein annehmbares Niveau“, so Kitz weiter.

Auch das Problem der Abschreibungen relativiert Kitz. Dananch habe es im Netzbereich Sonderabschreibungen gegeben, die aber mittlerweile beendet seien. Nach den neuen Regeln bezüglich Goodwill-Abschreibungen beim US-GAAP würden voraussichtlich keinen Abschreibungen auf VoiceStream anfallen. Lediglich bei den Immobilien könnte es nochmals Sonderabschreibungen in Höhe von ein bis zwei Milliarden Euro geben. Als angemessenen Wert für die Aktie sieht der Analyst 18 bis 19 Euro. Allerdings sei schwer einschätzbar, wie sich weitere Verkäufe nach Auslaufen der Lock-up-Periode am 1. September auswirken werden.

Auch Christoph Vogt von M.M. Warburg ist für die Zukunft der Telekom etwas optimistischer. Der Kurseinbruch der Aktien in der vergangenen Woche sieht er als „Sentimentproblem bei der nervösen und labilen Marktlage“. Die Verschuldung sei zwar hoch, aber bereits durch den Aufbau Ost habe das Unternehmen schon einmal in einer ähnlichen Situation gestanden und es geschafft, die Schulden von rund 120 Milliarden Mark auf dann 50 Milliarden Mark zurückzufahren. Erst durch die Übernahmen in jüngster Zeit, und vor allem durch VoiceStream, sei das Niveau wieder stark gestiegen.

Auch Vogt glaubt, dass durch Beteiligungsverkäufe und Börsengänge bis Ende 2002 der Verschuldungsgrad deutlich gesengt werden kann. Zudem verbessere sich der Cash Flow durch wieder anziehende Preise bei der Telefonie, höhere Margen im Mobilfunkbereich und der Fast-Monopolstellung im wachsenden Sektor der High-Speed-Internetzugänge deutlich. Den Verkauf von Aktien nach Ablauf der Lock-up-Periode sei auf dem derzeitigen Niveau größtenteils eingepreist.

chinaman - Freitag, 7. September 2001 - 15:39
Aus der FTD vom 6.9.2001
Keine Hoffnung unter dieser Nummer
Von Dan Roberts, London

Rund 1000 Mrd. Dollar wurden durch den Hype um die Telekommunikation vernichtet. In zwei Teilen berichten wir über die geplatzten Träume der Branche. Der zweite Teil erscheint am Freitag.


Ihre größte Schmach erleidet die Telekommunikations-Branche derzeit in einem Industriegebiet östlich von London. Jeden Morgen liefern Lkws kühlschrankgroße Kästen voller Elektrogeräte an. Die Folie, die sie vor dem Nieselregen schützen soll, kann die Namen auf diesen Schränken nicht verdecken: Nortel, Ericsson, Lucent, Cisco ... 6000 Tonnen an unerwünschten Telekommunikationsgeräten fallen dieses Jahr an. Das hat Shields Environmental errechnet: Das Unternehmen zerlegt den Schrott und versucht, so viele Teile wie möglich zu verkaufen. Doch der Markt ist gesättigt, nachdem im vergangenen halben Jahr durchschnittlich alle sechs Tage ein großer Telekomanbieter Pleite gegangen ist.

Was bleibt von den früher viele Millionen Dollar teuren Schränken ist Schrott, ein Rest Edelmetalle, einige toxische Teile und viel Plastik, das in einer nahegelegenen Verbrennungsanlage vernichtet wird. Alles Teil eines Scheiterhaufens im Wert von 1000 Mrd. $, der die Welt an den Rand einer Rezession gebracht hat.


Erst kürzlich hat der britische Telekomkonzern Marconi bekannt geben müssen, dass 2000 Mitarbeiter entlassen werden müssen. Doch das fällt noch gering aus, verglichen mit den Zehntausenden von Arbeitsplätzen, die jede Woche bei größeren Geräteherstellern wie Lucent und Nortel verloren gehen.


Seifenblase zerplatzt


Die öffentliche Meinung hält die Dotcom-Manie für das markerschütterndste Ereignis der vergangenen Jahre. Wichtiger war jedoch die Telekom-Seifenblase, die das Dotcom-Debakel bei weitem überstieg. Diese Geschichte wird selten erzählt - obwohl der Knall beim Platzen der Blase noch immer nachhallt.


Fehlgeschlagene Internethändler haben vielleicht Dollarbeträge in zweistelliger Millionenhöhe verschleudert, bevor sie Pleite gingen. Nach Angaben des European Information Technology Observatory beliefen sich die Ausgaben für Telekom-geräte und -leistungen in Europa und den USA zwischen 1997 und 2001 jedoch auf mehr als 4000 Mrd. $.


Laut Thomson Financial vergaben die Banken zwischen 1996 und 2001 Konsortialkredite in Höhe von 890 Mrd. $. Weitere 415 Mrd. $ lieferten die Rentenmärkte und 500 Mrd. $ stammten aus privaten Mitteln und der Ausgabe von Aktien. Noch mehr kam von rentablen Blue-Chip-Unternehmen, die sich in dem Glauben, dass ein explosionsartiger Anstieg der Internetnutzung zu einer fast unbegrenzten Nachfrage nach Telekomkapazitäten führen würde, an den Rand des Konkurses oder darüber hinaus brachten.


Hochspekulative Anleihen


Das globale Finanzsystem verfiel dem Wahn, mehr und mehr Holz auf diesen Scheiterhaufen zu werfen. Fast die Hälfte der von europäischen Banken 1999 vergebenen Kredite ging an Telekomunternehmen. Die Kreditagentur Moody’s schätzt, dass etwa 80 Prozent aller in den USA am Höhepunkt des Booms ausgegebenen Junkbonds, also hochspekulativen Anleihen, an Telekomanbieter gingen. Fünf der zehn größten Fusionen oder Akquisitionen der Geschichte betrafen Telekomunternehmen während des Booms.


Das bleibende Erbe all diesen Geldes ist ein Überangebot an "Bandbreite" - Kapazitäten zur Übertragung von Datenmengen sowie das Rohmaterial aller Kommunikationsnetze. Dieses Überangebot ist so groß, dass, wenn die sechs Milliarden Erdbewohner das ganze nächste Jahr ununterbrochen telefonierten, ihre Gespräche mit den vorhandenen Kapazitäten innerhalb weniger Stunden übertragen werden könnten.


Analysten gehen davon aus, dass lediglich ein oder zwei Prozent der in Europa und Nordamerika verlegten Glasfaserkabel aktiviert sind. Nach Ansicht einiger Analysten benötigen die restlichen Kabel zur Aktivierung zusätzliches Kapital und stellen deshalb keinen Überhang dar - ein geringer Trost für die hart bedrängte Branche. Denn es gibt genügend Möglichkeiten, aus bereits aktivierten Verbindungen Zusatzkapazitäten herauszuholen, was bereits zu einem deutlichen Preisverfall im Bandbreiten-Angebot geführt hat.


Milliardengrab Bandbreite


Mit neuester Technologie können durch eine einzige Glasfaserverbindung Daten über bis zu 160 verschiedene Lichtwellen übertragen werden. Die meisten modernen Netzwerke verwenden gegenwärtig lediglich ein Zehntel dieses Potenzials.


Auch bei Tiefseeverbindungen liegt eine ähnliche Überkapazität vor. Dort hat jedes neu verlegte Transatlantikkabel so viel Bandbreite wie alle Vorgängerverbindungen zusammen. Die Mobiltelefonunternehmen haben allein in Europa mehr als 200 Mrd. $ investiert, um die Bandbreite ihrer kabellosen Internetdienste auszubauen. Beweise, dass die Verbraucher diese Leitungen benutzen werden oder dass die Technik funktionieren wird, gab es nicht.


Das Platzen der Blase hat sich in vielerlei Hinsicht bemerkbar gemacht - von Kreditausfällen in Höhe von bislang 60 Mrd. $ dieses Jahr bis hin zu den jüngsten Stelleneinsparungen in fünfstelliger Höhe bei Investmentbanken. Innerhalb eines halben Jahres haben allein die Telekomausrüster über 300.000 Stellen gestrichen, bei Zulieferern und ähnlichen Branchen waren es weitere 200.000.


Kapitalvernichtung in großem Stil


Auch der Börsenwert sämtlicher Telekommunikationsbetreiber und -hersteller ist eingebrochen. Hatten die Unternehmen im März 2000 noch einen Gesamtbörsenwert von 6300 Mrd. $, sind es heute 3800 Mrd. $ weniger. Zum Vergleich: Der Gesamtwertverlust sämtlicher asiatischer Wertpapierbörsen während der Asienkrise Ende der 90er Jahre betrug lediglich 813 Mrd. $.


Die minimalen Erlöse, die aus dem Zusammenbruch derjenigen Unternehmen geborgen werden können, denen der Geldhahn abgedreht wurde, verdeutlichen das verheerende Ausmaß der Lage. Die meisten der 31 Telekombetreiber, die in den vergangenen sechs Monaten Konkurs angemeldet haben, steckten hunderte Millionen Dollar in den Netzwerkausbau. Die Gläubiger müssen bei der Liquidierung dieser Vermögenswerte feststellen, dass diese Investitionen jetzt nur noch einen winzig kleinen Teil des Ausgangsbetrages wert sind.


Der Iridium-Flop


1997 ließ Motorola gleich eine Flotte von Kommunikationssatelliten im Wert von 5 Mrd. $ ins Weltall befördern. Iridium, wie das Projekt hieß, scheiterte jedoch mangels Nachfrage. Wäre das US-Verteidigungsministerium nicht dieses Jahr eingeschritten und hätte nicht ein Konsortium für 25 Mio. $ die Satellitenflotte vom Konkursverwalter erworben, hätte man diese ganz ihrem Schicksal überlassen.


Untersuchungen von Edward Altman von der New York University zufolge konnten Inhaber von Junkbonds Pleite gegangener Telekommunikationsfirmen im ersten Halbjahr dieses Jahres lediglich durchschnittlich 11,9 Cents pro investiertem Dollar retten. Im Vergleich dazu betrug der Wert vergangenes Jahr noch 24,7 Cent.


Sanierungsexperte Richard Coates von Ernst & Young in Großbritannien schätzt, dass gerichtlich bestellte Konkursverwalter durchschnittlich weniger als zehn Prozent der ursprünglichen Aufbaukosten für Netzwerke beim Verkauf dieser Vermögenswerte einbringen können. Bemisst man den Anteil an den Gesamtkosten, nämlich einschließlich der Ausgaben für Infrastrukturen, die nichts mit dem Netzwerk an sich zu tun haben, etwa Personal- und Büromaterialkosten, liegt der Prozentsatz sogar noch niedriger. Den Konkursverwaltern zufolge beläuft sich die durchschnittliche Einbringungsquote der sechs europäischen Telekomfirmen, die gerade ihr Konkursverfahren hinter sich haben, zwischen zwei und drei Prozent. "Es wird zunehmend schwieriger, Käufer zu finden. Viele wägen inzwischen ab, die Ausrüstung einzumotten. Sie hoffen, dass sich die Lage verbessert und sich irgendwann ein Käufer findet, der damit etwas anfangen kann", meint Coates.


Vermutlich werden sie sehr viel Geduld aufbringen müssen. Zu den ersten Alternativanbietern, die 1998 bankrott gingen, gehörte Ionica. Das britische Unternehmen hatte Privathaushalte und Kleinbüros per Funk kabellose Telefondienste angeboten. Drei Jahre später steht der Großteil der Geräte noch immer auf den Dächern, denn ein Abbau ist teurer als die Geräte zu recyceln.


Langsam erkennen die großen Unternehmen endlich, wie viel Geld sie verschwendet haben. Dieses Jahr haben mit Nortel Networks und JDS Uniphase zwei der größten Gerätehersteller den Bilanzwert der Zukäufe, die sie während der Hochphase des Booms getätigt hatten, teilweise abgeschrieben. Dabei kam es zu einigen der größten Buchverluste in der Geschichte der Wirtschaft.


Das finnische Telekomunternehmen Sonera gehörte zu dem guten Dutzend europäischer Unternehmen, die insgesamt 120 Mrd. Euro für UMTS-Lizenzen ausgegeben haben. Letzten Monat gab Sonera eine seiner Lizenzen umsonst zurück, anstatt zusätzlich zu den bisher vier Mrd. Euro weitere Investitionen zu tätigen.


Geld zum Fenster hinausgeworfen


Die Telekommunikations-Manie hat die Welt ein Vermögen gekostet. Ökonomen werden immer darüber debattieren, wie viel genau verschwendet wurde, vor allem, da viele Menschen durch den Goldrausch reich geworden sind. Dabei sollte man bedenken, dass:


O Überkapazitäten im kapitalintensivsten Segment der Industrie bei über 98 Prozent liegen;


O die Rückgewinnungsquote für die abgewickelten Unternehmen zwischen zwei und drei Prozent liegt;


O die Unternehmen, die noch im Handel sind, durchschnittlich Einbußen von 60 Prozent ihres Börsenwerts hinnehmen mussten.


Unter diesen Gesichtspunkten könnte vielleicht ein Viertel des Gelds, das während der Blase ausgegeben wurde, als verschwendete Investition eingestuft werden. Anders gesagt - rund 1000 Mrd. $ wurden zum Fenster hinausgeblasen.


Sensationelle Irrtümer


Einige sehen dies immer noch als Phase kreativer Zerstörung, ohne die wir Erdenbürger niemals die Vorzüge des Internets und verbesserter Kommunikationstechnologie erlebt hätten. Dieselben Optimisten glauben, dass die Telekommunikations-Manie in der Zukunft zur Entwicklung eines neuen Stroms gesunder Profite führen wird.


Doch die lächerlichen Summen, die beim Verkauf von Aktiva erzielt wurden, deuten darauf hin, dass von dieser Technologie derzeit wenig gewünscht wird, nicht einmal zu einem Bruchteil der Herstellungskosten.


Mindestens zwei Fragen muss man sich nach diesem Desaster stellen: Wie konnten so viele clevere Menschen sich so sensationell irren? Und wie hat es das globale Finanzsystem geschafft (zumindest bislang), den Verlust von 3800 Mrd. $ in Aktienwerten und rund 1000 Mrd. $ in echtem Geld zu verdauen?



© 2001 Financial Times Deutschland

chinaman - Freitag, 7. September 2001 - 15:40
Aus der FTD vom 7.9.2001
Telekomcrash: Goldrausch ohne Gold
Von Dan Roberts, London

Auf eine leuchtende Zukunft der Kommunikation hat die Telekom-Industrie gesetzt - und dafür 1000 Mrd. Dollar vernichtet. Nach den hochfliegenden Plänen erleben Unternehmen und Anleger jetzt eine bitterharte Landung: Heute erscheint der letzte Teil der Serie über den Telekomcrash.


Der Scheck wurde in großer Eile ausgeschrieben. Per Hand. Der große Moment war da, und er wollte ergriffen werden. Wochenlang hatten die vier Männer auf diesen Moment hingearbeitet: Als eines von fünf Mobilfunkunternehmen erhielt Orange im Frühjahr 2000 bei der Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Großbritannien den Zuschlag. Das hektische Bieten hatte den Gesamtpreis auf 22,5 Mrd. £ getrieben. Der Biet-Poker um die UMTS-Lizenzen in Westeuropa bildete den Wendepunkt für die vierjährige Investitions-Seifenblase, die letztendlich weltweit 4000 Mrd. $ verschluckt hat.

Um zu verstehen, wieso eine ganze Branche solche Summen aufs Spiel setzen und verlieren kann, muss man sich die Lage der Orange-Bieter vor Augen führen. Ihr Büro war mit vier Sicherheitstüren abgeriegelt, von denen jede durch immer kompliziertere Kombinationsschlösser und Magnetkartensysteme gesichert war. Die Fenster waren geschwärzt, damit niemand die Bietetaktik per Fernglas ausspionieren konnte. Während der Auktion wurde der Raum regelmäßig nach Abhörgeräten durchsucht.


Im Nachhinein erscheinen diese Sicherheitsmaßnahmen lächerlich. Aus heutiger Sicht wirkt das abgeschottete Arbeitszimmer wie ein Mausoleum für die großen Pläne der Telekommunikationsbranche.


Keine Lizenz zum Geld drucken


Damals meinten die Mobiltelefonanbieter, sie hätten die Formel für garantierten Erfolg gefunden. Aber sowie die Schecks ausgestellt waren, begann der Abstieg der Branche. Nach einer ähnlichen Auktion in Deutschland, wo noch mehr Geld ausgegeben wurde, stöhnte die gesamte europäische Telekombranche unter einer Schuldenlast, die bei den Bankenaufsichten die Befürchtung weckte, dass die Finanzmärkte dem Druck nicht standhalten könnten.


Heute sehen die Zukunftsvisionen, mit denen die Mobiltelefonanbieter die Investition von so viel Geld rechtfertigen, immer unwirklicher aus. Auf Grund technischer Schwierigkeiten hat bis heute kein Hersteller kommerziell verwertbare Geräte und Ausrüstungen produzieren können, die auch nur annähernd an die versprochenen Datenübertragungsraten herankommen.


Eine der einflussreichsten Studien über die Nutzung von Handys wird regelmäßig von der Management-beratung A.T. Kearney und der Cambridge Business School erstellt. Sie enthüllt, dass die meisten Verbraucher kein Interesse daran haben, mit ihrem Mobiltelefon im Internet zu surfen. Von 2400 befragten Handynutzern gaben nur 4 Prozent an, dass sie ihr Handy benutzen würden, um online zu surfen. Nur 2 Prozent hatten das bisher mit den internetfähigen Handys versucht, deren Entwicklung die Branche bereits Hunderte Millionen Dollar gekostet hat.


Jagd auf Bandbreite


Die Verheißungen klangen mal anders: Als sich das Internet allgemein durchsetzte, erkannten auch die Telekomanbieter Anfang der 90er Jahre dessen Attraktivität. Aber wie umsetzen? Als Hindernisse stellten sich die Geschwindigkeit und die Telekommunikationskosten in den Weg. Wenn die Daten, also gedruckte Texte und Bilder, doch nur schnell und kostengünstig übertragen werden könnten, würde das Internet für alle möglichen Zwecke eingesetzt werden können.


Technisch ging es hier einzig und allein um größere Bandbreiten - die Kapazität der Kabel und Drähte, mit denen die Computer zu Hause und in den Büros miteinander und mit Datenanbietern in der gesamten Welt verbunden waren. Es war Walter Scott, Chairman von MFS, der als einer der ersten Anbieter von Fernverbindungen die Zeichen der Zeit erkannte. Er sah voraus, dass die mächtige AT&T nicht schnell genug auf das Verlangen nach Bandbreite reagieren könnte. Scott verkaufte MFS und steckte die 3 Mrd. $, die er dafür bekam, in eine neue Gesellschaft mit dem Namen Level 3.


Investitionsrausch


Diese bei Outsidern kaum bekannte Firma hat der Telekombrille der Wall Street neue Gläser verpasst. Das Unternehmen nahm 11 Mrd. $ auf, um das weltweit erste komplette Glasfasernetzwerk auf Basis des Kommunikationsstandards Internet Protocol (IP) zu schaffen. In vielerlei Hinsicht sind Telefonleitungen, die auf IP beruhen, mit dem Internet gleichzusetzen. Über solche Leitungen können Computer mit unzähligen neuen Websites verbunden werden. Ohne sie gäbe es keine Neue Wirtschaft, sondern nur ein "World Wide Wait". Die von Level 3 erstellten Folienpräsentationen und Hochglanzdarstellungen für Anleger verleiteten ein ganzes Heer anderer Firmen, dieser Richtung zu folgen. Zumeist völlig unbekannte Unternehmen rissen in einem panischen Rennen um die meisten verlegten Glasfaserkapazitäten die Straßen auf beiden Seiten des Atlantiks auf.


Die hektischen Aktivitäten riefen die Regulierungsbehörden auf den Plan. Mit der Privatisierung in Europa und dem US-Gesetz zur Liberalisierung des Telekommunikationsbereiches sahen sich die Industrienationen einer plötzlichen Liberalisierungswelle gegenüber. Die meisten Investoren erwarteten, dass neue Marktteilnehmer den "Dinosauriern" wie AT&T, France Telecom, BT, Deutsche Telekom und Nippon Telegraph & Telephone schnell den Rang ablaufen würden.


Dieser Investitionsrausch wurde möglich durch eine explosionsartige Entwicklung bei günstigen Fremdkapitalfinanzierungen. Als die Investorengemeinde das Potenzial des Internet erkannte, füllten sich die Schatztruhen der Wagniskapitalunternehmen zunehmend. Anleger standen praktisch Schlange, um Unternehmen möglichst vor dem Börsengang bei ihren ersten Gehversuchen durch privates Kapital zu unterstützen.


Überzogene Erwartungen


Damit hätte diese Geschichte ein Ende finden können, wenn nicht eine überraschende Wende die Telekomblase in ganz andere Dimensionen befördert hätte. Denn plötzlich betraten die etablierten Unternehmen den Markt. Sie waren mit ihren starken Bilanzen und Bonitätsbewertungen solide genug, um zig Milliarden Dollar Fremdkapital aufnehmen zu können.


Nach Ansicht von Greg Blonder, bis 1998 verantwortlich für den Bereich Technologie bei AT&T, waren Überheblichkeit und Trägheit die Hauptgründe, warum das Potenzial des Internets für die Branche erst erkannt wurde, als es schon fast zu spät war. Laut Blonder wurde die Wende durch einen Artikel über Netscape in der "New York Times" herbeigeführt. Zahlreiche Vorstände lasen diesen Artikel über die Pionierarbeit des Internetbrowsers und erkannten daraufhin, dass die Internet-Manie nicht nur ein vorübergehendes Phänomen sein würde.


All diese Unternehmen, alte Hasen wie auch Neulinge im Geschäft, glaubten, dass sie früher oder später zusätzliche Einnahmequellen erschließen könnten, die die hohen Investitionen rechtfertigen würden. Im Nachhinein zeigt sich jedoch, dass diese Erwartungen maßlos überzogen waren. Die Ausbreitung verschiedener Zugangstechnologien hatte zur Folge, dass Privathaushalte und Kleinunternehmen plötzlich Telefon- und Internetdienstleistungen von einem guten Dutzend Unternehmen angeboten bekamen, die alle auf eine Erhöhung ihres Marktanteils angewiesen waren.


Es war wie ein Goldrausch ohne Gold. Gebeutelte Telekomausrüster, Netzbetreiber, Investmentbanker und Investoren schauen jetzt reuevoll auf ihre Exzesse zurück.


Ausrüster am Boden


Die größten Verlierer sind natürlich die 349.000 Menschen, deren Stellen von den großen Telekom-unternehmen gestrichen worden sind, wie auch die 200.000 Menschen, die ihre Arbeit in den mit der Telekommunikation stark verknüpften Bereichen der Informationstechnik-branche verloren haben.


Bei den Unternehmen hat es die Ausrüstungshersteller am härtesten getroffen. Zum einen haben Anfang des Jahres die großen Netzbetreiber plötzlich ihre Einkaufsaktivitäten ausgesetzt, zum anderen ist der Markt durch den Bankrott vieler junger Netzbetreiber mit großen Mengen an fast neuwertigen Geräten überschwemmt worden, die zu Schnäppchenpreisen zu haben ist.


Analysten schätzen, dass es mindestens zwei bis drei Jahre dauern wird, bis die Produktionskapazitäten so weit gesund geschrumpft sind, dass wieder Wachstum zu verzeichnen ist. Die Netzbetreiber scheinen allerorten durch drückende Schulden und geringe Nachfrage wie gelähmt.


Das plötzliche Ende der Nachfrage hat die am Ende der Produktionskette am stärksten leiden lassen - wie bei einem Stau auf der Autobahn, der dadurch zustande kommt, dass jedes Fahrzeug ein bisschen stärker abbremst als das vorausfahrende. Diese Entwicklung, die bei den Herstellern von Mikroprozessoren und Netzwerktechnik anfing, greift inzwischen mit großer Geschwindigkeit auf weite Teile der Wirtschaft über. So ist der Stellenabbau im Technologiesektor die größte Triebfeder für Rezessionsängste in Europa und den USA.


Finanzmärkte nicht gefährdet


Trotz aller Turbulenzen an der Wall Street haben sich die internationalen Finanzmärkte bisher erstaunlich unbeeindruckt vom Tief der Telekommunikationsbranche gezeigt. Auch der Verfall der Aktienkurse - vier Mal so stark wie der bei der Asienkrise - hat bisher weder Banken noch Investoren an den Rand des Zusammenbruchs gebracht.


Die Angst vor einem Bankenkollaps ist zurückgegangen, da die Unternehmen ihre Kredite längerfristig refinanziert und Vermögenswerte zum Aufbessern ihrer Bilanz verkauft haben, während die Banken ihre Risiken gesenkt haben. Dadurch, dass in den letzten Jahren an der Wall Street Unternehmensanleihen zur Deckung von Schulden beliebter geworden sind, konnten einige Banken ihr Risiko deutlich senken.


Während die Kreditvergabe an die europäische Telekommunikationsbranche immer noch von durch große Banken gestützten Versorgungsunternehmen dominiert wird, bedienen sich neuere Branchenunternehmen in den USA vorzugsweise Finanzquellen wie Aktien, Junkbonds und anderer Kredite, wie sie üblicherweise an Investoren vergeben werden. Die Notenbank der USA (Fed) schätzt, dass in den USA zurzeit lediglich 8 Prozent der von amerikanischen Banken an Handel und Industrie vergebenen Kredite auf Unternehmen aus dem Telekomsektor und anderer Hightechbereiche entfallen. Bei ausländischen Zweigstellen amerikanischer Banken und ausländischen Banken liegt diese Rate dagegen laut Fed bei 14 Prozent. Die Diversifizierung ist laut David Gibbons vom US-Finanzministerium besser als im letzten Kreditzyklus, als fast jede Bank mit 25 bis 30 Prozent ihres Portfolios auf Geschäftsimmobilien setzte.


Parallelen zum Eisenbahntaumel


Die Streuung der Kredite macht es leider schwer zu verfolgen, auf wem letztlich das Risiko lastet und wer bei Pleiten der Leidtragende ist. Die Aufsichtsbehörden haben die Sorge, dass die Not sich an unerwarteter Stelle zeigt und die Weltfinanzen destabilisieren könnte.


Um zu verstehen, wie eine einzige Branche die Wirtschaft verheeren und von den Geldgebern geschluckt werden konnte, ist es erforderlich, die Seifenblase der Telekommunikation im größerem geschichtlichen Zusammenhang zu betrachten.


Trotz der virtuellen Realität des Cyberspace und der "masselosen Wirtschaft" handelt es sich um eine Revolution des Transports, die von Leuten abhängt, die Löcher in die Erde graben. Für die Glasfasernetze wurden Gräben gestochen, für die Mobiltelefone Masten aufgestellt und ausgeklügelte Maschinen in Mikrochip-Schmieden zusammengesetzt, um dem Datenstrom rund um die Welt genügend Dampf zu geben. Für kurze Zeit herrschte gar der Wahn, an optischen Hauptknotenpunkten Datenträger-Hotels und -Speicherzentren zu bauen, wie damals die Grandhotels und Warenhäuser, die an den Häfen und Bahnkreuzungen empor sprossen.


Die kommenden Historiker stehen vor der Frage, ob dies eine Zeit kreativer Zerstörung war oder der Geldvernichtung. So wie der Eisenbahntaumel halbfertige Brücken und Gleisstränge hinterließ, die kurz vor dem Bahnhof ins Leere liefen, ist vielen Firmen das Geld ausgegangen, noch bevor sie ihre neuen Telekomnetze in Betrieb nehmen konnten. Und was fertig geworden ist, liegt herum, ist nicht ausgelastet oder verwahrlost angesichts enormer Überkapazitäten.


Wenn diese Zeit als Periode kreativer Zerstörung gelten soll, müssten die Enthusiasten beweisen, dass sie vielen Abnehmern zu schnellen und billigeren Internetzugängen verholfen hat und die Wirtschaft dadurch in großen Stil produktiver geworden ist.


Beides bleiben Behauptungen, nicht zuletzt, weil viele, die für ihr Zuhause oder ihre Firma einen billigen DSL-Zugang ins Internet suchen, feststellen, dass sich nicht viel geändert hat. Die früher vorherrschenden Betreiber von Telekomnetzen kontrollieren weitgehend noch immer die Ortszugänge und verlangen viel Geld für lahme Leitungen.


Erster Teil:


Keine Hoffnung unter dieser Nummer



© 2001 Financial Times Deutschland

stephan - Freitag, 7. September 2001 - 16:02
MAN MUSS TELEKOM AKTIEN JETZT KAUFEN, AUCH WENN ES WEHT TUT!

Der Kommunikation gehört die Zukunft. Wer die Dt. Telekom nicht in seinem Depot sehen kann, darf es mit Vodaphone, Nokia, Telefonica oder Ericsson probieren.

Bullische Grüße
Stephan

j_r_ewing - Freitag, 7. September 2001 - 19:02
Ich hab die T-Aktie seit ihrem Erscheinen abgelehnt wegen Überteuertheit. Aber inzwischen ist der Kurs dermnaßen weit zusammengestaucht, daß er nicht nur unter dem Aspekt einer techn. Erholung interessant ist. Und fundamental wird das Hauptproblem, die hohe Verschuldung durch die UMTS-Lizenzen, ja bereits durch Verkäufe abgebaut.

Welche andere dt. Aktie wäre derzeit publizitätsmäßig dermaßen verdroschen worden wie die Telekom ?? Ich mkann mir nicht vorstellen, daß da stimmungsmäßig noch was "drübergehen" kann, und würde deshalb trotz des allgemein fallenden Börsenumfelds für diese Aktie eine Ausnahme machen und schon vor dem allg. Dreh zugreifen!

Aber sagt mal: kennt ihr nicht die Aktienanleihe auf die Telekom ?
http://cdinf2.comdirect.de:9004/de/detail/_pages/charts/main.html?sSymbol=DE0006634355.DUS&sRange=4&sBackUrl=&dbrushwidth=&charttype=&gd1=&gd2=&benchmark=&infos=&indtype1=&indtype2=&volumen=&sid=
man kriegt hier nicht nur eine Wandlung auf die T.-Aktie, sondern auch noch rund 20% laufende Zinsrendite ! (Das ist vielleicht auch was für Avalon? ;-) ) Und wenn man die Aktien dann noch über ein Jahr hält, sollte der Tilgungs-(Buch-)gewinn auch steuerfrei zu realisieren gehen (bin aber kein Steuerexperte).

Greetings
JR

chinaman - Samstag, 8. September 2001 - 08:39
@ stephan: Also ich MUSS sie nicht kaufen, aber vielleicht tue ich es eines Tages wieder. Ich habe aber das Gefühl, da wird noch etwas Wasser den Main runterfliessen, bis das der Fall sein wird. Die Deutsche Telekom wird es höchstwahrscheinlich nie in mein Depot schaffen, aber wenn die sich so weiterverbilligen ...

Spass beiseite: Auf der europäischen Watchlist stehen Telefonica und Ericsson.

@ J.R.: Ich halte Deinen Gedanken, in der jetzigen Börsenphase auch mal an Aktienanleihen zu denken, grundsätzlich für sehr interessant. Vielleicht sollten wir uns mal im Forum Know-How generell einmal mit Aktienanleihen beschäftigen ... Bis jetzt habe ich aber selbst null Erfahrung und wenig Ahnung.


:-)
Gruß
Chinaman

Diskussionsforum der stw-boerse: DAX / MDAX: Deutsche Telekom: Archivierte Beiträge bis 8. September 2001