Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: ebay
muc - Donnerstag, 4. Januar 2018 - 09:06
FOCUS Money weist in seiner neuesten Ausgabe auf den Strukturwandel bei ebay hin. Ähnlich wie AMAZON werden immer mehr Produkte durch gewerbliche Händler zum Festpreis verkauft.

Vergleichbar zu AMAZON Prime ist der kostenpflichtige Dienst ebay Plus, der Mitgliedern Vorteile bietet.

Der wesentliche Unterschied zu AMAZON (sowie Alibaba und Tencent) sind die für Investoren interessanten Kennzahlen für 2018. KGV, KBV, Kurs/Cashflow u.a. sind durchwegs nur halb so hoch oder noch niedriger als bei den übrigen Gesellschaften.

Ich zitiere: AMAZON erkauft sich Wachstum mit einer gnadenlosen Reinvestition von Gewinnen. Ebay setzt eher auf ein nachhaltigeres Geschäftsmodell mit Aktienrückkäufen und einer ordentlichen Cashflow-Generierung.

Der Kurs hat in der gestrigen Hype bei manchen US-Titeln mit 39,22 $ ein ATH erreicht, sollte aber wegen der vergleichbar günstigen Bewertung noch einiges Potenzial haben.

al_sting - Donnerstag, 4. Januar 2018 - 11:14
Für mich persönlich sind Aktienrückkäufe über Buchwert (und das sind aktuell fast alle) kein Grund zur Freude, sondern zur großen Vorsicht.
Wenn eine Firma Geld über hat, soll sie es ihren Aktionären via Dividende ausschütten, da ist der Wertverlust auf die Höhe der Dividendenversteuerung begrenzt. Bei Aktienrückkäufen weit über Buchwert wird das Geld in schlechten Zeiten (mit gesunkenem Aktienkurs) fehlen, ohne dass die verbliebenen Aktionäre davon profitierten - es hilft nur jenen, die zum Zeitpunkt des Rückkaufs ausstiegen wollen. Also nicht der Zeitpunkt, zu dem ich einsteigen will.

Davon abgesehen bin ich als gelegentlicher Kunde des weltgrößten Trödelmarktes (Kauf und Verkauf) von den Veränderungen bei Ebay nicht gerade angetan. Von den Festpreisangeboten habe ich nahezu nie etwas genommen. Die zentrale Stärke der Seite, der Auktionsmarkt, gerät immer stärker in den Hintergrund. Ich denke immer stärker darüber nach zu alternativen Versteigerungsplattformen zu wechseln.
Will sagen: Ebay verwässert m.E. sein Alleinstellungsmerkmal in gefährlichem Maß.

chfin - Donnerstag, 4. Januar 2018 - 14:04
>Wenn eine Firma Geld über hat, soll sie es ihren Aktionären via Dividende ausschütten, da ist der Wertverlust auf die Höhe der Dividendenversteuerung begrenzt.
> Rückkauf … ohne dass die verbliebenen Aktionäre davon profitierten - es hilft nur jenen, die zum Zeitpunkt des Rückkaufs ausstiegen wollen.

Ich verstehe die Logik nicht und sehe das bislang genau anders herum. Würde gerne dazu lernen.

Natürlich wäre ein Rückkauf unter Buchwert wünschenswerter, da das den Buchwert der verbleibenden Aktien erhöht. Aber die restliche Argumentation …

Zum einen verteilen sich beim Rückkauf die zukünftigen Gewinne auf weniger Aktien.
Zum anderen, warum soll es von Vorteil für die Firma / die Aktionäre sein, für die Ausschüttung Steuern zu zahlen? Beim Rückkauf profitieren die verbleibenden Aktionäre zumindest theoretisch von einem Kursanstieg gegenüber einem rückkauffreien Kursverlauf und das ohne Steuerabführung.

> Bei Aktienrückkäufen weit über Buchwert wird das Geld in schlechten Zeiten (mit gesunkenem Aktienkurs) fehlen,

Wenn Geld in schlechten Zeiten fehlt, dann ist es m.E. nahezu egal, ob dieses in guten Zeiten als Dividende oder als nicht kreditbasierter Rückkauf ausgegeben worden ist. Weg ist weg.

isabellaflora - Donnerstag, 4. Januar 2018 - 15:23
Vielleicht stehe ich ja auch auf dem Schlauch, aber

Dividende -> Geld ist Weg
Aktienrückkauf -> das KBV ändert sich zum Guten und kann in schlechten Tagen wieder quasi 'aufgelöst' werden. Anders gesagt, man kann dann wieder Geld durch neue Aktienausgabe wieder generieren.

So habe ich al_sting verstanden.

Gruß isa

al_sting - Donnerstag, 4. Januar 2018 - 18:48
@ Isabella: Danke für deinen Übersetzungsversuch. Er zeigt, dass ich sehr missverständlich schrieb, ich meinte genau das Gegenteil.

Dividende: Geld ist weg aus dem Unternehmen, aber jetzt in den Händen der Aktionäre kurz- wie auch langfristiger. In schlechteren Zeiten ist zumindest bei mir als Aktionär die Bereitschaft zu einer KE leichter gegeben, da das Management in der Vergangenheit zeigte, mit Gewinnen verantwortungsvoll umzugehen.
Aktienrückkauf weit über Buchwert: Das Geld ist für die Firma weg (Bei Rückkauf auf Kredit sind sogar noch Schulden dazugekommen). Kurzfristig orientierte Aktionäre, die jetzt verkaufen, profitieren vom kurzzeitig kursttreibenden Effekt. Langfristig orientierte (egal ob alte oder jetzt neu einsteigende) Aktionäre hingegen sehen in die Röhre, denn bei der nächsten Branchenkrise bricht das Geschäft und der Aktienkurs ganz genauso ein. Bei mir als Aktionär wäre die Bereitschaft zu einer KE in deutlich geringerem Maß vorhanden, da das Management demonstriert hat, dass sie mit Geld nicht umgehen können, sondern es hervorragend prozyklisch zu überteuerten Kursen verbrennen.

@ chfin: Schau dir doch mal an, wann und zu welchen Kursen beispielsweise DNOW und NOV große Aktienrückkäufe durchzogen und wo der Kurs jetzt steht.

Nach meiner Erfahrung sind Aktienrückkäufe ein extrem prozyklisches Verhalten, dass in guten Zeiten zu Mondpreisen gerne praktiziert wird (am besten auf Kredit), um den Kurs zu treiben und dem Management hohe Belohnungsoptionen zu sichern.
Aber in harten Zeiten, wenn der Kurs nahe dem Buchwert rangiert, wird es herzlich selten durchgezogen - wenn es sogar den inneren Wert für die verbleibenden Aktionäre steigern könnte.

Für mich sind Aktienrückkäufe zu vielfachen Buchwertmultiples sehr häuig ein Warnsignal für den Aktionär, ein Zeichen für anstehende Geldverbrennung. In solchen Zeiten verkaufe ich eine Aktie lieber als dass ich dort einsteige.

chfin - Donnerstag, 4. Januar 2018 - 22:16
Rückkäufe auf Kredit bei Kursen oberhalb des Buchwerts sind oft ein Warnzeichen. Einverstanden. Szenario war

>Wenn eine Firma Geld über hat

D.h. es geht nicht um Rückkäufe auf Kredit. Und es geht auch nicht um die Ausschüttung notwendiger Reserven für schlechte Zeiten.

In dem Fall scheint es mir deutlich sinnvoller, nicht 25-30% des überschüssigen Kapitals via Dividendenbesteuerung an den Staat statt an den Aktionär zu zahlen sondern statt dessen den gesamten Betrag zu nutzen, um die Aktienanzahl zu reduzieren und somit den zukünftigen Gewinn pro Aktie zu erhöhen.

Beispiel mit etwas schrägen Zahlen um den Gedankengang besser darzustellen:

1 Mio diskontierter Ertrag der Firma, also theoretisch 1 Mio Marktkapitalisierung
keine Schulden, dafür 500.000 nicht benötigtes Kapital vorhanden
1 Mio Marktkapitalisierung verteilt auf 100.000 Aktien je Kurs 10

Rückkaufszenario
50.000 Aktien je Kurs 10 = 500.000, es verbleiben 50.000 Aktien
Ertragswert unverändert 1 Mio, also immer noch 1 Mio Marktkapitalisierung
Bei 50.000 Aktien steigt der Kurs auf 20.- pro Aktienanzahl
(davon 10.- unversteuerter Kursgewinn).

Dividendenszenario
500.000 ausgeschüttet auf 100.000 Aktien macht 5 je Aktie, nach Steuern ca. 3,5 je Aktie
Ertragswert unverändert 1 Mio, dito Marktkapitalisierung und Aktienzahl.
Macht also Kurswert unverändert 10.- pro Aktie.

10.- Kursgewinn vor Steuern sind mir lieber als 5.- Dividende vor Steuern. Zumal ich im Kursgewinnfall mir selbst aussuchen kann, wann ich den Gewinn realisiere.

Was verstehe ich da falsch?

isabellaflora - Freitag, 5. Januar 2018 - 10:52
... und die Moral von der G'schicht ;-)

al_sting ist als shareholder motiviert,
chfin hingegegen eher Spekulant.

Beide Ansätze haben ihr Für und Wider - die Kunst ist es, zwischen diesen beiden Arten des Investments tätig zu sein.

Gruß isa

P.S. @stw - einen Benutzermanager wie hier gibt es auf Deinem Block wohl nicht? Man muss also facebook etc -Jünger sein ;-(

al_sting - Freitag, 5. Januar 2018 - 11:15
"10.- Kursgewinn vor Steuern sind mir lieber als 5.- Dividende vor Steuern. Zumal ich im Kursgewinnfall mir selbst aussuchen kann, wann ich den Gewinn realisiere."
Dem stimme ich zu, sofern die Kursgewinne denn dauerhaft sind. Aber genau das sehe ich so nicht, ich halte die Kursgewinne nur kurzfristig für gegeben.

Vielleicht liegt es an meinem speziellen Annahmen von Wirtschaft und Börsen, also gehe ich noch einen Schritt zurück und schaue mir die Grundannahmen an. Wenn
a: Unternehmen sich stetig aufwärts entwickeln und nicht von Branchenzyklen abhängen und
b: die Börse in Kenntnis aller Informationen die rational beste Preisentscheidung trifft, nicht durch Stimmungsschwankungen beeinträchtigt (Markteffizienzhypothese),
dann stimme ich deiner Einschätzung ohne Einschränkungen zu.

Aber ich gehe davon aus, dass
a: die Wirtschaft und in ihr alle Branchen regelmäßigen Zyklen unterworfen sind und
b: die Börse am besten mit Grahams manisch-depressivem Mr. Market dargestellt werden kann, der die normalen Zyklen mit seinen Stimmungsschwankungen noch einmal massiv verschärft.
Dazu kommt, dass sowohl nach meiner Erfahrungen als auch nach einigen gelesenen Studien (ich kann dich gerne auf eine verweisen, wenn sie mir mal wieder über den Weg läuft) Aktienrückläufe extrem prozyklisch stattfinden. Aktien werden bevorzugt zurückgekauft, wenn die Lage glänzend (Gegenwart und Zukunftsaussichten der Firma sind sehr gut und die Aktien entsprechend sehr teuer sind. Gewinne sprudeln, wohin nur mit dem überschüssigen Geld?
Hingegen werden Aktien in Kapitalerhöhungen häufig ausgegeben (Börsengänge sind eine ganz andere Story), wenn die Lage düster ist. Gewinne versiegen oder sind zu Verlusten geworden, notwendige Investitionen sind aus eigener Kraft nicht zu stemmen, und die Kurse im Keller.
Der Langfristktionär ist der Leidtragende, wenn die Firma Aktien zu Höchstkursen weit über Buchwert kauft und zu Tiefstkursen um oder gar unter Buchwert lanciert.
Markttimining at its worst.

Dividenden entziehen sich jeglichem Markttiming: Den Aktionären wird zurückgegeben, was das Unternehmen nicht benötigt, abzüglich 25% (mancherorts auch 30-35%) Steuer für den Staat.

Damit stellt sich die Frage: Was kostet den Aktionär mehr, die stetigen, garantierten Steuer"verluste" von geschätzt 25% - 35% oder die wahrscheinlichen, in der Höhe aber unsicheren Wertverluste durch schlechtes Markttiming?
Nach meiner Überzeugung ist das Markttiming bei Aktienrückkäufen im Mittel so grottig und die Kursvola zwischen "I'm Happy" und "Die Welt ist schlecht"-Zeiten so heftig, dass für langfristig orientierte Aktionäre die Wertverluste durch Aktienrückkäufe in den meisten Fällen jene durch Steuern auf Dividenden bei weitem übertreffen.
Ich ziehe daher die sicheren, aber überschaubaren "Verluste" in Form von Steuern vor und kassiere gerne die Dividende. (Abgesehen finde ich es auch nicht verkehrt, wenn über die Steuern die ganze Gesellschaft von einer florierenden Wirtschaft profitiert, aber das ist eine eher gesellschaftlich-politische Ansicht und damit hier OT.)

Wenn man von Aktienrückkäufen profitieren will, sollte man m.E. zum Zeitpunkt der höchsten Rückkäufe (also dem höchsten Kurseffekt durch Verknappung) seine Aktien eher verkaufen, aber eben nicht kaufen.

Ausnahmen: Bei Kursen unter Buchwert bin auch ich ein Anhänger von Aktienrückkäufen, weil damit der Buchwert gesteigert werden kann (So ein Beispiel war Balda/Clere). Das gilt auch bei etwas höheren Werten, wenn der innere Wert dank immaterieller, aber materialisierbarer Werte dem Buchwert liegt, siehe Berkshires Rückkaufankündigung bei 1,2-fachem Buchwert, die ich begrüße.
Ich kann auch noch weitere Aufschläge im Faktor 1,5 gutheißen, weil ich hier davon ausgehe, dass die Steuerverluste der Dividende und die Buchwertverluste bei Aktienrückkauf grob auf einer Ebene liegen.
Aber auch mit diesen ganzen Disclaimern kommt man kaum auf die Bewertungsmultiples, die bei vielen rückkaufbegeisterten Werten derzeit gezahlt werden.

PS: Die Diskussion hat sich weit von Ebay entfernt. Bei Interesse kann ich sie in einen eigenen Thread "Dividende versus Aktienrückkäufe" auslagern.

PPS: Mein Anlagezeitraum liegt zwar erfahrungsgemäß eher bei einem halben bis zwei Jahren, aber mein Analysehorizont liegt eher bei 5 Jahren aufwärts. Ich will, dass die Zeit mein Freund ist, nicht mein Risiko, und dass ich ohne Bedenken auch 5 Jahre aufwärts halten könnte.

chfin - Freitag, 5. Januar 2018 - 14:49
@ Al_sting
Danke für Deine Sichtweise. Ich glaube, wir benötigen keinen neuen Thread, oder sind noch neue Argumente in Sicht.

al_sting - Freitag, 5. Januar 2018 - 14:59
Könnte ja sein, dass du meine Sichtweise argumentativ in der Luft zerreisst. ;-)

stw - Freitag, 5. Januar 2018 - 18:08
zurück zu eBay: ich habe kürzlich eBay nach Jahren mal wieder genutzt und bin sehr enttäuscht von der Plattform. Das ist nicht mehr State-of-the -art im Jahre 2017.

Ich denke eBay wird langsam aber sicher von Alternativplattformen verdrängt werden. Ich würde mich da nicht von einer vergleichsweise günstigen Bewertung blenden lassen, die hat seinen guten Grund denke ich. eBay ist fast schon ein Legacy-Produkt - reif für die Ablösung durch etwas moderneres... zumindest ist das meine aktuelle "User Experience"

@isabellaflora: ich habe kürzlich auch anonyme Gastkommentare auf dem Blog ermöglicht. d.h. Du musst nicht bei Facebook o.ä. angemeldet sein, um kommentieren zu können- Allerdings muss ich solche anonymen Kommentare erst freigeben, bevor sie erscheinen.

muc - Donnerstag, 1. Februar 2018 - 16:05
Nach Bekanntgabe der Quartalszahlen steigen ebay heute um 13 %, sind aber gegenüber den exorbitanten Bewertungen anderer Internetwerte immer noch günstig. Vielleicht ist die Plattform - wie stw feststellt - , nicht state of the art, aber der Wandel des Geschäftsmodells sollte nicht unbeachtet und ohne Auswirkung bleiben.

Für mich ist ebays Verhältnis zu AMAZON wie Disney zu Netflix. Der eine verdient Geld und der andere wächst stark.

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