Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Swiss Re
helmut - Samstag, 19. Februar 2011 - 21:35
In dieser Woche hat die Swiss Re das Jahresergebnis 2010 gemeldet. Ich stelle dazu einen Auszug aus einem Artikel in der Finanz und Wirtschaft hier ein - Kommentar dazu folgt gleich nach:

Besser am Ergebnis partizipieren sollen die Aktionäre – und damit wohl auch die Kurshalbierung in Swiss Re vergessen, die 2007 und 2008 auf die Verbuchung riesiger Verluste aus Kreditderivaten folgte. Die nunmehr zurückerlangte operative Ertragskraft ist Auslöser des Antrags zur Dividendenerhöhung von 1 auf 2.75 Fr. je Aktie. Gemäss Konzernchef Stefan Lippe lassen die Geschäftspläne des Rückversicherers erwarten, dass der Gewinn je Aktie während der nächsten Jahre um durchschnittlich 10% pro Jahr steigt.
Die Anleger haben die Neuigkeiten mit Erleichterung aufgenommen. Die angekündigte Ausschüttung, die verrechnungssteuerfrei aus früheren Kapitaleinlagen bezahlt werden soll, lässt eine Rendite von 4,6% errechnen. Damit ziehen Swiss Re mit den Papieren des Wettbewerbers Münchener Rück gleich, die nach geplanter Dividendenaufstockung 5% rentieren.
Ratingaufbesserung verdient
Zur Stimmungsaufhellung beigetragen hat auch die auf 27 Mrd. $ hoch gehaltene Kapitalkraft. Sie lässt es für wahrscheinlich halten, dass das vor zwei Jahren gekürzte Bonitätsrating bald von Einzel-A auf Doppel-A hochgestuft wird. Gleich 10 Mrd. $ mehr Risikokapital, als gemäss üblichen Ratingvorgaben für die angestrebte bessere Note notwendig sei, könne der Konzern vorweisen, betonte Finanzchef George Quinn an der Jahreskonferenz.
Die jahrzehntelang gepflegten Kundenbeziehungen haben die Wirren der letzten Jahre gut überlebt. Im Januar sind Kontrakte von 6,8 Mrd. $ – etwa zwei Drittel des gesamten Schadenversicherungsvolumens – zur Erneuerung angestanden. Ein Viertel der Vertragssumme ist zwar gestrichen worden, doch Ersatz- und Neugeschäfte haben mehr als kompensiert.Dass Swiss Re weniger Preiserlasse gewährte, als die Indikatoren für den Gesamtmarkt anzeigten, belegt gemäss Konzernchef Lippe das qualitätsorientierte Handeln des Unternehmens. Diese Aussage lässt sich anhand der Resultate von Münchener Rück und der mittelgrossen Partner Re erhärten. Zwar zogen die Konkurrenten im Rückversicherungsbereich mit der Einnahmensteigerung um 8 bzw. 19% der Schweizer Rück, deren Prämiensumme im vergangenen Jahr 13% schrumpfte, weit davon. Doch der Schweizer Konzern hat die Ertragskraft besser geschützt. Wegen der Häufung grosser und teurer Naturkatastrophen und Unfälle hat sich die Gesamtkostenquote im Jahresvergleich 5 Prozentpunkte auf 93,9% der Einnahmen verschlechtert. Partner Re musste indes eine wuchtigere Mehrbelastung auf eine Quote von 95% hinnehmen, und die Münchener gar einen vollständigen Verzehr der Einnahmen (Quote 100,5%).Die guten Leistungen bringen Selbstsicherheit zurück in die Swiss Re (vgl. Kennzahlen). Den Belastungen im Schadenrückgeschäft stand im vergangenen Jahr eine Steigerung in den Deckungsangeboten für Vorsorge- und Lebensversicherungskunden gegenüber. Der Anlageertrag erhöhte sich, geprägt von geringeren Wertminderungen. In Summe wurde der Betriebsgewinn auf 2,7 Mrd. $ verdreifacht. Wird vom Sonderaufwand für die Rückzahlung des Wandeldarlehens an Warren Buffetts Berkshire Hathaway abgesehen, bleibt ein Überschuss von 2 Mrd. $ bzw. umgerechnet 5.50 Fr. je Aktie.Swiss Re kann die gute Ausgangslage für eine renditeoptimale Entwicklung der Bereiche Rückversicherung, Grosskundenversicherung und Betreuung geschlossener Lebensversicherungsportefeuilles (Admin Re) nutzen. Dazu wird der Generalversammlung vom 15. April die Bildung einer Holdingstruktur beantragt. Als Resultat soll über die kommenden Jahre eine je Aktie durchschnittlich 10%ige Gewinnsteigerung drinliegen.
Chancen trotz Gegenwinds
Swiss Re hat am Aktienmarkt Glaubwürdigkeit zurückerlangt. Die moderat gehaltene Schätzung lässt für 2011 einen Überschuss von 2,2 Mrd. $ bzw. umgerechnet 6.10 Fr. je Anteil erwarten. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10 sind die Papiere auf Branchenschnitt bewertet.
Dennoch ist ihnen einiges zuzutrauen, denn auf mittlere Frist sind die Perspektiven wohl überdurchschnittlich. Wolkenlos blau ist der Himmel über der Assekuranz allerdings nicht. Die erhebliche Marktsättigung und der wegen der Niedrigzinsen wohl knapp bleibende Anlageertrag bremsen das Gewinntempo.

helmut - Samstag, 19. Februar 2011 - 22:04
Die Aktie hat auf die Zahlen hin einen Sprung auf 60 sfr gemacht, trotz deutlichem Präemienrückgang, Eigenkaptialrendite von nur 3,6%, einem Gewinn je Aktie von 2,64 sfr (und damit KGV 2010 von weit über 20).

Der Artikel beschreibt ganz gut die Hintergründe für die postive Reaktion. Die Swiss Re hat mit diesem Abschluss das Wandeldarlehen an Buffet mit Agio getilgt und hat trotzdem jetzt ein Eigenkapital von 25 Mrd. US$ (ca. 77 sfr je Aktie). Und dieses Eigenkapital ist für einen Rückversicherer die Ertragsbasis. Und dass die neue Führung das Rückversicherungsgeschäft versteht, sieht man auch an den Zahlen. Der Vergleich der Entwicklung der Schadenquote im Artikel mit der Partner Re und der Münchener Rück zeigt die Qualität des Geschäftes auf. Und der CEO Stefan Lippe ist ein Schwabe - bei ihm bin ich sicher, dass er konservativ bilanziert und eine konservative Geschäftsausrichtung verfolgt. Und die Ziele die er ausgibt, sind sicher so festgelegt, dass sie mir hoher Wahrscheinlichkeit einzuhalten sind.

Swiss Re bleiben damit für mich eine sehr gute Halteposition zumindest bis der EK-Wert je Aktie erreicht ist. Und solange dieser ansteigt, (Ziel 10% p.a.) steigt auch mein Kursziel an.

Wo sind die Risiken: wie immer bei den Versicherern auf der Aktivseite. Ein sehr schneller Zinsanstieg könnte die Kapitalbasis kurzfristig nach unten drücken. Ein langsamer Anstieg wird dagegen zu einer verbesserten Ertragslage führen und wäre positiv.

Helmut

al_sting - Samstag, 19. Februar 2011 - 22:13
Glückwunsch!
Eine Verdreifachung bei so einem großen Wert - das gibt es nicht oft! Und du strebst noch mehr an.

Ich sehe schon: Wenn du das nächste Mal bei Finanzwerten zugreifst, kann man fast blind folgen. ;-)

chinaman - Sonntag, 20. Februar 2011 - 02:12
"Wo sind die Risiken: wie immer bei den Versicherern auf der Aktivseite"

Das ist völlig richtig ... Und was sehen wir da: Staatsanleihen, Staatsanleihen, Staatsanleihen und Bankenanleihen ...

Das wird alles noch sehr spannend bei einer (für mich keineswegs ausgestandenen) Finanzkrise.

helmut - Sonntag, 20. Februar 2011 - 20:06
al_sting:

Das mit Swiss Re war 2009 eine ziemlich einmalige Situation. Ich kenne die Firma ziemlich gut, deshalb hab ich mich (vor allem privat) in der Hoch-Zeit der Krise getraut, mich stark zu engagieren. Die Firma wurde wie ein Pleitekandidat gehandelt. In Normalzeiten ist eine so starke Performance tatsächlich kaum möglich. Und bei Allianz liege ich ja immer noch deutlich im Minus. Dort bin ich auf Vor-Krisen-Niveau eingestiegen und habe die Wirkungen weit unterschätzt. Blind folgen ist deshalb kaum zu empfehlen :-)

Chinaman:
Du hast völlig recht ... und ich denke auch, dass da noch was nachkommt. Ich glaube nur nicht an einen Default eines großen Staates. Kandidaten gäbe es mit Japan und USA zwar sehr prominente. Nur das wäre für niemanden verkraftbar. Meine These ist, dass das Problem über Inflationierung gelöst wird. Und damit meine ich nicht Hyperinflation. Eine Rate von 5 bis 8 % über 5 bis 10 Jahre wirkt da schon gewaltig. Deshalb gehe ich mittelfristig auch von höheren (Langfrist-)Zinsen aus. In so einem Umfeld würden Versicherungen profitieren. Die Volatilität würde aber sicher sehr hoch sein. Gute Nerven sind da sicher gefragt. Ein Problem wäre, wenn es zu schnell geht - dann würde die Kapitalbasis (über niedrigere Rentenkurse) schneller sinken, als der Neubestand durch den Geldzufluss auf das höhere Renditeniveau umgestellt werden kann. (Man muss bei Versicherungen immmer im Auge haben, dass diese einen enormen Neugeld-Zufluss haben bzw. über die Laufzeitsteuerung jedes Jahr Neuveranlagungen in Höhe eines hohen Prozentsatzes des Bestandes machen.)

chinaman - Montag, 21. Februar 2011 - 04:20
@ Helmut:

Default eines grossen Staates. Schwierige Frage. Einerseits ist dies bei einer Verschuldung in der eigenen Währung verbunden mit dem Privileg der Geldschöpfung über die Notenpresse wirklich schwer vorstellbar. Bekannterweise hat ja jetzt bspw. die FED China als grössten Gläubiger der USA abgelöst. Das zeigt, wohin die Reise geht ...

"Kontrollierte" Inflation. Mit Sicherheit der bevorzugte Lösungsweg der politischen Kaste weltweit. Die Abwertung der Staatsschulden würde auch theoretisch funktionieren. Praktisch bedarf es dazu aber dann auch des proportionalen Mitansteigens der nationalen Lohnsumme und der nationalen Gewinne. Schliesslich muss/soll ja auch das Steueraufkommen entsprechend steigen. Genau da wird es schwierig im Rahmen der Globalisierung.

Langfristzinsen. Steigende Langfristzinsen wären wirklich der normale Marktreflex. Fraglich bleibt aber die Finanzierbarkeit einer steigenden Verzinsung durch die Staaten. Die exorbitant hohen nominellen Schulden verbunden mit deutlich steigenden Zinsen wären ein explosives Gemisch für die Staaten. Mal sehen, wie es dann um die Unabhängigkeit der Notenbanken bestellt ist.

Versicherungen. Steigende Zinsen bedeuten (wie Du völlig richtig schreibst) Verluste der Kapitalbasis. Daran würde man natürlich die Versicherungsnehmer beteiligen (müssen). Inwieweit man dann auf Basis dieser Erfahrungenen noch weiter starkes Neugeschäft unterstellen kann ?

Fragen über Fragen ... Got Gold and Silver ?


Gruß
Chinaman

amateur - Dienstag, 1. März 2011 - 14:35
@chinaman: Ich stimmt Dir in allen Punkten zu bis auf einen. Den Punkt 'Versicherungen. Steigende Zinsen bedeuten Verluste der Kapitalbasis"' verstehe ich nicht.
Steigen die Zinsen, können die Versicherungen doch in höher verzinste Anleihen anlegen, also mehr Geld machen. Da der Garantierzins gesunken ist, bleibt ja mehr Geld bei ihnen hängen.
Gleichzeitig sollte ja die Anzahl der Neuverträge wieder steigen, da die Zinsen und damit die Rendite steigt, da vielleicht nach Abzug der Kosten sogar was übrig bleibt.
Wo ist mein Denkfehler?

chinaman - Dienstag, 1. März 2011 - 17:25
"Wo ist mein Denkfehler?"

Du übersiehst meines Erachtens die Kursentwicklung der vorhandenen Alt-Anleihen im Kapitalbestand der Versicherungen.

Steigende Zinsen = Kursverluste der Alt-Anleihen

amateur - Mittwoch, 2. März 2011 - 22:54
Recht hast Du. Ich sah den Wald vor lauter Bäumen nicht oder vor meinen eigenen Annahmen.
Ich bin davon ausgegangen, dass die Anleihen mit höheren Zinsen langsam aus den Depots der Versicherungen verschwunden sein sollten, da sie auslaufen. (Zumindest deute ich das Gerede der Versicherungsleute in Interviews so über die Dauerniedrigzinsen mit dem damit verbundenen Anlagenotstand.) Die Aktienquote der Branche selbst ist auf Rekordtief.
Umkehrschluss: Die Versicherungen haben nur noch neue Kurzläufer im Depot, können bei steigenden Zinsen eher schnell umschichten und sollten damit von einem stärkeren Verlust der Kapitalbasis verschont bleiben. Bei älteren Langläufern sollte es ja egal sein. Bis zum Schluss gehalten, können die die Kursverluste aussitzen.

helmut - Donnerstag, 31. März 2011 - 18:24
Die Versicherer haben naturgemäß mit dem Japan-Desaster gelitten. Langfristig ist das aber (so zynisch das klingt) geschäftsfördend. Morgen 1. April ist in Japan traditionell Erneuerungstermin. Ich gehe davon aus, dass die Prämien sehr stark gestiegen sind. Das Bewußtsein, dass solche Katastrophen passieren können und man sich auch (und gerade) für solche Fälle absichern muss, ist die Grundlage für das Geschäftssystem der Rückversicherer. Das Beste wäre, wenn sich einer der kleineren Bermuda-Anbieter, die sich auf das NATCat Geschäft gestürzt haben, in wirtschaftliche Schwierigkeiten käme. Dann wüsste jeder Vorstand eines Erstversicherers, dass er mit solchen Anbietern (die vielleicht ein bischen billiger anbieten) genau nicht die Sicherheit bekommt, die er sucht. Swiss Re hat sich aus Preis/Risikogründen in diesem Geschäft in letzter Zeit sehr zurückgehalten. Das zahlt sich jetzt aus. Zusätzlich wird Swiss Re heuer noch ein Rating-Upgrade bekommen. Dann steht einer Bewertung auf K/BW-Basis zumindest wie die MuRü nichts im Wege.
Helmut

helmut - Montag, 17. Juni 2013 - 11:44
Bei Swiss Re gab es eine relative große Kapitalrückzahlung (10% der MK). Der auch im Kursverlauf sichtbar ist. Die MK der Swiss re ist jetzt sicher schon so, dass es sich nicht mehr um eine "Schnäppchen" handelt. Ich habe privat auch mehr als die Hälfte vor der Auschüttung abgegeben. Andererseits handelt es sich um eine gute Firma bei immer noch moderater Bewertung. Wenn ich ein tolle Ersatz-Idee finde, dann wird Swiss re ausgetauscht.

al_sting - Montag, 17. Juni 2013 - 14:45
+ 280 % bei so einem großen Wert -Hut ab!
Das gelingt nicht oft!

Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Swiss Re
Eine Nachricht hinzufügen

Benutzername:   Dies ist ein privater Board-Bereich. Bitte geben Sie Ihre ID und Ihr Passwort an.
Passwort: