Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Lateinamerika
chinaman - Mittwoch, 11. Oktober 2006 - 04:34
Handelsblatt Nr. 191 vom 04.10.06 Seite 23


LATEINAMERIKAS SPITZENUNTERNEHMEN: Der Rohstoffboom beflügelt die Großen. Jetzt erreicht er auch die lokalen Märkte.

Stark - und das kontinuierlich

ALEXANDER BUSCH | SÃO PAULO Rasant steigende Erträge lassen sich für eine Wachstumsregion noch gut vorstellen. Doch wenn Gewinne und Umsätze über viele Jahre auch noch kontinuierlich steigen, überrascht das für Lateinamerika dann doch. Seit 2003 stiegen die Verkäufe der 500 größten Konzerne von Mexiko im Norden bis Feuerland im Süden um zwei Drittel. Die Gewinne legten sogar um mehr als das Doppelte zu. Allein im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftete die Unternehmenselite der Region ein Plus beim Umsatz von 22 und beim Gewinn sogar um knapp die Hälfte.

Unter den 500 Spitzenkonzernen der Region sind inzwischen 300 Unternehmen mit Umsätzen von über einer Milliarde Dollar. Vor drei Jahren war es noch knapp ein Drittel weniger. Nach den aktuellen Halbjahresberichten zu schließen, dürfte dieses Jahr erneut ein Rekordjahr werden", sagt Walter Molano von BCP Sec.

Doch nicht nur die hohen Zuwachsraten sind außergewöhnlich. Noch ungewohnter ist, dass die Firmen in der ganzen Region gute Ergebnisse erzielen und nicht, wie in früheren Zeiten üblich, nur einzelne Länder und Konzerne profitieren, während viele andere in die Krise schlittern. So wächst die Gesamtwirtschaft in Lateinamerika seit drei Jahren relativ gleichmäßig um mehr als vier Prozent - pro Jahr. Die Euro-Zone erreicht halb so viel.

Verantwortlich sind die steigenden Ölpreise und der weltweite Rohstoffboom. Beides bescherte der Region eine schnelle Konjunkturerholung nach den Krisen 2001 in Argentinien und ein Jahr später in Brasilien.

Erwartungsgemäß verzeichnen die Energie- und Bergbaukonzerne die stärksten Gewinn- und Umsatzzuwächse. Dadurch zementiert sich die Vorrangstellung der Versorger unter den 500 größten Firmen der Region. Pemex (Mexiko), PdVSA (Venezuela) und Petrobras (Brasilien) stehen seit 15 Jahren an der Spitze der Unternehmensliste. Doch Größe sagt wenig über Rentabilität aus. Das zeigen gerade diese beiden Energiegiganten: Pemex war vergangenes Jahr mit 87 Milliarden Dollar das umsatzstärkste Unternehmen Lateinamerikas, aber gleichzeitig mit einem Verlust von sieben Milliarden Dollar auch der größte Verlustbringer. Wie beim venezolanischen Konkurrenten PdVSA saugt der kontrollierende Staat die Gewinne als Steuern ab und beschränkt damit die Expansion beider Konzerne.

Dass es auch anders geht, beweist Petrobras in Brasilien: Dort besitzt der Staat zwar weiterhin die Kontrolle. Da jedoch 40 Prozent der Aktien des Konzerns von privaten Investoren gehalten werden, kann das Management den gierigen Staat auf Distanz halten: Mit zehn Milliarden Dollar Gewinn und 59 Milliarden Dollar Umsatz führt der brasilianische Energiekonzern 2005 die Liste der Top-Unternehmen beim Gewinn an.

Trotz solch prominenter Staatskonzerne an der Spitze sinkt der staatliche Einfluss auf die Unternehmen kontinuierlich. Bis auf die eben genannten befindet sich unter den Großen nur noch der chilenische Kupferspezialist Codelco vollständig im Gemeinwohl. Die Stahl- und Bergbaufirmen, die ebenfalls von der boomenden Nachfrage auf dem Weltmarkt profitieren, wurden bereits in den 90er-Jahren privatisiert.

Betrachtet man die Bilanzen, so fällt auf, dass sich der Aufschwung in mehr Branchen mit überdurchschnittlichem Gewinnwachstum in den lokalen Märkten fortsetzt. Dieser Trend dürfte sich 2006 noch verstärken. Steigende Umsätze verzeichnen vor allen Bau- und Telekomkonzerne, die Flugbranche, aber auch Brauereien und Getränkehersteller. Das gilt besonders für die zwei mit Abstand größten Märkte der Region: Brasilien und Mexiko. Gemessen an der Wirtschaftskraft, sind beide Länder etwa gleich groß. Zusammen vereinen sie rund 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts Lateinamerikas. Beide Standorte zogen in den vergangenen zehn Jahren jeweils ein Drittel der ausländischen Direktinvestitionen in der Region an. Dennoch finden sich in Brasilien mit 200 Konzernen deutlich mehr große Adressen unter den Top 500 als in Mexiko (140).

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Boston Consulting Group in ihrer Studie über die künftige Wettbewerbsfähigkeit. Die Unternehmensberater haben weltweit 100 Unternehmen aus den Wachstumsmärkten (Emerging Markets) ausgemacht, die künftig zu den Großen weltweit zählen werden. Neben chinesischen und indischen Konzernen kommen zwölf aus Brasilien und nur sechs aus Mexiko. Sonst findet sich kein anderes lateinamerikanisches Unternehmen in der Auswahl.

Wie zu erwarten sind darunter rohstoffnahe Unternehmen wie Brasiliens Bergbaukonzern CVRD und der Stahlriese Gerdau. Aber es finden sich auch die Lebensmittelhersteller Sadia und Perdigão. Weltweit zur Spitzengruppe zählen zudem Getränkekonzerne wie Femsa aus Mexiko. Die Märkte wachsen also in der Breite. Im Unterschied zu den Emerging Markets in Indien und China gibt es allerdings nur wenige Technologie- und Maschinenbaukonzerne. Ausnahmen sind brasilianische Konzerne wie Weg (Elektromotoren) und Embraco (Kompressoren).

Die Wettbewerbsfähigsten eint eine ähnliche Vergangenheit: Sie gingen aus den Krisen der 80er- und 90er-Jahre gestärkt hervor. "Als die Multis und Banken sich zurückzogen, nutzten die lokalen Investoren die Chance und bauten starke Konzerne auf", analysiert Boston Consulting, "entstanden sind hoch wettbewerbsfähige Unternehmen, die sich von Anfang an in ungeschützten Märkten behaupten mussten."

Konzeption: Ulf Sommer Datenmaterial: Research

Busch, Alexander



04. Oktober 2006

chinaman - Montag, 23. Oktober 2006 - 05:17
Lateinamerikas Wirtschaft boomt
Chile sieht sich als Plattform für deutsche Firmen - Treffen des Ibero-Amerika Vereins
Von Hildegard Stausberg

Stuttgart - Die Wirtschaft in Lateinamerika hat Tritt gefasst. Das regionale Bruttoinlandprodukt wird in diesem Jahr um 5,3 Prozent zunehmen. Die weltweite Nachfrage nach Rohstoffen und ein international niedriges Zinsniveau treiben das Wachstum. Dabei ist es bemerkenswert, dass auch in Ländern mit politischen Unsicherheiten das Wirtschaftswachstum nicht gebremst worden ist. Peter Rösler vom Ibero-Amerika Verein Hamburg diagnostiziert deshalb für die Region einen "Prozess der Abkopplung der Wirtschaft von der Politik".

Allerdings wurde beim traditionellen Lateinamerikatreffen des Ibero-Amerika Vereins, dass dieses Jahr in Stuttgart stattfand, auch klar, dass die Region vor großen Herausforderungen steht. Vor allem in den beiden größten Volkswirtschaften Mexiko und Brasilien könnten nur tief greifende Strukturreformen bleibende Impulse geben. In Brasilien tätige deutsche Firmenvertreter klagten in Stuttgart außerdem über die überbewertete brasilianische Währung Real. Im Übrigen bekämen die dortigen Hersteller immer mehr den Druck der Konkurrenz aus Fernost zu spüren: So sei China für Maschinenproduzenten eine riesige Herausforderung, denn die Lohnkosten in Brasilien seien zwar etwa fünf mal so niedrig wie in Deutschland, aber immer noch zehnmal höher als in Asien. Außerdem wurde beklagt, dass in Brasilien die Steuerlast so hoch sei wie in Deutschland, aber ohne jeden Gegenwert.

Ehrengast des diesjährigen Treffens war Chiles Staatspräsidentin Michelle Bachelet. Ihr Wirtschaftsminister Alejandro Ferreiro empfahl sein Land als Plattform für deutsches Engagement in Lateinamerika: "Wir haben stabile wirtschaftlich Rahmenbedingungen, seriöse Finanzen und absolute Rechtssicherheit", sagte er.

Ferreiro sagte, die chilenische Wirtschaft sei in den vergangenen 15 Jahren um durchschnittlich 5,7 Prozent gewachsen, und die Inflationsrate sei von 27,3 auf vier Prozent gefallen. Er wies darauf, dass das World Economic Forum Chile weltweit auf Platz 27 bei der Wettbewerbsfähigkeit gesetzt habe - Spanien liegt hinter Chile, das nächste lateinamerikanische Land ist Mexiko auf Platz 58. Er bedauerte allerdings, dass Europa und vor allem auch Deutschland sich immer weniger in Chile engagierten: Von einem Warenexportvolumen von 40 Mrd. Dollar (31,8 Mrd. Euro) entfielen 2005 nur noch 1,6 Mrd. Dollar auf die Bundesrepublik; auch bei den Direktinvestitionen liege Deutschland in der Europäischen Union nur noch an dritter Stelle.

Marienne Munhoz von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG lobte Chile als die "stabilste und prognostizierbarste Wirtschaft" der ganzen Region: "Wenn es ums Investmentrisiko geht, setzen viele Unternehmer Chile sogar mit europäischen Volkwirtschaften gleich.".

Artikel erschienen am 21.10.2006

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Die Welt

chinaman - Freitag, 3. November 2006 - 04:10
Handelsblatt Nr. 211 vom 01.11.06 Seite 29


Wahl gibt kaum Impulse

Bis zum Jahresende sehen Investoren an der brasilianischen Börse nur noch geringes Kurspotenzial

ALEXANDER BUSCH | SAO PAULO Der deutliche Gewinn des brasilianischen Präsidenten Luis Inácio Lula bei den Stichwahlen hat die Anleger nur noch wenig beeindruckt. Allerdings hatte der brasilianische Börsenindex Bovespa bereits bis zu zehn Prozent zugelegt, als Lulas Sieg nach dem verlorenen ersten Wahlgang immer wahrscheinlicher wurde. Kurzfristig sehen Portfolio-Investoren nun nur noch wenig Potenzial für brasilianische Aktien. Bis Ende 2006 dürfte sich der Index seitwärts bewegen.

"Zur Zeit sind Prognosen für Brasiliens Börse schwer möglich", sagt Marcelo Mesquita, Chefstratege von der UBS, "niemand kann vorhersagen, wie die nächste Regierung aussehen wird." Er hält deshalb die Börse bei einem Stand von 40 000 für gut bewertet. "Steigen die Kurse, kommt es zu Gewinnmitnahmen", beobachtet Mesquita.

Zwar zeigt der erste Wahlkampf seit 20 Jahren ohne eine Krise an den Finanzmärkten, dass Lula die Rahmenbedingungen für Brasiliens Wirtschaft stabilisiert hat. Doch jetzt muss das Land stärker wachsen; in diesem Jahr waren es drei Prozent. Wie das gelingen soll, weiß Lula selbst noch nicht: Seine Parteigenossen im Kabinett sind für eine schnellere Zinssenkung zur Konjunkturbelegung auf Kosten der Inflation. Die Zentralbank dagegen will die Inflation niedrig halten und die Auslandschulden weiter reduzieren - auf Kosten des Wachstums. Die Chancen stehen gut, dass Lula seinen bisherigen konservativen Kurs beibehalten wird. Zweifel bestehen allerdings daran, dass Lula die politische Kraft oder den Willen für umfangreiche Reformen im Rentenoder Steuersystem aufbringt. Dringend gelöst werden müssen die hoch defizitäre Rentenversicherung und die erdrückende Steuerlast, welche die Wirtschaft in den informellen Sektor drängt und Investitionen behindert. Es fehlt an Investitionen in Straßen, Kraftwerke, Häfen und dem Schienennetz.

Doch auch wenn kaum zu erwarten ist, dass die Regierung noch bis zum offiziellen Amtsantritt Anfang 2007 mit Reformvorschlägen die Börsenaussichten aufhellen wird, beeinflussen auch die Entwicklung der Weltwirtschaft und die Bewegungen der US-Börse die Kurse der brasilianischen Aktien. So halten einige langfristig orientierte Anleger die Papiere mit einem prognostizierten Kurs-Gewinn-Verhältnis von 9 (für Ende 2006) für attraktiv.

Mehrheitlich wird erwartet, dass der Bovespa-Index bis zum Jahresende stärker schwanken wird, weil Investoren sensibel auf die Verhandlungen über die Besetzung der Ministerämter und sonstigen Schlüsselpositionen der Wirtschaft in der Regierung reagieren werden. Doch das schafft Einstiegsmöglichkeiten. "Kurseinbrüche sind interessant in den Branchen Öl, Energieerzeugung, Konsum und Telekom", sagt Mônica Araújo, Chef-Analystin vom Finanzmakler Ativa Corretora.

Nach dem detaillierten Konjunkturbericht von MB Associados, einem Finanzberatungsunternehmen, sind die Wachstumsaussichten 2007 am besten im Ölund Bergbausektor. Davon könnten die beiden brasilianischen Blue-Chips Petrobras und CVRD profitieren.

Auch die rohstoffnahen Stahlkonzerne sind interessant, weil sie einerseits von den hohen Preisen für ihre Produktpalette profitieren, sowie vom Infrastrukturboom (Gerdau) und vom steigenden PKW-Absatz (Usiminas). Brasiliens Autoindustrie wird dieses Jahr einen Produktionsrekord fahren. Im Fokus steht daher auch der Börsengang des wichtigsten Biodieselhersteller Brasil Ecodiesel Anfang November. Und auch Zulieferer und Dienstleister für die Rohstoffbranchen profitieren von den guten Aussichten ihrer Kunden: Das gilt etwa für den Waggonbauer Maxion oder den Schienenspediteur ALL America Latina.

Die Konsumgüterindustrie dagegen kommt durch die Importe wegen des starken Reals unter Druck. Andererseits profitieren der Einzelhändler Pão de Açucar (CBD) oder die Kaufhauskette Lojas Americanas mit einem starken Internet-Geschäft von den sinkenden Zinsen. Auch die Aktien der Fluggesellschaften Tam und Gol haben noch Potenzial wegen der gestiegenen Einkommen der Brasilianer und der bevorstehenden Sommersaison. Die Banken wie Bradesco, Itau und Unibanco dagegen haben nach mehren Rekordgewinnen ihre Kurspotenziale ausgeschöpft.

Busch, Alexander



01. November 2006

soleneve - Dienstag, 7. November 2006 - 10:37
"Auch die rohstoffnahen Stahlkonzerne sind interessant, weil sie einerseits von den hohen Preisen für ihre Produktpalette profitieren, sowie vom Infrastrukturboom (Gerdau) und vom steigenden PKW-Absatz (Usiminas). "

Den Infrastrukturboom gibts ja (noch) gar nicht, sonst wäre das Wachstum höher. Aber jetzt soll Gerdau Minister werden, da kann er das beeinflussen (wobei ich nicht weiß, wie die möglichen Interessenkonflikte gehandhabt werden).
Gruß
Soleneve

chinaman - Mittwoch, 22. November 2006 - 14:40
Handelsblatt Nr. 224 vom 20.11.06 Seite 32


Latino-Börsen ziehen an

Analysten sehen brasilianischen Aktienmarkt als unterbewertet an - Fusionen treiben Kurse

ALEXANDER BUSCH | SAO PAULO ANNE GRÜTTNER | BUENOS AIRES In den letzten zwei Wochen sorgten vor allem ausländische Investoren dafür, dass die Aktienmärkte Lateinamerikas zum Jahresendspurt angesetzt haben: Der mexikanische Börseindex IPC legte acht Prozent zu, Brasiliens Bovespa hält sich über der Rekord-Marke von 40 000 Punkten. Und auf den Anleihemärkten sank der Spread, also die Zinsdifferenz gegenüber den als sicher geltenden US-Schatzanleihen, auf historische Tiefstände.

Die Märkte schließen damit an die positive Entwicklung im bisherigen Jahresverlauf an. Denn es geht ein Superwahljahr in Lateinamerika zu Ende - nur in Ecuador und Venezuela werden die Präsidenten noch gewählt. Die Bilanz: Bei den bisher elf Wahlen wurden fast überall marktfreundliche Kandidaten gewählt. Entsprechend positiv entwickelten sich die Börsen und Anleihemärkte: Die Aktienmärkte weisen von allen Weltregionen im bisherigen Jahresverlauf die höchste Rendite auf. Spitzenreiter ist die Börse Peru mit einem Plus von 132 Prozent.

Der Grund für die Kurssteigerungen ist neben den aus Marktsicht erfreulichen Wahlergebnissen der gute Konjunkturausblick: Der IWF erwartet, dass Lateinamerika nächstes Jahr 4,25 Prozent wachsen wird, nach 4,75 Prozent in diesem Jahr. Der leichte Rückgang in der Prognose liegt vor allem an den Rohstoffpreisen, die nach der dreijährigen Hausse, nicht mehr weiter steigen dürften. Dafür wird aber in Brasilien und Chile die lokale Nachfrage zulegen und für einen BIP-Anstieg in den Ökonomien sorgen, schätzt die Schweizer Großbank UBS.

Auch die guten Quartalsberichte in der Region haben die Börsen belebt. Entscheidend für die starken Kurszuwächse sind aber die zahlreichen Unternehmensfusionen und Übernahmen. So hat Brasiliens Eisenerzkonzern CVRD gerade den kanadischen Nickelproduzenten Inco geschluckt. In Mexiko will der Medienmilliardär Carlos Slim sein Handykonzern America Movil mit seinem Festnetzbetreiber America Telekom fusionieren und die Tochter der Telecom Italia in Brasilien übernehmen. Dadurch würde der Konzern mit der größten Börsenkapitalisierung Lateinamerikas entstehen. Der mexikanische Zementriese Cemex verhandelt über den Kauf des australischen Baumaterialanbieters Rinker. Neben diesen Milliardendeals existiert eine lange Liste an kleineren Fusionen über die Grenzen hinweg. Mit Übernahmen von rund 90 Mrd. Dollar bis Anfang Oktober hat sich das M&A-Volumen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bereits mit dem Faktor 2,5 multipliziert, berichtete der Finanzdienstleister Thomson Financial. Zudem hat der IPO-Boom in Brasilien das Interesse an Aktien erhöht: Trotz der Schwächephase der Börse zur Jahresmitte haben 2006 rund 30 brasilianische Unternehmen ihre Aktien erstmals an der Bovespa gelistet oder ihr Kapital erhöht.

Ausländische Investoren können an dem Boom aber nur begrenzt teilhaben. Denn die Indexgewinne etwa in Venezuela, Argentinien oder Peru werden nur von einigen wenigen Aktien ausgelöst, die als ADR (Ersatzwertpapier) an der Wall Street meist keine Rolle spielen. Ausnahmen sind in Caracas der Telekomkonzern Can-TV, in Lima der Goldkonzern Buenaventura und in Buenos Aires der Stahlröhrenhersteller Tenaris. Deren Aktien sind auch an ausländischen Börsen ausreichend liquide.

Als Anlageziel für Investoren empfiehlt der auf Emerging-Markets spezialisierte Michael Keppler von Keppler Asset Management in New York derzeit vor allem Brasilien. "Peru, Mexiko und Argentinien sind bereits überbewertet", sagt Keppler. Für Brasiliens Aktien hat er ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10,4 ermittelt - günstiger als der Durchschnitt anderer Emerging-Markets von knapp 14.

Etwas getrübt sind die Aussichten in Ecuador, wo am 26. November in einer Stichwahl entschieden wird, ob der nächste Präsident der als marktfreundlich geltende Bananentycoon Alvaro Noboa oder der unorthodoxe Ökonom Rafael Correa heißen wird. Correa hatte für den Fall seines Wahlsiegs eine Schuldenrestrukturierung nicht ausgeschlossen; er liegt jedoch in den Umfragen deutlich hinter Noboa.

Doch auch Noboas Kandidat für den Vizepräsidentenposten hat angekündigt, die Zinsen für die zwölf Prozent Anleihe mit Fälligkeit im Jahr 2012 auf sechs Prozent kürzen zu wollen. Diese Unsicherheit schlägt sich in Risikoaufschlägen nieder. Dabei ist Ecuadors Schuldensituation eigentlich so entspannt wie lange nicht mehr. "Die öffentlichen Auslandsschulden haben jetzt ein relative moderates Niveau erreicht mit einem Schuldendienst von 3,5 Prozent des geschätzten BIP", schätzen die Experten von Goldman Sachs.

Busch, Alexander
Grüttner, Anne



20. November 2006

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