Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Wolseley
chinaman - Freitag, 29. September 2006 - 05:07
Handelsblatt Nr. 187 vom 27.09.06 Seite 14


INSIDE: WOLSELEY

Der Herr der Rohre

DIRK HEILMANN | LONDON Mit Schafschermaschinen fing alles an: 1887 gründet Frederick York Wolseley in Sydney ein Unternehmen, das Farmern die Arbeit erleichtert. Keine 20 Jahre später baut er in England Autos und begründet einen Vorläufer des Rover-Konzerns. Wechselvoll geht die Firmengeschichte weiter: Zu Agrarmaschinen kommen in den 50er-Jahren Elektrozäune, in den Sechzigern Heizungen. In den Siebzigern beginnt der Wolseley-Konzern mit Heizungs- und Sanitärzubehör zu handeln - und findet seine Erfolgsformel. Heute ist das Unternehmen mit Sitz in Reading bei London der Weltmarktführer im Heizungs- und Sanitärgroßhandel und ein führender Baustoffhändler.

Mit Übernahmen in den USA 1982 und in Frankreich 1992 ist der Konzern auf seine bis heute größten Auslandsmärkte vorgestoßen. Überall findet er die gleiche Situation vor: Der Heizungs- und Sanitärmarkt ist zersplittert und wartet nur darauf, aufgerollt zu werden. Wolseley hat sich zu einer wahren Akquisitionsmaschine entwickelt. Im Geschäftsjahr zum 31. Juli 2006 kaufte der Konzern mehr als eine Firma pro Woche - 53 Übernahmen für insgesamt 914 Millionen Pfund (1,4 Milliarden Euro). Und die größte Akquisition der Firmengeschichte krönte das Jahr: Für 1,4 Milliarden Pfund schluckte Wolseley die DT Group, den größten Baumaterialhändler Skandinaviens. Um die gestiegenen Schulden abzubauen, nahm Wolseley in einer Blitz-Kapitalerhöhung 650 Millionen Pfund ein.

Bei 158 Übernahmen in sechs Jahren müssten Anleger eigentlich nervös werden, doch Wolseley gibt ihnen keinen Anlass dazu. Der Konzern hat gerade das zehnte Rekordergebnis in Folge vorgelegt. Fünf Prozent organisches Wachstum plus fünf Prozent Zuwachs aus Übernahmen ist das erklärte Ziel. Im abgelaufenen Jahr waren in 26 Prozent Umsatzplus elf Prozent Wachstum aus eigener Kraft enthalten. Bei einem Umsatz von über 14 Milliarden Pfund stieg der Gewinn vor Steuern um ein Sechstel auf 769 Millionen Pfund.

Doch kann es in diesem Tempo weitergehen? Die Börse scheint zu zweifeln, denn die Wolseley-Aktie, deren Kurs sich innerhalb von drei Jahren mehr als verdreifacht hatte, ist seit dem Frühjahr um ein Viertel gesunken. Der Hintergrund: Der lange Bauboom kühlt sich in den USA und Großbritannien ab, und die französische Tochter steckt in der Umstrukturierung. Firmenchef Chip Hornsby ist dennoch optimistisch, und die Analysten geben ihm Recht. Was in den USA durch weniger Neubauten verloren ging, glich ein besseres Renovierungs-Geschäft aus. Das Unternehmen, das in den USA unter den Namen "Ferguson" und "Stock" auftritt, wuchs vier Mal so schnell wie der Markt. In Großbritannien stieg der Umsatz um zwei Prozent, obwohl der Markt schrumpfte. Hornsby erwartet für das neue Jahr mindestens eine hohe einstellige Wachstumsrate.

Doch das Hauptargument, das Analysten für Wolseley ins Feld führen, ist das enorme Potenzial, das die Konsolidierung des Baumaterialhandels bietet. Auf 700 Milliarden Pfund schätzt der Konzern den Markt - 50 Mal der eigene Umsatz also. Selbst auf seinen Hauptmärkten erreicht der Konzern gerade Marktanteile von sieben oder acht Prozent. Außerdem haben sich die Briten bisher gänzlich auf Nordamerika und Westeuropa konzentriert, und selbst hier haben sie noch große weiße Flecken auf der Karte.

Einer dieser Flecken ist Deutschland. Europas größter Markt steht ebenso auf der To-Do-Liste des Vorstands wie Spanien, Portugal und Polen. Neben der geografischen Expansion nimmt Wolseley aber auch benachbarte Branchen in Angriff. In Großbritannien ist das Unternehmen in den Großhandel für Elektriker eingestiegen und hat innerhalb eines Jahres Platz fünf erreicht. Die Akquisitionsmaschine rollt weiter.

heilmann@handelsblatt.com

Heilmann, Dirk



27. September 2006

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