Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Saurer
chinaman - Dienstag, 26. September 2006 - 06:14
Handelsblatt Nr. 184 vom 22.09.06 Seite 12


INSIDE: SAURER

Kein Honigschlecken

OLIVER STOCK | ZÜRICH Irgendetwas musste passieren. Das Schweizer Industrieunternehmen Saurer, weltweite Nummer eins im Bau von Maschinen für die Textilbranche, Nischenanbieter im Automobilzulieferbereich und mit zahlreichen Adressen in Deutschland vertreten, dümpelte über Jahre vor sich hin. Das Textilgeschäft schwächelte und der Automobilbereich war nicht groß genug, um die Rückgänge auszugleichen. Der Aktienkurs bot keine Perspektive - außer einer gewissen Übernahmephantasie: Schließlich würden sich Käufer eine glänzende Marke und ein Unternehmen zulegen, das noch immer solide Gewinne einfährt.

So etwas lockt Finanzinvestoren wie Frühstücksspeck die Wespen. Kein Wunder also, dass im Frühjahr tatsächlich etwas passierte: Der britische Hedge-Fund Laxey stieg im großen Stil bei Saurer ein und brachte das Management des Schweizer Unternehmens ins Schwitzen. Natürlich sollte es ein dauerhaftes Investment werden, und natürlich verabschiedete sich Laxey zu Beginn dieses Monats, als scheinbar aus heiterem Himmel das Schweizer Industrieunternehmen Unaxis, das sich gleichzeitig in OC Oerlikon umbenannte, Laxey ein unwiderstehliches Angebot machte.

Die Oerlikon-Gruppe, der Saurer in Wahrheit nicht erst seit diesem Monat aufgefallen ist, kaufte das Paket der Briten und hält nun direkt und indirekt eine knappe Mehrheit. Zu den 24,08 Prozent, die Oerlikon Laxey abkaufte, kommen Rechte zum Erwerb von weiteren 26,12 Prozent der Saurer-Aktien. Noch nicht endgültig ausgefochten ist der Preis, den Oerlikon den übrigen Saurer-Aktionären zahlen wird. Angesichts der bereits vorhandenen Mehrheit ist das jedoch ein Nebenkriegsschauplatz.

Damit sieht derzeit alles danach aus, als würde Saurer demnächst ein Teil eines weit verzweigten Industriekonglomerats, das nun wieder Oerlikon heißt und vielen noch unter dem Namen der einstigen Waffenschmiede Oerlikon-Bührle ein Begriff ist. Was bedeutet das für den traditionsreichen Textil- und Antriebsmaschinenhersteller? Ist Saurer gerettet oder gestorben? Ist Oerlikon ein weißer Ritter oder ein böser Bube?

Die Übernahme der Saurer-Mehrheit durch die Hintertür trägt die Handschrift der österreichischen Victory-Holding, die vor kurzem die heutige Oerlikon-Gruppe unter ihre Kontrolle gebracht hatte. Victory schwebt ein Technologiekonglomerat vor, das von der Vakuum- und Präzisionstechnologie und Komponenten für die Sonnenenergie von Oerlikon bis zu den Autoteilen und Webmaschinen mit dem Saurer-Aufdruck reicht. Viel mehr allerdings ist auch dem Oerlikon-Konzernchef Thomas Limberger nicht zu entlocken, der darauf achtet, dass er nicht mit allzu fixen Plänen Investoren und Mitarbeiter bei Saurer vergrault. Schließlich, so hofft er, soll die Übernahme als eine "freundliche" über die Bühne gehen.

Also heißt es: selber rechnen! Saurer und die Oerlikon-Gruppe werden im nächsten Jahr einen Umsatz von rund fünf Milliarden Franken (3,3 Milliarden Euro) erwirtschaften. Der addierte Börsenwert liegt bei 4,6 Milliarden Euro. Die Synergieeffekte, die sich aus dem Zusammenschluss der beiden Unternehmen ergeben können, stecken da nicht drin. Egal, wie hoch sie sein mögen - klar ist: Damit rückt die Oerlikon-Gruppe noch nicht wirklich in eine andere Gewichtsklasse auf.

Darüber hinaus bleiben die Sauerer-Probleme die alten. Die Gewinnmarge des Textil- und Automobilzulieferkonzerns ist mit 3,5 Prozent eher bescheiden. Limberger muss also durchsetzen, wozu er auch bei der Oerlikon-Gruppe verpflichtet wurde: Kosten senken und Verkäufe steigern. Für die Mitarbeiter des verschmolzenen Unternehmen bedeutet das sicher kein Honigschlecken. stock@handelsblatt.com

Stock, Oliver



22. September 2006

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