| chinaman - Samstag, 23. September 2006 - 10:28 |
| Handelsblatt Nr. 182 vom 20.09.06 Seite 20 Motorola kauft Funkchip-Experten für 3,9 Milliarden Dollar Übernahme von Symbol Technologies soll Geschäftskundengeschäft verbessern MATTHIAS EBERLE | NEW YORK Der wiedererstarkte US-Telekomausrüster Motorola baut sein Firmenkundengeschäft deutlich aus, indem er 3,9 Mrd. Dollar in die Übernahme des Software- und Geräteherstellers Symbol Technologies investiert. Beide Unternehmen hätten eine Fusionsvereinbarung unterzeichnet, teilte Motorola gestern mit. Symbol solle ein Eckpfeiler von Motorolas Netzwerk- und Geschäftskundenbereichen werden, hieß es weiter. Die bekanntesten Produkte des Unternehmens aus Holtsville im Bundesstaat New York sind Barcode-Scanner, die bei Handelskonzernen wie Wal-Mart eingesetzt werden, sowie mobile Taschencomputer für die Logistikbranche. Symbol hat darüber hinaus viel Geld in die Mikrochip-basierte Radiofrequenztechnik RFID investiert, die künftig die herkömmlichen Barcodes zur Identifizierung von Produkten ablösen soll. Diese Funketiketten erobern immer mehr Anwendungsbereiche und gelten unter Marktforschern als eine der chancenreichsten Zukunftstechniken. Sie stoßen unter anderem auch bei Rüstungsunternehmen oder staatlichen Organisationen wie dem US-Pentagon auf wachsendes Interesse. Analysten bewerteten den Kauf für Motorola in ersten Reaktionen als günstig. Sie verwiesen allerdings darauf, dass Symbol Technologies (Umsatz 2005: 1,77 Mrd. Dollar) in den vergangenen fünf Jahren vier Vorstandschefs verschlissen hat und vor wenigen Monaten zudem seinen Finanzvorstand auswechselte. Dennoch sei das Unternehmen "sehr gut positioniert und auf dem aufsteigenden Ast", sagte Analyst Gene Holmstead von der US-Investmentbank Caris & Company. Andere Anbieter von RFID-Technologie wie Intermec oder Zebra Technologies würden an der Börse deutlich höher bewertet. Allerdings ist die Entwicklung der Funketiketten kaum den Kinderschuhen entwachsen und stößt bisweilen noch auf technische Hürden. So musste Symbol in seinem jüngsten Jahresbericht einräumen, dass der RFID-Markt die hoch gesteckten Erwartungen bisher aus verschiedenen Gründen noch nicht erfülle. Unter anderem verwies das Unternehmen auf Anlaufkosten für die Entwicklung sowie auf "Unzuverlässigkeiten" dieser jungen Technologie. Symbol hatte im September 2004 den nordamerikanischen RFID-Spezialisten Matrics für 230 Mill. Dollar in bar übernommen. Branchenexperten mutmaßen, dass dieser Kaufpreis für eine vergleichsweise kleine IT-Firma zu hoch ausfiel. Symbol wies im Vorjahr zwar einen Gewinn von 32,3 Mill. Dollar aus, doch die Umsatzrendite lag unterhalb der Zwei-Prozent-Marke. Entsprechend hat der Aktienkurs von Symbol seine Bewertungen aus der Hochzeit der New Economy nie wieder gesehen. Bis vor wenigen Wochen lag der Börsenkurs mehr als 70 Prozent unter dem Höchststand des Boomjahres 2000. Erst mit handfesten Übernahmespekulationen im August, bei denen Motorola bereits als potenzieller Käufer genannt wurde, kam Schwung in die Symbol-Aktie. Gestern machten die Papiere an der New Yorker Börse einen Sprung um gut 15 Prozent und näherten sich dem Motorola-Übernahmeangebot von 15 Dollar je Aktie. Der weltweit zweitgrößte Handyhersteller nach Nokia will die Akquisition Ende 2006 oder Anfang 2007 abschließen. Die Übernahme bedarf allerdings noch der Zustimmung der Symbol-Anteilseigner und der US-Wettbewerbsbehörde. Motorola setzte im Vorjahr mit etwa 69 000 Mitarbeitern knapp 37 Mrd. Dollar um und erzielte dabei einen Überschuss von 4,58 Mrd. Dollar. Der US-Konzern galt lange Zeit als Verlierer der Telekom-Branche. Mit einer geschickten Marken- und Innovationspolitik sowie dem Verkaufserfolg der besonders flachen Design-Handys "Razr" hat Motorola aber längst wieder zurück in die Erfolgsspur gefunden. Eberle, Matthias 20. September 2006 |