Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Ciba
chinaman - Freitag, 8. September 2006 - 05:56
Handelsblatt Nr. 168 vom 31.08.06 Seite 12


INSIDE: CIBA SPEZIALITÄTENCHEMIE

Schlank oder mager?

OLIVER STOCK | ZÜRICH In dem Buch über die abenteuerlichen Reisen des Doktor Doolittle gibt es ein Fabelwesen namens "Stoßmichziehdich". Das arme Tier hat vorne und hinten einen Kopf und kommt nicht voran, weil es sich nie über die Richtung im Klaren ist. Die Spezialchemie steckt in einer ähnlich bedauernswerten Klemme. Anbieter wie die Schweizer Ciba führen es vor.

Der eine Kopf sieht zu, wie die Anbieter von Basischemikalien ihre Preise erhöhen und rät dazu, die Kosten weiterzugeben. Der andere Kopf muss feststellen, dass die Endabnehmer viel mächtiger sind als ihre Lieferanten und die Preissteigerungen nicht akzeptieren. Als Antwort auf dieses Stoßmichziehdich-Problem fällt Ciba-Chef Armin Meyer nur ein Satz ein: "Wir müssen ebenfalls stark sein."

Sehr stark, wie sich inzwischen zeigt. Während Konkurrenten wie Lanxess, Degussa sowie die Schweizer Ems-Chemie ihre Betriebsgewinne ohne Aufhebens gesteigert haben, segelt Ciba von einem Sparprogramm ins nächste, angeblich, um endlich zu der Größe zu finden, die der Stärke entspricht. Im gesamten ersten Halbjahr wuchs der Betriebsgewinn um fünf Prozent, also deutlich langsamer als der Umsatz, der um neun Prozent zunahm. Diese Relation illustriert das Margenproblem des Spezialchemie-Herstellers.

Und weil die Gruppe im Branchenvergleich in vielen Geschäften zu magere Margen erwirtschaftet, muss weiter gespart werden. Die Kosten sollen bis 2009 um rund 300 Millionen Euro sinken. Betroffen vom Sparprogramm sind 2500 Mitarbeiter, darunter etwa 300 in Deutschland. Meyer will auf diesem Weg eine Erhöhung der Betriebsgewinn-Marge von mindestens einem Prozentpunkt pro Jahr erreichen.

Möglich wird die schlankere Firmenstruktur, die Ciba sich geben will, durch den Verkauf der Textilsparte. Mit ihm will Meyer die gesamte Organisation entlasten. Das Textilgeschäft war einst Cibas Kernstück und verfügte über eine breite Struktur mit entsprechenden Kosten. Die mit dem Verkauf einhergehende Verkleinerung um immerhin rund 700 Millionen der zuletzt 4,7 Milliarden Euro Konzernumsatz stellt Ciba nun vor die Herausforderung, den selben Gewinn mit deutlich niedrigerem Umsatz zu erzielen. Ob das Sparprogramm dafür ausreicht, ist ungewiss.

Damit nicht genug. Ciba kennt weitere Problemzonen: Im vergangenen Jahr haben die Schweizer mehr als vier Prozent für die Forschung ausgegeben. Das ist löblich und liegt über dem im Branchendurchschnitt. Doch der Einsatz hat offenbar nicht die gewünschten Erfolge gezeitigt. Margenstarke neue Produkte sind jedenfalls nicht in Sicht.

Auch Cibas Größe ist ein Problem. Im Branchenvergleich zeigt sich, dass mit Degussa, BASF und Dow Chemical gerade die großen Spezialchemiekonzerne die erfolgreicheren sind. Meyers Strategie heißt aber: schrumpfen.

Das macht Ciba entgegen der Ankündigung des Firmenchefs nicht wirklich stark, sondern zum potenziellen Übernahmekandidaten. Andere Unternehmen, die es auf Skaleneffekte abgesehen haben, könnten den Baseler Wettbewerber durchaus attraktiv finden. Oder es macht Ciba zum Ziel von Finanzinvestoren, die das Unternehmen zerlegen und in Teilen weiter verkaufen könnten. Vor diesem Hintergrund klingt Meyers Parole ein bisschen hilflos - gerade so wie das Blöken des armen Fabeltiers.

stock@handelsblatt.com

Stock, Oliver



31. August 2006

Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Ciba
Eine Nachricht hinzufügen

Benutzername:   Dies ist ein privater Board-Bereich. Bitte geben Sie Ihre ID und Ihr Passwort an.
Passwort: