Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Dell
chinaman - Freitag, 25. August 2006 - 08:22
Handelsblatt Nr. 163 vom 24.08.06 Seite 8


COMPUTERBRANCHE

Falsch gerechnet

JENS KOENEN Jetzt also sogar Dell. Experten sind alarmiert. Wenn das einstige Vorzeigeunternehmen in der PC-Industrie schon derart unter die Räder kommt, wo wird dann erst die gesamte Branche enden, fragen sie sich. Ihre Sorge ist berechtigt. Zwar ist der "Absturz" von Dell in vielen Punkten hausgemacht, aber dennoch zeigt er, in welchem Dilemma die gesamte Computerindustrie steckt: Trotz der seit Jahren laufenden Konsolidierung gibt es immer noch zu viele Anbieter, und bislang sind kaum Fertigungskapazitäten aus dem Markt genommen worden.

Daran ändert Dells unbestrittene Erfolgsgeschichte nichts. Im Gegenteil: Sie hat in der Branche über viele Jahre eine falsche Hoffnung genährt. Nämlich die, man könne einen Markt, der von Massenware und Überkapazitäten geprägt ist, als "Newcomer" alleine mit einem relativ simplen, aber gleichwohl revolutionären Geschäftsmodell dauerhaft aufrollen.

Und tatsächlich: Über zwei Jahrzehnte kannte die Kurve der Dell-Verkäufe nur eine Richtung - steil nach oben. Das Modell eines Direktverkaufs ohne Händler und einer Fertigung nur nach Auftrag schien aufzugehen. Am Ende stand Dell für ein Drittel des wichtigen US-Marktes und für fast ein Fünftel des Weltmarktes.

Doch dieser Erfolg täuscht. Denn die Stärke Dells war immer auch die Schwäche der anderen. So bastelte IBM an einem Konzept als weltweit führender Dienstleister und verabschiedete sich schließlich aus dem PC-Geschäft. Erzrivale Hewlett-Packard wiederum war mehr mit der Integration von Compaq beschäftigt als mit dem Verkauf von PCs.

Kein Zweifel, das Dell-Modell war genial und bescherte dem Unternehmen über Jahre hinweg Margen, die den gesamten Rest der Branche vor Neid erblassen ließen. Doch mittlerweile haben die Rivalen Teile davon mit Erfolg kopiert. Innerhalb weniger Quartale ist der Vorsprung Dells dahingeschmolzen. Plötzlich bestimmen Wettbewerber wie HP die Preise, und der Herausforderer muss nachziehen.

Nun zeigen sich die Schattenseiten des Modells. Während HP beim Verkauf über Händler mit einem umfassenden Service beim Kunden punkten kann, fällt dies Dell schwer. Pannen wie der jüngste Rückruf von über vier Millionen Notebooks tun da ihr Übriges.

Dazu hat es Dell anders als HP versäumt, Laptops mit zusätzlichen Extras aufzumöbeln, die etwa das Handling der mobilen Geräte verbessern. Das ist für Dell und seine Aktionäre bitter und verheißt auch für die gesamte Branche wenig Gutes. Vor allem trifft dies Deutschland, hinter Großbritannien der zweitgrößte PC-Markt Europas. Erstmals seit vier Jahren ist im zweiten Quartal die Zahl der verkauften Rechner hier zu Lande gesunken - und zwar gegen den weltweiten Trend. Rund um den Globus legten die Verkäufe im zweiten Quartal um immerhin elf Prozent zu.

Die Flaute hat mehrere Gründe. Zum einen haben die Firmen ihren PC-Bestand mittlerweile modernisiert. Branchenkenner erwarten, dass sich daran bis 2008 kaum etwas ändern wird. Zum anderen halten sich auch die Privathaushalte beim Kauf neuer Computer zurück, ungeachtet eines massiven Preisverfalls.

Sorgen wegen einer wachsenden Belastung etwa bei den Gesundheitskosten dürften dem einen oder anderen dabei die Kauflaune mächtig verdorben haben. Darüber hinaus fehlen die Kaufanreize. Außer einer immer höheren Leistung finden sich auf der Hardware-Seite, also bei den Geräten, kaum wirkliche Neuerungen. Auch bei den Programmen herrscht Flaute. So hat Microsoft sein neues Betriebssystem Vista nochmals verschoben. Gerade die neuen Betriebssysteme waren es aber, die in der Vergangenheit stets die Nachfrage nach neuen Computern angetrieben haben.

Diese Gemengelage trifft auf einen Markt, der von großen Überkapazitäten gezeichnet ist. Zwar rollt die Konsolidierungswelle bereits seit Jahren, und die fünf größten PC-Hersteller bedienen heute rund 50 Prozent der weltweiten Nachfrage. Vor sechs Jahren war dies noch anders. Da erreichten sie gerade mal einen Wert von 38 Prozent.

Doch in erster Linie sind allein die Herstellernamen verschwunden. So gibt es heute keine IBM-Rechner mehr, da Big Blue die Sparte an Lenovo verkauft hat. Dafür tauchen die Computer nun unter dem Namen Lenovo auf. Und das mit Macht: Die Chinesen wollen in spätestens zwei Jahren einen Marktanteil von zehn Prozent erreichen. Die Folgen sind klar: Der jetzt schon heftige Preiskampf - pro Quartal geht es im Schnitt um zehn Prozent runter - wird sich noch einmal verschärfen. Es droht eine neue Übernahmewelle. Die aber wird weitaus schärfer ausfallen als die vorherige. Denn jetzt geht es nicht mehr um neue Märkte, sondern darum, Kapazitäten aus dem Markt zu nehmen. Die eine oder andere Insolvenz ist dabei schon programmiert.

koenen@handelsblatt.com Der Markt ist gesättigt, und die Kapazitäten bei der Fertigung sind viel zu hoch.

Koenen, Jens



24. August 2006

chinaman - Dienstag, 12. September 2006 - 16:23
Computer
Dell schockt erneut die Märkte
Der weltgrößte PC-Hersteller verschiebt den Quartalsbericht. Die US-Börsenaufsicht ermittelt wegen manipulierter Finanzinfos. Die Aktie verliert. Für Dells Mitarbeiter gibt es noch mehr schlechte Nachrichten.
Von Anette Dowideit

New York - Der weltgrößte Computerbauer Dell hat die Vorlage seines Quartalsberichts auf unbestimmte Zeit verschoben. Grund sei eine bereits früher bekannt gegebene Untersuchung der US-Börsenaufsicht SEC im Haus, teilte der Konzern aus Round Rock (Texas) mit. "Die bisherigen Untersuchungen der SEC haben ergeben, dass frühere Finanzberichte falsche Angaben enthalten können", heißt es in einer Dell-Mitteilung. Wegen der Untersuchungen hat der Konzern auch sein aktuelles Aktienrückkaufprogramm auf Eis gelegt. Die Dell-Aktie verlor zum Handelsauftakt in den USA an diesem Montag 3,6 Prozent.

Ein Sprecher der SEC sagte, die Ermittlungen in dem Unternehmen dauerten noch an. Inzwischen hat auch die Staatsanwaltschaft von New York, die wegen des Börsenlistings von Dell an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq zuständig ist, Ermittlungen aufgenommen. Das Gericht untersucht Finanzberichte des Konzerns seit dem Jahr 2002. Das Unternehmen sagte seine für diesen Mittwoch geplante Analystentagung in New York ab. Dell hatte erst vor wenigen Wochen die Existenz der SEC-Untersuchung eingeräumt, von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen war keine Rede. Damals hieß es allerdings, dass nicht mit einer Auswirkung auf die Geschäftsergebnisse gerechnet werden müsse.

Für den 75 000-Mitarbeiter-Konzern ist dies nur die jüngste einer ganzen Reihe schlechter Nachrichten der vergangenen Wochen. Bereits Mitte August hatte Dell angekündigt, dass sich der Quartalsgewinn in den vergangenen drei Monaten auf 502 Mio. Dollar halbiert habe. Eine Woche zuvor hatte der Konzern 4,1 Mio. Laptop-Akkus wegen Brandgefahr zurückrufen müssen - die größte Rückrufaktion im Bereich Verbraucherelektronik aller Zeiten.

Marktanteile sinken

Dell leidet darüber hinaus unter sinkenden Marktanteilen. Vor allem Konkurrent Hewlett-Packard (HP) nahm dem Marktführer im PC-Geschäft zuletzt Kunden ab. Auf dem Markt für Server wurde Dell Ende August laut Marktforschungsunternehmen IDC von Konkurrent Sun Microsystems überholt.

Angesichts der Folge von schlechten Nachrichten spekulieren US-Analysten über eine Ablösung von Konzernchef Kevin Rollins. Seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren ist der Dell-Aktienkurs um rund 37 Prozent gesunken. Technologieanalyst Roger Kay von Endpoint Technologies sagte: "Dells Führungsteam arbeitet gut zusammen, und es gibt viel Abstimmung zwischen den Hierarchien. Aber was der Konzern jetzt braucht, ist eine Infusion an neuem, kreativem Blut." Um die Krise zu überwinden, hat Rollins zuletzt mehr Geld in Service gesteckt und sich mehr auf lukrative Spielecomputer konzentriert. (mit rtr)


Artikel erschienen am 12.09.2006


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? WELT.de 1995 - 2006

chinaman - Freitag, 15. September 2006 - 05:05
Handelsblatt Nr. 178 vom 14.09.06 Seite 15


DER JAHRELANGE ÜBERFLIEGER der PC-Branche wehrt in New York zerknirscht das Krisengerede ab - noch ohne Erfolg

Ein Lebensgefühl namens Dell 2.0

MATTHIAS EBERLE | NEW YORK Michael Dell ist sich seiner Sache überaus sicher: Der größte Anteilseigner des texanischen PC-Herstellers hat im Mai 2006 weitere Aktien im Wert von rund 70 Mill. Dollar zugekauft - in der festen Überzeugung, dass der Spuk an der Börse bald vorbei sein wird. Doch vorerst ist ein Ende der Talfahrt nicht in Sicht: Dell hat innerhalb eines Jahres 40 Prozent oder rund 30 Mrd. Dollar an Börsenwert eingebüßt, und die Aktie sackte zu Wochenbeginn weiter ab, nachdem der Weltmarktführer im Zuge einer Untersuchung der US-Börsenaufsicht SEC die Vorlage der Quartalszahlen verschieben musste.

Die Serie der Dell-Pannen begann Mitte August mit einer gigantischen Rückrufaktion von mehr als vier Mill. Laptops, deren Akkus unter spezifischen Bedingungen einen Brand auslösen können. Als Dell wenige Tage später einen schockierenden Gewinneinbruch um mehr als 50 Prozent meldete, den Analysten weitgehend auf eine reichlich missratene Preisoffensive zurückführen, nahmen ungewohnte Dinge ihren Lauf: Die Flut negativer Nachrichten machte aus dem jahrelangen Überflieger im PC-Geschäft einen Krisenkandidaten, der sich mit der neuen Situation sichtbar schwer tut. Die Untersuchung der US-Börsenkommission, die derzeit mögliche Fehler in früheren Geschäftsberichten untersucht, kommentiert Dell pflichtschuldig: "Wir kooperieren in vollem Umfang." Ende der Ansage.

Reichlich zerknirscht steht der Firmengründer in einem New Yorker Hotel am Times Square und sieht sich vor Journalisten mit unangenehmen Fragen konfrontiert. Das Licht im Gershwin-Ballroom des Westin ist so trüb wie die Stimmung, und der sonst für seine charismatischen Auftritte so gerühmte Dell sagt im wesentlichen nur: Alles wird gut! Kompakt und lauernd wie ein Ringer, der zum nächsten Griff ansetzt, steht er auf einem Podest vor dem Publikum, kündigt eine Modelloffensive an, eine Service-Offensive und eine Offensive in Sachen Design obendrauf - aber es nutzt alles nichts. Investoren und Analysten senken den Daumen. Wo man nur hinhört in den USA: Die Erfolgsformel Dell scheint ausgereizt, der Konzern mit einem Mal völlig aus der Mode. Die SEC-Untersuchung untergrabe "die ohnehin schon angeschlagene Glaubwürdigkeit des Managements", sagt etwa Toni Sacconaghi, Analyst bei Sanford Bernstein. "Das Vertrauen ist erschüttert", glaubt Nirav Parikh, dessen Firma TCW Group fast 26 Mill. Dell-Aktien hält. Und die Bank UBS schreibt in einer aktuellen Studie, es sei in naher Zukunft kein Turn-around zu erwarten.

Ist die Wachstumsstory jener Firma, die Michael Dell im Studentenwohnheim seiner Universität Texas gründete, nach 22 fabelhaften Jahren vorbei? Vorstandschef Kevin Rollins, der zusehends ins Kreuzfeuer der Wall Street gerät, bleibt nur ein Befreiungsschlag. Der Mann, der zum Technologie-Meeting mit schwarzer Krawatte zum schwarzen Anzug erscheint, verspricht nicht weniger als eine "neue Ära", nennt sie "Dell 2.0" und lässt zwischen den Zeilen immer wieder durchblicken, dass er das aktuelle Krisengerede für "ein bisschen lächerlich" hält. Auf Anfrage loggen sich seine Techniker neuerdings aus Indien, El Salvador oder Panama täglich in zehntausende Computer ein und beheben Probleme mit den Dell-Geräten via Fernsteuerung, um beim heftig kritisierten Kundenservice aufzuholen. "Wir werden jeden einzelnen Geschäftsbereich revitalisieren", sagt Rollins. Nachdem er sich 45 Minuten lang um Aufbruchstimmung bemüht hat, hält Chairman Michael Dell tapfer die schützende Hand über seinen Vorstandschef: "Wir führen die Firma gemeinsam, also können sie auch mich verantwortlich machen", hält er Kritikern entgegen.

Dass Dell weltweit nach wie vor die meisten PCs verkauft und im wichtigsten Markt USA mit 33 Prozent Marktanteil einen großen Vorsprung hält, ist dieser Tage kein Thema. Es ist allein die Entwicklung in einem sich schnell verändernden Markt, die das Unternehmen im Wettbewerb mit Hewlett-Packard und Co. zum Verlierer des Jahres stempelt. Der laufende Hype um den neuen Trendsetter Apple zeigt, dass viele Kunden nicht mehr allein auf günstige Preise achten, sondern zunehmend auf ansprechendes Design und cleveres Marketing. Plötzlich reicht es nicht mehr, einfach nur Microsoft-Systeme, Intel-Prozessoren und Sony-Akkus in eine graue Box zu pressen.

Dell verkaufe immer noch das Produkt, während die Wettbewerber zusehends Lösungen, Lebensgefühl und Entertainment anböten, heißt es unter Marketingexperten. Denen muss es das Duo Rollins-Dell jetzt zeigen: 15 Designfirmen seien derzeit mit den Produkten der nächsten Generation beauftragt, posaunt Dell. Hinter ihm glitzert stählern das jüngste High-End-Produkt der Dell-Untermarke XPS, angestrahlt von blau schimmernden Scheinwerfern. Und überhaupt, fährt der Chairman fort: "Externe Analysen zeigen, dass Dell in der Gunst der Kunden schon jetzt wieder ganz vorne liegt."

Ein Geschäftspartner, der unter den Zuhörern sitzt und anonym bleiben will, sagt: "Wenn es nur eine kleine Panne ist, wie Dell glauben machen will, müssten wir recht schnell Verbesserungen bei den Finanzzahlen sehen. Bisher sehen wir sie nicht."

Eberle, Matthias



14. September 2006

chinaman - Sonntag, 17. September 2006 - 09:23
Handelsblatt Nr. 179 vom 15.09.06 Seite 23


Anwälte reichen Sammelklage gegen Computerkonzern Dell ein

Kläger rügen angeblichen Verstoß gegen Wertpapiergesetze

FRANKFURT. Eine US-Anwaltskanzlei hat Klage gegen den US-Computerhersteller Dell eingereicht. Der Vorwurf: Der Konzern soll Informationen über die finanzielle Situation zurückgehalten beziehungsweise zu spät publik gemacht haben. Das sei ein Verstoß gegen Wertpapiergesetze, argumentiert die Kanzlei Lerach Coughlin Stoia Geller Rudman & Robbins LPP aus San Diego.

Die 35 Seiten starke Klage wurde im Namen von Aktionären eingereicht. Rechtliche Schritte von Aktionären nach Kurseinbrüchen sind in den USA durchaus üblich. Die Klage besitzt den Status einer Sammelklage. Bis jetzt haben die Anwälte noch keine konkrete Forderung gestellt. Auch ist nicht klar, wie viele Anteilseigner hinter der Klage stehen. Es gehe um Mandanten, die zwischen dem 13. Februar 2003 und dem 8. September 2006 Papiere des Konzerns gekauft hätten, heißt es nur. Ein Dell-Sprecher sagte, man kommentiere laufende Verfahren nicht.

Dell kämpft seit Wochen mit schlechten Nachrichten. So hat das Unternehmen wegen des harten Wettbewerbs und des Preiskampfes mehrere Quartale in Folge seine Ziele nicht erreichen können. Daraufhin hat die Dell-Aktie deutlich an Wert verloren. Zudem leidet das Unternehmen unter Imageproblemen wegen eines angeblich schlechten Services. Der Rückruf von über vier Millionen Laptop-Akkus wegen Brandgefahr hat die Situation zusätzlich verschärft.

Zu all dem gesellen sich noch Untersuchungen der Börsenaufsicht SEC und der Justiz wegen angeblicher Bilanzierungsfehler. Auch dieser Punkt ist den Anwälten aus San Diego ein Dorn im Auge. Das Management habe die Investoren viel zu spät über die SEC-Untersuchungen informiert, so ein weiterer Vorwurf in der Klageschrift. jkn

jkn



15. September 2006

chinaman - Mittwoch, 20. September 2006 - 05:18
Handelsblatt Nr. 181 vom 19.09.06 Seite 15


Dell baut neue Computerfabrik in Polen

Ein Jahr später als geplant investiert der größte PC-Hersteller der Welt in ein zweites Werk in Europa.

MÜNCHEN. Der weltgrößte PC-Produzent baut jetzt doch eine zweite Fabrik in Europa. Gestern kündigte der US-Konzern Dell an, dass 200 Mill. Euro in eine neue Computerfertigung im polnischen Lodz fließen werden. Die Entscheidung kommt allerdings wesentlich später als geplant: Ursprünglich wollte Dell den Startschuss bereits vor einem Jahr geben.

Offenbar verlief das Wachstum in Europa nicht ganz so stürmisch, wie sich das die Manager in der Zentrale in Texas noch im Sommer vergangenen Jahres vorgestellt hatten. Damals kündigte Europachef Paul Bell im Gespräch mit dem Handelsblatt eine Entscheidung im Herbst 2005 an. Daraus wurde nichts. Stattdessen hieß bislang, dass die Kapazitäten der bestehenden Fabrik im irischen Limerick noch ausreichen.

Jetzt sieht Dell allerdings den Punkt nahen, an dem die derzeitige Fertigung nicht mehr alle Bestellungen aus Europa bearbeiten kann. Zahlreiche Städte in Europa hatten sich um die Fabrik bemüht. Zeitweise hatten sich auch ostdeutsche Standorte Hoffnungen auf die Fertigung gemacht. Denn in Halle baut Dell derzeit sein Call-Center massiv aus. Immer wieder äußerten sich Dell-Manager sehr zufrieden über den Standort.

Letztlich machte das polnische Lodz das Rennen. "Die Nähe zu einem großen Kundenstamm, die enormen Wachstumschancen der zentral- und osteuropäischen Wirtschaft und die Verfügbarkeit hervorragend ausgebildeter Arbeitskräfte in Polen waren die Hauptfaktoren unserer Entscheidung", unterstrich Bell gestern. Zudem verdienen die Arbeiter in Polen deutlich weniger als in Westeuropa. Insgesamt werden in dem neuen Werk bis 2012 rund 3 000 Jobs geschaffen.

Dell will mit seiner Investitionsentscheidung auch beweisen, dass das Management an weiteres Wachstum glaubt. Denn in den vergangenen Monaten kam die über Jahre hinweg außergewöhnlich erfolgreiche Firma immer stärker unter Druck, weil eine schlechte Nachricht auf die nächste folgte. So brach der Quartalsgewinn jüngst um die Hälfte ein. Dazu kam ein gewaltiger Imageschaden durch den Rückruf von mehr als vier Millionen Notebook-Batterien. Zudem geriet Dell wegen Ermittlungen der amerikanischen Börsenaufsicht SEC ins Gerede.

Dell ist mit einem Marktanteil von knapp 18 Prozent der mit Abstand größte PC-Produzent weltweit. Erzrivale Hewlett-Packard (HP) liegt nach Berechnungen der Marktforscher von Gartner mit rund 15 Prozent deutlich zurück. Allerdings konnte HP seinen Marktanteil im abgelaufenen zweiten Quartal leicht ausbauen, während Dell stagnierte. Analysten haben bereits gewarnt, dass Dell sich kräftig steigern müsse, um seinen Vorsprung auf HP auf Dauer zu halten.

Das neue Werk ist für Dell ein Schritt, um den Service zu verbessern. Denn durch den neuen Standort kann die Firma ihre Kunden in Mittel- und Osteuropa um zwei Tage schneller beliefern als bisher von Irland aus. Das ist für Dell besonders wichtig, denn im Gegensatz zur Konkurrenz fertig Dell Rechner erst, wenn dafür Aufträge vorliegen. Mit Händlern arbeitet Dell nicht zusammen. Deshalb hat Dell ein großes Interesse, die Leute zügig zu beliefern, damit sie nicht in die Läden gehen, wo sie Computer anderer Produzenten gleich mitnehmen können.

Moderne, effiziente Werke sind in der Computerbranche auch deshalb überlebenswichtig, weil der Preisdruck enorm groß ist. So prognostiziert Gartner für das laufende Jahr, dass weltweit etwa zehn Prozent mehr Rechner verkauft werden als im Vorjahr. Gleichzeitig erwarten die Experten, dass der Umsatz der Branche um 2,5 Prozent fällt. jojo

jojo



19. September 2006

chinaman - Donnerstag, 28. September 2006 - 04:23
Handelsblatt Nr. 186 vom 26.09.06 Seite 28


Dell ist kein Schnäppchen

Zahlreiche Probleme lasten auf dem Aktienkurs. Der Konzern hofft nun auf Impulse aus Osteuropa.

ANETTE KIEFER | HOUSTON Die Dell-Aktie hat in den vergangenen Monaten einiges wegstecken müssen: Probleme mit der Börsenaufsicht SEC wegen potenziell unsauberer Bilanzen, ein ausgesetztes Aktienrückkaufprogramm und vor allem die größte Elektronik-Rückrufaktion der US-Geschichte, in der mehr als vier Millionen Notebook-Akkus wegen Brandgefahr aus dem Verkehr gezogen werden mussten. Rund 40 Prozent ihres Werts hat die Dell-Aktie seit Jahresbeginn daher verloren.

Dass außerdem die Margen des weltgrößten Computerherstellers unter Druck stehen und sich sowohl Gewinn als auch Umsatz abschwächen, schadet dem Anlegervertrauen zusätzlich. "Bei Dell muss einiges passieren, und die langfristige Strategie muss für Außenstehende durchschaubarer werden", sagt Shannon Cross, Aktienexpertin bei Cross Research. Auch Mark Margevicius, Analyst bei der Gartner Group, sagte der Nachrichtenagentur AP: "Was ist eigentlich los bei Dell? Wir können uns keinen Reim auf die Bilanzprobleme machen und es sieht so aus, als ob es der Geschäftsleitung selbst genauso geht."

Inzwischen steht der Kurs bei rund 21 Dollar, was einige Analysten wie Richard Gardner von der Citigroup schon wieder als "attraktiven Einstiegspunkt für langfristig orientierte Anleger" betrachten. Die Mehrzahl der Experten ist allerdings pessimistischer: Von 29 Banken raten sechs zum Verkauf und 15 zum Halten von Dell. Denn auch wenn sich Dell mit einer Aufstockung der Mitarbeiterzahl und zusätzlich angeheuerten PC-Designern gegen die Krise stemmt - ein Ende der Probleme ist noch nicht abzusehen. Der Markt in den USA gilt als größtenteils gesättigt; gleichzeitig wird die Konkurrenz ständig schärfer.

Weil die Preise für LCD-Platten sinken, sollten zudem Flatscreenfernseher in dieser Weihnachtssaison so günstig sein wie nie zuvor, erwarten Analysten. "Das Wachstum in der Computerbranche wird sich in den nächsten Quartalen weiter abschwächen, so dass der Konkurrenzkampf stark und Dells Margen unter Druck bleiben", sagt Robert Semple, Analyst bei Credit Suisse.

Nicht einmal die alten Erfolgsrezepte helfen Dell weiter. Im August gab das Unternehmen zu, selbst kräftige Preissenkungen hätten die Nachfrage nicht so stark anschieben können wie erhofft. "Die Rabatte waren übertrieben, und jetzt leidet Dells Ergebnis darunter", sagt Semple. Laut einer Studie der Marktforschungsfirma Gartner ist dies keine große Überraschung: Der PC-Markt verwandle sich derzeit in eine preis-unelastische Branche - das heißt, billigere Preise bedeuten nicht automatisch mehr Käufer, erklären die Experten. Zum ersten Mal seit 2001 werde das Umsatzplus im Sektor deshalb zurückgehen, obwohl die Zahl der verkauften PCs steigt.

Dennoch sollen in Polen und der Slowakei sowie in den USA neue Fabriken und Arbeitsplätze entstehen: Mehr als 1 000 zusätzliche Mitarbeiter will Dell in der nächsten Zeit anheuern, davon die Hälfte als Ingenieure in Texas. Gleichzeitig soll im polnischen Lodz für 250 Mill. Dollar eine neue Produktionsstätte entstehen. Was dort vom Fließband läuft, wird den Markt in Mittel- und Osteuropa erreichen und die Lieferzeiten in dieser Region um zwei Tage verkürzen. Nach Einschätzung der Dell-Chefetage soll die Nachfrage dort bis 2011 um 14 Prozent jährlich steigen.

Anfang September warf der Konzern außerdem gleich vier neue Modelle auf einmal auf den Markt, die alle auch mit dem neuen Microsoft-Betriebssystem Vista kompatibel sein sollen. Allerdings kommt Vista voraussichtlich erst im nächsten Frühjahr in die Läden - was die PC-Verkaufszahlen in dieser Weihnachtssaison zusätzlich beschränken sollte, sagen Analysten.

Kiefer, Anette



26. September 2006

Diskussionsforum der stw-boerse: Auslandswerte: Dell
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